Leitsatz (amtlich)

Der Bewertungsabschlag des § 80 EStDV wird auf Grund des § 6 StAnpG nicht gewährt, wenn die Wirtschaftsgüter lediglich zur Erlangung eines Steuervorteils unmittelbar vor dem Bilanzstichtag mit der Vereinbarung gekauft werden, daß der Verkäufer sie nach dem Bilanzstichtag zum selben Preis zurückkaufen wird. Bei der steuerlichen Gewinnermittlung bleiben alle mit diesem Vorgang zusammenhängenden Aufwendungen (Provisionen) und Erträge außer Betracht.

 

Normenkette

StAnpG § 6; EStG § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. m; EStDV § 80

 

Tatbestand

Streitig ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1963 und 1964, ob die Revisionsklägerin, ein in der Rechtsform einer KG betriebenes Kraftfutterwerk, den Bewertungsabschlag nach § 80 EStDV in Anspruch nehmen kann.

Die KG kaufte 1964 zwei bis drei Wochen vor Schluß ihres Wirtschaftsjahres (30. Juni) größere Mengen ausländischen Weizens bei fünf verschiedenen Mühlen. Die Übereignung erfolgte durch Namenslagerschein. Die KG zahlte unter Inanspruchnahme eines Lombard-Kredits bei einer Bank. Sie verkaufte am 1. Juli 1964 den Weizen an die Firma, die ihn importiert hatte, und zwar zu einem um eine DM pro Tonne billigeren Preis, als sie beim Kauf hatte zahlen müssen. Am selben Tage verkaufte die Importfirma den Weizen weiter an die fünf Mühlen, und zwar in denselben Einzelmengen und zum selben Preis, wie diese ihn kurz vorher an die KG verkauft hatten. Während der ganzen Zeit waren die Weizenbestände in den Lägern der Mühlen verblieben.

Bei Aufstellung ihrer Bilanz auf den 30. Juni 1964 machte die KG auf den Weizen einen erheblichen Bewertungsabschlag nach § 80 EStDV. Ähnlich war sie im vorangegangenen Wirtschaftsjahr verfahren. Auf diese Weise hatten die KG ihren Gewinn jeweils zunächst gemindert und so eine einjährige Steuerpause erzielt, die Mühlen für etwa zwei Wochen einen Zinsgewinn aus dem ihnen für den Kauf gezahlten Kapital gemacht und die Importfirma pro Tonne eine DM verdient.

Das FA hat den Bewertungsabschlag nicht anerkannt. Es hat in dem Verhalten der KG einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts (§ 6 StAnpG) gesehen.

Die KG hat Sprungberufung eingelegt, die keinen Erfolg hatte. Das FG hat ausgeführt, der Tatbestand des § 6 StAnpG sei erfüllt.

Mit ihrer Revision beantragt die KG, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Bewertungsabschläge für 1963 und 1964 zuzulassen.

Da in dem angefochtenen Urteil die Zulässigkeit des Importwarenabschlags verneint worden sei, hätte das FG mindestens die durch den Preisschwund ausgelöste Minderung der Wertansätze (Teilwerte) des Weizens berücksichtigen müssen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Der Senat stimmt dem FG, das hier einen Fall des § 6 StAnpG angenommen hat, zu. Es ist der KG zuzugeben, daß es einem Stpfl. grundsätzlich freisteht, bei der Gestaltung seiner geschäftlichen Verhältnisse Formen zu wählen, die ihm die Zahlung von Steuern ersparen, selbst wenn die Wahl der Form nur von dem Gedanken beherrscht ist, diese Steuern zu sparen. Das gilt indessen nur, soweit der zu gestaltende Vorgang an sich eine wirtschaftlich anzuerkennende Bedeutung hat und sich nicht darin erschöpft, Steuern zu sparen. Sinn des § 80 EStDV ist es, wie die KG mit Recht darlegt, die Lagerhaltung von solchen ausländischen Erzeugnissen, die im Preis stark schwanken oder die für die Volkswirtschaft erwünscht sind, von den damit üblicherweise verbundenen Gefahren freizustellen. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß die Lagerbestände unmittelbar vor dem Bilanzstichtag aufgefüllt werden, um die Vorzüge des Bewertungsabschlags auszunützen. Sinn des Gesetzes ist aber nicht, daß nur der Form nach, nur auf dem Papier und praktisch ohne jedes Risiko, Lagerbestände lediglich zu Bilanzierungszwecken zwischen denselben Beteiligten hin- und hergeschoben werden, also zu dem einzigen Zweck, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Rechtslage kommt es nicht mehr darauf an, ob, wie das FG angenommen hat, der Bewertungsabschlag nur bei solchen Gütern gemacht werden kann, die im üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebs und mit dem Ziel, mit ihnen Handel zu treiben oder sonst Gewinne zu erzielen, angeschafft worden sind.

Durch diese Auslegung des Gesetzes wird die KG nicht in ihrem Vertrauen auf die Rechtssicherheit getäuscht. Sie konnte sich nicht darauf verlassen und verließ sich nach Überzeugung des Senats nicht darauf, daß das Gesetz ungewöhnliche Manipulationen der hier vorliegenden Art habe begünstigen wollen. Sie wird auch nicht im Wettbewerb behindert. Die Finanzverwaltung ist verpflichtet, alle ihr bekanntgewordenen Fälle derselben Art gleichzubehandeln. Sollten ihr ähnliche Vorgänge verborgen bleiben, so kann das kein Anlaß sein, die bekanntgewordenen Fälle nicht nach dem Gesetz zu behandeln.

Ein Ansatz von möglicherweise niedrigeren Teilwerten kommt für den 30. Juni 1964 schon deshalb nicht in Betracht, weil nach den Feststellungen des FG der Preisrückgang nicht schon am 30. Juni, sondern erst am 1. Juli 1964 eingetreten war. Er scheidet aber auch deshalb aus, weil das ganze Geschäft als steuerlich irrelevant zu behandeln ist, also keinerlei Gewinnauswirkungen haben kann. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 2 StAnpG. Er bestimmt, daß im Falle eines Mißbrauchs im Sinne des § 6 Abs. 1 StAnpG die Steuern so zu erheben sind, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen sachlichen Gestaltung zu erheben wären. Im vorliegenden Falle wäre das Geschäft aber ganz unterblieben, so daß es auch keine Folgen zeitigen kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68149

BStBl II 1968, 700

BFHE 1968, 64

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