Leitsatz (amtlich)

1. Überträgt ein Ehegatte sein Grundstück aus Anlaß der Beendigung der Zugewinngemeinschaft wegen Vereinbarung der Gütertrennung auf den anderen Ehegatten, so ist dies ein Erwerbsvorgang im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts, und zwar unbeschadet der Frage, ob eine Ausgleichsforderung besteht oder nicht.

2. Die Befreiungsvorschriften des § 3 Nr. 4 und 5 GrEStG sind in einem solchen Falle auch unter Beachtung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG und des durch Art. 6 GG garantierten Schutzes der Ehe und Familie nicht entsprechend anwendbar.

2. Die Frage, ob das Grundstück unentgeltlich i. S. der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG oder entgeltlich übertragen worden ist, ist nach den dem wirklichen Willen der Ehegatten entsprechenden Vereinbarungen - insbesondere hinsichtlich der Verrechnung einer etwaigen Ausgleichsforderung - zu entscheiden.

2. Gegen die Anwendung des § 17 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn die Beteiligten durch Novation i. S. einer "Schuldumschaffung" einen entgeltlichen Grundstücksübertragungsvertrag in eine ernsthaft gewollte Grundstücksschenkung i. S. des § 3 Nr. 2 GrEStG "abändern".

2. Eine Steuerumgehung liegt nicht bereits dann vor, wenn die Beteiligten eine bestimmte Vertragsgestaltung zwar aus Steuerersparnisgründen (zur Steuervermeidung) gewählt haben, aber das rechtliche und wirtschaftliche Ergebnis dieser neuen Gestaltung gelten und bestehen lassen.

 

Normenkette

GrEStG 1940 §§ 1, 3 Nrn. 2, 4-5, §§ 10-12, 17; StAnpG § 6; GG Art. 3, 6; BGB §§ 117, 133, 157, 1363 ff.

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, vereinbarten Ende Januar 1964 durch notariell beurkundeten Vertrag Gütertrennung. Durch einen zweiten notariell beurkundeten Vertrag vom selben Tag erklärten sie unter anderem:

"Wir haben durch Vertrag vom heutigen Tage ... für unsere Ehe Gütertrennung vereinbart. Der Erschienene zu 1) hat sich in diesem Vertrag verpflichtet, seiner Ehefrau zum Ausgleich ihrer Ansprüche aus der aufgelösten Zugewinngemeinschaft sein in B. gelegenes Grundstück ... zu übereignen. In Erfüllung dieser Verpflichtung schlossen die Erschienenen folgenden Übertragungsvertrag:

§ 1

Der Erschienene zu 1) überträgt das Eigentum an dem Bauplatz ... in B. auf seine Ehefrau, die Erschienene zu 2) ...".

Das FA (Beklagter) erblickte darin einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang.

Mit dem Einspruch beantragte der Kläger, den Steuerbescheid aufzuheben, da die für die Steuerpflicht zugrunde gelegten Vereinbarungen aufgehoben würden. In notariell beurkundetem Vertrag erklärten die Ehegatten Ende August 1964, sie änderten, da das FA die beiden notariell beurkundeten Vorgänge von Januar 1964 nicht als Schenkung anerkennen wolle und eine Grunderwerbsteuer erhoben habe, diese Vereinbarungen - den Ehevertrag und den Übertragungsvertrag - dahin ab, daß der Grundbesitz nicht zur Abgeltung etwaiger Ausgleichsansprüche der Ehefrau übertragen worden sei; vielmehr handle es sich um eine rein freigebige Zuwendung, durch welche etwaige Ausgleichsansprüche der Ehefrau nicht berührt würden. Durch den Ehevertrag vom Januar 1964 sei lediglich die Gütertrennung eingeführt worden; die durch die Auflösung der Zugewinngemeinschaft sich etwa ergebenden Ausgleichsansprüche seien jedoch nicht geregelt worden. Eine insoweit etwa erforderliche Auseinandersetzung bleibe einer späteren Regelung vorbehalten. Der Übertragungsvertrag werde dahin abgeändert, daß das Grundstück nicht in Verfolg einer Verpflichtung des Ehemannes aus dem Ehevertrag, insbesondere nicht zum Ausgleich der Ansprüche der Ehefrau aus der aufgelösten Zugewinngemeinschaft übertragen worden sei; vielmehr seien sich die Ehegatten darüber einig, daß es sich hierbei um eine freigebige Zuwendung, also eine Schenkung an die Ehefrau handele.

Einspruch und Klage waren erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet.

1. Die Auffassung des Klägers, bei der auf rein familienrechtlicher Grundlage beruhenden Übertragung seines Grundstücks auf seine Ehefrau handle es sich nicht um einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 GrEStG, trifft allerdings nicht zu.

Bei dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) sind das Vermögen des Mannes und das der Frau getrennte Vermögensmassen (§ 1363 Abs. 2 BGB). Eine gemeinschaftliche Vermögensmasse gibt es nicht; sie entsteht auch nicht bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft, etwa zum Zwecke der Teilung (Palandt/Lauterbach, BGB, 30. Aufl., Grundzüge vor § 1363 Anm. 3). Auch Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten unterliegen - vorbehaltlich des Eingreifens eines ausdrücklichen Befreiungstatbestandes - grundsätzlich der Grunderwerbsteuerpflicht (vgl. Urteil des BFH II 132/65 vom 13. Januar 1970, BFH 98, 453, 455, BStBl II 1970, 440). Überträgt ein Ehegatte aus Anlaß der Beendigung der Zugewinngemeinschaft wegen Vereinbarung der Gütertrennung durch Ehevertrag (§§ 1372, 1408, 1414 BGB) ein Grundstück auf seinen Ehegatten, so ist dies ein grunderwerbsteuerrechtlicher Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, und zwar unbeschadet der Frage, ob eine Ausgleichsforderung (§ 1378 BGB) besteht oder nicht (BFH-Urteil II 115/65 vom 19. Januar 1972, BFH 105, 58, BStBl II 1972, 474). Deshalb ändert hieran - entgegen der Meinung des Klägers - auch der Umstand nichts, daß der Ausgleichsberechtigte unter gewissen Voraussetzungen (§ 1383 BGB) Abfindung in Sachwerten verlangen kann.

Die von Kläger geforderte Steuerbefreiung in sinngemäßer Anwendung des § 3 Nrn. 4 und 5 GrEStG ist auch unter Beachtung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG und des durch Art. 6 GG garantierten Schutzes der Ehe und Familie nicht möglich. Die Gründe hierfür hat der Senat bereits in dem oben angeführten Urteil II 132/65 vom 13. Januar 1970 (BFH 98, 453, 456 ff.) unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte und der weiteren Entwicklung des ehelichen Güterrechts im einzelnen - auch zu Art. 3 GG (BFH 98, 458) - dargelegt. Diese für die Beendigung der Zugewinngemeinschaft wegen Ehescheidung herausgearbeiteten Grundsätze sind bei insoweit gleicher Ausgangslage auch in dem Fall maßgebend, daß ein Grundstück (eine Grundstücksmiteigentumshälfte) zwischen Ehegatten in bestehenbleibendem Güterstand der Zugewinngemeinschaft übertragen wird (BFH-Urteil II 89/65 vom 17. Februar 1972, BFH 105, 298, BStBl II 1972, 588). Eine solche Besteuerung verletzt auch nicht Art. 6 GG. Eheleute sind bei der Zugewinngemeinschaft bezüglich der Substanz der Vermögensmasse grundsätzlich so zu behandeln, wie wenn sie unverheiratet wären (Entscheidung des BVerfG Bd. 15 S. 328 und 332; BStBl I 1963, 448, 489 li, Sp.); sie dürfen also nicht ungünstiger gestellt werden als Nichtfamilienangehörige. Das ist hier nicht der Fall, da die Übertragung von Grundstückseigentum zwischen Fremden (ebenfalls) der Grunderwerbsteuer unterliegt (im einzelnen vgl. das oben angeführte Urteil II 115/65 vom 19. Januar 1972).

2. Es bleibt die Frage, ob das Grundstück gegen Gegenleistung (§ 10 Abs. 1, § 11 GrEStG) oder ohne bzw. nicht zu ermittelnde Gegenleistung (§ 10 Abs. 2 Nr. 1, § 12 GrEStG) oder unentgeltlich im Sinne des § 3 Nr. 2 GrEStG und im letztgenannten Falle somit steuerbefreit übertragen worden ist. Diese Frage ist nach den dem wirklichen Willen der Ehegatten entsprechenden Vereinbarungen zu entscheiden.

Das FG hat wie der Beklagte die Entgeltlichkeit des Erwerbsvorganges bejaht, da der Kläger das Grundstück nach dem Wortlaut des Vertrags vom Januar 1964 seiner Ehefrau "zum Ausgleich ihrer Ansprüche aus der aufgelösten Zugewinngemeinschaft" übertragen habe. Die letztlich allein maßgebliche Wirksamkeit dieser Vereinbarung unterstellt, wäre dem FG zuzustimmen. Denn die mit Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft entstehende Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 3 BGB) ist eine auf Geld gerichtete, persönliche Schuldforderung (vgl. die Kommentare zum BGB, Palandt/Lauterbach, § 1378 Anm. 1; Scheffler/Koeninger in Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern - BGB-RGRK -, 10./11. Aufl., § 1378 Anm. 3; Soergel/Lange, 10. Aufl., § 1378, Tz. 2, 13). Wird zur Befriedigung der Ausgleichsforderung ein Grundstück an Erfüllungs Statt hingegeben, so entsteht Grunderwerbsteuerpflicht und die Gegenleistung ist - soweit nicht noch andere Leistungen durch den Erwerber übernommen werden - nach Grund und Höhe im Erlöschen der Ausgleichsforderung (§ 364 BGB) und in deren Höhe (§ 1378 Abs. 2 BGB) zu erblicken (BFH 98, 456, Boruttau/Klein, 9. Aufl., § 1 Tz. 90, § 3 Tz. 91-93; vgl. auch BFH-Beschluß II B 32/70 vom 26. Januar 1971, BFH 101, 136, 138, BStBl II 1971, 184).

Das FG hat den Vereinbarungen vom August 1964, daß es sich bei der Grundstücksübertragung um eine rein freigebige Zuwendung handele, keine die Grunderwerbsteuerpflicht auflösende Bedeutung beigemessen, da die Änderung der Verträge keine echte und volle Rückgängigmachung der Verträge vom Januar 1964 enthalte; selbst dies unterstellt, scheitere die Anwendung des § 17 GrEStG wegen Steuerumgehung an § 6 StAnpG. Der Änderungsvertrag sei vielmehr als bloßes Scheingeschäft zu werten.

Wenn auch die Erwägungen des FG zunächst naheliegen mögen, so sind sie doch nicht frei von rechtlichen Bedenken

Die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG setzt unter anderem voraus, daß der Erwerbsvorgang durch vereinbarte "Aufhebung" innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuerschuld rückgängig gemacht wird. Nach dem Wortlaut des Vertrags vom August 1964 sind die Verträge vom Januar 1964 nur "abgeändert" worden. Für die objektive rechtliche Wertung von Verträgen ist aber letztlich nicht der Buchstabe des Vertrages, sondern dessen materieller Gehalt unter Berücksichtigung des wahren übereinstimmenden Willens der Beteiligten maßgebend (§ 133, 157 BGB). Abgesehen davon, daß der beurkundende Notar erklärt hatte, daß die Eheleute die der Besteuerung zugrunde gelegten Vereinbarungen "aufheben" würden, hätten die Eheleute - die Übereinstimmung des im Vertrag zum Ausdruck gebrachten und ihres wahren Willens unterstellt - nicht nur das Motiv der Grundstücksübertragung ausgewechselt, wie das FG meint, sondern den Schuldgrund: An die Stelle der Grundstücksübertragung in Erfüllung einer Ausgleichsforderung als einer Schuldforderung, auf die die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts anzuwenden sind (Soergel/Lange, a. a. O., § 1378 BGB, Tz. 13), wäre die Übertragung als freigebige Zuwendung (Schenkung) getreten. Tritt aber an die Stelle des ursprünglichen Schuldgrundes ein neuer Rechtsgrund, wenn auch unter denselben Beteiligten, so liegt die Annahme einer Novation im Sinne einer "Schuldumschaffung" durch Aufhebung des alten und Begründung eines neuen Schuldverhältnisses um so näher, wenn selbst das wirtschaftliche Ergebnis - Grundstücksübertragung nicht durch Erlöschen der Ausgleichsforderung, sondern unter deren ausdrücklicher Aufrechterhaltung - nicht mehr dasselbe ist. Der Wille zur Novation muß zwar genügend deutlich, aber nicht ausdrücklich erklärt werden (vgl. RGZ 62, 51, 52; 134, 153, 155; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Bearbeitung, § 75 Anm. IV; die Kommentare zum BGB Ermann/Groepper, 4. Auflg., § 305, Anm. 3 d; Palandt/Heinrichs a. a. O., § 305 Anm. 4; Staudinger/Kaduk, 10./11. Aufl., § 305, Tzn. 27, 32, 33 a; vgl. auch BFH-Urteil II 126/64 vom 30. Juni 1965, HFR 1965, 547, 549).

Selbst wenn man in solchen Fällen am Wortlaut festhalten wollte, so könnten gegen die Anwendung des § 17 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG jedenfalls dann keine Bedenken bestehen, wenn die Beteiligten einen entgeltlichen Grundstücksübertragungsvertrag in eine ernsthaft gewollte Grundstücksschenkung im Sinne des § 3 Nr. 2 GrEStG "abändern" (anders als in dem anders gelagerten Sachverhalt des BFH-Urteils II 83/64 vom 1. April 1969, BFH 96, 66, BStBl II 1969, 560). Zum einen kann ein steuerlicher Erfolg oder Mißerfolg nicht von einer (unter Umständen zufälligen) Wortwahl ("Aufhebung" oder "Änderung") abhängen. Läßt zum anderen das Gesetz nicht nur die Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen im Sinne des § 17 Abs. 1, 2 GrEStG steuerfrei, sondern sieht es auch eine Steuerermäßigung bei nachträglicher Herabsetzung der Gegenleistung vor (§ 17 Abs. 3 GrEStG), so kann es nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechen, an der Grunderwerbsbesteuerung festzuhalten, obwohl die Beteiligten nachträglich die Gegenleistung durch Schenkungsvereinbarung auf 0 herabgesetzt haben.

Ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 6 StAnpG kann in dem Vertrag vom August 1964 nicht schon deshalb erblickt werden, weil die Ehegatten darin offen erklärt haben, sie hätten sich zu dieser neuen Vereinbarung deshalb entschlossen, weil das FA den Vorgang vom Januar 1964 nicht als Schenkung anerkennen und eine Grunderwerbsteuer erheben wolle.

Eine Steuerumgehung liegt nicht bereits dann vor, wenn die Beteiligten eine bestimmte Vertragsgestaltung zwar aus Steuerersparnisgründen (zur Steuervermeidung) gewählt haben, aber das rechtliche und wirtschaftliche Ergebnis dieser neuen Gestaltung gelten und bestehen lassen. Ein Mißbrauch ist zwar zu bejahen, wenn die Beteiligten sich aus den Verbindlichkeiten des ersten Vertrags gar nicht entlassen wollen (vgl. z. B. HFR 1965, 549) oder die ungewöhnliche Gestaltung zu einem steuerlich mißbilligten Erfolg führt, so z. B. wenn eine grunderwerbsteuerpflichtige Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern auf dem steuerfreien Umweg zweier Übertragungsgeschäfte über die Eltern (§ 3 Nr. 6 GrEStG) umgangen wird, nicht aber, wenn Eheleute eine ursprünglich als entgeltlich gedachte oder auch nur (ohne weitergehende Überlegungen) so vereinbarte Grundstücksübertragung aus welchen Gründen auch immer, doch rechtzeitig (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) in eine ernsthaft gewollte Schenkung umwandeln (vgl. BFH-Entscheidung II 119/62 U vom 20. Oktober 1965, BFH 83, 545, 548, BStBl III 1965, 697). Im übrigen müßte eine Steuerumgehungsabsicht durch das FG eindeutig festgestellt werden (BFH-Entscheidung II 149/63 vom 21. Dezember 1966, BFH 87, 458, 462, BStBl III 1967, 189).

Das FG hat den Vertrag vom August 1964 als Scheingeschäft (§ 117 BGB) bereits deshalb beurteilt, weil weder die Schenkungserklärung, noch die Erklärung über den Vorbehalt späterer Regelung einer etwaigen Ausgleichsforderung als ernstlich gewollt beurteilt werden könnten. Diese rechtliche - also in vollem Umfang der Nachprüfung des Revisionsgerichts unterworfene - Auslegung des objektiven Gehalts der Willenserklärungen begegnet rechtlichen Bedenken, da nicht ersichtlich ist, warum die Ehegatten entgegen dem Wortlaut ihrer neuen Vereinbarungen eine "rein freigebige Zuwendung" nicht ernsthaft gewollt haben können (vgl. auch Soergel/Hefermehl, a. a. O., 10. Aufl., § 117 BGB Tzn. 4, 9). Das FG stützt seine Ansicht entscheidend darauf, daß eine Ausgleichsforderung aus aufgelöster Zugewinngemeinschaft in drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Auflösung verjähre (§ 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB) und daß nach Mitteilung des Vertreters des Klägers Ende Januar 1967 eine etwaige Ausgleichsforderung noch nicht abgerechnet sei. Dabei ist nicht beachtet, daß die Verjährung der Ausgleichsforderung gemäß § 204 BGB gehemmt ist, solange die Ehe besteht (vgl. auch Soergel/Lange, a. a. O., § 1378 Tz. 14). Auch die Vorschrift des § 1380 BGB steht - entgegen der Auffassung des FG - der Annahme einer freigebigen Zuwendung nicht entgegen. Nach § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB sind zwar Zuwendungen, die den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigen, im Zweifel auf die Ausgleichsforderung anzurechnen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Auslegungsregel, die ebensowenig eingreift wie § 1380 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Zuwendende ausdrücklich anderes bestimmt hat bzw. wenn die Ehegatten ausdrücklich - etwa durch Ehevertrag - anderes vereinbart haben (vgl. auch zum Stand der Meinungen zum Formerfordernis solcher Vereinbarungen die Kommentare zu § 1380 BGB Erman/Bartholomeyczik, 4. Aufl., Anm. 4; Palandt/Lauterbach, Anm. 2; Soergel/Lange, Anm. 4; Staudinger/Felgentraeger, Tzn. 2, 19).

3. Die Vorentscheidung, die von anderen rechtlichen Erwägungen ausgeht, mußte aufgehoben werden (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO), ohne daß es einer Erörterung der Verfahrensrügen des Klägers bedurfte. Auch auf dessen Einwendungen gegen die Besteuerungsgrundlage - Maßgeblichkeit des Einheitswertes (§ 12 GrEStG) nur, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder als solche nicht zu ermitteln ist, nicht aber, wenn der Wert der bekannten Gegenleistung nur zu schätzen ist (vgl. Boruttau/Klein, a. a. O., § 10, Tzn. 10, 19, 20-22) - war nicht einzugehen, abgesehen davon, daß die Ausführungen des FG zur Schätzung der Gegenleistung mangels einzelner, konkreter Feststellungen eine Nachprüfung durch die Revisionsinstanz nicht zulassen würden, ob der Schätzungsweg sich in dem rechtlich vertretbaren Rahmen hält (vgl. BFH-Entscheidungen IV 314/58 vom 26. Januar 1961, StRK, Reichsabgabenordnung, § 217, Rechtsspruch 41; auch II 95-96/64 vom 16. Juni 1970, BFH 99, 413, 420/421, BStBl II 1970, 690).

Das FG, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen war, wird zu prüfen haben, ob es sich bei der Grundstücksübertragung nach dem wirklichen, ernsthaften Parteienwillen um eine ("reine") Schenkung im Sinne des § 3 Nr. 2 GrEStG - ohne Anrechnung auf eine "etwaige" Ausgleichsforderung - oder um einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang - unter Erlöschen einer Ausgleichsforderung - gehandelt hat.

Dabei können unter Umständen auch die Beweggründe von Bedeutung sein, die zur Änderung des Güterstandes unter gleichzeitiger Übertragung des Grundstücks geführt haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422745

BStBl II 1972, 836

BFHE 1972, 374

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