Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingabe einer falschen Kennziffer in den Eingabebogen

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Einspruchsführer, der persönlich in eigenem Namen und zugleich für seinen Ehepartner Einspruch einlegen will, muß klar und unmißverständlich zum Ausdruck bringen, auch für den Ehepartner zu handeln.

2. Das Revisionsgericht kann auch eine durch Prozeßurteil ausgesprochene Klageabweisung aus sachlichen Gründen bestätigen, wenn der vom FG angenommene Grund für die Unzulässigkeit der Klage zwar nicht besteht, die Klage aber aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben kann.

3. Die Eintragung einer falschen Kennziffer in den Eingabebogen für die automatische Datenverarbeitung bei der Einkommensteuerveranlagung kann auch dann eine offenbare Unrichtigkeit sein, wenn der Bearbeiter unsicher war, welche Kennziffer er eintragen mußte. Voraussetzung ist aber, daß der Bearbeiter nicht über die rechtlichen Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung oder über die Beurteilung eines Sachverhalts, sondern über die richtige Eingabe dieser zutreffend beurteilten Auswirkungen oder des Sachverhalts unsicher war.

 

Normenkette

AO 1977 § 129 Abs. 1, § 357 Abs. 1 S. 2; FGO § 126 Abs. 4; BerlinFG § 21 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger), die im Streitjahr (1984) von Berlin nach A umgezogen sind, hatten neben den gewerblichen Einkünften des Ehemannes überwiegend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Von den insgesamt bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wurden Arbeitslöhne in Berlin-West in Höhe von insgesamt ... DM erzielt. Den Klägern wurden hierfür ... DM (Kläger) und ... DM (Klägerin) als Arbeitnehmerzulagen nach dem Berlinförderungsgesetz (BerlinFG) ausgezahlt.

Am 13. August 1985 wurde von dem seinerzeit zuständigen Finanzamt C der die Kläger betreffende Eingabebogen für die automatisierte Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr ausgefüllt. Das von dem Bearbeiter des Finanzamts C verwendete Formular des Eingabebogens enthielt für die ausbezahlten Arbeitnehmerzulagen nach dem BerlinFG keine ausdrücklich vorgesehenen Spalten. Der Bearbeiter trug die Berlinzulagen daher in dem Eingabebogen auf S. 4 unter "L. Variable Eingaben/Korrekturen" mit den Kennzahlen 265 und 266 ein. Auf der ersten Seite des Eingabebogens vermerkte der Bearbeiter oben handschriftlich: "Nach Rücklauf BerlinFG prüfen."

Mit nur hinsichtlich der gewerblichen Einkünfte vorläufigem Bescheid vom 18. September 1985 setzte das Finanzamt C die Einkommensteuer für das Streitjahr auf ... DM fest. Dabei wurden die ausgezahlten Arbeitnehmerzulagen nach dem BerlinFG nicht berücksichtigt, da die diesen Zulagen im Eingabebogen beigefügten Kennziffern für die computermäßige Behandlung dieser Zulagen falsch waren. Wegen der Nichtberücksichtigung der Zulagen wurde eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer nach dem BerlinFG in Höhe von ... DM gewährt.

Der dann zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) änderte mit dem im Streitfall angegriffenen Bescheid die Steuerfestsetzung und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Berücksichtigung der den Klägern ausgezahlten Arbeitnehmerzulagen auf ... DM fest.

Hiergegen richtete sich der unter dem Briefkopf des Klägers in der Ich-Form eingelegte Einspruch. Das Einspruchsschreiben war nicht unterschrieben, enthielt aber nach der Grußformel am Schluß unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle in Klammern den Namen des Klägers.

Mit an die Kläger, vertreten durch den Kläger, gerichteter Einspruchsentscheidung wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage der Kläger blieb erfolglos.

Zur Begründung der Klageabweisung führte das Finanzgericht (FG) aus, es sei bei der am Schluß der mündlichen Verhandlung verkündeten Entscheidung davon ausgegangen, daß wegen der fehlenden Unterschrift auf dem Einspruchsschreiben kein Einspruch eingelegt worden sei. Es habe sich daher gehindert gesehen, den bestandskräftig gewordenen Bescheid zu überprüfen. Dabei sei allerdings übersehen worden, daß nach der im Schrifttum vertretenen herrschenden Meinung §357 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) keine Unterschrift des Einspruchs verlange. Ausreichend sei danach vielmehr, daß aus dem Schriftstück hervorgehe, wer den Einspruch eingelegt habe. Gleichwohl sei es -- das FG -- an die nach der mündlichen Verhandlung verkündete Entscheidung gebunden.

Die Klage der Klägerin könne aber unabhängig von diesen Erwägungen keinen Erfolg haben, da die Klägerin auf keinen Fall Einspruch eingelegt habe. Selbst wenn man das nicht unterschriebene Einspruchsschreiben als wirksamen Einspruch ansehe, sei dieser Einspruch jedenfalls nur von dem Kläger eingelegt worden. Die Klägerin habe im Einspruchsverfahren keine Erklärungen abgegeben, und der Kläger sei auch nicht für sie tätig geworden.

Gegen das Urteil des FG richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Kläger. Die Kläger machen geltend, das FG habe zu Unrecht angenommen, daß kein Einspruch eingelegt worden sei. Es reiche aus, daß das Einspruchsschreiben erkennen lasse, wer den Einspruch eingelegt habe. Eine Unterschrift sei nicht erforderlich. Der Einspruch sei auch für die Klägerin eingelegt worden. Das ergebe sich aus der Angabe der gemeinsamen Steuernummer und aus dem Antrag in dem Einspruchsschreiben auf Aufhebung des gesamten Änderungsbescheides.

Das Urteil des FG sei entgegen der Auffassung des FA auch nicht aus anderen Gründen aufrechtzuerhalten. In einem Schreiben während des Klageverfahrens und auch in der mündlichen Verhandlung habe das FG zu erkennen gegeben, daß der ursprüngliche Steuerbescheid für das Streitjahr hinsichtlich der Behandlung der ausbezahlten Arbeitnehmerzulagen keine offenbare Unrichtigkeit i.S. von §129 AO 1977 enthalte. Das FG habe sich nur wegen der irrtümlich angenommenen formellen Fehler in bezug auf das Einspruchsschreiben an einer Entscheidung in der Sache gehindert gesehen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung sowie den Änderungsbescheid über die Einkommensteuer für das Streitjahr aufzuheben und die Einkommensteuer entsprechend dem ursprünglichen Bescheid festzusetzen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG hat allerdings zu Unrecht angenommen, daß der Kläger keinen Einspruch eingelegt habe. Nach §357 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 genügt es für die Wirksamkeit des Einspruchs, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Sowohl aus dem Kopf des Einspruchsschreibens als auch aus dem Namenszusatz unter der an sich für die Unterschrift vorgesehenen Zeile im Einspruchsschreiben ergibt sich eindeutig, daß der Einspruch vom Kläger stammt und nur versehentlich nicht unterschrieben worden ist. Die Unterschrift war für die Wirksamkeit des Einspruchs nicht erforderlich. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Dagegen hat das FG zu Recht entschieden, daß das Einspruchsschreiben nicht zugleich als Einspruch der Klägerin zu werten sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muß ein Einspruchsführer, der persönlich in eigenem Namen und zugleich für seinen Ehegatten Einspruch einlegen will, klar und unmißverständlich zum Ausdruck bringen, für den Ehegatten zu handeln. Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß ein von dem einen Ehegatten eingelegter Rechtsbehelf auch für den anderen eingelegt wird, und zwar selbst dann nicht, wenn die Eheleute eine gemeinsame Einkommensteuererklärung abgegeben haben (vgl. Urteile des BFH vom 27. November 1984 VIII R 73/82, BFHE 143, 32, BStBl II 1985, 296; vom 3. August 1993 VIII R 82/91, BFHE 174, 24, BStBl II 1994, 561). Im Streitfall geht aus dem Einspruchsschreiben nicht hervor, daß der Einspruch auch für die Klägerin eingelegt werden sollte. Der Kopf des Schreibens, die Ich-Form, die gegebene Begründung sowie die Namensangabe unter dem Schreiben sprechen vielmehr für eine Einspruchseinlegung allein durch den Kläger. Aus der Tatsache, daß sich der in dem Schreiben gestellte Antrag auf die Aufhebung des Änderungsbescheides insgesamt bezieht, kann nichts anderes gefolgert werden. Der Kläger ist nämlich berechtigt, den angefochtenen Einkommensteuerbescheid auch insoweit anzugreifen, wie dieser Bescheid von seiner Ehefrau bezogene Einkünfte betrifft (BFH-Urteil in BFHE 143, 32, BStBl II 1985, 296).

2. Obwohl das FG die Klage des Klägers zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen hat, dieser habe keinen Einspruch eingelegt, kann doch die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Nach §126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zurückzuweisen, wenn die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig darstellt. Diese Rechtslage ist im Streitfall gegeben.

Dabei ist es unerheblich, ob das FG die Klage wegen des nach seiner Auffassung fehlenden Einspruchs als unzulässig oder als unbegründet abgewiesen hat. Das FG-Urteil enthält darüber keine Aussage. Die Betonung der Bestandskraft des angegriffenen Änderungsbescheides spricht dafür, daß das FG die Klage als unbegründet abweisen wollte. Selbst wenn aber eine Klageabweisung als unzulässig vorläge (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 165/85, BFH/NV 1991, 75), würde dies die Anwendung des §126 Abs. 4 FGO nicht hindern. Denn das Revisionsgericht kann auch eine durch Prozeßurteil ausgesprochene Klageabweisung aus sachlichen Gründen bestätigen, wenn der vom FG angenommene Grund für die Unzulässigkeit der Klage nicht besteht und die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben kann (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §126 Anm. 7, mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).

3. Im Streitfall kann die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben. Das FA durfte den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr durch den angegriffenen Änderungsbescheid nach §129 AO 1977 ändern.

Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlaß eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten i.S. dieser Vorschrift müssen einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich sein, d. h., es muß sich um mechanische Fehler handeln, die ebenso mechanisch, d. h. ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können. Bei der bloßen Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers bei der Sachverhaltswürdigung oder unvollständiger Sachaufklärung liegt ein mechanisches Versehen dagegen nicht vor (BFH-Urteile vom 24. Juli 1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785; vom 14. Juni 1991 III R 64/89, BFHE 165, 438, BStBl II 1992, 52; vom 28. Oktober 1992 II R 111/89, BFH/NV 1993, 637; vom 17. Februar 1993 X R 47/91, BFH/NV 1993, 638; vom 15. März 1994 XI R 78/92, BFH/NV 1995, 937). Die Entscheidung, ob eine offenbare Unrichtigkeit in diesem Sinne vorliegt, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls, vor allem nach der Aktenlage zu treffen (BFH-Urteile in BFH/NV 1993, 638, und in BFH/NV 1995, 937). Im Streitfall enthält der geänderte ursprüngliche Einkommensteuerbescheid hinsichtlich der Behandlung der an die Kläger ausbezahlten Arbeitnehmerzulagen eine solche offenbare Unrichtigkeit.

a) Der BFH hat wiederholt entschieden, daß die Eintragung falscher Kennziffern in dem Eingabebogen für die automatische Datenverarbeitung bei der Einkommensteuerveranlagung eine offenbare Unrichtigkeit i. S. von §129 Abs. 1 AO 1977 sein kann (BFH- Urteile in BFHE 165, 438, BStBl II 1992, 52; in BFH/NV 1993, 637; in BFH/NV 1993, 638; in BFH/NV 1995, 937). Im Streitfall ist die Nichtberücksichtigung der an die Kläger ausgezahlten Arbeitnehmerzulagen in dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt und den in dem FG-Urteil in Bezug genommenen Einkommensteuer-Akten auf die Eintragung falscher Kennziffern in dem Eingabebogen zurückzuführen. Es handelt sich um einen mechanischen Fehler, ähnlich einem Rechenfehler.

b) Die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers bei der Sachverhaltswürdigung oder unvollständiger Sachaufklärung ist im Streitfall ausgeschlossen. Dabei geht es nicht um die rein theoretische Möglichkeit, daß der Fehler auf rechtliche Überlegungen zurückgeht (Urteil des BFH vom 31. Juli 1975 V R 121/73, BFHE 116, 462, BStBl II 1975, 868; Beschluß des BFH vom 21. Oktober 1992 I B 85/92, BFH/NV 1994, 517), sondern entscheidend ist, daß aufgrund der konkreten Umstände des Streitfalls ein Rechtsirrtum praktisch ausgeschlossen ist.

aa) Das gilt zunächst für die Bearbeitung des Eingabebogens. Der Vermerk auf der ersten Seite des Eingabebogens, wonach nach Rücklauf das BerlinFG zu prüfen sei, läßt nicht den Schluß zu, daß der Bearbeiter des Eingabebogens über die Auswirkungen des BerlinFG im Irrtum oder auch nur unsicher gewesen sei. Dagegen spricht schon die einfach zu beurteilende Rechtslage, die sich ohne weitere Prüfungen eindeutig aus §21 Abs. 1 Satz 3 BerlinFG ergibt. Danach ist die Ermäßigung der Einkommensteuer, die auf in Berlin-West bezogene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfällt, durch die für den Veranlagungszeitraum gezahlten Zulagen abgegolten, soweit sie diese nicht übersteigt. Diese Rechtslage konnte der Bearbeiter durch einen einfachen Blick in das BerlinFG klären. Wenn der Bearbeiter beim Ausfüllen des Eingabebogens also tatsächlich über die rechtlichen Auswirkungen des BerlinFG im unklaren gewesen sein sollte, wäre es unverständlich, warum er den einfachen Blick in das Gesetz nicht sofort getan hat, sondern auf den Rücklauf des Eingabebogens mit dem Einkommensteuerbescheid warten wollte.

Der Vermerk auf dem Eingabebogen kann demgemäß nur so verstanden werden, daß der Bearbeiter nicht über die rechtliche Beurteilung der Auswirkungen des BerlinFG, sondern über die richtige Eingabe dieser Auswirkungen in das Datenverarbeitungssystem unsicher war. Das läßt sich auch daraus schließen, daß der Bearbeiter die ausgezahlten Arbeitnehmerzulagen zunächst in einer anderen Zeile ("K. Erläuterungstexte") eingetragen hatte, sie dann dort aber gestrichen und die Zeile "L. Variable Eingaben/Korrekturen" für die Eintragung verwendet hat. Angesichts dieser Unsicherheit ist es folgerichtig, daß der Bearbeiter nach Rücklauf des Eingabebogens mit dem Einkommensteuerbescheid eine Prüfung für erforderlich hielt, ob die Auswirkungen des BerlinFG bei der Datenverarbeitung zutreffend berücksichtigt worden waren. Im übrigen zeigt die Eintragung der Zulagen in den Eingabebogen, daß der Bearbeiter die Zulagen berücksichtigen wollte und nur unsicher war, ob dies bei den von ihm verwendeten Kennzahlen und der Eintragungszeile auch tatsächlich im Datenverarbeitungssystem gewährleistet war.

Fehler in der Einkommensteuerfestsetzung, die auf derartige Unsicherheiten zurückzuführen sind, sind offenbare Unrichtigkeiten i. S. von §129 Abs. 1 AO 1977. Denn die Fehler betreffen allein die Datenverarbeitung (einen mechanischen Rechenvorgang), so daß es sich um mechanische Fehler handelt. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob diese Fehler versehentlich (aus Unachtsamkeit) oder aufgrund von Unsicherheiten geschehen sind, die bei einer genaueren Prüfung der richtigen Schritte für die Datenverarbeitung hätten vermieden werden können. Entscheidend ist, daß es sich nicht um Fehler handelt, die sich auf die rechtliche Beurteilung oder den der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt beziehen.

bb) Auch nach dem Rücklauf des Eingabebogens zusammen mit dem von der Datenverarbeitung erstellten Steuerbescheid ist die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers bei der Sachverhaltsermittlung oder einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung praktisch ausgeschlossen. Daß der Bearbeiter hier einem Rechtsirrtum unterlegen sein könnte, ist wiederum allenfalls eine theoretische Möglichkeit, die nach obigen Ausführungen für die Anwendung des §129 AO 1977 unerheblich ist. Der praktische Ausschluß eines Rechtsirrtums an dieser Stelle des Veranlagungsvorgangs ergibt sich ebenfalls aus der oben dargelegten einfachen und völlig eindeutigen Rechtslage und aus der vorherigen Eintragung der Arbeitnehmerzulage in den Eingabebogen, die deutlich macht, daß die Zulage nach dem Willen des Bearbeiters berücksichtigt werden sollte. Daß dies nicht geschehen ist, kann einmal darauf zurückzuführen sein, daß der Prüfvermerk auf dem Eingabebogen nach dessen Rücklauf übersehen worden ist. Zum anderen ist auch möglich, daß der Bearbeiter den Prüfvermerk zwar beachtet, aber den von der Datenverarbeitung gefertigten Steuerbescheid nur daraufhin kontrolliert hat, ob überhaupt aus dem BerlinFG Folgerungen gezogen waren, und dabei übersehen hat, daß Arbeitnehmerzulagen gezahlt worden sind oder diese Arbeitnehmerzulagen nicht gegengerechnet waren. In jedem Fall handelt es sich um Fehler, die etwa dem Übersehen einer Kontrollmitteilung oder einer Angabe des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung vergleichbar sind (vgl. dazu BFH-Urteile vom 18. April 1986 VI R 4/83, BFHE 146, 350, BStBl II 1986, 541, und vom 26. April 1989 VI R 39/85, BFH/NV 1989, 619). Es sind Fehler, die auf einer zutage liegenden bloßen Unachtsamkeit beruhen.

c) Es handelt sich im Streitfall auch um offenbare Fehler, da es auf der Hand liegt, daß die in dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid gewährte Steuerermäßigung nicht neben den Arbeitnehmerzulagen (gleichsam als Doppelforderung) gewährt werden kann. Das FA hat die ursprüngliche Steuerfestsetzung mit dem angegriffenen Bescheid daher zu Recht geändert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67050

BFH/NV 1998, 942

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