Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Ein sogenannter Tiefladeanhänger (bestehend aus zwei Fahrwerken und einer Tiefladebrücke) ist auch dann als einheitliches Fahrzeug anzusehen und damit als ein Fahrzeug zu besteuern, wenn Fahrwerke und Tiefladebrücke voneinander zwecks selbständiger Verwendung der einzelnen Fahrwerke getrennt werden können. Der Umstand, daß jedes Fahrwerk von der Zulassungsbehörde gesondert zugelassen ist, ist für die Beurteilung unerheblich.

 

Normenkette

KraftStG §§ 10-11

 

Tatbestand

Für den Beschwerdeführer (Bf.) sind zwei Fahrwerke mit je zwei Achsen zugelassen, die er u. a. nach gelenkloser Verbindung miteinander durch eine Tiefladebrücke als sogenannten Tiefladeanhänger benutzt. Für jedes Fahrwerk ist dem Bf. von der Zulassungsbehörde ein besonderes Kennzeichen zugeteilt und ein Anhängerschein ausgehändigt worden, der nach Angabe des Bf. den Zusatz enthält, daß die Benutzung nur mit Ausnahmegenehmigung möglich sei.

Streitig ist, ob diese beiden Fahrwerke, die sowohl einzeln als auch gemeinsam benutzt werden können, als ein Fahrzeug (Anhänger) oder als zwei Fahrzeuge (Anhänger) zu versteuern sind. Das Finanzamt ist bei der Besteuerung davon ausgegangen, daß es sich bei beiden Fahrzeugen einschließlich der Tiefladebrücke um ein Fahrzeug (Anhänger) handele. Der Bf. macht demgegenüber geltend, daß bei den beiden Fahrwerken zwei Anhänger gegeben seien. Die Steuer müsse daher für jedes der beiden Fahrwerke gesondert nach seinem höchstzulässigen Gesamtgewicht berechnet werden.

Das Finanzgericht wies die Sprungberufung des Bf. als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist ohne Erfolg.

Würde jedes der beiden Fahrwerke nur für sich allein benutzt werden, so könnte kein Zweifel daran bestehen, daß jedes für sich einen Anhänger darstellt. Das gleiche würde gelten, wenn beide Fahrwerke auch gemeinsam zur Beförderung einer Last in der Weise verwendet werden, daß sie miteinander lediglich durch die Last oder durch eine Zugvorrichtung verbunden sind. In beiden Fällen wäre jedes Fahrwerk für sich als Anhänger zu besteuern. Nun werden beide Fahrwerke auch gemeinsam in der Weise verwendet, daß zwischen ihnen eine für diesen Zweck besonders hergestellte Ladebrücke an hierfür an den Fahrwerken besonders vorgerichteten Stellen angebracht wird, die als Ladefläche dient und keine bloße Zugvorrichtung ist. Auf die mit einer Ladebrücke so verbundenen Fahrwerke bezieht sich die vom Bf. gebrauchte Bezeichnung "Tiefladeanhänger" und die vom Gutachter gebrauchte Bezeichnung "Schwerlastanhänger". Zu entscheiden ist, ob dieser "Tiefladeanhänger" bzw. "Schwerlastanhänger" steuerlich ein einheitliches Fahrzeug ist oder nicht. Ist diese Frage zu bejahen, dann ist der sogenannte Tiefladeanhänger bzw. Schwerlastanhänger auch dann als ein Anhänger zu besteuern, wenn er innerhalb des Steuerzeitraums zeitweise auseinandergenommen wird und die einzelnen Fahrwerke getrennt voneinander verwendet werden. Denn für die Besteuerung kommt es auf den steuerlich höherwertigen Charakter des Fahrzeugs an (vgl. entsprechend z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 276/33 vom 28. März 1934, Reichssteuerblatt - RStBl - 1934 S. 542, Mrozek-Kartei, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1931 § 4 Rechtsspruch 1).

Die Entscheidung hängt nun nicht davon ab, wie die Zulassungsbehörde die beiden Fahrwerke behandelt hat. Mangels einer Vorschrift, daß die Beurteilung eines Fahrzeugs durch die Zulassungsbehörde für die Steuerbehörde bindend ist, hat die Steuerbehörde das Recht und die Pflicht zur eigenen Beurteilung, unter welche der im § 11 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1955 aufgeführten Arten ein der Kraftfahrzeugsteuer unterliegendes Fahrzeug fällt (vgl. z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 428/28 vom 27. November 1928, Mrozek-Kartei, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1927 § 4 Rechtsspruch 1). Daran wird nichts dadurch geändert, daß die Zulassungsbehörden bei der Durchführung des KraftStG in bestimmter Weise mitzuwirken haben. Würde die Meinung des Bf., daß die Beurteilung eines Fahrzeugs durch die Zulassungsbehörde für die Steuerbehörde bindend sei, richtig sein, dann würde es keiner Begriffsbestimmung für einzelne Fahrzeugarten (vgl. § 10 Abs. 2 KraftStG 1955, §§ 4 und 5 der Durchführungsverordnung zum Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung vom 12. Juli 1955 - KraftStDV 1955 -) und auch nicht der Bestimmung bedürfen, daß sich das Finanzamt das Fahrzeug vor Festsetzung der Steuer vorführen lassen darf (ß 16 KraftStDV 1955). Zwar wird im Regelfall sich die Steuerbehörde der Beurteilung eines Fahrzeugs durch die Zulassungsbehörde anschließen können, dies braucht aber nicht immer der Fall zu sein, insbesondere dann nicht, wenn für die Zulassungsbehörde wie im Streitfall wegen auch getrennter Benutzung der Fahrwerke die Notwendigkeit der besonderen Zulassung jedes Fahrwerks für sich ungeachtet der auch gemeinsamen Verwendung beider mit einer Tiefladebrücke versehenen Fahrwerke gegeben ist.

Die Beurteilung eines der Kraftfahrzeugsteuer unterliegenden Fahrzeugs und damit die Entscheidung darüber, ob der sogenannte "Tiefladeanhänger" bzw. "Schwerlastanhänger" ein einheitliches Fahrzeug ist, hängt nach ständiger Rechtsprechung der höchsten Steuergerichte ausschließlich von seiner objektiven Beschaffenheit, also insbesondere von seiner Bauart und Einrichtung ab, die die Eigenart (= den Charakter) des Fahrzeugs bestimmen. Sie hängt also nicht davon ab, in welchem Ausmaß das Fahrzeug bei seiner Benutzung die Straßen und Brücken beansprucht. Stellt sich das Fahrzeug nach seiner objektiven Beschaffenheit als einheitliches Fahrzeug dar, dann ist es ohne Rücksicht auf den Grad der Beanspruchung der Straßen und Brücken als einheitliches Fahrzeug nach dem höchstzulässigen Gesamtgewicht zu besteuern. Nach den vorgelegten Lichtbildern in Verbindung mit den sonstigen Angaben in den Akten kommt der Senat zu der überzeugung, daß nach der objektiven Beschaffenheit und auch nach dem äußeren Aussehen ein einheitliches Fahrzeug vorliegt, nämlich ein für die Beförderung besonders schwerer Lasten geeigneter und bestimmter Anhänger, dem mit Recht die vom Bf. und vom Gutachter gebrauchte Bezeichnung "Tiefladeanhänger" bzw. "Schwerlastanhänger" , also eines Anhängers, entspricht. Die Tiefladebrücke ist nicht etwa eine Zugvorrichtung, wie der Bf. offenbar meint, wenn er geltend macht, daß die Art der Verbindung zweier Fahrwerke für die Beurteilung nicht maßgebend sein könne; sie ist auch nicht eine nur behelfsmäßige Ladefläche, die die Beförderung einer besonders schweren Last auf zwei Anhängern ermöglichen soll. Sie ist vielmehr für die beiden Fahrwerke zur Aufnahme der Ladung besonders gebaut und die Fahrwerke sind mit den Vorrichtungen versehen, die für die Anbringung der Ladebrücke an den beiden Fahrwerken erforderlich sind. Sie ist der Laderaum eines Fahrzeugs, dessen Räder eben die beiden Fahrwerke bilden. Nach ihrer Bauart und ihrer Konstruktion tragen die beiden Fahrwerke und die Brücke alle Merkmale der Zusammengehörigkeit. Fahrwerke und Brücke ergänzen sich gegenseitig zu einem technisch und wirtschaftlich einheitlichen Fahrzeug. Daran wird nichts dadurch geändert, daß die Verbindung der Brücke ohne Beschädigung von den Fahrwerken gelöst werden kann, um auch deren Benutzung für sich allein zu ermöglichen. Denn die Möglichkeit der Trennung der einzelnen Teile läßt die Eigenart eines Fahrzeugs unberührt. Damit ist ein einheitliches Fahrzeug gegeben, nämlich ein Anhänger zur Beförderung besonders schwerer Lasten.

Der Hinweis des Bf. auf die steuerlich getrennte Behandlung der Sattelzugmaschine und des Sattelanhängers bei einem Sattelzug (ß 10 Abs. 3 KraftStG 1955) geht fehl. Aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber es für notwendig erachtet hat, die getrennte Besteuerung von Sattelzugmaschine und Sattelanhänger besonders vorzuschreiben, ist gerade zu schließen, daß im andern Fall Sattelzugmaschine und Sattelanhänger als technisch und wirtschaftlich einheitliches Fahrzeug anzusehen und zu versteuern wären, wie das zur Zeit der Geltung der Bestimmung des § 8 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz vom 5. Juli 1935 unter bestimmten Voraussetzungen der Fall war. Die Aufhebung dieser Bestimmung durch das Kontrollratgesetz Nr. 51 Art. II hatte ihren Grund darin, daß durch dieses Kontrollratgesetz für Zugmaschinen an Stelle des Eigengewichts nunmehr die Höchstbremsleistung als Steuerberechnungsgrundlage vorgeschrieben wurde. Die sich nur auf Sattelzugmaschinen und Sattelanhänger beziehende Vorschrift des § 10 Abs. 3 KraftStG 1955 berechtigt also nicht zu ihrer entsprechenden Anwendung im Streitfall. Die Rechtslage ist übrigens keinesfalls zweifelhaft. Es braucht daher nicht auf die Ausführungen des Bf. eingegangen zu werden, die er zur Begründung dafür geltend macht, daß bei zweifelhafter Rechtslage im Sinne seiner Ansicht entschieden werden müsse. Auch aus dem vom Bf. vorgelegten Sachverständigengutachten ergibt sich nichts, was zu einer anderen Beurteilung führen müßte. Das Gutachten, das - wie bereits erwähnt - von einem Schwerlastanhänger, also von einem Anhänger spricht, befaßt sich im wesentlichen mit dem Grad der Beanspruchung, der die Straßendecke durch den Schwerlastanhänger beim Befahren ausgesetzt ist. Diese Beanspruchung aber ist, wie bereits gesagt, ohne Bedeutung für die Entscheidung der Frage, ob ein einheitliches Fahrzeug vorliegt oder nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408678

BStBl III 1957, 147

BFHE 1957, 393

BFHE 64, 393

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