Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung einer umgewandelten GmbH

 

Leitsatz (NV)

Nach der Verschmelzung einer GmbH auf eine andere Gesellschaft sind diejenigen Besteuerungsgrundlagen, die die übertragende GmbH in der Zeit vor dem Verschmelzungsstichtag verwirklicht hat, weiterhin dieser Gesellschaft zuzurechnen. Sie sind in Steuerbescheiden zu berücksichtigen, die an die übernehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft zu richten sind.

 

Normenkette

AO 1977 § 119 Abs. 1, § 122 Abs. 1; UmwG § 20

 

Verfahrensgang

FG des Landes Brandenburg (Urteil vom 21.02.2001; Aktenzeichen 2 K 1689/99 K,F,G; EFG 2001, 593)

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob durch die Verschmelzung einer anderen Gesellschaft auf die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) der verbleibende Verlustabzug jener Gesellschaft auf die Klägerin übergegangen ist.

Die Klägerin ist eine GmbH, zu deren Geschäftsgegenstand der Groß- und Einzelhandel mit Baustoffen, Haustechnik, Bauwerkzeugen u.ä. sowie seit 1997 auch …arbeiten sowie die Herstellung hiermit verbundener Gerätschaften gehören. Am Stammkapital der Klägerin sind zwei Gesellschafter zu jeweils 50 v.H. beteiligt.

Im Jahr 1993 errichteten die Gesellschafter der Klägerin die F-GmbH, die im Bereich des …handwerks tätig war. Die F-GmbH erzielte in den Jahren 1994 bis 1996 Umsätze in Höhe von 87 934 DM (1994), 400 070 DM (1995) und 484 800 (1996) sowie per saldo einen Verlust. Zum 31. Dezember 1996 wurden für sie ein verbleibender Verlustabzug zur Körperschaftsteuer in Höhe von 94 793 DM und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 93 923 DM festgestellt.

Am 27. März 1997 meldete die F-GmbH ihr Gewerbe ab, am 5. Juni 1997 jedoch rückwirkend zum 1. April 1997 wieder an und am 17. Oktober 1997 zum 30. September 1997 erneut ab. Sie beschäftigte im Januar und Februar 1997 noch neun, im März fünf, im April einen und ab Mai 1997 keinen Arbeitnehmer mehr. In der Zeit ab Mai 1997 führte sie vor allem Mängelbeseitigungsarbeiten aus einem Auftrag des Jahres 1996 aus, wobei sie sich zweier ehemaliger Arbeitnehmer bediente, die inzwischen bei der Klägerin angestellt waren und für die betreffenden Arbeiten von dieser bezahlt wurden. Während einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt, dass die F-GmbH in der Zeit von Februar bis April sowie im Juli 1997 Lieferungen und sonstige Leistungen im Umfang von 13 200 DM an die Klägerin, in Höhe von 1 360,45 DM für Arbeiten an der Wohnung eines Gesellschafters der Klägerin und weitere Leistungen im Wert von 1 224,86 DM an eine dritte Person erbracht hatte.

Durch Verschmelzungsvertrag vom 18. Juni 1997 übertrug die F-GmbH ihr gesamtes Vermögen nach § 2 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die Klägerin (Verschmelzung durch Aufnahme). Als Übertragungsstichtag i.S. des § 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) war im Verschmelzungsvertrag der 31. Dezember 1996, 24.00 Uhr, bestimmt. Die Klägerin übernahm die in der Schlussbilanz der F-GmbH angesetzten Werte in die zum 31. Dezember 1996 erstellte Verschmelzungsbilanz. Auf einen am 18. Juni 1997 gestellten Antrag hin wurde die Verschmelzung am 30. September 1997 im Handelsregister eingetragen.

In ihren Steuererklärungen für das Streitjahr (1996) machte die Klägerin u.a. die festgestellten Verluste der F-GmbH geltend. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) nicht; er erließ Steuerbescheide, in denen die genannten Verluste nicht berücksichtigt wurden. Außerdem ergingen gegenüber der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der F-GmbH Steuerbescheide für das Streitjahr, in denen die von der F-GmbH verwirklichten Besteuerungsgrundlagen angesetzt wurden.

Die gegen diese Bescheide gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob diejenigen Bescheide, die an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F-GmbH gerichtet waren, antragsgemäß auf; die unmittelbar die Klägerin betreffenden Bescheide änderte es dahin ab, dass der Verlust der F-GmbH steuermindernd berücksichtigt wurde. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 593 abgedruckt.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Hinsichtlich derjenigen Bescheide, die an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F-GmbH gerichtet sind, ist der Rechtsstreit nicht zur abschließenden Entscheidung reif und deshalb gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückzuverweisen (unten 1.).

1. Diejenigen Bescheide, die an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F-GmbH gerichtet sind, hat das FG zu Unrecht aufgehoben. Das gilt ―unabhängig von der Frage des Verlustabzugs― schon deshalb, weil die F-GmbH im Streitjahr Besteuerungsgrundlagen verwirklicht hat, die in entsprechende Bescheide Eingang finden müssen.

a) Nach den Feststellungen des FG wurde die F-GmbH im Jahr 1997 auf die Klägerin verschmolzen. Da die Klägerin bereits vorher bestand, handelte es sich um eine Verschmelzung durch Aufnahme i.S. des § 2 Nr. 1 UmwG. Eine solche führt dazu, dass der übertragende Rechtsträger mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erlischt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG) und sein Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Der Anmeldung zum Handelsregister ist eine Bilanz des übertragenden Rechtsträgers (Schlussbilanz) beizufügen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG), die auf einen Stichtag aufgestellt sein muss, der höchstens acht Monate vor dem Tag der Anmeldung liegt (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG). Ist dies geschehen, so sind gemäß § 2 Abs. 1 UmwStG sowohl das Einkommen und das Vermögen als auch die Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer bei der übertragenden Körperschaft und bei der Übernehmerin so zu ermitteln, als ob das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Schlussbilanz (steuerlicher Übertragungsstichtag) auf die Übernehmerin übergegangen wäre. In diesem Sinne wirkt die Registereintragung unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 UmwG auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurück.

b) Im Streitfall sind nach den Feststellungen des FG die Schlussbilanz der F-GmbH auf den 31. Dezember 1996 aufgestellt und der Antrag auf Eintragung der Verschmelzung am 18. Juni 1997 gestellt worden. Zwischen diesen Ereignissen lag ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten, weshalb die später erfolgte Eintragung steuerlich auf den 31. Dezember 1996 zurückwirkte. Für Zwecke der Besteuerung gilt die F-GmbH mithin als am 31. Dezember 1996 erloschen.

Daraus folgt jedoch nicht, dass für das Streitjahr keine die F-GmbH betreffenden Steuerbescheide mehr hätten ergehen dürfen. § 2 Abs. 1 UmwStG führt nicht dazu, dass die übertragende Gesellschaft gleichsam rückwirkend als nicht mehr existent gilt. Die Vorschrift bewirkt lediglich, dass die Steuerpflicht dieser Gesellschaft mit dem Ablauf des Stichtags endet (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 02.06; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 2 UmwStG Rz. 34) und dass alle späteren von der übertragenden Gesellschaft verwirklichten Vorgänge steuerlich der Übernehmerin zuzurechnen sind (BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268, Tz. 02.07). Die bis zum Übertragungsstichtag verwirklichten Besteuerungsgrundlagen sind hingegen weiterhin der übertragenden Gesellschaft zuzurechnen und in Bescheiden umzusetzen, die inhaltlich diese Gesellschaft betreffen. So ist das FA im Streitfall verfahren.

c) Angesichts dessen bestünde für eine Aufhebung der die F-GmbH betreffenden Bescheide nur dann eine Rechtsgrundlage, wenn diese Bescheide entweder aus formellen Gründen nicht wirksam ergangen oder wegen schwerer inhaltlicher Mängel nichtig (§ 125 der AbgabenordnungAO 1977―) wären. Solche Gründe sind weder in dem angefochtenen Urteil bezeichnet noch dem vom FG festgestellten Akteninhalt zu entnehmen. Insbesondere hat das FA die Bescheide an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F-GmbH gerichtet, was geboten war, da im Zeitpunkt des Bescheiderlasses die F-GmbH durch die Verschmelzung erloschen war (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 21. Oktober 1985 GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230; Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 45 AO 1977 Rz. 36 "Verfahrensrecht", m.w.N.). Allein die Erwägungen des FG zur Frage des Verlustabzugs durch die Klägerin tragen die Aufhebung der die F-GmbH betreffenden Bescheide nicht.

d) Andererseits hat das FG jene Bescheide weder unter formellen Gesichtspunkten noch auf ihre materielle Rechtmäßigkeit hin überprüft. Das kann der Senat nicht nachholen, da insbesondere jegliche Feststellungen dazu fehlen, welche Besteuerungsgrundlagen die F-GmbH im Streitjahr verwirklicht hat. Deshalb muss das Verfahren insoweit, als es um die die F-GmbH betreffenden Bescheide geht, zwecks erneuter Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden.

2. Es folgen Ausführungen zu denjenigen Bescheiden, die materiellrechtlich unmittelbar die Klägerin betreffen. Diese Bescheide sind Gegenstand des BFH-Urteils vom 5. Juni 2003 I R 38/01, BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1093688

BFH/NV 2004, 305

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