Leitsatz (amtlich)

Schüttet eine Kapitalgesellschaft einen Betrag in Höhe der ihr gewährten Investitionszulage an ihre Gesellschafter aus, so unterliegt der ausgeschüttete Betrag bei den Gesellschaftern der Einkommensteuer.

 

Normenkette

BHG 1964 § 19 Abs. 6

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) ist Erbin der am 2. Oktober 1965 verstorbenen Frau X. Diese ist bis zu ihrem Tode Gesellschafterin der C-GmbH gewesen. Im Jahr 1965 hat die C-GmbH neben der Dividende 1964 einen als "Sonderrücklage Investitionszulage" bezeichneten Betrag an ihre Gesellschafter ausgeschüttet. Dieser Betrag ist bei der C-GmbH nicht der Körperschaftsteuer unterworfen worden.

Bei der Veranlagung der Erblasserin zur Einkommensteuer 1965 setzte das FA den Betrag als Einkünfte an. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG führte in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 1967 S. 216 veröffentlichten Urteil aus; die Investitionszulage gehöre allerdings nach § 19 Abs. 6 des Berlinhilfegesetzes (BHG) 1964 nicht zu den Einkünften im Sinn des EStG. Die Investitionszulage habe aber nur der C-GmbH als Unternehmerin, nicht der Erblasserin zugestanden. Die Rechtslage bei einer Personengesellschaft sei von der bei einer Kapitalgesellschaft verschieden; bei ersterer seien die Gesellschafter die Unternehmer im Sinn des § 19 BHG.

Mit der Revision rügt die Steuerpflichtige Verletzung des § 19 BHG: Da die Investitionszulage nach § 19 Abs. 6 BHG nicht zu den Einkünften im Sinn des EStG gehöre, dürfe auch die Ausschüttung der Investitionszulage an die Gesellschafter der GmbH nicht steuerpflichtig gemacht werden. Wenn der Gesetzgeber den Verbleib dieser Beträge im Betrieb gewollt hätte, so hätte er dies ausdrücklich bestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Investitionszulageberechtigt sind nach § 19 Abs. 1 BHG 1964 Unternehmer im Sinn des § 2 UStG. Unternehmer in diesem Sinn ist bei einer Kapitalgesellschaft allein diese; nicht aber sind es ihre Gesellschafter. Unternehmer in diesem Sinn ist also im Streitfall allein die C-GmbH, nicht aber die Erblasserin als Gesellschafterin der GmbH.

Dem § 19 Abs. 6 BHG 1964, der bestimmt, daß die Investitionszulage nicht zu den Einkünften im Sinn des EStG gehört, ist dadurch Genüge getan, daß die Investitionszulage bei der C-GmbH nicht zur Körperschaftsteuer herangezogen worden ist. Mit der Gewährung der Investitionszulage an die C-GmbH ist die Zulage in deren Vermögen übergegangen. Sie nimmt innerhalb des Betriebsvermögens der C-GmbH keine Sonderstellung ein. Es ist daher auch begrifflich nicht möglich, "die Investitionszulage" an die Gesellschafter auszuschütten; ausgeschüttet werden kann vielmehr nur ein Vermögensbetrag in Höhe der Investitionszulage. Diese Ausschüttung gehört ebenso wie andere Ausschüttungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen; § 19 Abs. 6 BHG kann auf sie keine Anwendung finden.

Nach den zutreffenden Darlegungen der Vorinstanz ist die Rechtslage bei einer Personengesellschaft grundsätzlich anders als bei einer Kapitalgesellschaft. Die Personengesellschaft als solche ist zwar ebenso wie die Kapitalgesellschaft Unternehmerin im Sinn des § 2 UStG. Die Gesellschafter der Personengesellschaft stehen aber nicht selbständig neben der Personengesellschaft; sie bilden die Personengesellschaft und sind als solche Mitunternehmer. Mit der Gewährung der Investitionszulage an die Personengesellschaft erhalten also deren Gesellschafter anteilig die Investitionszulage; eine besondere "Ausschüttung" an sie kommt begrifflich nicht in Betracht. Überführen die Gesellschafter einen der Investitionszulage entsprechenden Betrag in ihr Privatvermögen, so liegt darin eine Entnahme.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68825

BStBl II 1970, 54

BFHE 1970, 190

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