Leitsatz (amtlich)

Wird das ganze Vermögen einer KG, darunter Grundstücke, von einer OHG übernommen, so besteht die auf die Grundstücke entfallende anteilige Gegenleistung in der Übernahme der Verbindlichkeiten, in dem Wert der von der übernehmenden OHG gewährten Gesellschaftsrechte und in etwaigen sonstigen Leistungen.

 

Normenkette

GrEStG § 10 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1959

 

Tatbestand

  • I. -

Durch privatschriftlichen Vertrag von Ende Dezember 1958 (Vertrag I) wurden die OHG X & Co. (OHG) - Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -) - und die Y & Co. KG (KG) zum 1. Januar 1959 derart "vereinigt", daß die OHG alle Aktiven und Passiven der KG übernahm und deren Geschäftsbetrieb fortführte. Durch notariellen Vertrag von Mitte Februar 1959 (Vertrag II) wurden die zum Betriebsvermögen der KG gehörenden Grundstücke in Ausführung des Vertrags I (ß 1 des Vertrags II) auf die OHG übertragen und aufgelassen.

In dem Einbringen der Grundstücke durch den privatschriftlichen Vertrag I erblickte das Finanzamt (FA) eine Übertragung der Verwertungsbefugnis (ß 1 Abs. 2 GrEStG), für die es eine Grunderwerbsteuer von ... DM festsetzte. Die Gesamtgegenleistung ermittelte es aus den Passiven der KG einschließlich des Kapitals nach der Schlußbilanz zum 31. Dezember 1958, wobei es bei den Aktiven insbesondere den Buchwert der Grundstücke auf den gemeinen Wert von insgesamt rund 200.000 DM erhöhte; diesen Betrag der Passiven rechnete es den Buchwert der Grundstücke von rund 43.000 DM hinzu, da dieser Wert nach § 4 des Vertrags II den Gesellschaftern der früheren KG auf deren Kapitalkonten bei der OHG gutzuschreiben gewesen sei. Die Gesamtgegenleistung teilte das FA im Verhältnis der gemeinen Werte der Grundstücke zu den übrigen Aktivwerten auf. 50 v. H. der Steuer ließ es gemäß § 6 GrEStG unerhoben, da die beiden Gesellschafter der KG auch an der OHG insgesamt zur Hälfte beteiligt waren. Mit dem Einspruch beantragte die Stpfl., die Steuer nur aus 43.000 DM zu berechnen, da die Gegenleistung in der Gewährung von Gesellschaftsanteilen an der aufnehmenden OHG bestehe, von denen anteilig auf die Grundstücke nur 43.000 DM entfielen. Im Fusionsvertrag I sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die Aktiven, also auch die Grundstücke, nur zu den Buchwerten übernommen würden.

Nach erfolglosem Einspruch trug die Stpfl. mit der Berufung noch vor, es sei für den Übergang der KG kein Gesamtkaufpreis vereinbart worden. Die Übernahme der Passiven sei nur als Form der Bezahlung vereinbarter Einzelpreise - nämlich der Steuerbilanzwert für jedes einzelne Wirtschaftsgut - anzusehen. Die stillen Reserven dürften nicht besteuert werden. Deshalb könne die Gegenleistung nur mit 43.000 DM angesetzt werden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Berufung als unbegründet zurück. Bei Übernahme eines ganzen Unternehmens bestehe die Gesamtgegenleistung nicht in einer Geldleistung, sondern in den übernommenen Passiven und einer etwaigen weiteren Gegenleistung. Nach den im Streitfall für die Bewertung maßgebenden Vorschriften des Bewertungsrechts seien der Grundbesitz und die anderen Wirtschaftsgüter mit dem - der Höhe nach nicht bestrittenen - gemeinen Wert und nicht mit den von den Parteien zugrunde gelegten Werten, also auch nicht mit den Buchwerten, anzusetzen. Das FA habe die Steuer deshalb zutreffend berechnet, insbesondere auch den Betrag von 43.000 DM richtig als zusätzliche Gegenleistung angesehen, da er mit der Übertragung der KG zusammenhänge.

Mit der Rb. beantragt die Stpfl., als Gegenleistung nur den gemeinen Wert der Grundstücke (einschließlich Gebäuden) von 200.000 DM anzusetzen und die Steuer zu 50 v. H. unerhoben zu lassen. Die Gesellschafter der bisherigen KG hätten für die Übertragung der Grundstücke kein zusätzliches Entgelt in Form einer Gutschrift auf Kapitalkonten erhalten. Durch die Übertragung der Grundstücke zum Buchwert gemäß Vertrag II sei nur die zur Rechtsgültigkeit des Eigentumswechsels erforderliche Form gewahrt worden. Bei Zusetzung des Buchwerts von 43.000 DM würden die Grundstücke doppelt erfaßt, da ihr Gegenwert bereits im Kapital und somit auch in der Gesamtgegenleistung enthalten sei.

 

Entscheidungsgründe

  • II. -

Die ab 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG.

Die Vorinstanz ist, ohne dies ausdrücklich zu bestätigen, ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß in der Übertragung der Grundstücke von der KG auf die OHG ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 bzw. des § 1 Abs. 2 GrEStG liegt (vgl. schon Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - II A 372/29 vom 30. Juli 1929, Slg. Bd. 25 S. 291; Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl., § 1 Tz. 10). Das FG ist auch zutreffend und ohne Verstoß gegen Akteninhalt und Denkgesetze - insoweit also bindend für den Senat (ßß 288 Ziff. 1, 296 Abs. 1 AO a. F.; vgl. § 118 Abs. 1 und 2 FGO) - in Würdigung des Vertragswerks zu der Feststellung gekommen, daß - entgegen der in der Revisionsinstanz auch nicht mehr vorgebrachten Behauptung der Stpfl. - nicht für jedes übertragene Wirtschaftsgut ein bestimmter Einzelpreis vereinbart worden, daß vielmehr das Handelsunternehmen der KG als Sachgesamtheit mit allen Aktiven und Passiven durch die OHG übernommen worden ist (vgl. insoweit für den Fall des Einbringens einer KG in eine GmbH Urteil des Senats II 33/62 U vom 13. Oktober 1965, BFH 83, 580; BStBl III 1965, 710 zu II 1, 2). Richtig ist also ferner, daß als Gegenleistung im Sinne des § 10 Abs. 1, § 11 GrEStG nicht vereinbarte Übernahmepreise (Geldleistungen oder Buchwerte nach Ertragsteuerbilanzen), sondern die übernommenen Fremdschulden, ferner Gesellschaftsrechte und etwaige sonstige Leistungen in Betracht kommen und daß sich der Wert dieser Gegenleistung nach den Vorschriften des Handelsrechts in Verbindung mit den allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 1, 2 bis 17 a BewG richtet, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der stillen Reserven. Diese Werte, insbesondere der Wert des Kapitalanteils an einer OHG oder KG, sind auch maßgeblich für die Verteilung der Gesamtgegenleistung nach dem Verhältnis der Werte der Grundstücke zu den Werten der anderen Aktiven und für die Errechnung des Vermögensanteils im Sinne des § 6 GrEStG (vgl. insoweit Urteile des Senats II 158/62 U vom 8. Dezember 1965, BStBl III 1966, 54 zu II 3; II 191/61 vom 1. Juli 1964, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1966 S. 12 zu II 1).

Zu Unrecht haben jedoch das FA und ihm folgend das FG als Wert der Gesellschaftsrechte das Kapital der veräußernden KG und zusätzlich den Buchwert der Grundstücke als Gegenleistung angesetzt. Die Frage, welche Gesellschaftsrechte in Fällen der streitigen Art als Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks anzusetzen sind, kann für Zwecke der Grunderwerbsteuer ebenfalls nur aus der Sicht der die Grundstücke erwerbenden Gesellschaft beantwortet werden, da naturgemäß zur Gegenleistung nur die Aufwendungen des Erwerbers - von Sonderfällen wie § 11 Abs. 3 Ziff. 3 GrEStG abgesehen - rechnen. Deshalb zählt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. die Urteile II 191/61 vom 1. Juli 1964 und III 158/62 U vom 8. Dezember 1965, a. a. O.; siehe auch Boruttau-Klein, a. a. O., § 11 Tz. 305) z. B. der Wert des untergehenden Kapitalanteils an einer aufgelösten Gesellschaft deshalb zur Gegenleistung des das Unternehmen allein fortführenden bisherigen Gesellschafters, weil (nicht die Gesellschaft, sondern) er als Erwerber für diesen Alleinerwerb des Grundstücks von der (grunderwerbsteuerrechtlich selbständigen) OHG oder KG auf seinen Kapitalanteil an dieser Gesellschaft verzichtet. Im Streitfall ist Grundstückserwerberin die OHG selbst; sie übernimmt für den Erwerb der Grundstücke als Gegenleistung einerseits die Fremdschulden der KG, andererseits gewährt sie den Gesellschaftern der KG entsprechend höhere Gesellschaftsrechte an sich selbst (in denen sich quasi die früheren Gesellschaftsrechte an der KG widerspiegeln mögen); sie erbringt gegebenenfalls noch sonstige Leistungen. In dem nach den obigen Grundsätzen zu ermittelnden Wert der gewährten und empfangenen Gesellschaftsrechte an der OHG (vgl. insoweit für die Gewährung von Gesellschaftsrechten an einer GmbH Urteil des Senats II 44/61 vom 4. März 1965, HFR 1965 S. 416; Boruttau-Klein, a. a. O., § 11 Tz. 294), soweit er auf die Übertragung der Aktiven der KG entfällt, ist ohne weiteres der Wert der übertragenen Grundstücke bereits erfaßt, so daß insoweit eine gesonderte Hinzurechnung des Buchwerts dieser Grundstücke als zusätzliche Gegenleistung nicht in Betracht kommt. Hiermit ist auch § 4 des Vertrags II vereinbar.

Die Vorentscheidung, die von anderen rechtlichen Erwägungen ausgeht, war aufzuheben.

Das FG, an das die nicht spruchreife Sache zurückverwiesen wird, hat unter Beachtung der vorstehenden Rechtsausführungen den Wert der Gegenleistung und die gemäß § 6 GrEStG zu erhebende Steuer neu zu berechnen. Dabei wird das FG allerdings auch prüfen müssen, ob die den Gesellschaftern in der Fusionsbilanz gutgeschriebenen sogenannten Gesellschafter-"Darlehen" entsprechend ihrer Zweckbestimmung (vgl. § 4 des Vertrages I: gesonderter Ausweis eines über die als "Grundkapital" bezeichneten Kapitalkonten hinausgehenden Mehrbetrages) nicht bereits als echte Gesellschaftsrechte oder zumindest als zusätzliche Leistungen grunderwerbsteuerlich der Gegenleistung (anteilig, soweit auf die Aktiva der KG entfallend) hinzuzurechnen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425796

BFHE 1966, 169

BFHE 86, 169

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