Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung bei Streit über Mitunternehmerstellung

 

Leitsatz (NV)

Die Entscheidung der Frage, ob eine Person einer Mitunternehmerschaft angehört, kann nur allen Mitunternehmern gegenüber einheitlich ergehen. Deshalb sind alle als Mitunternehmer in Betracht kommenden Personen zum Verfahren notwendig beizuladen.

Dies gilt selbst dann, wenn die Anteile der Gesellschafter am Gewinn außer Streit stehen.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 60 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zu 1 ist eine am 21. Dezember 1973 gegründete GmbH & Co. KG (KG). Persönlich haftende Gesellschafterin ist die L.-GmbH (GmbH), an welcher der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu 2 K. L. zunächst mit 95 v. H., ab 1. Juni 1976 mit 100 v. H. beteiligt war. Nach dem KG-Vertrag sind an der KG neben der GmbH (Kapitalanteil: 33 1/3 v. H.) die Ehefrau des K. L. als Kommanditistin (Kapitalanteil: 25 v. H.) und die volljährige Tochter des K. L. als Kommanditistin (Kapitalanteil: 41 2/3 v. H.) beteiligt.

K. L. wurde mit Anstellungsvertrag vom 10. Januar 1974 zum Geschäftsführer der KG bestellt. Mit Pachtvertrag vom selben Tage überließ er das bis dahin von ihm selbst genutzte Betriebsgrundstück mit Ausnahme der fremdvermieteten Räume zu einem monatlichen Pachtzins von 8 000 DM der KG.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah K. L. als Mitunternehmer der KG an und rechnete die von der KG an K. L. geleisteten Geschäftsführervergütungen sowie Pachtzahlungen in den geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 1974 bis 1976 der KG hinzu. Bei der Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebs der KG zum 1. Januar 1975 und zum 1. Januar 1976 behandelte das FA das gepachtete Betriebsgrundstück als Betriebsvermögen der KG.

Einspruch und Klage blieben im wesentlichen ohne Erfolg.

Mit der Revision wird geltend gemacht, K. L. sei nicht Mitunternehmer der KG gewesen. Beantragt wird die Aufhebung der Vorentscheidung und (sinngemäß) die Herabsetzung des Gewinns der KG und des entsprechenden Gewinnanteils des K. L.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht - FG - (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das angefochtene Urteil hätte ohne vorherige Beiladung der Gesellschafter der Klägerin, nämlich der GmbH, sowie der Ehefrau und der Tochter des K. L. nicht ergehen dürfen.

Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. In Angelegenheiten, die einen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid betreffen, kommt eine Beiladung nur dann in Betracht, wenn die Mitberechtigten nach § 48 Abs. 1 FGO klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO). Die Entscheidung der Frage, ob K. L. in den Streitjahren Mitunternehmer der KG war, kann gegenüber allen Mitunternehmern der KG nur einheitlich ergehen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209; vom 4. August 1976 I R 66/74, BFHE 121, 129, 132, BStBl II 1977, 309). Die Klagebefugnis der Gesellschafter folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Denn durch die Feststellung, wer an dem Gewinn einer Personengesellschaft als Mitunternehmer beteiligt ist, wird nicht nur derjenige berührt, dessen Beteiligung streitig ist, sondern jeder der Gesellschafter, und zwar unabhängig davon, ob die Entscheidung Einfluß auf die Höhe seines Gewinnanteils haben kann (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 48 Anm. 7). Auch wenn die Anteile der Gesellschafter am Gewinn der Klägerin außer Streit stehen, müssen die Gesellschafter die Möglichkeit haben, eigene Vorstellungen zu der Frage geltend zu machen, ob K. L. einkommensteuerrechtlich als Mitunternehmer anzusehen ist (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 29. September 1981 VIII R 90/79, BFHE 134, 505, BStBl II 1982, 216; vom 2. April 1985 VIII R 243/81, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1985, 43).

Das Fehlen der notwendigen Beiladung ist als Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens auch ohne Verfahrensrüge zu beachten (BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209).

Der Senat kann daher die Frage, ob der K. L. in den Streitjahren Mitunternehmer der KG war, nicht prüfen. Die Sache geht vielmehr zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, das die unterlassene Beiladung der Gesellschafter nachholen wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414373

BFH/NV 1986, 475

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