Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen eines Lehrers an einer privaten Fachschule für ein Hochschulstudium zur Erlangung der Lehrbefugnis an einer staatlichen Fachschule sind keine Fortbildungskosten, sondern Ausbildungskosten.

 

Normenkette

EStG 1974 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 9

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1974 als graduierter Betriebswirt Dozent an einer privaten Fachschule in H. tätig. Er wohnte in M. 1973 wurde die Fachschule in staatliche Trägerschaft übernommen. Aufgrund einer Verfügung des Regierungspräsidenten wurden graduierte Betriebswirte von dem neuen Schulträger als Dozenten nur übernommen, wenn sie sich zu einem Studium verpflichteten. Sie mußten den Beginn des Studiums nachweisen und erhielten daraufhin befristete Arbeitsverträge. Der Kläger gab eine entsprechende Verpflichtungserklärung ab, erhielt einen befristeten Anstellungsvertrag als Dozent und studierte im Streitjahr neben seiner Dozententätigkeit an der Fachschule Wirtschaftswissenschaften an der Universität X.

In seinem Lohnsteuer-Jahresausgleichsantrag für 1974 machte der Kläger u. a. Studienaufwendungen (Fahrtkosten zur Universität in X, Studiengebühren, Fachliteratur usw.) als Werbungskosten geltend.

Die Studienkosten wurden vom FA als Ausbildungskosten behandelt. Sie wurden daher lediglich in Höhe von 900 DM als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes 1974 (EStG) berücksichtigt.

Das Finanzgericht (FG) hat die geltend gemachten Studienkosten anerkannt.

Das FA rügt Verletzung des § 9 EStG. Es meint, nach ständiger Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - Vom 18. Februar 1977 VI R 78/75, BFHE 121, 346, BStBl II 1977, 390) seien Kosten eines Hochschulstudiums stets Ausbildungskosten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für sein Studium sind keine Werbungskosten. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (zuletzt das Urteil vom 7. November 1980 VI R 50/79, BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216) sind bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit alle Aufwendungen Werbungskosten, die durch den Beruf veranlaßt sind. Eine berufliche Veranlassung ist anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit dem ausgeübten Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Voraussetzungen sind bei den sog. Fortbildungskosten erfüllt. Diese Kosten dienen dazu, in einem bereits ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Zu den Fortbildungskosten gehören außerdem solche Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger macht, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, um dort, ohne daß damit ein Wechsel der Berufs- oder Erwerbstätigkeit verbunden wäre (also ohne Übergang zu einem anderen Beruf), besser vorwärtszukommen.

Im Gegensatz zu den Fortbildungskosten sind Ausbildungskosten keine Werbungskosten (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1979 VI R 64/78, BFHE 129, 173, BStBl II 1980, 124), weil derartige Kosten, die ein Steuerpflichtiger für die Ausübung eines künftigen Berufes macht, grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen erwachsen. Sie gehören deshalb zu den Kosten der Lebensführung. Ausbildungskosten können nur im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben bis zur Höhe von 900 DM im Kalenderjahr (bei auswärtiger Unterbringung bis zur Höhe von 1 200 DM im Kalenderjahr) steuerlich berücksichtigt werden.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sind die Aufwendungen des Klägers für das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität in X keine Fortbildungskosten, sondern Ausbildungskosten. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung Aufwendungen für ein Hochschulstudium als Ausbildungskosten angesehen (Urteile vom 16. März 1967 IV R 266/66, BFHE 89, 511, BStBl III 1967, 723; vom 10. Dezember 1971 VI R 150/70, BFHE 104, 223, BStBl II 1972, 254; vom 10. Dezember 1971 VI R 160/70, BFHE 104, 231, BStBl II 1972, 255; vom 24. Juli 1973 IV R 27/72, BFHE 110, 265, BStBl II 1973, 817). In allen diesen Entscheidungen handelte es sich, wie hier, um Fälle, in denen das Studium nicht im Rahmen eines ausgeübten Berufs durchgeführt wurde. Die gegenteilige Auffassung des FG ist nicht zutreffend. Sie geht rechtsirrtümlich davon aus, daß die Tätigkeit des Klägers als Dozent an der privaten Fachschule in H mit der Dozententätigkeit nach Übernahme der Schule in staatliche Trägerschaft ein und derselbe Beruf sei. Das trifft nicht zu, wie sich daraus ergibt, daß für die Ausübung der Lehrtätigkeit an der Fachschule unter staatlicher Trägerschaft höhere Anforderungen an die Vorbildung der Lehrkräfte gestellt werden als vorher. Der Kläger hat mithin das Studium nicht im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer an einer privaten Fachschule, also nicht im Rahmen eines von ihm ausgeübten Berufs, durchgeführt, sondern deshalb, um sich für einen neuen Beruf, nämlich den eines Dozenten an einer staatlichen Fachschule, auszubilden.

Die Aufwendungen des Klägers für das im Streitjahr durchgeführte Studium werden auch nicht dadurch zu Werbungskosten, daß der Kläger während seines Studiums bereits an einer staatlichen Fachschule unterrichtet hat; denn diese von vornherein nur vorübergehend festgelegte Tätigkeit verschaffte dem Kläger nicht die Stellung eines voll ausgebildeten Lehrers mit einer Lehrbefugnis an einer staatlichen Fachschule.

Diese Tätigkeit kann daher nicht als Beruf angesehen werden, in dessen Rahmen das Studium ausgeübt wurde. Der Streitfall ist mit dem Fall des BFH-Urteils in BFHE 121, 346, BStBl II 1977, 390 vergleichbar, in dem ein Ingenieur als Vertragslehrer an einer Mittelpunktschule unter der Bedingung befristet angestellt wurde, daß er ein Studium an einer Pädagogischen Hochschule absolvierte. Der Ingenieur war - wie im Streitfall der Kläger - zum Studium verpflichtet und hätte nicht weiterbeschäftigt werden können, wenn er diese Verpflichtung nicht erfüllt oder wenn er das Studium vorzeitig abgebrochen hätte. Zwar war der Steuerpflichtige in dem Urteilsfall in BFHE 121, 346, BStBl II 1977, 390 während des Studiums - anders als der Kläger im Streitfall - von seiner Lehrtätigkeit beurlaubt. Das aber kann keinen Unterschied machen, weil die Frage der Beurlaubung während eines Studiums vor allem davon abhängt, ob im Einzelfall neben dem Studium eine Ausübung der Lehrtätigkeit noch möglich ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die Tatsache, daß - und darin stimmen beide Fälle überein - während des Studiums die Dienstbezüge fortbezahlt worden sind.

An der Beurteilung, daß der Kläger nicht im Rahmen eines ausgeübten Berufs, sondern zur Erreichung eines Berufswechsels studiert hat, ändert auch die vom Kläger übernommene Verpflichtung zur Durchführung des Studiums nichts; denn diese Verpflichtung ist der Kläger - anders als in dem Fall der Entscheidung (vgl. BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216) - nicht im Rahmen eines bestehenden Dienstverhältnisses eingegangen.

Vielmehr war die Tatsache, daß der Kläger sich dazu verpflichtet hat, Voraussetzung dafür, daß er eine befristete Anstellung als Dozent an einer staatlichen Fachschule erhielt. Der Kläger ist diese Verpflichtung entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes, sondern vielmehr zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes eingegangen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413508

BStBl II 1981, 309

BFHE 1981, 53

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