Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der Beamtenruhegehälter

 

Leitsatz (amtlich)

Die einkommensteuerliche Behandlung der Ruhegelder von Beamten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit verstößt nicht gegen das Grundgesetz.

 

Normenkette

EStG 1969 § 19 Abs. 1 Nr. 2, § 22 Nr. 1a; LStDV 1970 § 2 Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 10 Abs. 3, § 33

 

Verfahrensgang

BVerfG (Beschluss vom 26.03.1980; Aktenzeichen 1 BvR 121/76, 1 BvR 122/76)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 26.03.1980; Aktenzeichen 1 BvR 121/76, 1 BvR 122/76)

 

Tatbestand

I. Sachverhalt und Entscheidung des Finanzgerichts.

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Ruhestandsbeamter. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat seine Beamtenpension gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit behandelt. Einspruch und Klage hiergegen waren erfolglos.

2. Das FG hielt die Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 EStG (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 LStDV) für vereinbar mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es führte aus, die unterschiedliche Behandlung der Beamtenpensionen und der Sozialversicherungsrenten sei sowohl systemgerecht als auch durch sozialpolitische Erwägungen gerechtfertigt. Zwischen beiden Formen der Alterssicherung gebe es tatsächliche und rechtliche Unterschiede. Die Sozialversicherungsrente sei die Gegenleistung für entrichtete Beiträge. Sie sei kein Entgelt für dem Arbeitgeber geleistete Dienste, vielmehr richte sich der Anspruch gegen selbständige Versicherungsträger. Da die Rente kein Arbeitslohn sei, könne sie auch nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugerechnet werden. Die Beamtenpension beruhe dagegen auf einer Zusage des Arbeitgebers, habe ihren Rechtsgrund unmittelbar im Arbeitsverhältnis und sei ein nachträgliches Entgelt für frühere Dienstleistungen. Die beiden Arten der Einnahmen unterschieden sich nach ihrer Entstehung in einem für das System des Einkommensteuerrechts relevanten Punkt. Deshalb seien sie verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen.

Der Erwerb der Rentenberechtigung spiele sich in der Vermögenssphäre ab, und die Rentenzahlung sei eine Vermögensumschichtung, die wirtschaftlich einer ratenweisen Kapitalrückzahlung gleichkomme. Nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts seien aber nur die Erträge des Vermögens als Einkommen zu erfassen, die volle Besteuerung der Rentenzahlungen sei daher systemwidrig. Soweit die Sozialversicherungsrenten über den rechnerisch durch eigene Beiträge des Versicherten gedeckten Anteil bis zur Höhe des vom Gesetzgeber normierten Kapitalwertes, der sich nach der voraussichtlichen Laufzeit der Rente richte, steuerfrei bleibe, sei dies sachgerecht, weil das Steuerrecht auch Mehrerlöse bei einer Vermögensumschichtung steuerfrei belasse. Diese systematischen Gründe für die Besteuerung der Sozialversicherungsrenten seien bei der Besteuerung von Beamtenpensionen nicht gegeben und müßten auch nicht auf diese übertragen werden. Gegen den tragenden Gesichtspunkt für die Besteuerung der Sozialversicherungsrente, die Vermögensumschichtung, greife auch der Einwand nicht durch, daß zwischen dem vom Gesetz normierten Kapitalwert und den erbrachten Beitragsleistungen ein Mißverhältnis bestehe. Nach den Darlegungen von Heubeck (DB 1964, 1669 ff.) hätten die durchschnittlichen Rentenfälle von 1965 ab eine Eigenfinanzierungsquote von durchschnittlich 13 v. H., die sich bei Heranziehung des Arbeitgeberanteils auf durchschnittlich 26 v. H. erhöhe. Die noch bestehende Differenz zu dem gesetzlich normierten Kapitalwert rechtfertige sich aus sozialpolitischen Erwägungen, nämlich der Anpassung an die Einkommens- und Preisentwicklung.

Die steuerlich unterschiedliche Behandlung werde zwar als unbefriedigend empfunden, weil die wirtschaftliche Situation eines Pensionisten von der Höhe seiner Nettobezüge abhänge und nicht von ihrem Entstehungs- oder Rechtsgrund. Die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Sozialversicherungsrenten halte sich jedoch im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums. Es müsse diesem überlassen werden, eine steuer- und sozialpolitisch befriedigende Regelung zu treffen.

II. Revision des Klägers

1. Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere der §§ 22 Nr. 1 a, 2 Abs. 3, 19 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG und des Gleichheitssatzes, und begehrt die Besteuerung seiner beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nach § 22 Nr. 1 a EStG. Er regt die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 GG an.

2. Zur Begründung führt er aus, in Anbetracht der gegen das Urteil des BFH vom 29. Januar 1960 VI 202/59 U (BFHE 70, 282, BStBl III 1960, 105) im Schrifttum erhobenen Einwendungen bitte er um eine Überprüfung dieser Rechtsprechung. Trotz der unterschiedlichen Rechtsformen seien die Versorgungsbezüge der Arbeitnehmer im öffentlichen und privaten Dienst und die Sozialversicherungsrenten ihrem Wesen nach einander gleich. Bei gleichhohen Versorgungsbezügen oder Renten gelte das auch für die steuerliche Leistungsfähigkeit.

Soweit die geringere Besteuerung der Sozialversicherungsrenten nach § 22 Nr. 1 a EStG in dem Urteil des BFH VI 202/59 U mit der vorherigen Besteuerung der Beiträge als Arbeitslohn begründet werde, finde eine solche steuerliche Doppelbelastung nicht oder nur in einem ganz geringen Umfang statt. Denn der Beitragsanteil des Arbeitgebers bleibe vollständig steuerfrei, der des Arbeitnehmers könne im Rahmen der Höchstbeträge als Sonderausgabe abgezogen werden und der auf eigene Beitragsleistung der Versicherten beruhende Teil der Rente betrage heute durchschnittlich weniger als 8 v. H.

Abgesehen von dem Beitragsanteil des Arbeitnehmers liege bei den Sozialversicherungsrenten auch keine Vermögensumschichtung vor, vielmehr handle es sich um erstmalige, steuerlich noch nicht erfaßte Zuflüsse. Wenn man dabei gleichwohl wie die Vorinstanz eine Vermögensumschichtung annehmen wolle, sei bei den Versorgungsbezügen der Beamten eine abweichende Betrachtungsweise nicht gerechtfertigt.

Bei der Berechnung des Eigenanteils eines Sozialversicherungsrentners an seiner Rente dürften die Arbeitgeberbeiträge nicht einbezogen werden. Sie würden bei einer Beitragsrückerstattung nicht mit ausbezahlt. Für ihre Steuerfreiheit nach § 2 Abs. 4 LStDV gebe es keinen rechtfertigenden Grund, wenn auf der anderen Seite der Beamte die Leistungen seines Arbeitgebers voll als Einkommen versteuern müsse. Soweit der Zinsanteil zum Eigenanteil hinzugerechnet werde, werde verkannt, daß gerade dieser Zinsanteil nach § 22 EStG als Ertragsanteil besteuert werde. Es werde auch übersehen, daß ein Teil der Beiträge schon vorzeitig für das Versicherungsrisiko verbraucht sei. Bei einer 1974 beginnenden Altersrente, für die man eine Beitragsdauer vom 16. bis zum 65. Lebensjahr unterstelle, die nicht für vorzeitige Versicherungsfälle verbrauchten Beitragsanteile aufzinse und den Arbeitgeberanteil hinzurechne, ergebe sich nur eine Eigenleistung von 15,3 v. H. des Wertes der Rente. Der übrige Teil werde von der Versichertengemeinschaft oder vom Staat aufgebracht. Die für einen Vergleich mit den beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen allein geeignete eigene Beitragsleistung des Arbeitnehmers halbiere sich auf 7,7 v. H. des Wertes der Rente.

Sozialpolitische Erwägungen würden zwar zweifellos die laufende Anpassung der Sozialversicherungsrenten an die Einkommensentwicklung der aktiven Arbeitnehmer rechtfertigen, jedoch nicht die ungleiche steuerliche Behandlung beider Gruppen.

Der Kläger hat ein im Auftrag des Bundes der Ruhestandsbeamten und Hinterbliebenen im Deutschen Beamtenbund erstattetes Rechtsgutachten von Professor Friauf über die Vereinbarkeit der einkommensteuerlichen Behandlung der Versorgungsbezüge mit dem Gleichheitssatz vorgelegt, in dem die Auffassung vertreten wird, die ungleiche Behandlung verstoße gegen den Gleichheitssatz.

 

Entscheidungsgründe

III. Entscheidung des Senats

Die Revision ist unbegründet.

Der Senat hat bereits im Urteil VI 202/59 U dargelegt, daß die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Behandlung der einzelnen Formen der Alterssicherung von Arbeitnehmern nicht gegen das Grundgesetz verstößt und daß Ruhegehälter von Beamten unter § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG und nicht unter § 22 Nr. 1 a EStG fallen. An dieser Beurteilung hält der Senat fest.

1. Versorgungsbezüge von Ruhestandsbeamten unterliegen seit jeher als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 LStDV), abgesehen von dem Versorgungsfreibetrag des § 19 Abs. 3 EStG, voll der Regelbesteuerung. Bei der Ermittlung der Arbeitseinkünfte sind die Freibeträge gemäß § 19 Abs. 2 EStG (Arbeitnehmer-Freibetrag) und § 3 Nr. 17 EStG (Weihnachts-Freibetrag) in Höhe von zusammen 340 DM und, soweit keine höheren Aufwendungen nachgewiesen werden, der Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 564 DM (§ 9 a Nr. 1 EStG) zu berücksichtigen. Demgegenüber werden die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 EStG zugerechnet und wie Leibrenten mit einem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 a EStG besteuert. Von dem Ertragsanteil ist, soweit keine höheren tatsächlichen Aufwendungen nachgewiesen werden, in der Regel der Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 200 DM (§ 9 a Nr. 3 EStG) abziehbar. Während bei den Empfängern von Versorgungsbezügen 25 v. H. der Bezüge, höchstens jedoch 2 400 DM steuerfrei bleiben (§ 19 Abs. 3 EStG - ab dem Veranlagungszeitraum 1975 gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1975 40 v. H. der Bezüge, höchstens 4 800 DM), bleibt bei den Empfängern von Sozialversicherungsrenten ein gesetzlich bestimmter Vomhundertsatz der Rente steuerfrei, der um so höher ist, je älter der Rentenempfänger beim Rentenbeginn ist.

2. In Rechtsprechung und Literatur bestehen über die Frage, ob die unterschiedliche Behandlung der beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge und der Sozialversicherungsrenten verfassungsgemäß ist, unterschiedliche Ansichten. Vor allem ist die Rechtsprechung bisher der Auffassung, daß der Gleichheitssatz nicht verletzt ist (BFH-Urteile VI 202/59 U und vom 23. Februar 1966 VI 285/65, BFHE 85, 33, BStBl III 1966, 225; Paulick in Loepelmann, BFH-Besprechung, BFH vom 29. Januar 1960 VI 202/59 U; Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., Bd. II, § 19 Anm. 15). Im Schrifttum wird demgegenüber die Auffassung vertreten, daß keine sachgerechten Gründe für die unterschiedliche Besteuerung von Versorgungsbezügen und Renten vorliegen (Friauf, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A, 1974 S. 51 ff. - DStZ A, 1974, 51 ff. -; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 19 EStG Anm. 111 b; Jüsgen, DStZ A, 1972, 281; Rupp-v. Zezschwitz-v. Olshausen, Zur Ungleichheit in der Einkommensbesteuerung der Versorgungsbezüge und Sozialrenten, Rechtsgutachten 1970, herausgegeben vom Bund der Ruhestandsbeamten und Hinterbliebenen, Mainz; Tipke, Steuer und Wirtschaft 1961 S. 2 ff. [13] - StuW 1961, 2 ff. [13] -; Weisensee, DStZ A, 1964, 289; derselbe, StuW 1965, 191 ff.).

3. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber, tatsächlich gleiche Tatbestände willkürlich unterschiedlich zu behandeln; er hindert den Gesetzgeber indessen nicht, an rechtlich und wirtschaftlich verschiedene Sachverhalte unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen (Urteil des Senats VI 202/59 U). Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG verletzt der Gesetzgeber den Gleichheitssatz nur dann, wenn er es versäumt, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (Beschluß vom 17. März 1959 1 BvL 39, 44/56, BVerfGE 9, 201 [206]). Welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse maßgebend dafür sind, sie im Recht als gleich oder ungleich zu behandeln, entscheidet grundsätzlich der Gesetzgeber (Beschluß des BVerfG vom 21. Februar 1957 1 BvR 241/56, BVerfGE 6, 273 [280]). Ihm ist eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt, die erst dort endet, wo ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden läßt (Beschluß des BVerfG vom 16. Mai 1961 2 BvF 1/60, BVerfGE 12, 341 [348]). Ob ein Gesetz die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung trifft, ist bei der Prüfung nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht von Bedeutung (Beschluß des BVerfG vom 15. Dezember 1970 1 BvR 559, 571, 586/70, BVerfGE 29, 402 [410]). Der Gesetzgeber kann also grundsätzlich entscheiden, in welcher Form und in welchem Umfang er Steuerbefreiungen oder Steuervergünstigungen gewähren will (Beschluß des BVerfG vom 6. Februar 1968 1 BvL 7/65, BVerfGE 23, 74 [82]). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß der Gesetzgeber wegen der zwischen den Renten der Sozialversicherung und den Versorgungsbezügen der Beamten bestehenden Verschiedenheiten die Besteuerung dieser beiden Gruppen der Altersversorgung ohne Verletzung des Art. 3 GG unterschiedlich regeln konnte.

4. Wie der Senat schon im Urteil VI 202/59 U betont hat, werden die Sozialversicherungsrenten nicht vom Arbeitgeber aus dem Dienstverhältnis geschuldet oder gezahlt; sie haben ihren Rechtsgrund vielmehr in der vorangegangenen gesetzlichen oder freiwilligen Beitragsleistung der Rentenempfänger. Der Anspruch auf die Rente wird demnach aufgrund eines außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegenden Vorgangs erworben (vgl. Gutachten des BFH vom 27. März 1958 VI D 1/57 S, BFHE 66, 670, BStBl III 1958, 258). Die Rente wird auch nicht vom Arbeitgeber, sondern von selbständigen Versicherungseinrichtungen gezahlt; die unmittelbare Beziehung zum Arbeitgeber fehlt. Die Rentenzahlungen sind daher steuerlich nicht nachträglicher Arbeitslohn, sondern sonstige Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 7, § 22 EStG.

Im Gegensatz dazu sind die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nachträglich zufließendes Arbeitsentgelt im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Anspruch des Beamten auf die Versorgungsbezüge beruht unmittelbar auf dem Dienstverhältnis und wird nicht durch einen außerhalb dieses Dienstverhältnisses liegenden Vorgang erworben. Für die Versorgung des Beamten gilt zudem das sogenannte Alimentationsprinzip, nach dem der Dienstherr dem Beamten als Gegenleistung für dessen Dienste auf Lebenszeit einen standesgemäßen Unterhalt zu gewähren hat. Die Versorgung wird dem Beamten garantiert, um die von ihm zu fordernde gewissenhafte Hingabe und Pflichterfüllung im Dienst frei von Sorge um das wirtschaftliche Wohl zu sichern (Beschluß des BVerfG vom 11. April 1967 2 BvL 3/62, BVerfGE 21, 329 [346]). Der Eintritt in den Ruhestand bedeutet für den Beamten keine eigentliche Beendigung des Beamtenverhältnisses, sondern lediglich die Befreiung von der Dienstpflicht der aktiven Tätigkeit. Selbst wenn man der Auffassung wäre, daß bereits bei der Festsetzung der Dienstbezüge die künftigen Versorgungsbezüge mindernd in Rechnung gestellt werden und mithin während des aktiven Dienstes "angespart" werden, würde auch dies nicht außerhalb des Dienstverhältnisses liegen.

5. Diesen Unterschieden der Altersbezüge in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entspricht eine steuersystematische verschiedene Behandlung der ihnen zugrunde liegenden Vorsorgeaufwendungen (vgl. dazu Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 17, Abschn. II Tz. 239 und 346). Der Besteuerung der Beamtenpension steht die Steuerfreiheit der theoretisch dafür durch ein insoweit geringeres Gehalt während der aktiven Dienstzeit aufgebrachten Vorsorgeaufwendungen gegenüber. Während ein aktiver Beamter regelmäßig keine Beiträge zur Rentenversorgung aufzubringen und geringere Aufwendungen für seine Krankenversicherung aus dem versteuerten Einkommen zu machen braucht, müssen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Sozialversicherung aus ihrem versteuerten Einkommen aufbringen. Zwar kann für sie die Belastung durch Einkommensteuer teilweise entfallen, weil sich die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung als Sonderausgaben steuermindernd auswirken. Diese sind jedoch nur mit den Höchstbeträgen nach § 10 Abs. 3 EStG abziehbar, die im Streitjahr bereits bei nur mittleren Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit nicht mehr ausreichten. Soweit die Sonderausgabenhöchstbeträge durch die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung verbraucht werden, ist dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer im Gegensatz zum Beamten die Möglichkeit genommen, andere ebenfalls nur beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben, wie etwa Beiträge an Bausparkassen, steuermindernd geltend zu machen. Darüber hinaus wird der Arbeitgeberanteil im Rahmen des § 10 Abs. 3 Nr. 2d EStG auch bei der Berechnung des Sonderausgabenhöchstbetrags mitberücksichtigt. Auch wenn ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer Zusatzversicherungen abschließt, um eine Altersrente zu erzielen, die einer Beamtenpension gleichkommt, wirkt sich daher die Sonderausgabenhöchstbetragsgrenze in der Regel nachteilig für ihn aus. Das rechtfertigt eine Begünstigung bei der Besteuerung der Sozialversicherungsrente und eine schärfere Besteuerung der Beamtenpension.

6. Es mag sein, daß die Beiträge zu den Sozialversicherungsrenten nicht vollständig einer steuerlichen Belastung als Arbeitslohn unterlegen haben, insbesondere weil der Beitrag des Arbeitgebers steuerfrei bleibt, und daher die geringere Besteuerung der Sozialversicherungsrenten nicht allein mit der sonst entstehenden steuerlichen Doppelbelastung gerechtfertigt werden kann. Soweit § 22 Nr. 1 a EStG nicht von einem Rentenstammrecht des Rentenempfängers (so die Regelung im Gesetzentwurf, Bundestagsdrucksache II/484 Art. I Nr. 8a), sondern von einem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten fiktiven Kapitalwert des Rentenrechts ausgeht, dessen Höhe von dem Umfang des auf eigenen Beiträgen und sonstigen Leistungen des Versicherten beruhenden Kapitalstocks unabhängig ist, handelt es sich um eine sozialpolitische Maßnahme des Gesetzgebers. Dem steht aber auch die durch das Steueränderungsgesetz 1965 eingeführte sozialpolitische Maßnahme des Versorgungsfreibetrags nach § 19 Abs. 3 EStG bei den beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen gegenüber, der im Streitjahr 25 v. H. der Versorgungsbezüge, höchstens 2 400 DM, im Veranlagungszeitraum beträgt. Er wurde durch das Gesetz zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung vom 5. August 1974 (BStBl I 1974, 530) ab dem Jahre 1975 auf 40 v. H. der Versorgungsbezüge, höchstens 4 800 DM, im Veranlagungszeitraum erhöht.

Nach Auffassung des Senats kann auch die Höhe der Eigenfinanzierungsquote, die nach Meinung des Klägers 7,7 v. H., nach Auffassung der Vorinstanz 26 v. H. des Werts der Rente betragen soll, nicht entscheidend für die Verletzung des Gleichheitssatzes angeführt werden. Denn im Ergebnis werden durch die erwähnten sozialpolitischen Maßnahmen auf beiden Seiten die Empfänger geringer Altersbezüge steuerlich erheblich entlastet. Die noch bestehende unterschiedliche Besteuerung hält sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Ermessensspielraums. Er mußte überdies bei seinem Bestreben nach einer steuerlich und sozialpolitisch befriedigenden Regelung sowohl die übrigen Formen der Alterssicherung, wie z. B. die Altersvorsorge der Selbständigen oder Gewerbetreibenden durch Vermögensansammlung, als auch die Korrespondenz zwischen der steuerlichen Behandlung der Vorsorgeaufwendungen einerseits und der Versorgungsbezüge andererseits beachten (vgl. dazu Gutachten der Steuerreformkommission 1971, a. a. O., Abschn. II Tz. 241 ff., 342). Er hat durch die Einführung eines Altersentlastungsbetrages ab dem Veranlagungszeitraum 1975 durch § 24 a EStG 1975, für dessen Bemessung gerade die hier streitigen Versorgungsbezüge und Leibrenten außer Betracht bleiben, dem Gedanken der steuerlichen Entlastung von Altersbezügen anderer Art Rechnung getragen.

7. Da demnach die verschiedenartige Besteuerung der beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge und der Sozialversicherungsrenten mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, kann der Kläger nicht mit Erfolg die Besteuerung seiner Versorgungsbezüge wie Leibrenten begehren. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht möglich, da der Senat die umstrittene Regelung nicht für verfassungswidrig hält.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71759

BStBl II 1976, 228

BFHE 1976, 461

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