Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb und Veräußerung jeweils eigengenutzter Häuser kann gewerbliche Tätigkeit sein

 

Leitsatz (NV)

1. Grundsätzlich gehören zwar der Erwerb eines Grundstücks, dessen Bebauung mit einem Einfamilienhaus und anschließende Eigennutzung durch die Familie des Eigentümers auch dann zum Bereich des privaten Handelns, wenn das Objekt nach Ablauf einiger Zeit der Selbstnutzung gewinnbringend veräußert wird. Wiederholen sich indes Vorgänge solcher Art ohne offenkundige Sachzwänge und liegt jeweils nur eine kurzzeitige Eigennutzung vor, während deren bereits der Weiterverkauf erfolgt, so kann davon ausgegangen werden, daß durch die nicht nur gelegentliche, sondern fortdauernde Vermögensumschichtung laufende Vermögensmehrungen erzielt werden sollen.

2. Nur auf Dauer privat genutzte Gebäude gehören zum notwendigen Privatvermögen (Anschluß an Urteil vom 23. Januar 1991 X R 105-107/88, BFHE 163, 382, BStBl II 1991, 519). Werden Grundstücke nur ,,für kürzere oder längere Zeit" von der Familie des Betriebsinhabers bewohnt, so werden sie durch die Selbstnutzung nicht notwendiges Privatvermögen, denn sie verlassen den betrieblichen Bereich nicht endgültig (Anschluß an Urteil des BFH vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621).

3. Bei einer jeden Zweifel ausschließenden eigenen Einlassung des Klägers besteht keine Verpflichtung des FG, Ermittlungen über einen zwischen allen Beteiligten offensichtlich unstreitigen Sachverhalt anzustellen.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5, 15 Abs. 2; FGO §§ 76, 118 Abs. 2

 

Tatbestand

Seit 1969 erwarben die Kläger verschiedene Grundstücke, die sie - überwiegend nach Errichtung von Einfamilienhäusern, die sie selbst bewohnten - größtenteils anschließend wieder veräußerten. Im einzelnen handelte es sich um folgende Grundstücksgeschäfte:

Gundstück Grundst. erworben Hausbau veräußert selbst bewohnt

am für am für

1 04.11.1968 unentgeltlich 1965/66 06.06.1969 80 000 1966-1970

von Eltern

2 06.06.1969 25 047 1969/70 13.08.1971 188 000 1970-1971

dann in Miete

3 19.05.1972 35 000 Waldgrund- 30.05.1972 Tausch-

stück aufgabe

Tausch mit DM 5000

FlNr. ...

4 30.05.1972 40 000 1972/73 17.07.1975 355 000 1973-1976

(Aug. 1973) N + L

01.02.1976

5 25.03.1975 100 000 1975/76 19.10.1977 500 000 1976-1978

N + L

01.09.1978

6 20.07.1976 30 000 1976/77 05.05.1977 230 000 ./.

(Aug. 1977) N + L

08.08.1977

7 01.09.1977 80 000 nach 1979 ./. ./. derzeit

8 11.10.1977 90 000 1977/78 20.04.1979 550 000 1978/1979

(Aug. 1978) N + L

30.11.1979

9 11.10.1977 90 000 1978/79 ./. ./. ab 1979

Das Finanzamt (- FA -) vertrat die Auffassung, daß es sich bei den Grundstücksgeschäften um eine über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit gehandelt habe. Als Beginn des gewerblichen Grundstückshandels sah es den Erwerb des Grundstücks zu 5 an. Bei der Gewinnermittlung ging das FA davon aus, daß die Grundstücke jeweils im Zeitpunkt des Selbstbezugs durch die Kläger dem Betriebsvermögen entnommen wurden und dadurch ein Entnahmegewinn entstanden ist. Es sah dann die Grundstücke jeweils beim Verkauf als mit dem Teilwert der Entnahme (Abschn. 39 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1975/1978) wieder eingelegt an und berechnete auf dieser Grundlage den Veräußerungsgewinn. Dadurch ergaben sich folgende Gewinne aus Gewerbebetrieb:

1976 (nur Entnahmegewinn) 19 000 DM

1977 5 000 DM

1978 80 000 DM

1979 86 000 DM

insgesamt: 190 000 DM.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, die Eigennutzung der Gebäude stehe der Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht nicht entgegen, zumal die Kläger jeweils nur für relativ kurze Zeit die errichteten Einfamilienhäuser selbst bewohnt hätten. Ein Gewerbebetrieb liege nämlich selbst dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck sei. Zu einem anderen Ergebnis führten daher auch nicht die von den Klägern vorgetragenen äußeren Anlässe für die jeweiligen Grundstückskäufe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß die Kläger während der Eigennutzung des Hauses auf dem Grundstück zu 5 zwei weitere Grundstücke erworben, bebaut und wieder veräußert hätten. Die Tätigkeit der Kläger sei auch über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgegangen. Lege man einen Zeitraum von acht Jahren der Betrachtung zugrunde (Söffing, Anmerkung zum Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244, Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 3, S. 6547), so handle es sich im Streitfall von 1972 bis 1979 um mehr als drei Grundstücksveräußerungen (den Waldgrundstückstausch nicht mitgerechnet). Zu beachten sei hierbei auch, daß die Kläger innerhalb eines überschaubaren Zeitraums immer wieder andere Grundstücke angeschafft und nach Bebauung weiterveräußert hätten. Hervorzuheben sei insbesondere auch, daß die Tätigkeit der Kläger auf dem Grundstücks- und Bausektor im Jahre 1979 in eine hauptberufliche Makler- und Bauträgertätigkeit übergegangen sei.

Mit der Revision wird die Verletzung der §§ 2 Abs. 1, 4, 15, 21 Abs. 2 und 21 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt. Das Urteil beruhe auf der Annahme, daß die von den Klägern errichteten eigengenutzten Einfamilienhäuser Betriebsvermögen geworden seien. Dies sei unzutreffend. Durch die Eigennutzung seien die Häuser notwendiges Privatvermögen geworden. Der bei notwendigem Privatvermögen entstehende Wertzuwachs könne aber nicht als gewerblicher Gewinn der Besteuerung unterworfen werden. Hinzu komme, daß das Grundstück Nr. 6 nicht im Eigentum beider Kläger, sondern nur im Eigentum der Klägerin gestanden habe. Es müsse deshalb für die Betrachtung außer Ansatz bleiben. Das FG habe insoweit seine Aufklärungspflicht verletzt, denn es könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß ein Grundstück stets beiden Ehegatten gemeinsam gehöre. Im übrigen habe das FG auch seine Aufklärungspflicht deshalb verletzt, weil es die vom FA in Ansatz gebrachten geschätzten Herstellungskosten der Gebäude ungeprüft übernommen habe. Diese Kosten seien ohne nähere Begründung in Ansatz gebracht worden; sie seien tatsächlich viel zu niedrig angesetzt gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision bezüglich des Streitjahres 1976 wird abgetrennt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und unter dem Aktenzeichen XI R 43/91 geführt.

Soweit sich die Revision gegen die Gewinnfeststellungen 1977 bis 1979 richtet, ist sie unbegründet.

Das FA und ihm folgend das FG haben zwar ohne Rechtsverstoß dem Grunde nach eine gewerbliche Betätigung der Kläger bejaht. Die Höhe der Gewinne hat das FA indes nach rechtlich unzutreffenden Erwägungen ermittelt. Gleichwohl muß es auf Grund des Verböserungsverbots bei den festgestellten Gewinnen sein Bewenden haben.

1. Der Senat folgt den in der Vorentscheidung enthaltenen Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs (§ 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV - a. F., § 15 Abs. 2 EStG).

Auch bezüglich der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob sich die Tätigkeit der Kläger als private Vermögensverwaltung darstellt, begegnen die Überlegungen der Vorinstanz keinen rechtlichen Bedenken.

Grundsätzlich gehören zwar der Erwerb eines Grundstücks, dessen Bebauung mit einem Einfamilienhaus und anschließende Eigennutzung durch die Familie des Eigentümers auch dann zum Bereich des privaten Handelns, wenn das Objekt nach Ablauf einiger Zeit der Selbstnutzung gewinnbringend veräußert wird. Wiederholen sich indes Vorgänge solcher Art ohne offenkundige Sachzwänge (z. B. beruflich bedingte örtliche Veränderung der Eigentümer) und liegt jeweils nur eine kurzzeitige Eigennutzung vor, während deren bereits der Weiterverkauf erfolgt, so kann davon ausgegangen werden, daß durch die nicht nur gelegentliche, sondern fortdauernde Vermögensumschichtung laufende Vermögensmehrungen erzielt werden sollen. Die Fruchtziehung in Gestalt der Befriedigung des Wohnbedarfs des Eigentümers und seiner Familie stellt in derartigen Fällen nur einen untergeordneten Nebenzweck des Handelns dar. Im Vordergrund steht die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung (vgl. Urteil des BFH vom 8. Juli 1982 IV R 20/78, BFHE 136, 252, 257, BStBl II 1982, 700). Die Vermögensumschichtung erfolgt in erster Linie, um vorhandenes Vermögen durch Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen zu vermehren (s. zur Abgrenzung im einzelnen Urteil des BFH vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480, 482, BStBl II 1988, 244, 245, vorletzter Absatz).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß die Kläger den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung verlassen haben und gewerblich tätig wurden. Sie haben fortwährend Grundstücke erworben, bebaut und wieder verkauft, wobei sich die einzelnen Vorgänge zeitlich überlappt haben. Plausible private Gründe für diese Aktivitäten hat das FG mit zutreffenden Erwägungen verneint.

2. Der Beurteilung der Tätigkeit der Kläger als gewerblich steht die sog. Drei-Objekt-Grenze (s. u. a. Urteil des BFH in BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244) nicht entgegen. Denn die Kläger haben in der Zeit vom 17. Juli 1975 bis zum 20. April 1979 vier bebaute Grundstücke veräußert, wobei jeweils - bezogen auf das einzelne Objekt - zwischen Anschaffung und Veräußerung zwei bis vier Jahre lagen. Dies spricht dafür, daß die Grundstücke schon in der (bedingten) Absicht späterer Veräußerung angeschafft wurden (dazu vgl. Urteil des BFH vom 18. Oktober 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135). Auch ein nachhaltiges Handeln der Kläger ist zu bejahen. Wie der Senat in dem bezeichneten Urteil entschieden hat, ist der für das Merkmal der Nachhaltigkeit erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Verwertung der einzelnen Objekte durch den Steuerpflichtigen dann gegeben, wenn sich die Veräußerung der jeweils in (bedingter) Verkaufsabsicht angeschafften oder bebauten vier Objekte innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vollzieht. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Die Veräußerungen der oben unter den laufenden Nummern 4, 5, 6 und 8 genannten Objekte erfolgte in der Zeit vom 17. Juli 1975 bis zum 20. April 1979. Daß das FA den Verkauf des Grundstücks Nr. 4 am 17. Juli 1975 noch nicht als gewerbliche Tätigkeit ansah, hat nicht zur Folge, daß dieser Verkauf außer Ansatz zu lassen ist. Denn anhand der tatsächlichen Feststellungen des FG müssen bereits Erwerb und Veräußerung dieses Grundstücks rechtlich als Bestandteil der gewerblichen Betätigung der Kläger angesehen werden.

3. Zu Unrecht ist das FG indes davon ausgegangen, daß die Einfamilienhäuser jeweils ab dem Zeitpunkt des Beginns der Eigennutzung notwendiges Privatvermögen der Kläger geworden seien mit der Folge, daß zu diesem Zeitpunkt ein Entnahmegewinn anzusetzen wäre. Wie der BFH mehrfach entschieden hat, gehören nur auf Dauer privat genutzte Gebäude zum notwendigen Privatvermögen (vgl. u. a. Urteil vom 23. Januar 1991 X R 105-107/88, BFHE 163, 382, BStBl II 1991, 519). Werden Grundstücke nur ,,für kürzere oder längere Zeit" von der Familie des Betriebsinhabers bewohnt, so werden sie durch die Selbstnutzung nicht notwendiges Privatvermögen, denn sie verlassen den betrieblichen Bereich nicht endgültig (Urteil des BFH vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621).

4. Hieraus ergibt sich für die Streitjahre 1977 bis 1979: Der für den Veranlagungszeitraum 1977 festgestellte Gewinn bleibt unverändert. Das Grundstück Nr. 6 gehörte nach den von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, beiden Klägern. Die insoweit erhobene Rüge, das FG sei im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht gehalten gewesen, die Eigentumsverhältnisse an diesem Grundstück zu prüfen und festzustellen, daß dieses Grundstück der Klägerin alleine gehört habe, greift nicht durch. Denn sowohl durch die Darstellung auf Seite 3 der Klageschrift als auch durch die Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem FG kam zum Ausdruck, daß dieses Grundstück - zumindest auch - dem Kläger gehörte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen: ,,Daß ich das Grundstück mit Gewinnabsicht erworben habe, räume ich ein." Bei dieser jeden Zweifel ausschließenden eigenen Einlassung des Klägers bestand keine Verpflichtung des FG, Ermittlungen über einen zwischen allen Beteiligten offensichtlich unstreitigen Sachverhalt anzustellen.

Der für der Veranlagungszeitraum 1978 festgestellte Gewinn bleibt im Ergebnis unverändert. Zwar entfällt der Entnahmegewinn bezüglich des Grundstücks Nr. 8 in Höhe von 16 000 DM. Statt dessen ist diesem Streitjahr der (anteilige) Veräußerungsgewinn aus dem Grundstück Nr. 5 in Höhe von 19 000 DM (der fälschlicherweise 1976 als Entnahmegewinn erfaßt worden war) hinzuzurechnen. Da eine Verböserung nicht in Betracht kommt, tritt eine Änderung der Gewinnfeststellung 1978 nicht ein.

Für den Veranlagungszeitraum 1979 würde sich unter Einbeziehung des (anteiligen) Veräußerungsgewinns aus Grundstück Nr. 8 von 16 000 DM (s. Veranlagungszeitraum 1978) an sich ein Gewinn von (wie bisher 86 000 DM + 16 000 DM =) 102 000 DM ergeben. Aufgrund des Verböserungsverbots verbleibt es jedoch bei den bisher festgestellten 86 000 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418151

BFH/NV 1992, 310

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