Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

übernormale Abnutzung eines von der Besatzungsmacht beschlagnahmten Hotels als Kriegsfolgeschaden.

Grundstücksschäden, die dadurch entstanden sind, daß dem Eigentümer durch die Besatzungsmacht verwehrt war, das Grundstück instandzuhalten, können ebenfalls den Kriegsfolgeschäden zugerechnet werden.

Die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach § 92 Abs. 3 AO setzt nicht voraus, daß die Unrichtigkeit aus dem fehlerhaften Bescheid selbst hervorgeht.

Gesetz betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 vom 10. März 1949 (WiGBl. 1949 S. 25)

 

Normenkette

FortschrG § 1/2; AO § 92 Abs. 3, § 92/2

 

Tatbestand

Streitig ist die Wertfortschreibung des Grundbesitzes der Beschwerdeführerin (Bfin.) in X, Bahnhofstraße 23 und Bahnhofstraße 19, auf den 21. Juni 1948, sowie die Berichtigung des Einheitswertbescheides auf den 1. Januar 1935 wegen offenbarer Unrichtigkeit (ß 92 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung - AO -).

A. Wertfortschreibung auf den 21. Juni 1948. Der Einheitswert beider zu einer wirtschaftlichen Untereinheit zusammengefaßten Grundstücke am 1. Januar 1935 beträgt 274.200 RM. Die Grundstücke sind seit Kriegsende von der US-Armee beschlagnahmt und werden als Soldatenheim verwendet. Schon vorher waren sie von der deutschen Wehrmacht in Anspruch genommen. Die Bfin. hat Fortschreibung des Einheitswertes des Grundstücks wegen Kriegsschäden (Kriegsfolgeschäden) gemäß § 1 Abs. 2 des Fortschreibungsgesetzes vom 10. März 1949 gestellt. Das Finanzamt hat den Antrag abgelehnt, weil die normalen Reparaturen aus den laufenden Nutzungsentschädigungen bestritten werden könnten und die Grundstückseigentümerin nach späterer Freigabe ihres Grundbesitzes Anspruch auf Ersatz der Belegungsschäden habe. Darüber hinaus vertritt das Finanzamt die Auffassung, daß der anormale Verschleiß der Gebäude infolge der Benutzung des Hotels als Soldatenheim nicht unter den Begriff der Kriegsfolgeschäden im Sinne des § 1 Abs. 2 a. a. O. falle. Die Bfin. bekämpft diese Ansicht in der Sprungberufung gegen den die Wertfortschreibung ablehnenden Bescheid des Finanzamts. Sie hat im Berufungsverfahren Kostenvoranschläge aus 1949 und 1951 über erforderliche Instandsetzungsarbeiten in Höhe von 95.413 DM eingereicht, die zu einem erheblichen Teil die Beseitigung von normalen Altersschäden (z. B. an Dächern, Dachrinnen, Balkonen) oder Schäden an nicht zu den Gebäuden gehörenden Betriebseinrichtungen (z. B. Bierzapfanlage) betreffen. Das Finanzamt hat zusammen mit einem gerichtlich anerkannten Sachverständigen im Baufach eine Besichtigung der Grundstücke vorgenommen. Die Bfin. war, weil ihr das Betreten ihrer Räume durch die Besatzungsmacht untersagt ist, im Termin nicht anwesend. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten von 10. März 1951 zu dem Ergebnis, daß eine Herabsetzung des Einheitswertes um 8 bis 10 v. H. gerechtfertigt sei. In einer Verhandlung vor dem Finanzamt am 14. März 1951 hat der Sachverständige ergänzend zu seinem Gutachten erklärt: "Von diesen 8 bis 10 v. H. fallen ca. 4 bis 5 v. H. auf Kriegsfolgeschäden durch die Belegung mit USA-Truppen und die andere Hälfte auf angehäufte, nicht durchgeführte Reparaturen." Das Gutachten legt den am Tage der Ortsbesichtigung vorgefundenen Zustand der Gebäude zugrunde, da eine Rekonstruktion der an sich maßgebenden Verhältnisse vom 21. Juni 1948 infolge verschiedener inzwischen von der Besatzungsmacht vorgenommener Grundstücksreparaturen nicht möglich war. Die Bfin. beantragte auf den 21. Juni 1948 Ermäßigung des Gebäudewertes um 20 v. H. Das Finanzgericht hat der Sprungberufung teilweise stattgegeben. Es bejaht das Vorhandensein von Kriegsfolgeschäden im Sinne des § 1 Abs. 2 des Fortschreibungsgesetzes. Der Anspruch auf Ersatz der Belegungsschäden nach künftiger Freigabe des Hotels hindere die beantragte Wertfortschreibung nicht. Unerheblich sei, ob die normalen Reparaturen aus den laufenden Nutzungsentschädigungen bestritten werden könnten. Bei Bemessung der Höhe des zu berücksichtigenden Kriegsschadens ergäben sich verschiedene auf tatsächlichem Gebiet liegende Schwierigkeiten. Zunächst sei der Zustand der Gebäude am 21. Juni 1948 heute nicht mehr feststellbar, da inzwischen von der Besatzungsmacht verschiedene größere, im einzelnen nicht genau feststellbare Reparaturen vorgenommen seien, eine Besichtigung erst am 10. März 1951 stattgefunden habe und die von der Bfin. übersandten Kostenvoranschläge kein Bild von dem am 21. Juni 1948 bestehenden Zustand gäben. Ferner sei nicht genau feststellbar, welcher Teil der Schäden durch die Besatzungsmacht verursacht sei. Die Voranschläge, die zum großen Teil Kosten für Behebung normaler Altersabnutzung enthielten, seien für die Ausscheidung nicht verwertbar. Bei dieser Sachlage müsse der Wert der Schäden durch Schätzung ermittelt werden. Als Unterlage hierfür diene das Gutachten des Sachverständigen, das zwar von den Verhältnissen am 10. März 1951 ausgehe, mangels anderer Unterlagen aber auch für den Fortschreibungszeitpunkt zugrunde gelegt werden könne. Danach sei die Herabsetzung des Einheitswertes um 8 bis 10 v. H. angemessen. Hiervon entfielen nach Schätzung des Sachverständigen 4 bis 5 v. H. auf Schäden durch die US-Truppen. Das Finanzgericht hat demgemäß den Kriegsfolgeschaden am 21. Juni 1948 auf 13.000 DM geschätzt. Der so verminderte Einheitswert ergibt 261.200 DM. Der weitergehende Antrag der Bfin. wurde vom Finanzgericht abgelehnt.

Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden (Rb.) des Finanzamts-Vorstehers und der Grundstückseigentümerin.

Das Finanzamt bestreitet weiterhin das Vorhandensein von Kriegsschäden und Kriegsfolgeschäden. Die nach Freigabe des Grundstücks zu gewährende Entschädigung stehe mit diesem in engstem Zusammenhang und müsse bei der Frage der Zulässigkeit einer Wertfortschreibung berücksichtigt werden. Andernfalls würden die von der Besatzungsmacht beschlagnahmten Grundstücke bei der Einheitsbewertung zu günstig behandelt. Diese Grundstücke hätten überhaupt nicht in das Fortschreibungsgesetz eingezogen werden sollen. Das Finanzamt beantragt, das Urteil des Finanzgerichts aufzuheben und den für das Grundstück der Bfin. auf den 1. Januar 1935 festgestellten Einheitswert weiterhin gelten zu lassen.

Die Bfin. hingegen hält die infolge übermäßiger Abnutzung durch die Belegung ihres Hotels mit Soldaten der Besatzungsmacht entstandenen Schäden für typische Kriegsfolgeschäden. Sie bemängelt im übrigen, daß ihr nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei. Wenn sie schon wegen Verbots der Besatzungsmacht an der örtlichen Besichtigung ihres Grundstücks nicht teilnehmen durfte, so hätte sie wenigstens bei der Anhörung des Sachverständigen durch das Finanzamt am 14. März 1951 zugezogen werden müssen. Wäre dies geschehen, so hätte sie dem Gutachter die Frage vorlegen können, ob die Schäden infolge unterbliebener Reparaturen nicht darauf zurückzuführen seien, daß es der Bfin. verwehrt war, sich um ihr Eigentum zu kümmern. Die Bfin. beantragt, die am Wertfortschreibungszeitpunkt bestehenden Kriegsfolgeschäden an ihrem Grundbesitz auf 10 v. H. des Einheitswertes zu bemessen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Rb. des Finanzamts ist unbegründet. Nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 (Fortschreibungsgesetz, Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes - WiGBl. - 1949 S. 25) findet eine Neufeststellung der Einheitswerte auch dann statt, wenn die Wertabweichungen auf Sachschäden am Grundbesitz beruhen, die nach Beendigung des Krieges infolge von Maßnahmen der Besatzungsmächte, insbesondere durch Demontagen und Restitutionen, entstanden sind. Die hier erwähnten Demontagen und Restitutionen dienen nur als Beispiele für Maßnahmen der Besatzungsmächte. Auch andere Maßnahmen der Besatzungsmächte können zur Anerkennung von Kriegsfolgeschäden führen. Die Auffassung des Finanzamts, daß unter die im § 1 Abs. 2 a. a. O. bezeichneten Maßnahmen der Besatzungsmächte nur aktive, unmittelbar auf Minderung oder Entfernung von Wirtschaftsgütern gerichtete Handlungen zu verstehen seien, ist zu eng und findet im Gesetz keine Stütze. Auch der Oberste Finanzgerichtshof sieht durch Beschlagnahme von Wirtschaftsgütern durch die Besatzungsmächte entstandene Schäden als Kriegsfolgeschäden an (Urteil I 16/49 vom 7. Dezember 1949, Betriebsberater - BB - 1950 S. 89). Hieran ist festzuhalten. Darauf, ob die beschlagnahmten Grundstücke nicht in das Fortschreibungsgesetz hätten einbezogen werden sollen, kommt es für die Entscheidung nicht an. Nach geltendem Recht werden sie jedenfalls von der im Fortschreibungsgesetz getroffenen Regelung erfaßt. Das Finanzamt hat auch aus dem Grund gegen die Wertfortschreibung Bedenken, weil die normalen Reparaturen des Grundstücks aus den laufenden Nutzungsentschädigungen bestritten werden könnten, und weil außerdem nach der Freigabe des beschlagnahmten Grundbesitzes eine Entschädigung für die entstandenen Schäden bezahlt werde. Diese Bedenken werden nicht geteilt. Ob die normalen Grundstücksreparaturen aus der laufenden Nutzungsentschädigung geleistet werden können, ist unerheblich. Es handelt sich hier um die Frage, ob die am Stichtag vorhandenen, über die normale Abnutzung hinausgehenden Schäden als Kriegsfolgeschäden anzusehen sind. Hinsichtlich der nach künftiger Freigabe der Grundstücke zu zahlenden Entschädigung (vgl. Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission betreffend Entschädigung für Besatzungsschäden, Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Nr. 47 S. 767, sowie Durchführungsverordnung Nr. 1 zum Gesetz Nr. 47, Amtsblatt Nr. 75 S. 1498) ist mit dem Finanzgericht davon auszugehen, daß dieser Entschädigungsanspruch mit der Feststellung des Einheitswertes des Grundstücks nichts zu tun hat. Es handelt sich hier um einen persönlichen Anspruch der Bfin., nicht um einen Bestandteil des Grundstücks. Der Umstand, daß ein notwendiger tatsächlicher Zusammenhang zwischen Vorhandensein eines Grundstücks, Inanspruchnahme desselben durch die Besatzungsmacht und künftiger Entschädigung besteht, vermag die auf den 21. Juni 1948 vorzunehmende Wertfortschreibung nicht zu hindern, zumal an diesem Zeitpunkt noch unübersehbar war, wann die Grundstücke der Bfin. freigegeben würden. Da hiernach Kriegsfolgeschäden vorliegen, diese auch das im Gesetz vorgesehene Mindestausmaß von mehr als 10.000 DM (ß 1 Abs. 1 des Fortschreibungsgesetzes) überschritten haben, hat das Finanzgericht die Wertfortschreibung mit Recht zugelassen.

II. Dagegen ist der Rb. der Bfin. stattzugeben. Das Finanzgericht hat sich der Schätzung des Sachverständigen angeschlossen, daß 4 bis 5 v. H. des Einheitswertes auf Kriegsfolgeschäden entfielen. Die Bfin. vertritt demgegenüber die Auffassung, daß mindestens ein Teil der festgestellten übrigen Schäden nur deshalb entstanden sei, weil ihr die Möglichkeit genommen war, ihr Grundstück zu betreten und für dessen Instandhaltung zu sorgen. Die hierauf zurückzuführenden Schäden müßten gleichfalls den Kriegsfolgeschäden zugerechnet werden. Die Bfin. hatte auf diesen Gesichtspunkt bereits in ihrem Schriftsatz vom 4. April 1951 hingewiesen, in dem sie auch beanstandet hatte, daß sie zu dem Termin im Finanzamt mit dem Sachverständigen nicht hinzugezogen worden war. Der Senat trägt keine Bedenken, auch Schäden, die infolge der Entsetzung des Eigentümers aus seinem Grundbesitz dadurch entstanden sind, daß der Eigentümer sich nicht um die ordnungsmäßige Unterhaltung kümmern konnte, den Kriegsfolgeschäden zuzurechnen. Das Finanzgericht ist hierauf nicht eingegangen. Seine Entscheidung ist daher wegen möglichen Rechtsirrtums sowie wegen wesentlichen Verfahrensmangels, der in der Rb. gerügt ist, aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzgericht zurückverweisen, das zu prüfen hat, in welchem Umfang am 21. Juni 1948 Kriegsfolgeschäden an dem Grundbesitz der Bfin. vorlagen. Hierbei sind auch Schäden an den Grundstücken infolge Behinderung der Bfin. an der Instandhaltung zu berücksichtigen. Andererseits sind auch etwa von der Besatzungsmacht bis zum Fortschreibungszeitpunkt vorgenommene Reparaturen zu beachten. Falls sich genaue Ermittlungen infolge Zeitablaufes nicht mehr vornehmen lassen sollten, muß Schätzung des Minderwertes der Grundstücke ggf. nach nochmaliger Anhörung des Sachverständigen unter Zuziehung der Bfin. erfolgen.

B. Berichtigung des Einheitswertbescheides 1935 wegen offenbarer Unrichtigkeit (ß 92 Abs. 3 AO).

Bei Bearbeitung des Antrages der Bfin. auf Wertfortschreibung des Einheitswertes ihres Grundbesitzes entdeckte das Finanzamt, daß bei der Einheitsbewertung 1935 versehentlich eine Fläche von 2940 qm außer Ansatz geblieben war. Es hat daher den Einheitswertbescheid 1935 gemäß § 92 Abs. 3 AO von 274.200 RM um 26.600 RM auf 300.800 RM erhöht. Gegen den berichtigten Einheitswertbescheid richtet sich die Sprungberufung der Bfin., die insoweit keinen Erfolg hatte.

Die Rb. ist teilweise begründet. Die Bfin. führt aus, daß die Unrichtigkeit sich nicht aus dem ihr zugegangenen Einheitswertbescheid ergeben habe. Nur in diesem Fall sei jedoch eine Berichtigung gemäß § 92 Abs. 3 AO wegen offenbarer Unrichtigkeit zulässig. Diese Auslegung sei auch für die gleichlautende Bestimmung des § 319 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung maßgebend. Im übrigen ist die Bfin. der Ansicht, daß das Finanzamt nur infolge ihres Antrags auf Wertfortschreibung auf den Bewertungsfehler gestoßen sei, und daß die daraufhin vorgenommene Berichtigung gegen Treu und Glauben verstoße. Letzterer Einwand greift nicht durch. Es ist unerheblich, welcher Umstand den Anlaß zur Vornahme der Berichtigung gegeben hat. Findet das Finanzamt anläßlich der Bearbeitung eines Antrags des Steuerpflichtigen (Stpfl.) einen Fehler in der früheren Bearbeitung vor, der zur Berichtigung eines bereits ergangenen Bescheides berechtigt, so kann in der Durchführung dieser Berichtigung kein Verstoß gegen Treu und Glauben erblickt werden. Schwerwiegender ist der andere Einwand, daß von einer offenbaren Unrichtigkeit nur gesprochen werden könne, wenn sich die Unrichtigkeit einwandfrei aus dem erhaltenen Bescheid für den Stpfl. ersehen lasse, und nicht schon dann, wenn die Unrichtigkeit nur aus den Akten hervorgehe. Es ist zutreffend, daß Rechtsprechung und Schrifttum zu § 319 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung die von der Bfin. vertretene Auffassung teilen. Es läge nahe, die gleiche Auslegung für § 92 Abs. 3 AO zu übernehmen. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat sich mehrfach mit der Auslegung dieser Vorschrift befaßt. Die Rechtsprechung hat zwar - jedenfalls bis zu dem Gutachten des Reichsfinanzhofs Gr. S. D 9/36 vom 7. August 1936 (Slg. Bd. 40 S. 52) - strenge Anforderungen an die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeiten gestellt, gleichwohl es aber als Voraussetzung für die Berichtigung ständig genügen lassen, daß sich die Unrichtigkeit aus den maßgebenden Steuerakten ergab (Urteile des Reichsfinanzhofs II A 819/24 vom 14. Oktober 1924, Mrozek-Kartei AO - alt - § 74 Abs. 3 Rechtsspruch 2; VI A 591/27 vom 21. Dezember 1927, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1928 Nr. 174; II A 79/28 vom 13. März 1928, StuW 1928 Nr. 173, und II A 650/29 vom 7. Januar 1930, Mrozek-Kartei a. a. O. Rechtsspruch 23). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten wirkt zugunsten wie zuungunsten der Stpfl. Gerade bei der Einheitsbewertung von Grundstücken knüpfen sich wegen der langen Geltungsdauer der Einheitswerte (letzter Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1935) schwerwiegende wirtschaftliche Folgen an den festgestellten Einheitswert, der nicht nur für die Vermögensteuer, sondern auch für die Grundsteuer, für die Soforthilfeabgabe und für den Lastenausgleich von Bedeutung ist. Hieran kann bei Prüfung der Frage, in welchem Umfange ergangene Einheitswertbescheide wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt werden dürfen, nicht vorübergegangen werden. Es wäre für den Stpfl. untragbar, wenn er auf Grund einer rechtskräftig gewordenen Einheitswertbescheides, dem ein offenbarer Fehler zugrunde liegt, jahrelang zu Hohe Steuern und Abgaben entrichten müßte.

ähnliches muß aber auch für die Ansprüche des Steuergläubigers gelten. Die Bfin. ist allerdings der Auffassung, daß die Berichtigung fehlerhafter Bescheide zugunsten eines Stpfl. immer zu erfolgen habe, da dem Stpfl. gegenüber der Finanzverwaltung ein Anspruch auf Empfang richtiger Bescheide zustehe. Diese Auffassung ist jedoch (von Billigkeitsmaßnahmen hier abgesehen), wie sich aus den §§ 92 bis 96, 222 AO ergibt, nicht zutreffend. Es ist hiernach für das Steuerrecht geboten, in übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs daran festzuhalten, daß die offenbare Unrichtigkeit aus dem Steuerbescheid (Einheitswertbescheid) selbst nicht hervorzugehen braucht. Wollte man übrigens die Berichtigung eines Einheitswertbescheides nach § 92 Abs. 3 a. a. O. davon abhängig machen, daß sich die Unrichtigkeit aus dem Einheitswertbescheid selbst ergibt, so würde diese Vorschrift praktisch für das Verfahren der Einheitsbewertung überhaupt ausgeschaltet, da der Einheitswertbescheid zwar in ihm zahlenmäßig zusammengefaßte Ergebnis der Bewertung, nicht aber die teilweise sehr umfangreichen Bewertungs- und Rechnungsgrundlagen für das Zustandekommen dieses Ergebnisses enthält. Hiernach kann die Bfin. den Berichtigungsbescheid für den 1. Januar 1935 nicht durch den Einwand entkräften, daß der Fehler aus dem ihr zugegangenen Bescheid nicht ersichtlich war. Das Finanzamt hat die Wirksamkeit der Berichtigung auf den 1. Januar 1935 erst vom 1. Januar 1948 ab eintreten lassen. Die Berichtigung eines Einheitswertbescheides gemäß § 92 Abs. 3 a. a. O. bezieht sich zwar auf den Zeitpunkt, auf den der fehlerhafte Bescheid ergangen ist. Das schließt jedoch nicht aus, daß dem auf den maßgebenden Zeitpunkt berichtigten Einheitswertbescheid, z. B. wegen Verjährung der abhängigen Steueransprüche, Auswirkung erst von einem späteren Termin an beigelegt wird (vgl. auch das einen Fall der Wertfortschreibung behandelnde Urteil des Senats III 68/52 U vom 16. Mai 1952 (Bundessteuerblatt - BStBl.- Teil III S. 189). Im Streitfall ist eine Fläche von 2.460 qm versehentlich nicht mitbewertet worden, obwohl sie aus der in den Einheitswertakten enthaltenen Baubeschreibung des Hotelgrundstücks vom 24. November 1935 klar ersichtlich war. Hierin liegt eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 92 Abs. 3 a. a. O., die berichtigt werden kann. Die Berichtigung erstreckt sich jedoch nur auf die Zurechnung der aus den Einheitswertakten ersichtlichen Fläche von 2.640 qm. Das Finanzamt hingegen hat der Berichtigung eine Größe der Fläche von 2.940 qm zugrunde gelegt. Es hat diese Größenangabe dem nachträglich eingesehenen, bei der ursprünglichen Einheitswertfeststellung außer acht gelassenen Grundsteuerkataster entnommen. Die Berücksichtigung dieser größeren Fläche im Rahmen einer Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit erscheint nicht gerechtfertigt (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs I A b 722/28 vom 5. April 1929, StuW 1929 Nr. 482). Insoweit war daher der Rb. der Grundstückseigentümerin zu entsprechen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407543

BStBl III 1953, 6

BFHE 1954, 14

BFHE 57, 14

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge