Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Abzugsbetrages nach § 10e EStG bei Erwerb einer eigengenutzten Wohnung im Wege der Erbauseinandersetzung gegen Ausgleichszahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Erhält ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung gegen Ausgleichszahlung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung, erwirbt er nur einen Anteil i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG entgeltlich. Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG steht ihm daher nur anteilig zu. Für die Berechnung des entgeltlichen Teils des Erwerbs kommt es ausschließlich auf das Verhältnis der Ausgleichszahlung zum Verkehrswert der Wohnung an. Weder der Wert, mit dem der Miterbe an den --den übrigen Miterben aufgrund der Erbauseinandersetzung zugeteilten-- Wirtschaftsgütern des Nachlasses beteiligt war, noch die später für die Wohnung aufgewendeten Herstellungskosten sind in die Vergleichsberechnung einzubeziehen.

 

Normenkette

EStG § 10e

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Klägerin und ihre Schwester waren je zur Hälfte Miterbinnen nach ihrer --im Mai 1988 verstorbenen-- Mutter. Zu deren Nachlaß gehörte ein Einfamilienhaus, ein Reiheneinfamilienhaus und eine Eigentumswohnung. Durch notariell beurkundeten Teilauseinandersetzungsvertrag vom 4. Februar 1989 übertrug der Testamentsvollstrecker --entsprechend der testamentarischen Anordnung der Mutter-- das Einfamilienhaus auf die Klägerin und die beiden übrigen Objekte auf deren Schwester. Die Objekte wurden aufgrund eines Sachverständigengutachtens wie folgt verrechnet:

Einfamilienhaus

500 000,00 DM

Reiheneinfamilienhaus

145 558,24 DM

Wohnung

155 000,00 DM

300 558,24 DM

Differenz

199 441,76 DM

Die Hälfte des Differenzbetrages (= 99 720,88 DM) hatte die Klägerin an ihre Schwester als Ausgleich zu zahlen.

Durch notariell beurkundeten Überlassungsvertrag vom 16. März 1989 übertrug die Klägerin das Eigentum an dem Einfamilienhaus mit Wirkung vom 1. Januar 1989 zur ideellen Hälfte unentgeltlich auf den Kläger.

Die Kläger bauten das Gebäude in den Jahren 1989 und 1990 für ca. 368 000 DM um und renovierten es umfassend. Vom 12. Juli 1990 an nutzten sie es zu eigenen Wohnzwecken.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machten die Kläger gemäß § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Vorkosten in Höhe von 98 123 DM geltend (Schuldzinsen 5 486 DM, Versicherungen usw. 10 350 DM, Erhaltungsaufwendungen 82 287 DM). In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1990 begehrten sie den Abzug von Vorkosten in Höhe von 33 018 DM (Schuldzinsen 16 577 DM, Versicherungen usw. 1 795 DM, Erhaltungsaufwendungen 14 646 DM) und einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 15 000 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die Vorkosten in den Einkommensteuerbescheiden für 1989 und 1990 (jeweils i.d.F. der Einspruchsentscheidung) zu 19,94 v.H. zum Abzug zu. Den für das Streitjahr 1990 geltend gemachten Abzugshöchstbetrag von 15 000 DM berücksichtigte das FA ebenfalls nur mit 19,94 v.H. (= 2 991 DM).

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab. Es führte aus:

1. Die Klägerin habe lediglich einen Anteil an dem Einfamilienhaus entgeltlich von der Miterbin erworben. Den entgeltlichen Anteil habe das FA zutreffend mit 19,94 v.H. ermittelt und dementsprechend den Abzugshöchstbetrag nur anteilig mit 2 991 DM berücksichtigt.

a) Die Übertragung des hälftigen Eigentumsanteils auf den Kläger sei ohne Bedeutung, weil Ehegattenerwerbe nicht begünstigt seien. Im übrigen fehle es insoweit an Anschaffungskosten, weil das Miteigentum unentgeltlich übertragen worden sei. Selbst wenn man mit den Klägern davon ausginge, der Kläger habe infolge der "Kettenauflassung" seine ideelle Hälfte an dem Grundstück nicht von der Klägerin, sondern von der Erbengemeinschaft erworben, betrage das von den Klägern für den Erwerb des Eigentums gezahlte Entgelt ebenfalls 99 720,88 DM, der entgeltliche Erwerbsanteil somit ebenso 19,94 v.H. Im übrigen spreche der klare Wortlaut des Teilerbauseinandersetzungsvertrages und des Überlassungsvertrages gegen den Erwerb einer ideellen Hälfte aus der Erbmasse durch den Kläger.

b) Nicht zu den Anschaffungskosten für das Einfamilienhaus gehörten die Erbanteile der Klägerin an den der Schwester übertragenen Grundstücken. Der Verzicht hierauf bei der Erbauseinandersetzung sei ein unentgeltlicher, auf dem Erbfall beruhender Vorgang.

c) Die Umbaukosten beeinflußten den für die Ermittlung des Abzugshöchstbetrages und des Vorkostenabzugs maßgebenden Anteil des entgeltlichen Erwerbs nicht. Sie seien zwar, soweit sie anteilig auf den entgeltlichen Erwerb entfielen, als anschaffungsnahe Herstellungsaufwendungen zu behandeln. Für die Berechnung des prozentualen Anteils des entgeltlichen Erwerbs könnten sie jedoch nicht dem Wertausgleich zugerechnet werden und diese Summe zum Gesamtwert des Grundstücks (Verkehrswert + anschaffungsnahe Herstellungskosten) ins Verhältnis gesetzt werden.

2. Die Umbaumaßnahmen seien auch nicht nach § 10e Abs. 2 EStG als Ausbau durch Umbau von nicht mehr für Wohnzwecke geeigneten Räumen begünstigt, da das Gebäude nicht objektiv unbewohnbar gewesen sei.

3. Die Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG habe das FA zugunsten der Kläger zu hoch berechnet. Denn es habe anteilig auch die von den Klägern geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen zum Abzug zugelassen, obwohl es sich hierbei ebenfalls um anschaffungsnahe, grundsätzlich nach § 10e Abs. 1 EStG zu berücksichtigende Kosten handle. Dagegen seien die Schuldzinsen in voller Höhe abziehbar, soweit die Fremdmittel für die Ausgleichszahlung an die Schwester verwendet worden seien. Auf eine genaue Zuordnung der Schuldzinsen könne jedoch wegen der zu Unrecht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen verzichtet werden.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie tragen vor:

Das FG habe ihren Vortrag, die beiden Übertragungsverträge bildeten einen einheitlichen Rechtsvorgang, übergangen und den angebotenen Beweis durch Vernehmung des Notars nicht erhoben. Entgegen der Auffassung des FG habe nicht die Klägerin das Grundstück von der Erbengemeinschaft erworben und dann zur Hälfte auf den Kläger übertragen, sondern beide gemeinsam hätten das Grundstück von der Erbengemeinschaft gekauft. Der Kaufpreis errechne sich wie folgt:

Verzicht auf die Anteile an

Reiheneinfamilienhaus

145 558,24 x 1/2 DM

72 779,12 DM

Wohnung

155 000,00 x 1/2 DM

77 500,00 DM

Zuzahlung

99 720,88 DM

Kaufpreis

250 000,00 DM

Zusammen mit den anschaffungsnahen Herstellungskosten werde die Höchstbemessungsgrundlage von 300 000 DM erreicht.

Das FG gehe davon aus, die Klägerin habe durch den Erbauseinandersetzungsvertrag allein wirtschaftlich zurechenbares Eigentum an dem gesamten Wohngrundstück erworben, so daß es auf den Erwerb der Miteigentumshälfte durch den Kläger aufgrund des Vertrages vom 16. März 1989 nicht mehr ankomme. Bei dieser Rechtsauffassung werde übersehen, daß sie --die Kläger-- bereits anläßlich der notariellen Beurkundung des Erbauseinandersetzungsvertrages die Absicht geäußert hätten, das Grundstück gemeinsam aus dem Nachlaß zu erwerben. Der Notar habe --wie sich aus seiner Erklärung vom 15. Juni 1992 ergebe-- diesem Willen durch die "Kettenauflassung" Rechnung getragen. Damit sei zivilrechtlich eindeutig gewesen, daß beide durch die notariellen Verträge und die gemeinsame Grundbucheintragung Miteigentum unmittelbar aus dem Nachlaß erwerben sollten. Ein Zwischenerwerb des Alleineigentums durch die Klägerin sei nicht gewollt gewesen. Mit Abschluß des Auseinandersetzungsvertrages habe die Klägerin noch kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangt. Nach der Rechtsprechung reiche hierfür ein notarieller Grundstückskaufvertrag (einschl. Auflassung) nicht aus, wenn die Vertragschließenden den Notar anwiesen, den Antrag auf Eintragung ins Grundbuch erst nach einer entsprechenden Anweisung vom Käufer und Verkäufer einzureichen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 1984 VIII R 276/81, BFHE 141, 498, BStBl II 1984, 820). Im Streitfall habe sich der Notar im Erbauseinandersetzungsvertrag verpflichtet, die gemeinsame endgültige Eintragung der Kläger erst nach entsprechender Kettenauflassung durchzuführen. Im Erbauseinandersetzungsvertrag und im späteren Übertragungsvertrag zwischen den Klägern sei als Zeitpunkt für den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten der 1. Januar 1989 vorgesehen. Da es sich um Rückwirkungsklauseln handle, reichten sie als Indiz für den Übergang der tatsächlichen Sachherrschaft vielleicht nicht aus, aber sie seien zumindest ein Indiz dafür, daß sie --die Kläger-- gemeinsam aus dem Nachlaß und zum gleichen Zeitpunkt hätten erwerben wollen.

Auch wenn kein Erwerb durch die Ehegattengemeinschaft, sondern nur ein Kauf durch die Klägerin anzunehmen sei, dürfe das Eigentum nicht in Miteigentumsanteile aufgeteilt werden, weil die Anteile in einem Veranlagungszeitraum erworben worden und daher zu einem Objekt zusammenzufassen seien.

Hilfsweise werde ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG geltend gemacht. Im Streitfall handle es sich um einen Ausbau zur Anpassung an die geänderten Wohngewohnheiten. Ein Ausbau sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den Kosten um anschaffungsnahen Herstellungsaufwand handle.

Die Kläger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1989 und 1990 die erklärten Vorkosten (1989: 98 123 DM, 1990: 33 018 DM) sowie für 1990 einen Abzugsbetrag von 15 000 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist --wie das FG-- der Auffassung, der Erwerb einer eigengenutzten Wohnung im Wege der Erbauseinandersetzung gegen Ausgleichszahlung beruhe auf zwei rechtlich unterschiedlichen Rechtsvorgängen: Dem unentgeltlichen Erwerb eines Wohnungsanteils, soweit der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt werde, und dem entgeltlichen Erwerb eines Wohnungsanteils, soweit der Miterbe gegen Zahlung einer Abfindung mehr erhalte, als ihm aufgrund seines Erbanteils zustehe. Gemäß § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG sei die Grundförderung für den entgeltlichen Anteilserwerb nur anteilig im Umfang des entgeltlichen Erwerbs zu gewähren. Das BMF stellt keinen Antrag.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach zutreffender Auffassung des FG hat die Klägerin nur einen Anteil an dem Einfamilienhaus entgeltlich erworben, so daß ihr deshalb für das Streitjahr 1990 der Abzugshöchstbetrag nur anteilig in Höhe von 2 991 DM zusteht.

a) Nach § 10e Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige bei Anschaffung einer eigengenutzten Wohnung im eigenen Haus --unter weiteren Voraussetzungen-- im Jahr der Anschaffung und in den folgenden sieben Jahren 5 v.H. der Anschaffungskosten, höchstens jeweils 15 000 DM wie Sonderausgaben abziehen. "Bei einem Anteil an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung" kann er "nur den entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach Satz 1" geltend machen (§ 10e Abs. 1 Satz 6 EStG = Satz 5 i.d.F. vor 1990).

b) Erhält ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung gegen Ausgleichszahlung an den anderen Miterben übertragen, erwirbt er nur einen Anteil an der Wohnung entgeltlich.

aa) Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung für die Einkommensbesteuerung keine rechtliche Einheit; die Auseinandersetzung ist weder zivilrechtlich noch einkommensteuerrechtlich Bestandteil des Erbfalls.

Wird durch die Aufteilung des Nachlasses lediglich der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt, liegt kein Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäft vor (BFHE 161, 332, 347, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 2. a). Mit der Übertragung des Vermögens auf die Miterben genügt die Erbengemeinschaft deren erbrechtlichem Auseinandersetzungsanspruch, welcher durch die Auseinandersetzungsvereinbarung konkretisiert wird. Die einkommensteuerrechtlichen Folgen entsprechen denjenigen der Liquidation einer Personengesellschaft. In der Erfüllung des --konkretisierten-- Auseinandersetzungsanspruchs liegt nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidung vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77 (BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456) weder ein Tausch von Miteigentumsrechten zwischen den Gesellschaftern noch ein Tausch eines untergehenden Gesellschaftsanteils gegen einzelne Vermögensgüter zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft; ein derartiger Tausch kann deshalb auch nicht zwischen der Erbengemeinschaft und den Miterben angenommen werden (BFHE 161, 332, 347, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 1. d). Bei der Realteilung des Nachlasses ohne Abfindungszahlungen liegt somit insgesamt ein unentgeltlicher Erwerb vor.

Erhält der Miterbe bei der Auseinandersetzung mehr an Vermögen als ihm nach seinem Erbanteil zusteht und hat er deshalb die Miterben abzufinden (Realteilung mit Abfindungszahlung), liegt insoweit ein entgeltliches Geschäft vor. Die Ausgleichszahlungen sind bei ihm Anschaffungskosten und zwar grundsätzlich auch dann, wenn sie im Rahmen einer gegenständlichen Auseinandersetzung über einen Teil des Vermögens der Erbengemeinschaft erbracht werden (BFHE 161, 332, 347, 348, BStBl II 1990, 837, unter C. II. 2. a, b).

In Höhe seines Erbanteils erwirbt der Miterbe unentgeltlich. Insoweit wird der --mit dem Erbfall entstandene-- erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt. Soweit der Miterbe gegen Abfindungszahlung mehr erhält, als ihm aufgrund seines Erbanteils zusteht, liegt ein Anschaffungsgeschäft vor. Da sich eine derartige Abwicklung nicht aus dem erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch ergibt, bedarf es hierzu einer besonderen Vereinbarung unter den Beteiligten. Es handelt sich daher bei der Realteilung mit Abfindungszahlung um zwei als rechtlich selbständig zu beurteilende Vorgänge (gl.A. z.B. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, 436, 437, BStBl II 1992, 512, unter II. 2. a; BMF-Schreiben vom 11. Januar 1993 IV B 2 -S 2242- 86/92, BStBl I 1993, 62, Rz. 14, 28; Ruban, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1991, 65, 67; Groh, Der Betrieb --DB-- 1990, 2135, 2138; Stephan, DB 1991, 2051; Märkle, DStR 1994, 812, 815).

bb) Erwirbt ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung das Alleineigentum an einer eigengenutzten Wohnung, sind die dafür geleisteten Ausgleichszahlungen an die Miterben nach der vorstehenden Rechtsprechung Anschaffungskosten und als solche nach § 10e Abs. 1 EStG begünstigt. Da die Erfüllung des Auseinandersetzungsanspruchs durch Realteilung und die Abfindungsvereinbarung nicht auf einem einheitlichen Rechtsvorgang beruhen und die aufgrund der Erbauseinandersetzungsvereinbarung zu leistende Abfindung nur für das bezahlt wird, was der Miterbe mehr erhält, als ihm aufgrund seines Erbanteils zusteht, erwirbt er aufgrund der Erbauseinandersetzung nur einen Anteil an der Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG entgeltlich (h.M., z.B. BMF-Schreiben vom 31. Dezember 1994 IV B 3 -S 2225 a- 294/94, BStBl I 1994, 887, Rz. 66 Beispiel 3; Stephan, DB 1991, 1038; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 10e EStG Anm. 133; Stuhrmann in Hartmann/ Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10e Rz. 41 ff.). Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG steht ihm daher gemäß § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG nur anteilig im Umfang des entgeltlichen Erwerbs zu.

c) Diesen Anteil hat das FG zutreffend mit 19,94 v.H. ermittelt. Das von der Mutter hinterlassene Grundvermögen hatte einen Gesamtwert von 800 558,24 DM. Wertmäßig standen der Klägerin aufgrund ihres hälftigen Erbanteils 400 279,12 DM zu. Da der Wert des ihr in der Teilauseinandersetzung übertragenen Grundstücks von 500 000 DM um 99 720,88 DM höher war als der ihr zustehende Erbanteil von 400 279,12 DM, hatte sie in Höhe dieses Betrages an ihre Schwester einen Ausgleich zu zahlen. Insoweit liegen Anschaffungskosten und damit ein entgeltlicher Erwerb eines Grundstücksanteils vor. Der Ausgleichsbetrag entspricht 19,94 v.H. des Grundstückswerts. Folglich hat die Klägerin einen Grundstücksanteil von 19,94 v.H. entgeltlich von der Schwester und einen Grundstücksanteil von 80,06 v.H. unentgeltlich aufgrund der Erbfolge erworben.

Der Abzugshöchstbetrag nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG beträgt daher im Streitfall nur 2 991 DM (= 15 000 DM x 19,94 v.H.); die Höchstbemessungsgrundlage dementsprechend 59 820 DM (= 300 000 DM x 19,94 v.H.). Diese ist bereits durch die Ausgleichszahlung an die Schwester überschritten, auch wenn der Betrag auf Grund und Boden und Gebäude aufgeteilt und der auf den Grund und Boden entfallende Teil gemäß § 10e Abs. 1 EStG nur zur Hälfte berücksichtigt wird. Die nach Erwerb angefallenen anschaffungsnahen Herstellungsaufwendungen wirken sich deshalb auf den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG nicht aus.

d) Ein entgeltlicher Erwerb liegt nur in Höhe der Ausgleichszahlung vor. Nicht zu den Anschaffungskosten gehört dagegen der Wert, mit dem die Klägerin an den Immobilien des Nachlasses beteiligt war, die im Wege der Realteilung auf die Schwester übertragen wurden. Denn nach dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 161, 332, 347, BStBl II 1990, 837 (unter C. II. 2. a) handelt es sich nicht um ein Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäft, soweit durch die Aufteilung des Nachlasses im Wege der Auseinandersetzung lediglich der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt wird (s.o. unter II. 1. b aa). Ein entgeltliches Geschäft ist nur insoweit gegeben, als der Miterbe bei der Auseinandersetzung mehr an Vermögen erhält als ihm nach seinem Erbanteil zusteht und er deshalb einen Ausgleich an die Miterben zu zahlen hat.

e) Die --grundsätzlich zur Bemessungsgrundlage der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG gehörenden-- anschaffungsnahen Herstellungskosten sind bei der Ermittlung des entgeltlichen Teils des Grundstückserwerbs ebenfalls nicht miteinzubeziehen. Da ein entgeltlicher Erwerb nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH nur insoweit vorliegt, als der Miterbe einen Ausgleich an die Miterben zu zahlen hat für das, was er mehr erhält, als ihm nach seinem Erbanteil zusteht, kommt es für die Berechnung des entgeltlichen Teils des Erwerbs ausschließlich auf das Verhältnis der Ausgleichszahlung zum Verkehrswert des Grundstücks an. Später auf das Grundstück aufgewendete Herstellungskosten bleiben außer Betracht.

f) Der Abzugshöchstbetrag steht der Klägerin auch nicht aufgrund ihres Alleineigentums zu. Der unentgeltlich und der entgeltlich erworbene Anteil bleiben steuerrechtlich selbständige Objekte, auch wenn der Miterbe zivilrechtlich nach der Erbauseinandersetzung Alleineigentümer der Wohnung geworden ist. Denn mehrere Anteile an einer nach § 10e EStG begünstigten Wohnung werden nur dann als einheitliches Objekt behandelt, wenn der Steuerpflichtige die Anteile bis zum Ende des ersten Jahres des Abzugszeitraums angeschafft, also entgeltlich erworben hat (Senatsurteil vom 9. November 1994 X R 69/91, BFHE 176, 110, BStBl II 1995, 258). Der unentgeltliche Erwerb und der entgeltliche Erwerb von Grundstücksanteilen aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorgänge (Erbfall und Erbauseinandersetzung) können dagegen nicht zusammengerechnet werden, weil der unentgeltliche Erwerb eines Anteils nicht begünstigt ist. Eine Verschmelzung zu einem Objekt könnte nur angenommen werden, wenn man der herrschenden Meinung folgte, der Erbe trete hinsichtlich der Anschaffungs-/Herstellungskosten in die Rechtsstellung des Erblassers ein (vom Senat bisher offen gelassen, vgl. z.B. Urteil vom 23. Oktober 1996 X R 138/93, BFH/NV 1997, 391, m.w.N.) und Anschaffung/Herstellung durch den Erblasser sowie Erbfall und Erbauseinandersetzung in dasselbe Jahr fielen.

g) Entgegen der Auffassung der Kläger wäre der Abzugshöchstbetrag auch dann nicht in voller Höhe zu gewähren, wenn sie das Einfamilienhaus gemeinsam aus dem Nachlaß erworben hätten. Die Rüge der Kläger, das FG habe die zum Beweis für einen einheitlichen Übertragungsvorgang beantragte Vernehmung des Notars unterlassen, hat daher schon deshalb keinen Erfolg, weil das finanzgerichtliche Urteil hierauf nicht beruhen kann.

Für die Höhe der Wohneigentumsförderung ist es unerheblich, ob die Klägerin --wie das FG angenommen hat-- zunächst wirtschaftlich Alleineigentümerin des Einfamilienhauses geworden ist und anschließend die ideelle Hälfte unentgeltlich auf den Kläger übertragen hat oder ob die Kläger aufgrund der "Kettenauflassung" das Einfamilienhaus gemeinsam je zur Hälfte "aus dem Nachlaß" erworben haben. Denn nach dem Erbauseinandersetzungsvertrag hatte die Klägerin das Entgelt von 99 720,88 DM nur für den Anteil zu zahlen, um den das Einfamilienhaus den Erbanteil wertmäßig überstieg. Der entgeltliche Erwerbsanteil betrug somit ebenfalls 19,94 v.H. Im übrigen hat sie unentgeltlich aufgrund der Erbfolge erworben. Dem Kläger wurde die ideelle Hälfte an dem Einfamilienhaus ausdrücklich unentgeltlich übertragen. Ihm sind somit keine Anschaffungskosten entstanden.

2. Die Umbauaufwendungen sind auch nicht selbständig nach § 10e Abs. 2 EStG begünstigt, da das Einfamilienhaus weder ausgebaut noch erweitert wurde.

Ausbauten und Erweiterungen sind Baumaßnahmen i.S. des § 17 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG). Als Ausbau eines Gebäudes gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 2 II.WoBauG auch der Umbau von Wohnräumen, die infolge Änderung von Wohngewohnheiten nicht mehr für Wohnzwecke geeignet sind, zur Anpassung an die geänderten Wohngewohnheiten. Entgegen der Auffassung der Kläger liegen diese Voraussetzungen im Streitfall nicht vor. Denn Wohnräume sind nur dann "nicht mehr für Wohnzwecke geeignet", wenn sie sich objektiv nicht mehr zum dauernden Bewohnen eignen, weil die notwendige Mindestausstattung (Heizung, Bad, Küche, Toilette) fehlt (Senatsurteil vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92, unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Das Einfamilienhaus war nach dem --für die Berechnung des Wertausgleichs-- eingeholten Gutachten reparatur- und modernisierungsbedürftig, weil es unter anderem nicht mehr dem Standard eines Hauses in der gegebenen Lage entsprach; das von der Mutter bis zu ihrem Tode bewohnte Haus war dadurch jedoch nicht im Sinne des Gesetzes objektiv für Wohnzwecke ungeeignet.

3. Zu Recht hat das FG den eingeschränkten Vorkostenabzug durch das FA in den Streitjahren 1989 und 1990 gebilligt.

Nach den vorstehenden Ausführungen hat die Klägerin einen Anteil an dem Einfamilienhaus unentgeltlich im Wege der Erbfolge und einen Anteil entgeltlich von der Schwester erworben. Die Vorkosten sind, soweit sie nicht --wie z.B. Schuldzinsen-- eindeutig dem entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerb zugeordnet werden können, auf den entgeltlichen und den unentgeltlichen Erwerb aufzuteilen und nur insoweit nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar, als sie auf den entgeltlichen Erwerb entfallen, im Streitfall also nur in Höhe von 19,94 v.H. (vgl. auch Senatsurteil vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704, zum teilentgeltlichen Erwerb eines Objekts).

Bei den Schuldzinsen hat das FA nicht geprüft, inwieweit sie ausschließlich auf die Finanzierung der Ausgleichszahlung entfallen und somit in voller Höhe abziehbar sind. Die möglicherweise zu Unrecht nicht berücksichtigten Schuldzinsen hat das FG jedoch zutreffend mit den zu Unrecht als Vorkosten abgezogenen Erhaltungsaufwendungen saldiert. Denn die von den Klägern als Erhaltungsaufwand bezeichneten Kosten sind nicht nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar. Wird ein Gebäude im Anschluß an einen entgeltlichen Erwerb umfassend renoviert und saniert, sind die Aufwendungen hierfür insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu beurteilen. Soweit die Aufwendungen auf den entgeltlichen Anteilserwerb entfallen, gehören sie daher zur Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG. Hier wirken sie sich allerdings nicht aus, weil die Höchstbemessungsgrundlage durch die Ausgleichszahlung bereits erreicht ist (s.o. unter II. 1. c).

Soweit die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen auf den unentgeltlichen Erwerb entfallen, können sie zwar nicht nach den Grundsätzen des anschaffungsnahen Herstellungsaufwands als Herstellungskosten beurteilt werden (BFH-Urteil vom 28. April 1998 IX R 66/95, BFHE 186, 220, BStBl II 1998, 515). Gleichwohl sind sie nicht als Vorkosten zu berücksichtigen, weil Aufwendungen im Zusammenhang mit dem unentgeltlichen Erwerb einer Wohnung nicht nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar sind (BFH-Urteile vom 13. Januar 1993 X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346; vom 15. Dezember 1993 X R 23/93, BFH/NV 1994, 707).

 

Fundstellen

Haufe-Index 55218

BFH/NV 2000, 125

BStBl II 2000, 61

BFHE 2000, 130

BB 1999, 2228

DB 1999, 2242

DStR 1999, 1730

DStRE 1999, 824

HFR 1999, 983

StE 1999, 654

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