Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn eine Rechtsgestaltung für die Körperschaftsteuer als Mißbrauch im Sinne des § 6 Abs. 1 StAnpG angesehen wird, so begründet dies nicht ohne weiteres die Annahme der steuerlichen Unwirksamkeit derselben Rechtsgestaltung auch für die Grunderwerbsteuer (ß 6 Abs. 2 und 3 StAnpG).

 

Normenkette

StAnpG § 6

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin) hat am 15. Oktober 1951 ein Grundstück mit aufstehender Schlackenhalde gekauft. Im Kaufvertrag ist angegeben, daß von dem Kaufpreis 24.000 DM bar gezahlt seien. Das Finanzamt erhob Grunderwerbsteuer durch rechtskräftig gewordenen Steuerbescheid vom 15. November 1951.

Nach Massgabe einer später durchgeführten Betriebsprüfung begehrte die Bfin. gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) die Berichtigung des Steuerbescheids vom 15. November 1951, indem sie geltend machte, inhaltlich des Buchprüfungsberichts seien die erwähnten 24.000 DM nicht Kaufpreis, sondern Pachtzahlungen gewesen, so daß von diesem Betrage keine Grunderwerbsteuer zu berechnen sei.

In dem Buchprüfungsbericht, dessen maßgeblichen Abschnitt das Finanzgericht wörtlich wiedergibt, war festgestellt worden, daß die Bfin. bereits vor dem Kaufvertrag vom 15. Oktober 1951 mit dem Verkäufer einen Pachtvertrag abgeschlossen und nach diesem Pachtvertrag das Recht hatte, gegen eine jährliche Pachtsumme von 7.000 RM bzw. DM jährlich bis zu 10.000 t Schlacke abzubauen, daß sie dafür 1950 und 1951 zusammen 24.000 DM bezahlt hat, daß die Pachtgutschriften im Zuge der Verhandlungen über den Grundstücksankauf storniert wurden und daß vereinbart wurde, die ursprünglich als Pachtzins geleisteten Zahlungen der Jahre 1950 und 1951 auf den Kaufpreis anzurechnen. Der Betriebsprüfer (und ihm folgend das Körperschaftsteuer-Finanzamt) hatte die Absprache über die Anrechnung des Pachtzinses auf den Kaufpreis in Anwendung des § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) körperschaftsteuerlich nicht anerkannt und den Grundstückskaufpreis herabgesetzt.

 

Entscheidungsgründe

Finanzamt und Finanzgericht haben die Berichtigung abgelehnt, auch die Rechtsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.

Die Bfin. macht geltend, die Steuerbehörden könnten nicht für die Körperschaftsteuer eine neue Tatsache als vorliegend erachten, für die Grunderwerbsteuer dagegen nicht. Dazu ist zu sagen:

Das Finanzgericht hat die sämtlichen oben erwähnten Feststellungen des Betriebsprüfers als neue Tatsachen anerkannt, dagegen in der Nichtanerkennung der Absprache über die Anrechnung des Pachtzinses auf den Kaufpreis durch das Körperschaftsteuer-Finanzamt lediglich eine abweichende Beurteilung erblickt, die eine Aufhebung des rechtskräftigen Grunderwerbsteuerbescheids nicht rechtfertige. Demgegenüber meint die Bfin. in der Rechtsbeschwerdebegründung, wenn es sich bei dem strittigen Betrag tatsächlich um Pachtzahlungen handle, so liege hierin nur die Feststellung des wirklichen Tatbestands und es bleibe für irgendwelche Beurteilung kein Raum. Diese Meinungsverschiedenheit berührt die Entscheidung nicht. Die Beteiligten haben auf Grund der nach dem bürgerlichen Recht bestehenden Vertragsfreiheit eine ernstlich gemeinte Vereinbarung über den Kaufpreis getroffen, deren Wirksamkeit nicht durch die Vorschriften der §§ 116 ff BGB in Frage gestellt wird. Ebenso wie in den sogenannten "Miet-Kaufverträgen" vereinbart wird, daß die für die Dauer der Mietzeit gezahlte Miete (ganz bzw. zum Teil) im Falle der käuflichen übernahme der Mietsache durch den Mieter auf den Kaufpreis angerechnet wird, stand im Streitfall der entsprechenden Anrechnung nichts im Wege, nachdem inhalts des Buchprüfungsberichts bereits in den Kaufvorverhandlungen die Anrechnung vereinbart worden war. Die Beteiligten haben den Kaufpreis auch nicht nachträglich herabgesetzt und aus § 17 Abs. 3 Ziff. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Erstattung beantragt. Wenn ein nicht beurkundeter höherer Kaufpreis der Besteuerung zugrunde gelegt wird, so beruht diese Abweichung von dem beurkundeten Vertragsinhalt darauf, daß der höhere Preis tatsächlich vereinbart ist. Im Streitfall ist aber das beurkundete Entgelt auch ernstlich vereinbart.

Es fragt sich, ob § 6 Abs. 3 StAnpG die Erstattung der auf die 24.000 DM entfallenden Grunderwerbsteuer rechtfertigt. Das Finanzgericht lehnt dies ab, weil die etwaige Absicht, durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts Körperschaftsteuer zu umgehen, keine Rückwirkung auf die Grunderwerbsteuer haben kann. Dem ist für den Streitfall in übereinstimmung mit den grundsätzlichen Darlegungen von Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 6 StAnpG Anm. 7, zu folgen.

Der Reichsfinanzhof hatte es in dem Urteil VI A 99/25 vom 2. Dezember 1925, Steuer und Wirtschaft 1926 Nr. 28, unerörtert gelassen, ob sämtliche sonstigen Steuern unter Zugrundelegung der angenommenen rechtlichen Gestaltung zu erheben sind, wenn bei der Veranlagung einer Steuerart auf Grund des (früheren) § 5 der Reichsabgabenordnung eine rechtliche Gestaltung angenommen worden ist, die von der vom Steuerpflichtigen gewählten abweicht; der Reichsfinanzhof hatte eine Bindung für die anderen Steuern jedenfalls aber angenommen, wenn zwei Steuerarten derartig miteinander in Zusammenhang stehen wie Körperschaftsteuer und Einkommensteuer. Darauf hat der Reichsfinanzhof in dem Urteil III e A 92/34 vom 29. Mai 1935, Reichssteuerblatt S. 882, zur Frage der Bindung hinsichtlich der Erbschaftsteuer Ausführungen gemacht, denen auch hinsichtlich der Bindung der Grunderwerbsteuer beizutreten ist. Danach gilt folgendes:

Bürgerlich-rechtlich ist die geschehene Vereinbarung des Kaufpreises (einschließlich der 24.000 DM) anzuerkennen. Das ist für die Frage der Besteuerung nach dem GrEStG entscheidend. Wenn die Vereinbarung für die Körperschaftsteuer nicht anerkannt wird, so ist dies für die Unterwerfung der nach bürgerlichem Recht wirksamen Grundstücksübertragung zu dem beurkundeten und gewollten Preis unter die Grunderwerbsteuer nicht erheblich. Ebenso wie die Erbschaftsteuer knüpft auch die Grunderwerbsteuer grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Tatbestände an, die Körperschaftsteuer dagegen (ebenso wie die Vermögensteuer, die in jenem Falle berichtigt worden war) grundsätzlich an wirtschaftliche Tatbestände.

Hiernach war eine Erstattungsmöglichkeit aus § 6 Abs. 3 StAnpG zu verneinen, ohne daß es darauf ankommt, ob bei der Körperschaftsteuer die Auffassung des Betriebsprüfers und des Finanzamts über die Herabsetzung des Kaufpreises im Rechtsmittelverfahren gebilligt wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408346

BStBl III 1956, 28

BFHE 1956, 71

BFHE 62, 71

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