Leitsatz (amtlich)

Zahlungen eines Arbeitnehmers an seinen Ehegatten für die Reinigung eines steuerlich anerkannten häuslichen Arbeitszimmers sind nicht als Werbungskosten abziehbar, soweit es sich bei den Leistungen des Ehegatten zur Pflege des Arbeitszimmers um eine Tätigkeit handelt, die nach Art und Umfang über den Rahmen einer - üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage unentgeltlich erbrachten - unbedeutenden Hilfeleistung nicht hinausgeht.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.03.1979; Aktenzeichen 1 BvR 104/79)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezieht als Obermagistratsrat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigt seit Jahren seine Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten. Erstmals für das Streitjahr 1973 begehrte der Kläger, die Zahlungen an seine Ehefrau für die Reinigung seines häuslichen Arbeitszimmers als Werbungskosten abzuziehen. Diesem Begehren hatte das FA in den Lohnsteuerermäßigungsverfahren für die Streitjahre 1973 und 1974 zunächst entsprochen. In den Verfahren wegen Lohnsteuer-Jahresausgleichs 1973 und 1974 sowie im Lohnsteuerermäßigungsverfahren 1975 lehnte es jedoch ab, ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau steuerlich anzuerkennen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen hiergegen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus: Das Arbeitsverhältnis sei nicht klar und eindeutig gestaltet. Es sei auch nicht ersichtlich, daß die Beteiligten die Abmachungen vereinbarungsgemäß vollzogen hätten. Es komme hinzu, daß die "Anstellung" der Ehefrau keine fremde Arbeitskraft ersetzt habe und damit wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheine. Vor ihrer "Anstellung" habe die Ehefrau dieselbe Tätigkeit auf familienrechtlicher Grundlage erbracht. Für die Reinigung nur des Arbeitszimmers wäre offensichtlich keine fremde Arbeitskraft eingestellt worden. Aus der Anerkennung des Arbeitsverhältnisses im Lohnsteuerermäßigungsverfahren ergebe sich keine Bindung des FA für das Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren.

Mit den Revisionen rügt der Kläger die Verletzung von materiellem Recht.

Nach der Rechtsprechung stände es einem Steuerpflichtigen frei, ob er mit seiner Ehefrau einen Arbeitsvertrag schließe oder ihr auf familienrechtlicher Grundlage Unterhalt gewähre (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19, August 1971 IV R 121/66, BFHE 103, 463, BStBl II 1972, 172). Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb diese zu § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergangene Rechtsprechung nicht auch für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gelten solle. Nicht zutreffend sei die Annahme des FG, die Anstellung seiner Ehefrau ersetze keine fremde Arbeitskraft und sei damit wirtschaftlich nicht sinnvoll. Es komme nicht darauf an, ob ein Arbeitgeber subjektiv eine fremde Arbeitskraft eingestellt hätte. Es stehe außer Zweifel, daß der Kläger die Kosten einer fremden Raumpflegerin für sein Arbeitszimmer - gleichgültig ob diese zugleich das ganze Haus reinigte oder nicht - als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hätte absetzen können. Es sei nicht gerechtfertigt, die für die Ehefrau aufgewendeten Beträge steuerlich anders zu behandeln, wenn ein Arbeitnehmer mit seiner Ehefrau im Wege der klaren und ausdrücklichen Vereinbarung ein Dienstverhältnis abschließe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind nicht begründet.

Die Zahlungen des Klägers an seine Ehefrau für die Reinigung seines häuslichen Arbeitszimmers sind nicht als Werbungskosten abziehbar.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu gehören auch die Aufwendungen eines Arbeitnehmers für ein häusliches Arbeitszimmer unter der Voraussetzung, daß dieses - wie hier unstreitig ist - so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Ist ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich anzuerkennen, können als Werbungskosten neben den Aufwendungen etwa für Miete, Licht, Heizung sowie Absetzung für Abnutzung (AfA) auf Einrichtungsgegenstände auch die Kosten der Reinigung in Betracht kommen (vgl. Urteile des Senats vom 21. Januar 1966 VI 92/64, BFHE 85, 18, BStBl III 1966, 219, und vom 18. Februar 1977 VI R 182/75, BFHE 121, 444, BStBl II 1977, 464). Erforderlich ist jedoch stets, daß dem Arbeitnehmer insoweit ein beruflich veranlaßter Aufwand tatsächlich entstanden ist. An dieser Voraussetzung fehlt es bei den hier streitigen Zahlungen an die Ehefrau des Klägers, da diese ihre Leistungen zur Pflege des häuslichen Arbeitszimmers nicht aufgrund eines steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses erbracht hat.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten steuerlich zwar anzuerkennen, wenn klare und ernsthafte Abmachungen bestehen und diese vereinbarungsgemäß tatsächlich vollzogen werden. Dabei sind Verträge zwischen Ehegatten insbesondere darauf zu überprüfen, ob sie in ähnlicher Weise auch zwischen Fremden geschlossen worden wären (vgl. z. B. Urteile vom 23. April 1975 I R 208/72, BFHE 115, 481, BStBl II 1975, 579, und vom 22. März 1972 I R 152/70, BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614, mit weiteren Hinweisen). Diese Rechtsgrundsätze entsprechen auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - (vgl. z. B. Urteile vom 24. Januar 1962 1 BvL 32/57, BVerfGE 13, 290, BStBl I 1962, 492, und 1 BvR 232/60, BVerfGE 13, 318, BStBl I 1962, 506). Dieses hat in dem Urteil 1 BvL 32/57 ausgeführt, daß arbeitsvertragliche Abmachungen zwischen Ehegatten grundsätzlich nicht durch Normen des Eherechts überlagert seien und daß eine nach den Verhältnissen der Ehegatten übliche Mitarbeit (§ 1356 Abs. 2 BGB i. d. F. vor Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976, BGBl I 1976, 1421 - BGB a. F. -) steuerlich grundsätzlich nicht als unentgeltlich erbracht angesehen werden dürfe, wenn die Mitarbeit über den Rahmen unbedeutender Hilfeleistungen hinausgehe. Hieraus folgt, daß die Mithilfe eines Ehegatten bei der beruflichen Tätigkeit des anderen Ehegatten, die nach Art und Umfang über den Rahmen unbedeutender Hilfeleistungen nicht hinausgeht und nach den Verhältnissen der Ehegatten üblich ist, steuerlich regelmäßig auch dann als Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage zu behandeln ist, wenn die Ehegatten einen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Der steuerlichen Anerkennung eines ernsthaft vereinbarten Arbeitsverhältnisses steht in Fällen dieser Art der Umstand entgegen, daß eine unbedeutende Mithilfe eines Ehegatten bei der beruflichen Tätigkeit des anderen Ehegatten im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft üblicherweise unentgeltlich erbracht wird. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch für eine Vereinbarung, die ein Arbeitnehmer in Gestalt eines Unterarbeitsverhältnisses mit seinem Ehegatten abgeschlossen hat.

Im Streitfall handelt es sich bei der Reinigung des häuslichen Arbeitszimmers durch die Ehefrau um eine nach den Verhältnissen der Ehegatten übliche Arbeitsleistung, die nach Art und Umfang über den Rahmen einer unbedeutenden Hilfeleistung nicht hinausgeht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist im Streitfall durch die "Anstellung" der Ehefrau keine fremde Arbeitskraft ersetzt worden. Diese Würdigung der Vorinstanz erscheint bei der Größe des Arbeitszimmers sowie mit Rücksicht auf Art, Ausmaß und Intensität der Nutzung des Arbeitszimmers durch den Kläger und bei dem infolgedessen unbedeutenden Umfang der Reinigungsarbeiten möglich. Dabei ist von Bedeutung, daß der Kläger sein häusliches Arbeitszimmer neben dem ihm als Obermagistratsrat zur Verfügung stehenden Dienstzimmer nur außerhalb der Dienststunden nutzte. Die Schlußfolgerung des FG, daß die "Anstellung" der Ehefrau des Klägers unter diesen Umständen nicht als wirtschaftlich sinnvoll und damit nicht als ernsthaft vereinbart angesehen werden könne, ist nicht zu beanstanden. Es kommt hinzu, daß § 1360 BGB a. F. die Führung des Haushalts nach § 1356 Abs. 1 BGB a. F. in die Unterhaltsregelung miteinbezieht und es sich bei der Reinigung eines häuslichen Arbeitszimmers der Art nach um eine Tätigkeit handelt, die mit der Haushaltsführung in engem Zusammenhang steht. Dieser Zusammenhang mit Tätigkeiten, die die - im übrigen nicht berufstätige - Ehefrau des Klägers gemäß § 1360 Satz 2 BGB a. F. als Beitrag zum Familienunterhalt erbrachte, spricht ebenfalls dafür, die hier streitigen Leistungen als auf familienrechtlicher Grundlage gewährt anzusehen. Nach Art und Umfang ist die Tätigkeit der Ehefrau des Klägers nicht vergleichbar mit Arbeiten, die ein Ehegatte - regelmäßig außerhalb des häuslichen Bereichs - im gewerblichen Betrieb des anderen Ehegatten z. B. durch die Reinigung der - regelmäßig auch von Geschäftspartnern benutzten - Betriebsräume oder durch die Erledigung von Büroarbeiten leistet.

2. Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß das FA im Streitfall nicht gehindert war, die Beziehungen zwischen den Ehegatten in den Verfahren wegen Lohnsteuer-Jahresausgleichs anders zu beurteilen als im Lohnsteuerermäßigungsverfahren. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist eine Überprüfung des auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibetrags im Verfahren wegen Lohnsteuer-Jahresausgleichs jedenfalls dann zulässig, wenn ein Arbeitnehmer in seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen geltend macht, die über die im Ermäßigungsverfahren bereits berücksichtigten Beträge hinausgehen (Urteil vom 12. Mai 1955 IV 69/55 U, BFHE 61, 39, BStBl III 1955, 213). Diese Voraussetzung ist für die Streitjahre 1973 und 1974 erfüllt. Der vom Kläger angeführten Rechtsprechung (z. B. BFH-Urteil vom 8. November 1972 VI R 115/71, BFHE 108, 92, BStBl II 1973, 223) läßt sich für die gegenteilige Auffassung nichts entnehmen. In dem Urteil VI R 115/71 hat der Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die in einem Lohnsteuerverfahren getroffenen Entscheidungen für das Veranlagungsverfahren rechtlich nicht bindend sind. Dies gilt entsprechend im Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren für die im Lohnsteuerermäßigungsverfahren getroffenen Entscheidungen jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer im Lohnsteuer-Jahresausgleich die Berücksichtigung höherer steuerfreier Beträge begehrt, als sie auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413374

BStBl II 1979, 80

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