Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Hat zwischen einem Grundstück des Erblassers und der darauf lastenden Hypothekenschuld ein wirtschaftlicher Zusammenhang nicht bestanden, so wird ein solcher auch nicht durch die Gesamtrechtsnachfolge des beschränkt abgabepflichtigen Erben in das Vermögen des Erblassers hergestellt.

Bei der Veranlagung des beschränkt abgabepflichtigen Erben zur Vermögensabgabe ist deshalb der Abzug einer derartigen Hypothekenschuld vom abgabepflichtigen Inlandsvermögen des Erben nicht zulässig.

 

Normenkette

LAG §§ 17, 21; BewG §§ 77, 121

 

Tatbestand

Der Bf., der am Währungsstichtag die amerikanische Staatsangehörigkeit besaß und seinen ständigen Wohnsitz in New York hatte, ist als beschränkt Abgabepflichtiger mit seinem in Berlin (West) belegenen Grundvermögen, bestehend aus dem Mietwohngrundstück X und einem 4/6-Anteil an dem Mietwohngrundstück Y, zur Vermögensabgabe herangezogen worden. In dem berichtigten Bescheid vom 23. Juni 1959 ist das Finanzamt bei der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens von den Einheitswerten der beiden Grundstücke ausgegangen, die es mit 50.000 DM bzw. mit 200.000 DM (4/6 von 330.000 DM) in Ansatz gebracht hat, so daß sich ein abgabepflichtiges Rohvermögen von 250.000 DM ergab. Zum Abzug von diesem Rohvermögen ließ das Finanzamt Hypothekenschulden (1/10-Rechte), Hypothekengewinnabgabeschulden und Rückerstattungsverbindlichkeiten im Gesamtbetrage von 150.000 DM zu, so daß ein abgabepflichtiges Vermögen von 100.000 (abgerundet) und eine Abgabeschuld von 50.000 DM verblieb.

Streitig ist allein, ob das abgabepflichtige Vermögen noch um einen weiteren Schuldbetrag von 60.000 DM zu mindern wäre, der als eingetragene Hypothek auf dem Grundstück Y. lastet.

Mit dieser Schuld hat es folgende Bewandtnis: Die am 21. Dezember 1945 verstorbene Mutter des Bf. hatte beim Erwerb des Grundstücks Y ihren Söhnen A und B je 1/6-Eigentumsanteil am Grundstück, dem ersteren außerdem eine Hypothekenforderung von 60.000 RM schenkungsweise zugewendet. Diese allein den 4/6-Grundstücksanteil der Mutter belastende Hypothek ist im Grundbuch eingetragen und späterhin als Erbgeldforderung im Verhältnis 1 : 1 auf DM umgestellt worden. Als testamentarischer Alleinerbe seiner Mutter ist der Bf. nach deren Tode sowohl Eigentümer ihres 4/6-Eigentumsanteils an dem Grundstück Y als auch Schuldner der darauf lastenden Hypothek geworden, deren Abzug vom abgabepflichtigen Inlandsvermögen er begehrt.

Das Finanzamt hat diesen Schuldabzug versagt, weil es die Auffassung vertritt, die Schuld stehe nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Grundstück Y.

Der Bf. vertritt den gegenteiligen Standpunkt. Er ist der Auffassung, daß er das Grundstück mit der Belastung von seiner Mutter geerbt habe. Demzufolge stehe mit dem Zeitpunkt des Erbschaftsantritts die Belastung des Grundstücks in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Grundstück selbst. Er hat zur Unterstützung seiner Rechtsansicht auf Schrifttum und Rechtsprechung verwiesen, zur Frage des wirtschaftlichen Zusammenhangs insbesondere auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III 71/38 vom 14. Juli 1938 (RStBl 1938 S. 826).

Einspruch und Berufung sind indessen erfolglos geblieben. In übereinstimmung mit der Einspruchsentscheidung des Finanzamts hat auch das Verwaltungsgericht den Standpunkt vertreten, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der streitigen Belastung und dem Grundstück nicht bestehe. Ein solcher habe bei der Erblasserin zweifelsfrei nicht bestanden. Es werde deshalb auch hier durch den Erbgang kein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der durch den Grundbesitz gesicherten Forderung und dem belasteten Grundstück begründet. Im übrigen sei es unerheblich, ob die Hypothekenbestellung seinerzeit eine vorweggenommene Erbauseinandersetzung habe bedeuten sollen, da eine solche keinen wirtschaftlichen Zusammenhang begründen könne.

Mit der Rb. rügt der Bf. fehlerhafte Rechtsanwendung, insbesondere die unrichtige Auslegung des § 77 Abs. 3 BewG. Außerdem beanstandet er die Höhe des Streitwerts.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist in der Hauptsache unbegründet.

Das BewG unterscheidet zwischen dem sogenannten Gesamtvermögen und dem sogenannten Inlandsvermögen. Diese Unterscheidung ist nicht nur für den Umfang des steuerpflichtigen Rohvermögens bedeutsam, sondern in gleicher Weise auch für den Schuldabzug. Während nämlich vom Gesamtvermögen grundsätzlich alle echten Schulden, soweit sie nicht bereits beim Betriebsvermögen berücksichtigt worden sind, in Abzug gebracht werden dürfen mit Ausnahme derjenigen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Vermögensteilen stehen, können beim Inlandsvermögen nur die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden berücksichtigt werden.

Beschränkt abgabepflichtige Personen im Sinne des § 17 LAG, zu denen auch der Bf. gehört, sind nur mit ihrem Inlandsvermögen zur Vermögensabgabe heranzuziehen. Das bedeutet, daß bei ihnen das abgabepflichtige Vermögen, da die Vorschriften des BewG gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 2 LAG bei dessen Feststellung anzuwenden sind, ausschließlich nach den Vorschriften des § 77 BewG zu ermitteln ist. Andere Vorschriften des BewG, die sich auf das sogenannte Gesamtvermögen beziehen, sind bei der Ermittlung ihres abgabepflichtigen Vermögens außer Betracht zu lassen. Deshalb geht auch der Hinweis des Bf. auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin VII A 270/52 vom 15. Oktober 1952 (Berliner Steuer- und Zollblatt 1953 S. 818) und auf die Ausführungen in Textziff. 10 zu § 74 des Kommentars zum Bewertungsgesetz von Gürsching-Stenger fehl, weil sich sowohl das genannte Urteil als auch die Erläuterungen der Kommentarstelle auf den Schuldabzug vom Gesamtvermögen beziehen.

Im Streitfall kommt nur ein Schuldabzug vom Inlandsvermögen in Betracht, der in jedem Falle eine wirtschaftliche Beziehung der geltend gemachten Schuld zu dem der Abgabe unterliegenden Inlandsvermögen voraussetzt. Dieser vom Gesetz geforderte Zusammenhang der Schuld mit dem inländischen Vermögensgegenstand wird nicht schon durch die hypothekarische Sicherstellung der Schuld an einem inländischen Grundstück herbeigeführt, wenn nicht auch die Schuld selbst in einer wirtschaftlichen Beziehung zu dem belasteten inländischen Grundstück steht, wenn sie insbesondere nicht zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des inländischen Vermögensgegenstandes gedient hat oder noch dient. Ein solcher Zusammenhang hat auf jeden Fall bei der ursprünglichen Begründung der hier streitigen Schuld gefehlt, die schenkweise aus rein familiären Gründen, sei es auch vielleicht für Zwecke einer vorweggenommenen Erbregelung, von der Mutter des Bf. eingegangen worden ist.

Das würde allerdings nicht unbedingt ausschließen, daß die zunächst fehlende wirtschaftliche Beziehung der Schuld zu dem inländischen Grundstück später etwa beim Erwerb des Grundstücks durch den Bf. als Rechtsnachfolger seiner Mutter herbeigeführt worden wäre. So hat der Reichsfinanzhof in der Entscheidung III 71/38 vom 14. Juli 1938 (a. a. O.) anerkannt, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Hypothek und Grundstück, gleichgültig, ob ein solcher in der Person des Rechtsvorgängers bestanden hat, durch den Rechtsnachfolger dann herbeigeführt werden kann, wenn dieser beim Erwerb des Grundstücks an Stelle einer höheren Kaufpreiszahlung die Hypothekenschuld als persönlicher Schuldner übernimmt. Diese Rechtsprechung hat der Reichsfinanzhof in dem Urteil III 70/41 vom 10. Juli 1941 (RStBl 1941 S. 731) auch auf Fälle ausgedehnt, in denen der Beschenkte zugleich mit dem geschenkten Grundstück auch die darauf lastende Hypothekenschuld übernommen hat, selbst wenn der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen beiden in der Person des Schenkers noch nicht bestanden hat. In beiden Fällen ist aber die Verbindung zwischen Schuld und Grundstück erst durch den besonderen Akt der Schuldübernahme herbeigeführt worden, die ein Bestandteil des Erwerbsvorganges war, ohne den der Erwerb des Grundstücks überhaupt nicht hätte durchgeführt werden können. Daran fehlt es im Falle der Gesamtrechtsnachfolge durch Erbgang, bei der der Schuldübergang nur eine auf gesetzlicher Bestimmung beruhende notwendige Begleiterscheinung des Vermögensüberganges ist, die im übrigen den rechtlichen und wirtschaftlichen Bestand der Schuld nicht berührt. Das Bestehen einer wirtschaftlichen Beziehung der hier streitigen Verbindlichkeit gerade zu dem belasteten Grundstück ist daher von den Vorinstanzen mit Recht abgelehnt worden.

Dessen ungeachtet wäre es aber denkbar, daß diese Schuld vielleicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu dem inländischen Vermögen in seiner Gesamtheit stehen würde. So hat beispielsweise der Reichsfinanzhof in der Entscheidung III A 322/35 vom 2. April 1936 (RStBl 1936 S. 618) den wirtschaftlichen Zusammenhang der Erbschaftsteuerschuld mit dem ererbten Inlandsvermögen insgesamt anerkannt. Dazu ist jedoch zu bemerken, daß diese Erbschaftsteuerschuld überhaupt erst durch den Erwerb des inländischen Vermögens im Erbwege zur Entstehung gelangt ist. Ihre wirtschaftliche Beziehung zum gesamten Inlandsvermögen - und nur zu diesem - kann man auch deshalb bejahen, weil sich die Erbschaftsteuerpflicht in diesem Falle auf das inländische Vermögen beschränkt hat. Dagegen ist die hier streitige Schuld nicht durch den Erwerb des inländischen Vermögens hervorgerufen worden, sondern hat schon vorher bestanden. Sie ruhte als eine aus familiären Erwägungen begründete Schuld auch nicht auf bestimmten, das inländische Vermögen des Bf. ausmachenden Vermögensteilen, sondern, gerade wenn man ihren Charakter als Erbauseinandersetzungsschuld betont, auf dem Gesamtvermögen der Mutter. Wollte man auch in einem solchen Falle den Standpunkt vertreten, daß durch den Schuldübergang im Erbwege die wirtschaftliche Beziehung der Schuld zu dem sogenannten Inlandsvermögen unter allen Umständen hergestellt werde, so würde es Schulden, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Inlandsvermögen stehen, im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge überhaupt nicht geben. Diese Auffassung steht aber im Widerspruch zu dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß bei der Gesamtrechtsnachfolge Forderungen und Schulden unverändert auf den Rechtsnachfolger übergehen; ihr kann deshalb nicht gefolgt werden.

Da ferner der Hinweis, daß das dem Bf. zu 4/6 gehörige Grundstück Y am 20. November 1961 von dem Haupttreuhänder für Rückerstattungsvermögen beschlagnahmt worden sei, als neues tatsächliches Vorbringen in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht berücksichtigt werden darf, dieser Vorgang zudem bisher auch nicht zu einer änderung in der Zurechnung des Grundstückes geführt hat, so muß der Rb. der Erfolg in der Hauptsache versagt bleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410603

BStBl III 1962, 535

BFHE 1963, 738

BFHE 75, 738

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