Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Gewerbetreibender nach Erlaß des LAG einen Anspruch auf Erstattung von Zinsen und Tilgungsbeträgen, die er in den Veranlagungszeiträumen 1949 und 1950 auf Umstellungsgrundschulden geleistet hatte, so muß er den Erstattungsanspruch gewinnerhöhend aktivieren, soweit er Zinsen betrifft, die den Gewinn gemindert haben. Dagegen braucht er den Anspruch auf Erstattung von Tilgungsbeträgen, die nach § 26 Abs. 2 Satz 2 SHG vom Einkommen der Veranlagungszeiträume 1949 und 1950 abgesetzt worden sind, nicht gewinnerhöhend zu aktivieren.

 

Normenkette

LAG § 211 Abs. 3; SHG § 26 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 1, § 5

 

Tatbestand

Aus mehreren Tilgungshypotheken, die auf dem Betriebsgrundstück der Beschwerdeführerin (Bfin.) lasteten, waren gemäß dem Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich - HypSichG - vom 2. September 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes - WiGBl - S. 87) Umstellungsgrundschulden entstanden. In der Zeit vom 1. Juli 1948 bis 31. Dezember 1950 zahlte die Bfin. insgesamt an Zinsen und Tilgungsbeträgen 27 629,62 DM. Davon wurden 12 540 DM gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 des Soforthilfegesetzes (SHG) zu Lasten des Kapitalkontos gebucht, der Rest von 15 089,62 DM gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 SHG zu Lasten des Gewinns. Für die Zeit vom 1. Januar 1951 bis 30. September 1952 sind weitere 16 383,75 DM an Zinsen und Tilgungsbeträgen gezahlt worden. Nachdem die Kreditgewinnabgabeschuld auf 0 DM festgesetzt worden war, wurden der Bfin. die insgesamt gezahlten Beträge von (27 629,62 DM + 16 383,75 DM =) 44 013,37 DM erstattet (ß 183 des Lastenausgleichsgesetzes - LAG -). Das Finanzamt erhöhte den von der Bfin. für 1952 erklärten Gewinn um 15 089,62 DM, indem es unter Berufung auf Abschn. 7 Abs. 4 des Anhangs 1 zu den Einkommensteuer-Ergänzungsrichtlinien 1952 (abgekürzt: Anhang 1) den Anspruch auf Erstattung der entsprechenden Zahlungen in der Bilanz vom 31. Dezember 1952 aktivierte. über die Aktivierungspflicht der auf die Zeit ab 1. Januar 1951 entfallenden Leistungen besteht kein Streit.

Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, die Voraussetzungen des § 211 Abs. 3 LAG seien nicht gegeben. Die Vorschrift sei nur anwendbar, wenn eine Kreditgewinnabgabeschuld und somit ein Zinsanspruch nach §§ 175, 183 LAG entstanden wäre. Das sei hier nicht der Fall, weil die Kreditgewinnabgabeschuld auf 0 DM festgesetzt worden sei. Der Fall, daß eine Kreditgewinnabgabeschuld überhaupt nicht entstanden sei, sei in § 211 Abs. 3 LAG nicht geregelt. Nach den allgemeinen Grundsätzen müsse ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen, die in vorangegangenen Wirtschaftsjahren den Gewinn gemindert hätten, aktiviert werden.

Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt die Bfin. weiterhin, daß der Erstattungsanspruch für 1949 und 1950 nicht aktiviert wird. Hilfsweise will sie den Erstattungsanspruch nur insoweit angesetzt wissen, als er sich auf die Zinsen (nicht auch auf die Tilgungsbeträge) bezieht.

Auf Ersuchen des Senats ist der Bundesminister der Finanzen dem Verfahren beigetreten und hat u. a. ausgeführt:

"Zunächst kann den Ausführungen des Finanzgerichts insoweit nicht gefolgt werden, als es seine Auffassung darauf stützt, daß § 211 Abs. 3 LAG nicht anwendbar sei, weil eine KGA-Schuld nicht zur Entstehung gelangt sei. Mit Recht greift der Beschwerdeführer diese Begründung an und erläutert anhand von Beispielen, daß eine solche Grenzziehung praktisch nicht durchführbar ist. Die hier zur Entscheidung stehende Frage taucht in gleicher Weise auch dann auf, wenn die Leistungen auf Umstellungsgrundschulden auf die KGA anzurechnen sind. Hier ist der Anrechnungsanspruch hinsichtlich der Zinsen gewinnerhöhend zu aktivieren, während andererseits die ab 1. 7. 1948 zu leistenden Zinsen auf die KGA zu passivieren sind (Abschn. 7 Abs. 3 und 4 der Richtlinien). Nach meiner Auffassung besagen die Sätze 1 und 2 des Absatzes 3 des § 211 LAG ganz allgemein, daß § 211 Abs. 1 Nr. 2 LAG rückwirkend ab 1. 4. 1949 auch für die Leistungen auf Umstellungsgrundschulden gelten soll. Satz 2 des Absatzes 3 hätte somit bei einer auf die Verweisung verzichtenden Formulierung wie folgt zu lauten:

"Die auf die Zeit ab 1. 4. 1949 entfallenden Leistungen auf Umstellungsgrundschulden sind, soweit es sich um Zinsen handelt, bei der Ermittlung des Einkommens für Zwecke der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer abzugsfähig; wie Zinsen zu behandeln sind auch Leistungen auf Umstellungsgrundschulden, die nach Art der umgestellten Verbindlichkeit die Bedeutung von Rentenleistungen haben, die bei der Ermittlung des Einkommens abzugsfähig sind".

Statt dieser umständlichen Formulierung ist bei der Fassung des § 211 LAG die in Absatz 3 Satz 2 enthaltene Verweisung aufgenommen worden. Für die weiteren überlegungen muß somit davon ausgegangen werden, daß die Frage, ob die Leistungen auf Umstellungsgrundschulden auf die KGA oder HGA angerechnet oder erstattet werden, keinen Einfluß auf die Anwendbarkeit des § 211 Abs. 3 Sätze 1 und 2 LAG hat.

Was für die Sätze 1 und 2 des Absatzes 3 gilt, muß gleichermaßen auch für den diese ergänzenden Satz 3 gelten. Satz 3 hat nur dafür Bedeutung, daß die Veranlagungen der Kalenderjahre 1949 und 1950, die auf Grund der tatsächlichen Leistungen auf die Umstellungsgrundschulden durchzuführen waren, zu Ungunsten des Steuerpflichtigen nicht nachträglich wieder aufgerollt werden sollten. Dagegen sollte aus dieser Regelung über DIE Folge einer späteren Anrechnung auf DIE HGA oder DIE KGA oder DIE spätere Erstattung wegen Nichtentstehung einer DER beiden Abgaben nichts ausgesagt werden. Keinesfalls will Satz 3 eine in dem Sinne abschließende Regelung treffen, daß die einkommensteuerliche Berücksichtigung dieser Anrechnungs- und Erstattungsansprüche ausgeschlossen werden sollte. Satz 3 hält demnach lediglich den nach § 26 Abs. 2 Satz 2 SHG zulässigen Abzug des Mehrbetrags gegenüber den Zinsen (bei diesem Mehrbetrag kann es sich nur um planmäßige oder außerplanmäßige Tilgungsbeträge handeln) aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Vermeidung einer den Abgabepflichtigen belastenden Rückwirkung auch nach Aufhebung des § 26 Abs. 2 SHG für diese Veranlagungszeiträume aufrecht".

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat tritt der Rechtsauffassung des Bundesministers der Finanzen bei, die in Abschn. 7 Abs. 4 des Anhangs 1 und der vorstehenden Stellungnahme zum Ausdruck kommt, daß nämlich die Bestimmung des § 211 Abs. 3 Satz 3 LAG nur die Tilgungsbeträge betrifft. Soweit also Tilgungsbeträge auf Grund von § 26 Abs. 2 Satz 2 SHG das Einkommen der Veranlagungszeiträume 1949 und 1950 gemindert haben, verbleibt es dabei. Insoweit ist ein späterer Erstattungsanspruch nicht gewinnerhöhend zu aktivieren. Der Anspruch auf Erstattung von Zinsen ist nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen zu behandeln. Der Auffassung der Bfin., daß diese Auslegung dem Wortlaut und Sinn des § 211 Abs. 3 Satz 3 LAG widerspreche, vermag der Senat nicht zuzustimmen. Der Wortlaut schließt weder die Auffassung der Bfin. noch die des Bundesministers der Finanzen aus. Nach dem Sinnzusammenhang, wie er sich aus der Rechtsentwicklung und den allgemeinen einkommensteuerlichen Rechtsgrundsätzen ergibt, ist aber der Auslegung des Bundesministers der Finanzen der Vorzug zu geben.

Die Vorentscheidung, die im Streitfall den Erstattungsanspruch in voller Höhe, also auch hinsichtlich der in den Veranlagungszeiträumen 1949 und 1950 gewinnmindernd verbuchten Tilgungsbeträge gewinnerhöhend aktivieren will, ist rechtlich nicht zutreffend. Die Vorentscheidung ist deshalb wegen rechtsirriger Anwendung des § 211 Abs. 3 Satz 3 LAG aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird aus Gründen der Zweckmäßigkeit an das Finanzamt zurückverwiesen, damit es erneut prüft, in welcher Höhe der Erstattungsanspruch auf Zinsen zum 31. Dezember 1952 gewinnerhöhend zu aktivieren ist.

Der Bundesminister der Finanzen nimmt anscheinend an, daß nach § 211 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 211 Abs. 3 Sätze 1 und 2 LAG die Zinsen auf jeden Fall rückwirkend gegebenenfalls durch Berichtigungsveranlagung zu Lasten des Gewinns abgesetzt werden müßten, während bei späterer Erstattung die volle Zinsleistung gewinnerhöhend zu aktivieren sei. Diese Behandlung ist rechtlich einwandfrei und führt zu einer richtigen Ermittlung des Einkommens in den einzelnen Veranlagungszeiträumen.

Der Senat hat aber auch keine rechtlichen Bedenken, wenn zur Vereinfachung mit Zustimmung des Steuerpflichtigen im Einzelfall der Anspruch von vornherein nur insoweit gewinnerhöhend aktiviert wird, als bei den bisherigen Veranlagungen die Zinsen gewinnmindernd abgesetzt worden waren. In diesem Fall kann auf die Berichtigung der früheren Veranlagungen verzichtet werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408531

BStBl III 1956, 320

BFHE 1957, 319

BFHE 63, 319

BB 1956, 988

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge