Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschale Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht steuerfrei, es sei denn, Arbeitgeber verrechnet sie am Jahresende mit nachgewiesenen Zeiten für solche Arbeit

 

Leitsatz (NV)

1. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nicht nach § 3b Abs. 2 EStG steuerfrei, wenn sie mit festen Monatsbeträgen pauschal ohne Rücksicht auf die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden gezahlt werden.

2. Pauschale Zuschläge können jedoch unter die Steuerbefreiungsnorm des § 3b EStG fallen, wenn sie als Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Dies ist nur anzunehmen, wenn eine Verrechnung der Zuschläge mit den tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit jeweils vor Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung i. S. des § 41b Abs. 1 EStG erfolgt (Anschluß an BFH-Urteil vom 28. November 1990 - VI R 90/87, BStBl II 1991, 253).

 

Normenkette

EStG 1980 §§ 3b, 41b Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisonskläger (Kläger) war im Streitjahr 1981 Geschäftsführer einer GmbH, die zunächst nur in A ein Schnellrestaurant betrieb. Am Stammkapital der GmbH war der Kläger mit 70 v. H., und seine Ehefrau, die Klägerin, mit 30 v. H. beteiligt. Nach seinem Geschäftsführervertrag vom . . . 1980 erhielt der Kläger ein Monatsentgelt von . . . DM zuzüglich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit. Nach Eröffnung der weiteren Niederlassung in B wurden die Bezüge mit Vertrag vom . . . November 1981 verdoppelt.

Nach Durchführung einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) am . . . April 1985 einen gegen die zusammenveranlagten Kläger gerichteten Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1981. Darin waren die von der GmbH steuerfrei gezahlten Zuschläge für Nachtarbeit in Höhe von . . . DM sowie Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit in Höhe von . . . DM als steuerpflichtiger Arbeitslohn des Klägers erfaßt worden.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FA führte in der Einspruchsentscheidung u. a. aus, der Kläger habe monatlich Lohnzuschläge in gleicher Höhe erhalten, obwohl von Monat zu Monat unterschiedliche tatsächliche Arbeitsleistungen vorgelegen hätten.

Die Kläger erhoben hiergegen Klage beim Finanzgericht (FG). In der mündlichen Verhandlung vor dem FG am . . . erklärte der Prozeßvertreter der Kläger lt. Protokoll,

,,daß die streitbefangenen Zuschläge während des Streitjahres pauschaliert wurden. In Ergänzung erläuterte er, daß er für das Streitjahr jeweils als Durchschnitt angesetzt habe pro Monat 44 Nachtstunden und 4,5 Tage für Sonn- und Feiertagsarbeit. Die 44 Nachtstunden seien an der unteren Grenze des Wahrscheinlichen gelegen".

Das FG wies die Klage ab. Es führte in dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 287 veröffentlichten Urteil unter Bezugnahme auf die beigezogenen Rechtsbehelfs- und Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung u. a. aus:

Nach § 3b Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1980 (EStG) seien Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte v. H.-Sätze des Grundlohns nicht überstiegen. Als Grundlohn gelte nach § 3b Abs. 3 Nr. 1 EStG, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum an laufenden Geld- und laufenden Sachbezügen zustehe.

Der Geschäftsführervertrag des Klägers vom . . . 1980 sehe ebenso wie die Ergänzungsvereinbarung vom . . . November 1981 keine Arbeitszeitregelung vor. Aus ihm lasse sich somit nicht entnehmen, welche vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten innerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit lägen. Damit fehle es an einer Abgrenzungsvoraussetzung des § 3b Abs. 2 EStG 1980. Die Vorschrift verlange neben der Unterscheidung zwischen Grundlohn und Zuschlägen die Möglichkeit der Differenzierung von regelmäßiger und zusätzlicher Arbeitszeit. Es könnten die Anspruchsvoraussetzungen des § 3b EStG nicht dahin eingeschränkt werden, daß es allein darauf ankomme, ein gezahltes Gehalt in einen Grundlohn und gezahlte Zuschläge aufzuteilen. Es müsse die Möglichkeit der Feststellung hinzukommen, ob und inwieweit Teile der Lohnzahlung auf Tätigkeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit entfielen. Dies sei im Streitfall nicht möglich gewesen.

Dem stehe nicht entgegen, daß der Geschäftsführervertrag nach dem Vortrag des Klägers deshalb keine Bestimmung über die regelmäßige Arbeitszeit enthalte, weil diese in seinem Betrieb mit regelmäßig 173 Stunden im Monat angesetzt worden sei. Im übrigen lasse sich auch bei Zugrundelegung einer regelmäßigen Arbeitszeit von 173 Stunden pro Monat nicht feststellen, wann regelmäßige und wann außergewöhnliche Nachtarbeit vorliege. Das Gericht verkenne nicht, daß damit Tätigkeiten wie die des Klägers von der Begünstigungsnorm des § 3b EStG ausgenommen seien, weil von der Art der Tätigkeit her eine regelmäßige Arbeitszeit nicht erkennbar und abgrenzbar sei.

Im übrigen könnten die Anschreibungen des Klägers über die von ihm geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit keinen Nachweis für die tatsächlich geleistete Arbeit zu diesen Zeiten erbringen. Es hätte hierzu Aufzeichnungen bedurft, die innerhalb angemessener Zeit eine Überprüfung ermöglichten, in welchem Umfange an einem bestimmten Tag aus welchem Grund ein Zuschlag gezahlt worden sei. Die Aufzeichnungen des Klägers entsprächen nicht diesen Anforderungen.

Gegen diese Entscheidung haben die Kläger Revision eingelegt. Sie rügen die Verletzung materiellen Rechts und Verfassungsrechts sowie schwerwiegende Verfahrensmängel. Sie bringen hierzu u. a. vor:

1. Die Vorentscheidung verletze den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Denn sie schließe alle Arbeitnehmer von der Steuervergünstigung des § 3b EStG aus, die entweder keine feste Arbeitszeit hätten, oder deren Einhaltung unkontrollierbar sei, auch wenn sie auf Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit einen vertraglichen Anspruch hätten und die Zuschläge auch für tatsächlich geleistete Arbeit zu diesen Zeiten gezahlt worden seien. Ein sachlicher Grund für diese Unterscheidung sei der Vorentscheidung nicht zu entnehmen.

2. Die Vorentscheidung verletze materielles Steuerrecht. Denn das FG habe contra legem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3b EStG um die Forderung einer ausdrücklichen Vereinbarung einer ,,regelmäßigen" Arbeitszeit erweitert.

3. Fehl gehe das FG auch mit der Forderung, einen absoluten Beweis für tatsächlich geleistete Nachtarbeit zu verlangen. Er sei objektiv nicht führbar. Es müsse genügen, wenn ein Beweis zu einer annähernden Wahrheitswahrscheinlichkeit führe. Dazu gehöre auch eine der Wahrheit annähernd gleichkommende Schätzung. Sein Steuerberater habe die tatsächlich geleisteten Sonntags- und Nachtarbeitszeiten nach seinen, des Klägers, Angaben geschätzt. Er habe diese Zeiten mithin nicht pauschaliert. Ggf. hätte das FG ermitteln oder Beweis erheben müssen.

Dem FA hätten seine Unterlagen für die Nacht- und Sonntagsarbeit vorgelegen. Das FG habe nicht versucht, gemeinsam mit ihm die Schätzung nachzuvollziehen, sondern es habe lediglich behauptet, eine Nachprüfung sei innerhalb angemessener Zeit nicht möglich. Es habe nicht einmal den Versuch einer Überprüfung gemacht. Es werde daher hilfsweise auch die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gerügt.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Denn das FG hat im Ergebnis zu Recht die dem Kläger im Streitjahr 1981 gezahlten Zuschläge für Nachtarbeit in Höhe von . . . DM sowie die Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit in Höhe von . . . DM nicht nach § 3b EStG als steuerfrei angesehen.

Da die streitbefangenen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht auf Gesetz oder Tarifvertrag, sondern auf einzelvertraglicher Regelung beruhten, richtet sich die Entscheidung über die Steuerfreiheit der Zuschläge nach § 3b Abs. 2 EStG. Hiernach sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie für Sonntagsarbeit 50 v. H., für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, 125 v. H., für Arbeiten an den Weihnachtsfeiertagen und am 1. Mai 150 v. H., sowie für gelegentliche Nachtarbeit 30 v. H. und für regelmäßige Nachtarbeit 15 v. H. des Grundlohns nicht übersteigen. Nach Abs. 3 Nr. 1 dieser Vorschrift gilt als Grundlohn, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum an laufenden Geld- und laufenden Sachbezügen zusteht. Dieser Betrag ist zwecks Anwendung des § 3b Abs. 2 EStG auf einen Stundenlohn umzurechnen.

In dem zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin geschlossenen Anstellungsvertrag wurde als Grundlohn ein Monatsgehalt in Höhe von . . . DM zuzüglich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit vereinbart. In dem Vertrag wurde die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers als Geschäftsführer nicht festgelegt.

Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob die Regelung des § 3b Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 Nr. 1 EStG auf den Streitfall deshalb nicht anwendbar ist, weil der Arbeitsvertrag des Klägers keine Arbeitszeitregelung vorsieht, aus ihm mithin nicht ersichtlich ist, welche regelmäßige Arbeitszeit i. S. des § 3b Abs. 3 Nr. 1 EStG für ihn maßgebend ist. Der Senat braucht hierauf nicht einzugehen, da das Urteil des FG aus anderen Gründen rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Das FG hat seine Entscheidung auch darauf gestützt, daß die vom Kläger vorgenommenen Anschreibungen über die von ihm verrichtete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit keinen Nachweis für die tatsächlich geleistete Arbeit in diesen Zeiten erbringen. Es hätte insoweit Aufzeichnungen bedurft, die innerhalb angemessener Zeit eine Überprüfung ermöglichten, in welchem Umfange an einem bestimmten Tag aus welchem Grund Zuschlag gezahlt worden sei. Die Aufzeichnungen des Klägers würden diesen Anforderungen nicht gerecht.

Der Senat tritt diesen Ausführungen im Ergebnis bei. Der Prozeßvertreter des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG lt. Protokoll eingeräumt, daß die streitbefangenen Zuschläge in pauschalierter Form festgelegt worden seien. Dabei habe er, der Prozeßvertreter, für das Streitjahr 1981 jeweils als Durchschnitt monatlich 44 Nachtstunden und 4,5 Tage für Sonntags- und Feiertagsarbeit angesetzt. Auf diese Aussage hat das FG im Tatbestand seines Urteils durch Hinweis auf das Protokoll Bezug genommen. Der Senat ist hieran nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden, da die Kläger insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht haben. Diese Aussage des Prozeßbevollmächtigten entspricht zudem den Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung, wonach der Kläger monatlich Lohnzuschläge in gleicher Höhe erhalten hat, obwohl von Monat zu Monat unterschiedliche Arbeitsstunden vorgelegen hätten.

Liegen somit pauschal bezahlte Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit vor, so sind sie nach dem Urteil des Senats vom 25. März 1988 VI R 20/84 (BFH/NV 1988, 496) und dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 12. März 1981 IV B 6 - S 2343 - 5/81 (Finanz-Rundschau 1981, 172) nur dann nach § 3b Abs. 1 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber die entsprechenden tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden auflistet, zum Jahresende abrechnet und ggf. zuviel gezahlte Pauschalzuschläge nachträglich der Lohnsteuer unterwirft. An diesen Rechtsgrundsätzen hat der Senat durch Urteil vom heutigen Tage zu Az. VI R 90/87 (BStBl II 1991, 293) ausdrücklich festgehalten und sie auch auf den hier maßgebenden § 3b Abs. 2 EStG angewandt. Auf diese Entscheidung wird im einzelnen Bezug genommen.

Die vorgenannten Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Arbeitgeberin des Klägers hat bis Ende des Streitjahres 1981 keine Verrechnung der pauschal geleisteten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit mit den Zuschlägen vorgenommen, die aufgrund von Einzelberechnungen für im einzelnen nachgewiesene Zeiten für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu zahlen gewesen wären. Wie der Senat in den vorgenannten Urteilen in BFH/NV 1988, 496 und vom heutigen Tage zu Az. VI R 90/87 näher ausgeführt hat, kann eine solche Verrechnung zu späteren Zeiten nicht mehr nachgeholt werden. Der vom Kläger im Streitfall erhobene Vorwurf, das FG habe insoweit seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, geht somit ins Leere.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63044

BFH/NV 1991, 375

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