Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung des Erben richtet sich nach den umsatzsteuerrechtlichen Verhältnissen des Erblassers

 

Leitsatz (NV)

Hatte der Erblasser seine Umsätze der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1967 unterworfen, so kommt bei der Erbin die Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG 1967 nicht in Betracht, soweit sie in späteren Jahren noch Entgelte aus der unternehmerischen Tätigkeit des Erblassers vereinnahmt.

 

Normenkette

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 19 Abs. 1-2, § 20 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Erbin nach ihrem Ehemann. Dieser hatte eine Gastwirtschaft betrieben. Seine Umsätze hatte er nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967 versteuert und dabei mit Genehmigung des Finanzamts (FA) die Umsatzsteuer nach den vereinnahmten Entgelten berechnet. Mit Wirkung zum . . . 1973 veräußerte der Erblasser die Gastwirtschaft (Grundstück und Inventar), wobei die Zahlung einer monatlichen Leibrente auf die Lebenszeit des zuletzt versterbenden Ehegatten vereinbart wurde; hieraus sollte ein Betrag von . . . auf das Inventar entfallen.

Für das Kalenderjahr 1975 erklärte die Klägerin von der gesamten für dieses Jahr erhaltenen Rentenzahlung 1 380 DM als steuerpflichtigen Umsatz und beantragte die Besteuerung nach § 19 Abs. 1 und 2 UStG 1967. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) unterwarf den Betrag von 1 380 DM dem allgemeinen Steuersatz von 11 v. H. und veranlangte die Klägerin für 1975 zu einer Umsatzsteuer von 151,80 DM.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) verneinte die Anwendbarkeit des § 19 UStG 1967; die Klägerin sei nicht Unternehmerin gewesen, weil sie weder im Streitjahr noch im Vorjahr Umsätze getätigt habe.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung sowie den Umsatzsteuerbescheid 1975 aufzuheben.

Sie rügt insbesondere Verletzung des § 19 Abs. 1 und 2 UStG 1967. Diese Vorschrift sei auf die von der Klägerin im Streitjahr vereinnahmten Entgelte anzuwenden, weil sie in dem dem Streitjahr vorangegangenen Kalenderjahr als Unternehmerin Entgelte aus Lieferungen im Kalenderjahr 1973 vereinnahmt habe, die unter 60 000 DM lagen. Die Unternehmereigenschaft des Erblassers wirke insoweit bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin nach, als sie die umsatzsteuerlichen Tatbestände abwickle, die zwar vom Erblasser als Unternehmer begründet worden seien, nach den Vorschriften des UStG 1967 jedoch noch nicht endgültig entstanden seien. Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten liege nämlich ein die Umsatzsteuerpflicht auslösender Umsatz erst mit der Vereinnahmung des Entgelts vor. Der Begriff des Umsatzes setze - abgesehen von der Sollversteuerung - den Eingang des Entgelts voraus; erst mit der Entgegennahme der Bezahlung werde der Umsatz bewirkt. Dementsprechend führe die Klägerin durch Entgegennahme und Annahme der Entgelte aus der Rente in Höhe dieser Gegenleistungen den Leistungsaustausch aus und bewirke so den Umsatz.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur zu einem geringen Teil begründet.

1. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß gegen die Klägerin als Steuerschuldnerin Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 1975 nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1967 festzusetzen war.

Die Klägerin ist als Gesamtrechtsnachfolgerin in vollem Umfang in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers eingetreten (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -, § 8 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -, § 45 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Sie schuldet die auf der unternehmerischen Tätigkeit des Erblassers beruhende Umsatzsteuer - unbeschadet des Entstehungszeitpunkts der Steuer, der sich hier nach § 13 Abs. 1 Buchst. b UStG 1967 richtet - entsprechend den steuerlichen Verhältnissen des Erblassers. Insbesondere war die Umsatzsteuer aufgrund der allgemeinen Vorschriften des UStG 1967 nach den im Streitjahr vereinnahmten Entgelten zu berechnen und festzusetzen (§ 20 Abs. 1 UStG 1967; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. September 1968 V 196/65, BFHE 94, 296, BStBl II 1969, 210).

Der besondere Steuersatz nach § 19 Abs. 1 und der Umsatzfreibetrag nach § 19 Abs. 2 UStG 1967 kommen nicht in Betracht. Die Auffassung der Klägerin, die genannten besonderen Besteuerungsvorschriften seien anzuwenden, weil sie in dem dem Streitjahr vorangegangenen Kalenderjahr Umsätze ausgeführt habe, die weniger als 60 000 DM betragen hätten, ist unrichtig. Der Begriff des Umsatzes setzt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1967 voraus, daß Lieferungen oder sonstige Leistungen erbracht worden sind. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin keine Leistungen dieser Art erbracht. Die Entgegennahme der Zahlungen bewirkt keinen Umsatz. Der Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG setzt nicht - auch nicht bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten - den Zahlungseingang voraus. Er ist auf der Seite des leistenden Unternehmers bereits dann erfüllt, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht wird, um das Entgelt zu erhalten, d. h. wenn in Erwartung der Gegenleistung geleistet wird (BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495). Der Zahlungseingang nach Ausführung der Leistung hat, abgesehen von Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage (§ 10 UStG 1967), im Falle der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten lediglich zur Folge, daß die auf der Verwirklichung des Besteuerungstatbestands beruhende Steuerschuld erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG 1967).

2. Die Revision führt jedoch insoweit zu einer Ermäßigung der Steuerschuld, als das FA als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer die vereinnahmte Zahlung angesetzt hat, ohne die nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 erforderliche Aufteilung in Entgelt und Umsatzsteuer vorzunehmen. Dementsprechend war die Umsatzsteuer auf den aus dem vereinnahmten Betrag von 1 380 DM herauszurechnenden Umsatzsteueranteil von 136,75 DM herabzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414677

BFH/NV 1986, 771

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