Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des Werbungskosenabzugs bei teilweise unentgeltlicher Wohnungsüberlassung

 

Leitsatz (NV)

Wird für Veranlagungszeiträume vor 1987 eine Wohnung zu einem Mietzins überlassen, der die ortsübliche Miete um mehr als ein Drittel unterschreitet, ist eine dem Einnahmeverzicht entsprechende Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen (siehe grundlegend auch Senatsurteile vom 15. Dezember 1992 IX R 13/90 BStBl II 1993, 490; vom 15. Dezember 1992 IX R 72/89 BFH/NV 1993, 521).

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1, 2 Alt. 2, § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Eigentümer eines Zweifamilienhauses, das ihm von seiner Tante mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.November 1980 übertragen worden ist. Mit diesem Vertrag hat sich der Kläger u.a. verpflichtet, als erbrechtlichen Ausgleich an seine Schwester 50000 DM zu zahlen. Das Zweifamilienhaus hat eine Gesamtwohnfläche von 121,44 qm. Der Kläger hat mit dem Übertragungsvertrag der bisherigen Eigentümerin an der 57,73 qm großen Dachgeschoßwohnung (erste Wohnung) ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Die zweite, 63,71 qm große, Wohnung (= 52,46 v.H. der Gesamtwohnfläche) dieses Zweifamilienhauses hat der Kläger zu einem monatlichen Mietzins von 150 DM (Quadratmeterpreis von 2,35 DM) an seine Eltern vermietet. Dieser Mietzins von 2,35 DM pro Quadratmeter liegt unstreitig um 41,25 v.H. unter dem ortsüblichen Mietzins von 4 DM pro Quadratmeter. Die Kläger erklärten im Streitjahr Mieteinnahmen von 1800 DM und machten Werbungskosten in Höhe von 6923 DM geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) kürzte bei der Einkommensteuerfestsetzung 1984 die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung u.a. mit der Begründung, die zweite, 63,71 qm große, Wohnung werde teilweise unentgeltlich aufgrund einer gesicherten Rechtsposition nahen Angehörigen überlassen. Die Kläger verzichteten aus persönlichen (privaten) Gründen auf einen erheblichen Teil der ortsüblichen Marktmiete. Dieser Einnahmeverzicht habe eine entsprechende Kürzung der auf diese Wohnung entfallenden Werbungskosten zur Folge. Das FA ermittelte demnach einen Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von ./. 1137 DM.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruch statt. Es führte zur Begründung aus, die in § 21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987 getroffene Regelung, nach der eine Aufteilung der Nutzungsüberlassung einer Wohnung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil vorzunehmen sei, wenn das Entgelt für die Nutzungsüberlassung weniger als 50 v.H. der ortsüblichen Marktmiete betrage, sei nach ,,sinngebender Gesetzesauslegung" auch auf sog. ,,Altfälle" - Veranlagungszeiträume vor 1987 - anzuwenden. Da der Mietzins im Streitfall (unstreitig) 58,75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete betrage, komme eine Kürzung der Werbungskosten nicht in Betracht. Das FG ermittelte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (rechnerisch unstreitig) wie folgt:

erklärte Einnahmen 1 800 DM

Aufwendungen einschließlich der Absetzungen für Abnutzung 8 132 DM

davon entfallen auf die vermietete Wohnung 52,46 v.H. = 4 266 DM

Verlust aus Vermietung und Verpachtung 2 466 DM

./. bisher berücksichtiger Verlust 1 137 DM

zusätzlicher Verlust 1 329 DM

Die Einkommensteuer 1984 hat das FG danach aufgrund folgender Berechnung auf 7400 DM herabgesetzt.

bisher zu versteuerndes Einkommen 43 014 DM

./. zusätzlich zu berücksichtigende Werbungskosten aus

Vermietung und Verpachtung 1 329 DM

zu versteuerndes Einkommen 41 685 DM

Einkommensteuer lt. Splitting-Tabelle 7 400 DM.

Da das FG die Revision nicht zugelassen hatte, erhob das FA Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision. Während dieses Verfahrens erließ es für das Streitjahr einen hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages und der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen vorläufigen Änderungsbescheid (Einkommensteuerbescheid vom 25. Mai 1992). Die Kläger haben diesen Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens gemacht. Der Senat hat die Revision zugelassen.

Das FA rügt mit der Revision die Verletzung von § 21 Abs. 1 und 2, § 9 Abs. 1 EStG 1983.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr.1 FGO). Unzutreffend hat das FG den Teil der Aufwendungen, der auf den unentgeltlich überlassenen Teil der zweiten, 63,71 qm großen, Wohnung entfällt (41,75 v.H.), als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Kläger zum Abzug zugelassen.

1. Eine teilweise unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer Wohnung mit der Folge, daß eine dem Einnahmeverzicht entsprechende Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen ist, liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn die vereinbarte und gezahlte Miete erheblich niedriger als die ortsübliche Marktmiete ist. Dies ist für Veranlagungszeiträume vor 1987 stets anzunehmen, wenn die ortsübliche Miete um mehr als ein Drittel unterschritten wird. Liegt die Vertragsmiete lediglich bis einschließlich einem Drittel unter der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Wohnungsüberlassung als voll entgeltlich zu beurteilen; die Werbungskosten sind in diesem Fall nicht zu kürzen. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen unter 1. bis 3. in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 1992 IX R 13/90 BFHE . . ., . . ., BStBl II 1993, 490.

Die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze gelten uneingeschränkt auch im Streitfall.

2. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Nach den unangefochtenen und damit den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG haben die Eltern des Klägers die zweite Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition (Mietvertrag) in Höhe von 41,25 v.H. der ortsüblichen Miete unentgeltlich genutzt. Dementsprechend sind die von den Klägern getragenen Aufwendungen einschließlich der AfA von (unstreitig) 4266 DM um 1760 DM (= 41,25 v.H. von 4266 DM) zu kürzen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung errechnen sich für das Streitjahr demnach wie folgt:

erklärte Einnahmen 1800 DM

./. 58,75 v.H. von 4266 DM

= 2506 DM

Verlust aus Vermietung und Verpachtung ./. 706 DM

Das FA hat im geänderten Bescheid vom 25. Mai 1992 einen Werbungskostenüberschuß von 1137 DM (Einnahmen 1800 DM ./. Werbungskosten 2937 DM) berücksichtigt. Da dem Senat eine Verböserung verwehrt ist, muß es bei diesem Abzug verlbeiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419169

BFH/NV 1993, 651

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