Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendungsgrenze für Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltungen vor 1993

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen des Arbeitgebers für vor 1993 durchgeführte Betriebsveranstaltungen stellen auch dann in vollem Umfang Arbeitslohn dar, wenn sie den Betrag von 150 DM pro Arbeitnehmer nur geringfügig überschreiten (Anschluß an BFH-Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655).

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der K KG, gegen die sich der angefochtene Bescheid richtet. Die KG führte im September 1991 für ihre Arbeitnehmer einen im wesentlichen aus einer Rheinschiffahrt und Bewirtung bestehenden Betriebsausflug durch. Der Gesamtaufwand der Klägerin belief sich für 351 teilnehmende Arbeitnehmer auf insgesamt 54 859,76 DM, was einen durchschnittlichen Aufwand je teilnehmendem Arbeitnehmer von 156,29 DM entspricht.

Nach einer im Jahre 1994 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) davon aus, daß der für den Betriebsausflug verausgabte Aufwand als dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfender Arbeitslohn zu qualifizieren sei. Er führte die Nachversteuerung in Anlehnung an § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit einem Nettosteuersatz von 25 v. H. durch und forderte die Lohnsteuer durch Haftungsbescheid nach. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 1101 veröffentlichten Gründen statt.

Mit der Revision begehrt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Vorentscheidung, so führt das FA im wesentlichen aus, weiche von den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Mai 1992 VI R 85/90 (BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655) ab. Eine ständige Anpassung der vom BFH aufgestellten Freigrenze von 150 DM an die allgemeine Preisentwicklung würde der vom BFH angestrebten Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Die Auffassung des FG führe zu einer Vielzahl von Prozessen darüber, in welchem Umfang die Lebenshaltungskosten tatsächlich gestiegen seien und welcher Stichtag jeweils maßgebend sei. Im Interesse der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Rechtsanwendung habe der BFH bewußt in Kauf genommen, daß die Anwendung eines bestimmten Höchstbetrages insbesondere dann Härten mit sich bringe, wenn der Betrag von 150 DM nur geringfügig überschritten werde; auch dann seien die gesamten Zuwendungen dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.

Die Klägerin tritt der Revision im wesentlichen mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das FG hat zu Unrecht die Zuwendungen der Klägerin an deren Arbeitnehmer anläßlich der Betriebsveranstaltung nicht als steuerpflichtigen Arbeitslohn qualifiziert. Der Senat ist in seiner Grundsatzentscheidung in BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 davon ausgegangen, daß Aufwendungen des Arbeitgebers für Betriebsveranstal tungen beim Überschreiten eines Höchst betrages von 150 DM je teilnehmendem Arbeitnehmer ein derartiges Eigengewicht erlangen, daß sie in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind. Wenn diese Entscheidung auch zu den Streitjahren 1983 bis 1986 ergangen ist und der Senat die damalige Anhebung des seit rd. 25 Jahren geltenden Höchstbetrages von 50 DM auf 150 DM mit der inzwischen eingetretenen allgemeinen Steigerung des Lebensstandards und den sich daraus ergebenden Auswirkungen bei der Gestaltung von Betriebsveranstaltungen begründet hatte, ergab sich entgegen der Auffassung des FG keine Notwendigkeit, diesen Höchstbetrag für das Streitjahr 1991 bereits wieder an die veränderten Lebenshaltungskosten anzupassen. Der Senat hat den Betrag von 150 DM als im oberen Bereich der Kosten von Betriebsveranstaltungen liegend angesehen und wollte mit ihm aus Praktikabilitätsgründen ein möglichst breites Spektrum von Gestaltungsmöglichkeiten erfassen (vgl. II. 2. der Entscheidungsgründe). Die angestrebte Rechtsvereinfachung und Rechtssicherheit kann mit einer solchen Höchstgrenze nur dann erreicht werden, wenn diese langfristig gilt und nicht bereits nach wenigen Jahren wieder in Frage gestellt wird. Da die Finanzverwaltung ihrerseits mit Wirkung ab 1993 den Höchstbetrag für Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen auf 200 DM heraufgesetzt hat (Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 der Lohnsteuer- Richtlinien 1993), besteht keine Notwendigkeit, bereits für die Zeit bis 1992 den Höchstbetrag heraufzusetzen.

Die von der Klägerin für die Betriebsveranstaltung aufgewendeten Beträge in Höhe von 156,29 DM je Arbeitnehmer unterliegen damit der Lohnbesteuerung.

2. Die Vorentscheidung ist von anderen Erwägungen ausgegangen; sie war daher aufzuheben. Da das FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung keine Veranlassung hatte, zur Höhe des Haftungsbetrages Feststellungen zu treffen, geht die Sache an die Vorinstanz zurück. Diese wird zu beurteilen haben, ob der vom FA in Anlehnung an § 40 Abs. 2 EStG angewendete Pauschsteuersatz in Höhe von 25 v. H. den Verhältnissen gerecht wird; denn die Lohnsteuer ist bei einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Haftungsschuldner grundsätzlich individuell als Bruttolohnsteuer zu ermitteln (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1993 VI R 26/92, BFHE 172, 472, BStBl II 1994, 197, und vom 17. März 1994 VI R 120/92, BFHE 174, 89, BStBl II 1994, 536).

 

Fundstellen

Haufe-Index 422068

BFH/NV 1997, 400

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