Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Tarifierung magnetischer Türhalter

 

Leitsatz (NV)

Türhalter aus zwei Kunststoffteilen, von denen einer einen Dauermagneten enthält, gehören zur Tarifstelle 39.07 B V d GZT.

 

Normenkette

GZT Tarifnrn. 39.07 und 85.02

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA -) fertigte auf Antrag der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) am 26. Februar 1982 von der Klägerin als ,,magnetische Türhalter" angemeldete Waren aus Japan zum freien Verkehr ab. Die Ware besteht aus zwei je in einem Stück gegossenen, elfenbeinfarbenen Teilen aus Kunststoff (Phenoplast). Der eine ist etwa 7,5 cm hoch und setzt sich zusammen aus Schaft, Befestigungsplatte und Kugelkopf. In diesem Kopf ist zwischen zwei Halteplatten aus unedlem Metall ein Magnet eingesetzt, der nicht aus einem unedlen Metall besteht. Der zweite Teil ist ein speziell geformter Kunststoffkörper, in den eine nach innen gewölbte Platte von 27 mm Durchmesser aus unedlem Metall eingesetzt ist. Das HZA wies die Waren als solche aus Kunststoff der Tarifst. 39.07 B V d (Waren aus Kunststoffen) des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu und erhob dementsprechend Zoll. Der Einspruch der Klägerin, mit dem sie die Tarifierung der Ware nach Tarifnr. 85.02 GZT (,,Dauermagnete") begehrte, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hob die Bescheide des HZA auf und verpflichtete es, die eingeführten Waren der Tarifnr. 85.02 GZT zuzuweisen, den Zoll nach dem Zollsatz von 5,4 % neu zu berechnen und der Klägerin zuviel entrichtete Abgaben zu erstatten. Zur Begründung führte es aus:

Die Türhalter gehörten zur Tarifnr. 85.02 GZT. Die Ware bestehe aus verschiedenen Materialien. Ein solches Erzeugnis könne keiner Tarifnummer unmittelbar zugewiesen werden. Es sei nach den Grundsätzen der Allgemeinen Tarifierungs-Vorschrift (ATV) 3 zu tarifieren. Eine Tarifierung nach ATV 3 a scheide aus (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 25. September 1975 Rs. 28/75, EuGHE 1975, 989, 995). Es komme also auf den charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil an (ATV 3 b).

Für die Zweckbestimmung der Ware entscheidend sei der Magnet, der allein die Tür arretiere. Er als der arbeitende Teil bestimme den Charakter der Ware und mache sie erst funktionsfähig. Die Formstücke aus Kunststoff gäben der Ware für die Verwendung als Türhalter zwar die ihr eigene Form und Stabilität, dienten aber doch nur zum Befestigen und sollten Magnet und Gegenplatte in einer bestimmten Position festhalten. Notwendig für den magnetischen Türhalter seien sie nicht. Notfalls könnten Magnet und Gegenplatte auch direkt an Tür und Wand befestigt werden, um ihre Funktion zu erfüllen. Diese Formstücke könnten auch aus anderen Materialien bestehen, z. B. aus Holz, Hartkautschuk, Kunststein, Keramik, Preßglas usw.

Die Vorschrift 1g zu Abschn. XVI GZT könne im vorliegenden Fall nicht angewendet werden. Zu den Teilen mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit im Sinne der Vorschrift 2 zu Abschn. XV GZT gehörten u. a. Beschläge und ähnliche Waren aus unedlen Metallen für Möbel usw. der Tarifnr. 83.02 GZT. Daß es sich bei den magnetischen Türhaltern um solche Waren aus unedlen Metallen handle, trage das HZA selbst nicht vor. Vielmehr spreche es von Beschlägen aus Kunststoff. Daß auch solche nicht vorlägen, ergebe sich daraus, daß die Teile aus Kunststoff nicht charakterbestimmend seien.

Seine Revision begründet das HZA im wesentlichen wie folgt:

Bei dem streitbefangenen Erzeugnis handle es sich um einen Tür-Beschlag. Das sei unstreitig und entspreche auch der Auffassung des FG. Der Beschlag bestehe aus verschiedenen Materialien.

Es bedürfe der Feststellung des charakterbestimmenden Stoffes oder Bestandteils des Beschlages (ATV 3 b). Entscheidend sei allein die stoffliche Beschaffenheit. Indem das FG auf den Dauermagneten abgestellt habe, habe es nicht auf einen Stoff abgestellt (einen Stoff ,,Dauermagnet" gebe es nicht), sondern auf eine besondere Eigenschaft eines Bestandteils des Beschlages. Das müsse zwangsläufig zu einem den Merkmalen der Gesamtware nicht gerecht werdenden Tarifierungsergebnis führen.

Der Zuweisung der umstrittenen Beschläge zur Tarifnr. 85.02 GZT stehe im übrigen die Vorschrift 1g zu Abschn. XVI GZT entgegen. Daß zu den danach von Abschn. XVI GZT ausgenommenen Beschlägen nicht nur solche gehören, die entweder ganz aus unedlem Metall oder ganz aus Kunststoff bestehen, liege auf der Hand. Die Vorschrift müsse sinngemäß auch für Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit aus anderen Stoffen gelten. Im Streitfall bestehe die zu beurteilende Ware ohnehin weitaus überwiegend aus Kunststoff und unedlem Metall.

Das HZA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie führt aus: Charakterbestimmend seien eindeutig die Metallplatte und der Magnet, da nur durch diese die gewollte Funktion herbeigeführt werden könne. Das zeige sich um so deutlicher, als sowohl der Magnet als auch die Metallplatte ohne Zwischenstücke aus Plastik an Tür und Wand befestigt werden könnten. Das FG habe zu Recht die Funktion der Ware insgesamt angesprochen. Es sei offenkundig, daß die Metallplatte und der Magnet der Ware überhaupt erst die spezielle Funktionstauglichkeit gewährten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, da sie sich gegen ein Urteil in Zolltarifsachen richtet (§ 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Das HZA hat die eingeführte Ware zu Recht der Tarifst. 39.07 B V d GZT zugeordnet und die entsprechenden Zölle erhoben.

Der Zuweisung der eingeführten magnetischen Türhalter zur Tarifnr. 85.02 GZT, die das FG für richtig hält, steht die Vorschrift 1g zu Abschn. XVI GZT entgegen. Danach gehören zum Abschn. XVI GZT (= Kap. 84 und 85) keine ,,Teile von allgemeiner Verwendungsmöglichkeit im Sinne der Vorschrift 2 zu Abschn. XV und gleichartige, in der Regel zu Tarifnr. 39.07 gehörende Waren aus Kunststoffen". Als Teile von allgemeiner Verwendungsmöglichkeit sind nach der in der genannten Vorschrift in Bezug genommenen Vorschrift 2 Buchst. c zu Abschn. XV GZT u. a. Waren der Tarifnr. 83.02 GZT anzusehen. Das sind nach dem Wortlaut dieser Tarifnummer ,,Beschläge und ähnliche Waren, aus unedlen Metallen, für Möbel, Türen, Treppen, Fenster . . ." usw. Die eingeführten Erzeugnisse sind Beschläge für Türen oder wenigstens den Türbeschlägen ähnliche Waren. Denn sie sind nach ihrer objektiven Beschaffenheit dafür geeignet und bestimmt, als Türfeststeller zu dienen. Sie bestehen allerdings nur zum geringen Teil aus unedlen Metallen und gehören daher nicht unmittelbar zur Tarifnr. 83.02 GZT. Das ist aber ohne Bedeutung für den Ausschluß der Waren aus dem Abschn. XVI GZT. Denn nach der Vorschrift lg zu Abschn. XVI GZT gelten als von diesem Abschnitt ausgenommene Teile allgemeiner Verwendungsmöglichkeit Waren z. B. der Tarifnr. 83.02 GZT, also u. a. den Türbeschlägen ähnliche Waren, auch dann, wenn sie wie die streitbefangenen Waren aus anderen Stoffen als jenen des Abschn. XV GZT bestehen. Das ergibt sich aus dem Hinweis in der Vorschrift, daß zu Abschn. XVI GZT auch Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit nicht gehören, die den Waren z. B. der Tarifnr. 83.02 GZT nur ,,gleichartig" sind, also z. B. anstatt aus unedlem Metall aus Kunststoff bestehen (vgl. auch den EWG-Tarifentscheid vom 13. April 1973, Erläuterungen zum Zolltarif - ErlZT - Tarifnr. 39.07 Teil III Rdnr. 8).

Die streitbefangenen Waren sind Türbeschläge oder diesen ähnliche Waren, die nach den Feststellungen des FG aus verschiedenen Stoffen bestehen, nämlich aus Kunststoff, unedlem Metall und einem nicht näher bestimmten Stoff, der den Magneten bildet. Es liegt also eine gemischte Ware vor. Nach ihrer stofflichen Zusammensetzung kommt für sie nicht nur eine Tarifnummer in Betracht (zum Problem vgl. Lux in Bail / Schädel / Hutter, Kommentar Zollrecht, F II 2 Anm. 20). Sie ist also nach den Grundsätzen der ATV 3 zu tarifieren (vgl. ATV 2 b Satz 3).

Wie das FG zu Recht entschieden hat, kann die eingeführte Ware nicht nach ATV 3 a tarifiert werden, da für sie mehrere Tarifnummern nur im Hinblick auf die verschiedenen Stoffe, aus denen sie besteht, in Betracht kommen (vgl. Urteil des Senats vom 4. Oktober 1983 VII K 17/82, BFHE 139, 447, 449, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Es kommt also auf den charakterbestimmenden Stoff an (ATV 3 b).

Der charakterbestimmende Stoff der streitbefangenen Ware ist der Kunststoff. Er überwiegt mengenmäßig und prägt das Aussehen der Ware. In bezug auf die Funktion der Ware, als Türfeststeller zu dienen, ist er wesentlich, da nur er die Befestigung der Ware an der Tür bzw. Unterlage ermöglicht. Daß eine solche Befestigung notfalls auch ohne die Kunststoffteile möglich wäre, ist für die Bestimmung des charakterbestimmenden Bestandteils ohne Bedeutung, da die Ware nach ihrer Beschaffenheit für eine solche Befestigungsart nicht vorgesehen ist. Fehl geht die Überlegung des FG, die Bedeutung des Kunststoffs sei auch deswegen relativ gering, weil diese Formstücke nach Bedarf und Geschmack auch aus anderen Materialien bestehen könnten. Zu tarifieren ist die Ware in ihrer maßgebenden Beschaffenheit. Nach dieser bestehen die Formstücke aus Kunststoff.

Gegenüber dem Kunststoff treten die anderen Stoffe, aus denen die streitbefangene Ware besteht, an Bedeutung zurück. Die beiden Halteplatten aus unedlen Metallen haben lediglich eine untergeordnete Funktion. Auch die Gegenplatte aus unedlem Metall bestimmt nicht den Charakter der Ware. Der Stoff schließlich, aus dem der Magnet besteht - jedenfalls kein unedles Metall, aber nähere Feststellungen des FG über seine Zusammensetzung fehlen -, ist im Hinblick auf die Funktion der Ware als Türbeschlag ebenfalls nicht charakterbestimmend. Zwar ist der Magnet bei der speziellen Art des eingeführten Türbeschlags für die Funktion der Ware von wesentlicher Bedeutung. Das hängt aber mit seiner besonderen Eigenschaft, magnetisch zu sein, zusammen. Diese aber ist von dem Stoff, aus dem der Magnet besteht, weitgehend unabhängig. Diese besondere Eigenschaft kann daher bei der Suche nach dem charakterbestimmenden Stoff keine Rolle spielen.

Da der Kunststoff den Charakter bestimmt, sind die eingeführten Waren nach diesem Stoff zu tarifieren. Sie fallen daher unter die Tarifnr. 39.07 GZT und werden von der Position B V d erfaßt. Die angefochtenen Bescheide des HZA sind somit rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in der Auslegung durch den EuGH (Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415) ist der Senat zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nicht verpflichtet (vgl. auch Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415249

BFH/NV 1988, 270

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