Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft.

 

Normenkette

EStG § 13

 

Tatbestand

Beschwerdeführer (Bf.) zu a) ist der Sohn des Bf. zu b). Er ist seit 1949 Pächter eines größeren landwirtschaftlichen Betriebs. In diesem arbeiteten etwa 70.000 DM Kapital, das der Bf. zu b) - Vater - zur Verfügung gestellt hat.

Ende 1952 machte der Vater, wie aus dem Schreiben des für ihn zuständigen Finanzamts an das für den Sohn zuständige Finanzamt vom II. Dezember 1952 hervorgeht, geltend, daß es an dem Pachtbetrieb seines Sohnes zu 50 v. H. beteiligt sei, und zwar ab 1. Januar 1951. In seiner am 23. Februar 1953 eingereichten Einkommensteuererklärung für 1951 rechnete sich der Sohn die Hälfte des Verlustes des Wirtschaftsjahres 1950/1951 (= 19.991,14 DM) noch ganz zu, während er hinsichtlich des Verlustes des Wirtschaftsjahres 1951/1952 unter Hinweis auf die seit 1. Juli 1951 gegründete Gesellschaft eine Aufteilung vornahm. Von dem Verlust von 12.740 DM belastete er den Vater mit der Hälfte; sich selbst rechnete er unter Berücksichtigung einer ihm vorweg gewährten Geschäftsführer-Vergütung von 6.000 DM nur (6.370 ./. 6.000 =) 370 DM zu, wovon 185 DM auf den Veranlagungszeitraum 1951 entfielen.

Das Finanzamt erkannte die Gesellschaft nicht an. Es rechnete den Verlust aus dem Betrieb der Landwirtschaft voll dem Sohn zu. Da sich die Beteiligten damit nicht zufrieden gaben, erließ das Finanzamt einen "einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid", der die Verluste unter ausdrücklicher Ablehnung einer Betriebsgemeinschaft wiederum voll dem Sohn zurechnete. Der Bescheid wurde dem Sohn und dem Bf. bekanntgegeben.

Hiergegen legte der Vater Einspruch ein mit der Begründung, daß er mit seinem Sohn mit Wirkung ab 1. Januar 1951 eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zum Betrieb der von seinem Sohn gepachteten Landwirtschaft eingegangen sei. Zum Beweis berief er sich auf die dem Finanzamt am 21. November 1953 eingereichte Abschrift des Gesellschaftsvertrages vom 16. November 1951, nach dem er "sich im Innenverhältnis zu 1/2 an der Pachtung beteiligt und Beträge bzw. Werte von 71.384,83 DM eingebracht" hat. Er trug vor, daß er, weil ein erheblicher Teil des Anlagevermögens auf seinen Namen angeschafft worden sei, nicht nur kapitalmäßig beteiligt, sondern Mitunternehmer sei, und daß die Gesellschaft durch Absprachen und Schriftwechsel schon Ende 1950 vereinbart worden sei.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt hielt eine Gesellschaft nicht für gegeben, weil eine ernstliche Mitunternehmerschaft Mitarbeit erfordere und diese wegen des hohen Alters des Vaters (geboren 1873) und dessen ständiger Abwesenheit (Wohnung in Berlin, Betrieb im Kreis Wetzlar) nicht in Betracht komme.

Die Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Finanzgericht hat zwar auf Grund des ihm vorgelegten Schriftwechsels die überzeugung gewonnen, daß der Vater auf den Sohn und dessen Betriebsführung Einfluß ausübe. Es ist aber der Meinung, daß der Vater wegen der schon vom Finanzamt erwähnten Umstände und mit Rücksicht darauf, daß er als "Jurist, Generaldirektor a. D. und Pensionär" dem Betrieb fremd gegenüberstehe, auch durch ernstlich gemeinte Abmachungen und durch betriebswirtschaftliche und finanzielle Einflußnahme auf das Landgut nach den Gepflogenheiten des täglichen Lebens und namentlich nach der in Kreisen der Landwirtschaft herrschenden Auffassung nicht Mitunternehmer dieses Betriebs werden könne. Gesellschaftsverhältnisse der von den Bf. geltend gemachten Art seien auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft möglich. Für die Landwirtschaft dagegen seien sie als wesensfremd grundsätzlich abzulehnen. Eine Anerkennung rechtfertige sich hier nur in den Sonderfällen, ist denen der Vater den Sohn aufnehme, um die übergabe des Betriebs vorzubereiten.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) machten die Bf. geltend, daß das Finanzgericht die Mitunternehmerschaft zu Unrecht verneint habe. Diese sei nicht an die Mitarbeit im Betrieb geknüpft. Entscheidend sei, daß der von dem Sohn geführte Pachtbetrieb auch für Rechnung und Gefahr des Vaters geführt werde. Das Gesellschaftsverhältnis sei im Streitfall auch nicht etwa aus Steuerersparnisgründen gewählt worden. Die infolge der Korea- Krise gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten es dem Vater als erfahrenen Kaufmann geraten erscheinen lassen, als Mitunternehmer einen Anteil an den Sachwerten zu erwerben. Daß zunächst nur Verluste entstanden seien, liege an den Anlaufschwierigkeiten. Im übrigen werde der Betrieb zwar von dem Sohn geführt, der Vater aber arbeite insofern mit, als er seine kaufmännischen und landwirtschaftlichen Erfahrungen beisteuere.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft hat derjenige, der eine Land- oder Forstwirtschaft betreibt, auf dessen Rechnung und Gefahr also der Betrieb geht (vgl. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, Auflage 1955, Bem. 5 Abs. 3 zu § 13). Geht der Betrieb auf Rechnung und Gefahr mehrerer Personen, so beziehen diese mehreren Personen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Anerkennung einer solchen Mitunternehmerschaft ist grundsätzlich nicht an die Mitarbeit der einzelnen Mitunternehmer im Betrieb geknüpft. Auch der Einzelinhaber einer Land- oder Forstwirtschaft hat nicht nur dann Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, wenn er selbst in dem Betrieb mitarbeitet oder ihn führt. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft liegen auch vor, wenn der Eigentümer seinen Betrieb durch einen Angestellten führen läßt, ohne sich um den Betrieb zu kümmern.

Daß der Bundesfinanzhof die Mitunternehmerschaft zwischen Eltern und Kindern - ähnlich übrigens wie Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern - auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft nur unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt hat, ist zwar zutreffend (vgl. die Entscheidung I 133/52 U vom 25. November 1952, Slg. Bd. 57 S. 34, Bundessteuerblatt 1953 III S. 13). Das hatte aber seinen Grund vorwiegend darin, daß nach der übung und den Anschauungen der beteiligten Kreise Verhältnisse dieser Art zwischen Eltern und Kindern mit den in bäuerlichen Betrieben gegebenen familien- und erbrechtlichen Besonderheiten, vor allem aber mit den hier herrschenden patriarchalischen Anschauungen nicht in Einklang standen. Wie der Bundesfinanzhof bereits ausgesprochen hat (vgl. die Entscheidung IV 520/53 U vom 17. Februar 1955, Slg. Bd. 60 S. 262, Bundessteuerblatt 1955 III S. 102), haben sich jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse "infolge der Technisierung und der Wandlung in den Bewirtschaftungsmethoden weitgehend geändert. Die traditionelle bäuerliche Haltung, die den Hof in den Mittelpunkt des Denkens der Familie stellte und mehr oder minder alles auf ihn bezog, hat sich weithin gewandelt; ein mehr kaufmännisches Denken ist vielfach an seine Stelle getreten". Es kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang bei kleinen bäuerlichen Familienbetrieben, insbesondere bei solchen, die der Besteuerung nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft unterliegen, Gesellschaftsverhältnisse anzuerkennen sind. Bei größeren landwirtschaftlichen Betrieben muß man jedenfalls ernsthafte Gesellschaftsverhältnisse nach allgemeinen Grundsätzen anerkennen. Man kann die Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses nicht von der tatsächlichen Mitarbeit aller Gesellschafter abhängig machen. Ein Gesellschafter kann sich durch Mitarbeit oder Kapital oder beides zugleich beteiligen. Jedenfalls kann man auch gegenüber Gesellschaften zum Betrieb der Landwirtschaft für gemeinsame Rechnung keine Bedenken daraus herleiten, daß sich ein Gesellschafter nur kapitalmäßig beteiligt. Die Modernisierung der Landwirtschaft setzt Technisierung voraus. Diese wiederum erfordert einen erhöhten Kapitalbedarf. Es würde eine ungerechtfertigte wirtschaftliche Benachteiligung der Landwirtschaft bedeuten, wenn die Kapitalaufbringung dadurch erschwert würde, daß ein Gesellschaftsverhältnis der Kapitalgeber mit dem Hofbesitzer steuerlich nicht anerkannt würde.

Unter diesen Umständen wird man gegen die Anerkennung der Mitunternehmerschaft zwischen Sohn und Vater im Streitfall aus dem Wesen der Land- und Forstwirtschaft sowie aus der Tatsache, daß der Vater nicht selbst mitarbeitet, keine Bedenken herleiten können, zumal es sich um einen gepachteten und größeren Gutsbesitz handelt und die Kapitalgrundlage deshalb eine besondere Rolle spielt.

Voraussetzung für die Anerkennung eines Gesellschaftsverhältnisses ist aber, daß das nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gerade bei Verwandten zu beachtende Erfordernis der Klarheit der Vereinbarungen und der entsprechenden tatsächlichen Gestaltung gewahrt ist und die Gewinnverteilung angemessen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 246/50 S vom 22. August 1951, Slg. Bd. 55 S. 449, Bundessteuerblatt 1951 III S. 181). Vgl. auch Littmann, Einkommensteuerrecht, 5. Auflage, Anm. 65 zu § 13 des Einkommensteuergesetzes.

Ob die Mitunternehmerschaft schon für den Veranlagungszeitraum 1951 anzuerkennen ist, ist zweifelhaft. Der einmal entstandene Steueranspruch (vgl. dazu § 3 des Steueranpassungsgesetzes) kann durch nachträgliche Abreden, auch wenn diesen rückwirkende Kraft beigelegt ist, nicht in Frage gestellt werden. Wie der Reichsfinanzhof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. die Entscheidungen I 25/40 vom 27. Februar 1940, Slg. Bd. 48 S. 161, Reichssteuerblatt 1940 S. 527; I A 106/31 vom 15. Mai 1934, Reichssteuerblatt 1934 S. 935, und I A 21/32 vom 5. Februar 1935, Reichssteuerblatt 1935 S. 745), sind vertragliche Rückbeziehungen steuerlich ohne Bedeutung. Wenn auch der Vater mit dem Sohn über die Mitunternehmerschaft angeblich schon Ende 1950 gesprochen hat und die von ihm vorgelegte Abschrift des Gesellschaftsvertrags das Datum des 16. November 1951 trägt, so bestehen gegen die Anerkennung des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft zu jenem Zeitpunkt doch erhebliche Bedenken um deswillen, weil der Vater das für ihn zuständige Finanzamt erst Ende 1952 von seiner Mitunternehmerschaft in Kenntnis gesetzt und der Sohn diese zum ersten Mal bei Abgabe der Einkommensteuererklärung für 1951 im Februar 1953 erwähnt hat, ganz abgesehen davon, daß der Sohn sich den Verlust des Wirtschaftsjahres 1950/1951 trotz angeblicher Rückdatierung auf den 1. Januar 1951 noch ganz zugerechnet hat und daß die Angaben des Vaters und des Sohnes auch sonst Unstimmigkeiten aufweisen. Die Tatsache, daß der Vater auf die Betriebsführung seines Sohnes Einfluß genommen hat, besagt noch nicht, daß auch ein Gesellschaftsverhältnis vereinbart worden sei. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat (vgl. Entscheidung I 193/55 U vom 6. Dezember 1955, Bundessteuerblatt 1956 III S. 17), muß gerade dort, wo Vereinbarungen zwischen Angehörigen geltend gemacht werden, der Grundsatz der Klarheit in besonderem Masse befolgt werden.

Da das Finanzgericht in seiner Entscheidung die oben dargelegten Grundsätze nicht beachtet hat, war die Vorentscheidung aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408478

BStBl III 1956, 246

BFHE 1957, 126

BFHE 63, 126

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