Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflichtiger Arbeitslohn beim verbilligten Erwerb von PKW

 

Leitsatz (NV)

Zur Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn ein Generalvertreter für Spezialfahrzeuge eines Herstellers seinen Verkäufern fabrikneue PKW desselben Herstellers mit einem von diesen eingeräumten Rabatt weiterveräußert, um dem Interesse des Herstellers an der Benutzung von PKW seines Fabrikats als Geschäftswagen Rechnung zu tragen.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger ist als nichtselbständiger Verkäufer im Außendienst der Firma X beschäftigt. X handelt mit . . . und ist Generalvertreter für Y-Fahrzeuge, die von der Z-AG (Z) hergestellt werden. Z hat die X mehrmals, zuletzt mit Schreiben vom September 1981, darauf hingewiesen, sie lege großen Wert darauf, daß Verkäufer ihrer Produkte auch Z-Fahrzeuge im Außendienst benutzten. Deshalb hat sie bis 1982 ihren Y-Generalvertretern Z-PKW als Geschäftsfahrzeuge mit einem Rabatt von 14 v.H. bei einer Haltedauerpflicht von einem Jahr geliefert. Z hatte jedoch nichts dagegen, daß die Generalvertreter die Fahrzeuge mit dem Rabatt an ihre Mitarbeiter verkauften, wenn die Fahrzeuge auf die Vertretungen zugelassen wurden und die Haltedauer eingehalten wurde. Wegen weiterer Einzelheiten bezog sich das Finanzgericht (FG) auf ein Schreiben der Z vom September 1982 an das Finanzamt (FA) F.

Auf dieser Grundlage kaufte der Kläger bei X in den Streitjahren je einen PKW mit Rabatten von 2 500 DM (1977), 3 000 DM (1978), 3 500 DM (1979) und 3 700 DM (1981). Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das FA) durch eine Mitteilung des FA F von den PKW-Käufen des Klägers und den Rabattgewährungen Kenntnis erhalten hatte, unterwarf er die Rabatte als zusätzlichen Arbeitslohn der Besteuerung (nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - geänderte Einkommensteuerbescheide 1977 bis 1979 und erstmaliger Einkommensteuerbescheid 1981).

Das FG gab der Klage nach insoweit erfolglosem Einspruchsverfahren statt. Es führte in dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 559 veröffentlichten Urteil u.a. aus, der Streitfall unterscheide sich von Sachverhalten, in denen Z als Arbeitgeberin sog. Jahreswagen eigener Produktion unter Rabattgewährung ihren eigenen Arbeitnehmern verkaufe; denn der Kläger habe den Vorteil des verbilligten Bezugs nicht von Z, sondern von seiner Arbeitgeberin X erhalten. Das Einverständnis der Z zur Weitergabe des an X gewährten Rabatts für sog. Jahreswagen stelle keine Zuwendung von Arbeitslohn dar. Zuwendungen eines Dritten - wie hier der Z im Verhältnis zum Kläger - könnten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann Arbeitslohn sein, wenn sie Entgelt für eine Leistung darstellten, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringe. Dabei komme es für die Frage, ob der Arbeitnehmer einen Vorteil wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachte, auf die Sicht des Arbeitnehmers an.

Das Rundschreiben der Z vom September 1981 zeige deutlich, daß es Z nicht darum gegangen sei, Dienste der Arbeitnehmer der Y-Generalvertretungen zu entlohnen. Dort heiße es, sie habe in letzter Zeit bedauerlicherweise immer häufiger feststellen müssen, daß Verkäufer und Verkaufsleiter der Y-Generalvertretungen Geschäfts-PKW benutzten, die nicht aus dem Hause Z stammten. Sie lege großen Wert darauf, daß Verkäufer ihrer Produkte im Außendienst Z-Fahrzeuge benutzten. Bekanntlich habe sie Rabatte für den Bezug von Geschäftswagen eingeräumt, um den Einsatz ihrer PKW zu fördern, und sie bitte, in Zukunft wieder nur Z-Fahrzeuge für die Verkaufstätigkeit zu benutzen. Z habe deshalb einen Werbezweck verfolgt; zum anderen habe sie mit dem Verkauf von Geschäftswagen an die Generalvertretungen eine eigene Umsatzsteigerung erreicht. Dies alles sei auch für den Kläger erkennbar gewesen. Deshalb bestehe kein Grund zu der Annahme, Z habe mit ihrem Einverständnis zum Weiterverkauf und der Weitergabe der Rabatte Arbeitslohn an den Kläger gezahlt.

Auch in der Weiterveräußerung durch X liege keine Entlohnung für die Arbeit des Klägers. Denn X habe lediglich ihr selbst eingeräumte Vorteile weitergegeben, ohne einen eigenen Lohnaufwand zu haben. Zudem seien ihr auf diese Weise die eigenen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten erspart geblieben, die sie gehabt hätte, wenn sie Geschäftswagen zum Verbleib in ihrem Betriebsvermögen erworben hätte. Daraus ergebe sich, daß X die ihr von Z eingeräumten Rabatte im eigenen Interesse weitergegeben habe, zumal sie durch den - sofortigen - Weiterverkauf zugleich der wiederholten Forderung nach erhöhtem oder ausschließlichem Einsatz von Z-PKW im Außendienst wenigstens teilweise habe nachkommen können.

Schließlich sei auch zu berücksichigen, daß der Kauf der preisgünstigeren Z-PKW für den Kläger kein uneingeschränkter Vorteil gewesen sei. Denn er habe diese Fahrzeuge erst nach Ablauf der einjährigen Haltedauerpflicht veräußern dürfen, selbst wenn er sich vorher lieber ein vielleicht noch günstigeres (preiswerteres) Auto einer anderen Marke gekauft hätte. Zudem habe er die Jahreswagen bei seinen Außendiensttätigkeiten auch tatsächlich einsetzen müssen. Dem Vorteil des billigeren Erwerbs stünden deshalb nicht unbedeutende Nachteile gegenüber.

Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung von § 8,§ 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie § 2 und § 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV).

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß als Arbeitslohn alle Bezüge und Vorteile anzusehen sind, die durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlaßt sind (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983 , 39, und vom 11. März 1988 VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726). Zu Recht hat das FG auch angenommen, daß es sich nicht um Zuwendungen der Z an den Kläger handelt. Denn Z hat die Fahrzeuge an X geliefert, ohne daß der Weiterverkauf an den Kläger zur Bedingung gemacht oder vereinbart worden war. Vielmehr hätte X die Fahrzeuge auch behalten und ihren Verkäufern für dienstliche Fahrten zur Verfügung stellen können. Der Verkauf an den Kläger unter Weitergabe des Preisnachlasses ist somit eine Lohnzuwendung der Arbeitgeberin X an den Kläger als ihren Arbeitnehmer.

Dem steht - entgegen der Auffassung des FG - nicht entgegen, daß X in Höhe der Verbilligung keine Aufwendungen gehabt hat. Eine Lohnzuwendung hat nicht zur Voraussetzung, daß dem Arbeitgeber eigene Aufwendungen entstanden sind (BFH-Urteil vom 25. September 1970 VI R 85/68, BFHE 100, 202 , BStBl II 1971, 55).

2. Die Annahme einer Lohnzuwendung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger die Z-PKW ohne die Verbilligung möglicherweise nicht gekauft hätte. Insoweit ist allein entscheidend, daß der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Bereicherung in der Weise aufzwingt, daß der Arbeitnehmer sich dem Vorteil nicht entziehen kann, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen (Urteil in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39). Eine aufgezwungene Bereicherung in diesem Sinne liegt im Streitfall nicht vor. Die hier zum Kauf der Fahrzeuge führenden Umstände können mit den tatsächlichen Gegebenheiten des vorerwähnten BFH-Urteils nicht verglichen werden. Das ergibt sich schon daraus, daß der Kläger in sämtlichen vier Streitjahren jeweils einen neuen Z-PKW erworben hat, während X - unter dem Einfluß des Werbeinteresses der Z - nur sicherzustellen hatte, daß die Verkäufer überhaupt einen Z-PKW fuhren.

3. Der verbilligte Weiterverkauf der PKW an den Kläger ist auch nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Arbeitgeberin X erfolgt.

Gemäß den obigen Ausführungen unter 1. ist auf das Interesse der X und nicht auf das Interesse der Z abzustellen; denn nicht Z, sonder X als Arbeitgeberin hat die Fahrzeuge an die Y-Verkäufer geliefert. X hatte ein Interesse an der verbilligten Überlassung der Fahrzeuge an ihre Verkäufer, weil sie damit dem Wunsch der Z ohne eigene Kapitalbindung nachkommen konnte. Diesem Interesse stand aber das Interesse des Klägers gegenüber, einen PKW der Marke Z verbilligt überlassen zu bekommen, den man nach der Jahresfrist ohne Verlust weiterverkaufen konnte. Dieser Vorteil des Klägers tritt gegenüber dem eigenbetrieblichen Interesse der X nicht in den Hintergrund. Ist aber - neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Gewährung des Vorteils nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Der Senat hat bereits im Urteil in BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726 darauf hingewiesen, daß zwischen dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers eine Wechselwirkung dergestalt besteht, daß das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse um so geringer zählt, je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist.

4. Rechtlich zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das FG einen geldwerten Vorteil dem Grunde nach in Frage gestellt hat.

Richtig ist zwar, daß Preisnachlässe, die auch im normalen Geschäftsverkehr erzielt werden können, keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn i.S. des § 19 EStG darstellen, weil auch andere Personen als Arbeitnehmer des Verkäufers diesen Vorteil bekommen können. Weitergehende Rabatte, insbesondere solche, die Groß- und Dauerkunden eingeräumt werden, hat der Senat zwar in seinem Urteil vom 15. März 1974 VI R 25/70 (BFHE 112, 70, BStBl II 1974, 413) für steuerfrei erklärt. Diese Aussage stand jedoch unter dem im Urteil vom 19. April 1974 VI R 107/70 (BFHE 115, 98, BStBl II 1975, 383) ausdrücklich ausgesprochenen generellen Vorbehalt, daß der Nachlaß ,,unter Berücksichtigung aller Umstände des Dienstverhältnisses nicht ins Gewicht fällt" (vgl. auch Abschn. 53 Abs. 3 Satz 8 LStR 1987). Letzteres ist hier jedoch der Fall, da es sich hier um ins Gewicht fallende Vorteile handelt. Der Senat kann es im übrigen offenlassen, ob er an den Grundsätzen des vorerwähnten Urteils festhält.

Zu Unrecht hat das FG vorteilsmindernd berücksichtigt, daß der Kläger für den Verkauf der Fahrzeuge eine Sperrfrist einhalten mußte, daß er sich zwischenzeitlich lieber ein billigeres Fahrzeug gekauft hätte und daß ihm bei der Nutzung eines üblichen Mittelklassewagens geringere Kosten entstanden wären. Derartige Umstände, die sich zeitlich nach dem Erwerb der Fahrzeuge auswirken, können nach Auffassung des Senats einen geldwerten Vorteil beim Erwerb ebensowenig ausschließen oder mindern, wie ein - nach Ablauf der Sperrfrist getätigter - günstiger Verkauf des Fahrzeugs den zugeflossenen geldwerten Vorteil nachträglich erhöhen kann (§ 8 Abs. 1 EStG).

5. Die Vorentscheidung, die der Rechtsauffassung des Senats nicht entspricht, ist aufzuheben. Die Sache muß gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückverwiesen werden, da sie nicht spruchreif ist. Das FG wird nunmehr festzustellen haben, ob und ggf. in welcher Höhe in den Streitjahren Z-PKW der vom Kläger gekauften Typen im normalen Geschäftsverkehr mit Rabatten zu erwerben waren. Der geldwerte Vorteil wäre insoweit ggf. zu mindern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416517

BFH/NV 1990, 493

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge