Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung durch Vertragsänderung bei einer GmbH & Co. KG; Auslegung von Verträgen

 

Leitsatz (NV)

1. Bei einer typischen GmbH & Co. KG kann eine verdeckte Gewinnausschüttung durch die GmbH vorliegen, wenn die GmbH in sie benachteiligende Vertragsänderungen einwilligt (Anschluß an BFH-Urteile vom 25. Februar 1976 IV R 38/73, BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477; vom 3. Februar 1977 IV R 153/74, BFHE 121, 333, BStBl II 1977, 504).

2. Bei der Auslegung von Verträgen ist einer mit dem Vertragswortlaut übereinstimmenden Auslegung durch die Vertragsparteien im allgemeinen zu folgen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1, eine GmbH & Co. KG (Klägerin zu 1 oder KG), betreibt einen Großhandel. Sie wurde im Jahre 1961 gegründet. Bis 1971 waren persönlich haftende Gesellschafter die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2, eine GmbH (GmbH), mit einer Festeinlage von 5000 DM, und Kommanditisten A mit einer Festeinlage von 130000 DM, dessen Ehefrau B mit einer Festeinlage von 30000 DM und die beiden Söhne des Ehepaares mit einer Festeinlage von je 20000 DM. Die Kommanditisten der KG waren zugleich die alleinigen Gesellschafter der GmbH.

Der Gesellschaftsvertrag vom 1. November 1961 sah u.a. vor, daß der nach Abzug der Geschäftsführervergütungen und der Zinsen auf die Privat- und Darlehenskonten der Gesellschafter verbleibende Gewinn ,,an die Gesellschafter entsprechend ihrer Kapitaleinlage aufgeteilt" wird und daß nicht ausgezahlte Gewinnanteile den Darlehenskonten der Gesellschafter gutgeschrieben werden (§ 6). Für die ,,Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens" beim Ausscheiden eines Gesellschafters sollte die letzte dem Ausscheiden vorausgegangene Steuerbilanz gelten, wobei ein Firmenwert nicht in Ansatz gebracht wird (§ 10). Eine Bestimmung über die Errechnung und Verteilung eines etwaigen Liquidationsgewinns enthält der Gesellschaftsvertrag nicht.

Zur Urkunde Nr.931/1971 des Notars Dr.. . . vom 10. Dezember 1971 (im folgenden: Vertrag Nr.931) erklärten die Gesellschafter der Klägerin zu 1, daß die GmbH mit Wirkung vom 1. Januar 1972 nicht mehr kapitalmäßig an der KG beteiligt sein solle. Darin heißt es u.a.:

§ 1:Die GmbH scheidet mit Wirkung vom 1.1. 1972 kapitalmäßig aus der KG aus. Ihre Beteiligung am Vermögen der KG bleibt hiervon unberührt. In Abänderung der §§ 10 und 12 des KG-Vertrages erhält die GmbH ihr Auseinandersetzungsguthaben am 2.1. 1972 durch Gutschrift auf ein zu errichtendes Darlehenskonto ausbezahlt.

§ 2: Die GmbH stellt ihr gesamtes Auseinandersetzungsguthaben der KG darlehensweise gegen Verzinsung und unter Vereinbarung einer Kündigungsfrist zur Verfügung.

§ 3: Der GmbH verbleiben ab 1.1. 1972 ausschließlich die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse bei der KG. Hierfür steht ihr nach Verringerung des Risikos ein Gewinnvorab von 2,5 v.H. zu. Daneben werden ihr wie bisher alle durch die Geschäftsführung entstehenden Aufwendungen ersetzt.

Gleichzeitig wurde zur Urkunde Nr.934/ 1971 (im folgenden: Vertrag Nr.934) des Notars Dr.. . . der KG-Vertrag mit Wirkung vom 1. Januar 1972 neu gefaßt. In dieser Neufassung war u.a. bestimmt, daß die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin eine Kapitaleinlage nicht zu erbringen habe (§ 3 Abs. 3) und die Einlage der Kommanditistin von zusammen 200000 DM ,,das feste Kapital der Gesellschaft" bilde (§ 3 Abs. 4). Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters war bestimmt, daß dieser ,,Anspruch auf die Guthaben auf dem Darlehenskonto und dem Gewinn- und Entnahmekonto sowie auf das Abfindungsguthaben" habe (§ 17 Abs. 1) und daß sich das Abfindungsguthaben ,,nach dem Verhältnis der gemäß § 3 dieses Vertrages vereinbarten Kapitalkonten zueinander" bemesse (§ 17 Abs. 2).

Im Hinblick auf den Vertrag Nr.931 wurde in der Bilanz der KG zum 31. Dezember 1972 eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der GmbH in Höhe von 152182,81 DM ausgewiesen, die sich aus der bisherigen Kapitaleinlage von 5000 DM, dem Stand des Kapitalkontos der GmbH zum 31. Dezember 1971 in Höhe von 137226,92 DM und einer Zinsgutschrift für 1972 errechnete.

Im Anschluß an eine 1975 durchgeführte Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, im Gegensatz zum ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vom 1. November 1961 sei die GmbH auf Grund der Verträge Nr.931 und Nr.934 vom 10. Dezember 1971 im Falle eines Ausscheidens oder bei Auflösung der KG nicht mehr an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt. Mit ihrer Zustimmung zu den Verträgen Nr.931 und Nr.934 habe die GmbH zugunsten ihrer Gesellschafter, den Kommanditisten der KG, auf ihren Anteil an den stillen Reserven und am Firmenwert verzichtet und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 118064 DM vorgenommen. Auf dieser Grundlage erließ das FA einen Gewinnfeststellungsbescheid für 1972, mit dem es den Gewinn der KG, wie vom Betriebsprüfer vorgeschlagen, auf 1779365 DM feststellte und auf die GmbH und die Kommanditisten verteilte.

Die Klägerinnen legten hiergegen Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens beschlossen die Gesellschafter der KG in Anwendung der ,,salvatorischen Klausel" des § 21 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags (Vereinbarung über die Schließung einer bei Durchführung des Gesellschaftsvertrages offenbar gewordenen ergänzungsbedürftigen Lücke) klarzustellen, daß die GmbH ,,entsprechend ihrer Vermögensbeteiligung an einem Liquidationsgewinn und Auseinandersetzungsguthaben beteiligt ist", daß § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags demgemäß folgende Fassung erhalte:

,,Das Abfindungsguthaben bemißt sich nach dem Verhältnis der gemäß § 3 dieses Vertrages vereinbarten Kapitalkonten zueinander, wobei für die Bemessung des Anteils der persönlich haftenden Gesellschafterin ein Betrag von 5000 DM zugrunde zu legen ist" und daß § 20 des Gesellschaftsvertrags wie folgt ergänzt werde: ,,Die Verteilung eines Liquidationsergebnisses erfolgte entsprechend § 17 Abs. 2 dieses Vertrags."

Gleichwohl wies das FA den Einspruch zurück. Auch die Klage, mit der die Klägerinnen beantragten, den Gewinn für 1972 auf 1543663 DM festzusetzen, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) entschied, daß durch den Vertrag Nr.931 i.V.m. dem Vertrag Nr.934 der Anteil der GmbH am bis zum 31. Dezember 1971 geschaffenen Geschäftswert und den stillen Reserven im Jahre 1972 ,,aufgedeckt worden" sei und ,,die GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten ihrer Gesellschafter, die gleichzeitig die Kommanditisten der KG waren, vorgenommen habe, indem sie bei ihrem kapitalmäßigen Ausscheiden aus der KG ihren Anteil am insoweit aufgedeckten Geschäftswert und den stillen Reserven nicht geltend gemacht" habe. Gegen die Höhe des vom FA angesetzten anteiligen Geschäftswerts und der stillen Reserven seien keine Einwände erhoben worden.

Auf die Revision der Klägerinnen hob der Senat das FG-Urteil auf, weil das FG die notwendige Beiladung der Kommanditisten der Klägerin zu 1 unterlassen hatte.

Auch in seiner erneuten Entscheidung wies das FG die Klage als unbegründet ab. Das FG blieb bei seiner Auffassung, durch die Vertragsänderung sei es zu einer als verdeckte Gewinnausschüttung zu wertenden Übertragung stiller Reserven einschließlich eines anteiligen Firmenwerts durch die GmbH auf ihre Gesellschafter gekommen.

Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügen die Klägerinnen Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Feststellung des Gewinns entsprechend dem Antrag der Klägerinnen.

I. Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a.F. (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977) auch vorliegen, wenn bei einer typischen GmbH & Co. KG der Gesellschaftsvertrag in der Weise geändert wird, daß sich die vermögensrechtliche Beteiligung, die der GmbH auf Grund des bisherigen Gesellschaftsvertrags zusteht, verringert und sich zugleich die entsprechenden Vermögensrechte der Kommanditisten entsprechend erhöhen (vgl.Senatsurteile vom 25. November 1976 IV R 38/73, BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477, und vom 3. Februar 1977 IV R 153/74, BFHE 121, 333, BStBl II 1977, 504). Liegt eine solche verdeckte Gewinnausschüttung vor, so erhöhen sich um den Wert dieser Ausschüttung sowohl der Gewinn der KG insgesamt und der Gewinnanteil der ausschüttenden GmbH als auch die Gewinnanteile der Kommanditisten; bei diesen liegen Erträge aus ihrer Beteiligung an der GmbH vor, die wegen der Zugehörigkeit der Beteiligungen zu ihrem Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung zu erfassen sind (vgl. BFH-Urteile vom 5. Dezember 1979 I R 184/76, BFHE 129, 169, BStBl II 1980, 119, und vom 12. Juni 1980 IV R 40/77, BFHE 131, 224, BStBl II1980, 723).

II. 1. Im Streitfall ist das FG zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Grund der Erwägung gelangt, mit der Vertragsänderung habe die GmbH einen Anspruch auf Auszahlung ihrer Anteile an den am 1. Januar 1972 vorhandenen stillen Reserven und des anteiligen Geschäftswerts in Höhe von 118064 DM erlangt. Träfe dies zu, so könnte die Nichtgeltendmachung des Anspruchs als Verzicht auf diesen und als entsprechende verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sein. Denn ein ordentlicher Geschäftsleiter der GmbH würde deren Anspruch auf alsbaldige Zahlung eines Geldbetrags auch alsbald geltend gemacht haben (vgl. BFH-Urteile vom 11.Februar 1987 I R 177/83, BFHE 149, 176, BStBl II 1987, 461; vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795, und vom 12. Februar 1990 I R 73/89, BFHE 163, 546, BStBl II 1991, 593).

2. Das FG ist zu seiner Annahme, die GmbH habe einen Anspruch auf Zahlung von 118064 DM erlangt, jedoch auf Grund einer Auslegung der Verträge, insbesondere des Vertrags Nr.931, gelangt, die mit den gesetzlichen Auslegungsgrundsätzen unvereinbar und deshalb (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 6. Februar 1985 I R 80/81, BFHE 143, 426, BStBl II 1985, 420, und vom 24. Juni 1988 III R 141/85, BFH/NV 1989, 185) für den erkennenden Senat nicht bindend ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist gemäß § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Verträge sind insbesondere so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Diese Auslegungsgrundsätze hat das FG nicht in dem erforderlichen Umfang beachtet.

Entgegen der Auffassung des FG kann der Vertrag Nr.931 nach seinem Wortlaut auch so ausgelegt werden, wie die vertragschließenden Parteien dies von Anfang an getan und buch- und bilanzmäßig auch vollzogen haben. Zum Zeitpunkt des kapitalmäßigen Ausscheidens der GmbH waren zwar stille Reserven und ein Geschäftswert vorhanden. Im Falle ihres Ausscheidens aus der (fortbestehenden) KG hätte die GmbH nach den einschlägigen Regelungen des bis dahin geltenden Gesellschaftsvertrags jedoch keinen Anspruch auf Auszahlung ihres Anteils an diesen stillen Reserven und am Geschäftswert gehabt, da für die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens die letzte dem Ausscheiden vorangegangene Steuerbilanz, d.h. die dort ausgewiesenen Buchwerte, ohne stille Reserven maßgebend waren und ein Firmenwert nicht in Ansatz gebracht wurde (§ 10 des Gesellschaftsvertrags 1961). Wenn bei dieser vertraglichen Ausgangslage vereinbart wurde, trotz des kapitalmäßigen Ausscheidens bleibe die Beteiligung der GmbH am Vermögen der KG unberührt, so kann damit auch gemeint gewesen sein, daß die nach § 10 des Gesellschaftsvertrags 1961 für den Fall des Ausscheidens gegebene ,,vermögensmäßige Beteiligung" als Maßstab der Abfindung erhalten bleiben solle. Die vereinbarte ,,Abänderung" der §§ 10 und 12 des Gesellschaftsvertrags 1961 wäre dann nur darin zu sehen, daß der GmbH ein Anspruch nach Maßgabe dieser vertraglichen Vereinbarung zustehen solle, obwohl sie Gesellschafterin blieb, tatsächlich und rechtlich also nicht aus der Gesellschaft ausschied. Dieser möglichen Auslegung des Vertrags entspricht auch die buchmäßige Behandlung, nämlich der Ausweis eines Anspruchs der GmbH so, wie er sich bei deren tatsächlichem Ausscheiden am 1. Januar 1972 ergeben hätte.

Der Rechtsfehler des FG, der sich als Verletzung von Bundesrecht i.S. des § 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darstellt und dazu führt, daß der Senat an die Auslegung des FG nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, besteht bei dieser Sach- und Rechtslage darin, daß das FG unter Verletzung der §§ 133, 157 BGB den Willen der vertragschließenden Parteien, den Vertragsinhalt nach Maßgabe ihrer zumindest möglichen und ihrem Rechtsfolgewillen entsprechenden Auslegung zu bestimmen, für unbeachtlich erklärt hat.

III. 1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann aber auch dann, wenn die GmbH durch die Vertragsänderung keinen Anspruch auf Zahlung von 118064 DM erlangt (und auf diesen verzichtet) hat, gegeben sein. Die verdeckte Gewinnausschüttung kann nach den Entscheidungen in BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477 und in BFHE 121, 333, BStBl II 1977, 504 darin liegen, daß die GmbH in eine sie benachteiligende Vertragsänderung und eine damit verbundene Verschlechterung ihrer vermögensrechtlichen Lage einwilligt.

2. Die Änderung der Gewinnverteilung einer Personengesellschaft kann sich, wie im Urteil in BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477, 481 dargelegt, auf den Anteil am laufenden Gewinn und auf die Ermittlung des Anteils an einem etwaigen Abfindungs- und Liquidationsguthaben beziehen. Im Streitfall wurde der Anteil der GmbH am laufenden Gewinn nicht verringert, sondern von einem Anteil von 2,44 v.H. auf einen solchen von 2,5 v.H. erhöht. Dadurch kann es nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung gekommen sein.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung könnte deshalb nur darin gesehen werden, daß sich die vermögensrechtliche Situation der GmbH unabhängig von ihrer Beteiligung am laufenden Gewinn im Verhältnis zu ihren Mitgesellschaftern hinsichtlich ihrer Beteiligung an einem etwaigen Abfindungs- oder Liquidationsguthaben verschlechterte. Diese Annahme ist im Streitfall insofern nicht von der Hand zu weisen, als die GmbH nach der Vertragsänderung kein festes Kapitalkonto mehr hatte und es deshalb an einer Grundlage für die Zuordnung eines Gewinnes aus der Auflösung anteiliger stiller Reserven in Einzelwirtschaftsgütern fehlte; demgegenüber waren die anderen Gesellschafter im Falle ihres Ausscheidens zwar auch nicht an einem Geschäftswert, wohl aber nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 des Vertrages Nr.934 an stillen Reserven in Einzelwirtschaftsgütern beteiligt. Bei dieser vertaglichen Regelung ist ferner die Annahme des FG nicht von der Hand zu weisen, daß die GmbH im Falle einer Veräußerung des Betriebs der Gesellschaft auch nicht an den durch die Realisierung eines Geschäftswerts entstandenen Gewinn beteiligt sein sollte und daß die spätere Änderung des Vertrags im Jahre 1976 eine durch die frühere Vertragsänderung bewirkte verdeckte Gewinnausschüttung nicht mehr berühren konnte.

3. Auch für Fälle dieser Art hat der Senat jedoch im Urteil BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477, 481 ausgesprochen, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vorliegt, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH der Vertragsänderung zugestimmt hätte, weil auch danach die GmbH eine Beteiligung mit einem hochwertigen Gewinnanteil behielt und weil andernfalls zu befürchten wäre, daß die Kommanditisten den Gesellschaftsvertrag der GmbH zum frühestmöglichen Zeitpunkt kündigen würden und die GmbH auf Grund der besonderen Machtposition der Kommanditisten nicht in der Lage gewesen wäre, das Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Erfolg fortzuführen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ergibt sich nach der Entscheidung in BFHE 120, 511, 519, BStBl II 1977, 477, 481 eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht daraus, daß der Geschäftsführer der GmbH der Vertragsänderung überhaupt zustimmt, sondern allenfalls daraus, daß der Gesellschaftsvertrag vorzeitig, d.h. vor Ablauf des Zeitraums geändert wird, zu dem das Gesellschaftsverhältnis von den Kommanditisten hätte gekündigt werden können. Dazu hat der Senat ferner ausgeführt, das vorzeitige Zugeständnis eines höheren Anteils an den stillen Reserven müsse als verdeckte Gewinnausschüttung außer Betracht bleiben, wenn mit einer Realisierung dieser stillen Reserven während des Zeitraums der Vorzeitigkeit nicht zu rechnen gewesen sei.

4. Demzufolge ist im Streitfall entscheidungserheblich, ob einerseits die GmbH auch nach der Vertragsänderung eine Beteiligung mit hochwertigem Gewinnanteil behielt und ob andererseits bei einer Weigerung der GmbH, der Vertragsänderung zuzustimmen, die Kommanditisten nach den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten in der Lage waren, das Gesellschaftsverhältnis mit der GmbH zu kündigen, und ob die GmbH dann in der Lage gewesen wäre, das Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Erfolg fortzuführen. Im Streitfall behielt die GmbH eine (sogar leicht erhöhte) Beteiligung am laufenden Gewinn, der ihr jährliche Gewinnanteile verhieß, welche nach dem bisherigen Geschäftsverlauf das Eigenkapital jeweils deutlich überstiegen. Diese Gewinnanteile standen der GmbH nunmehr sogar ohne Leistung einer Vermögenseinlage zu. Darüber hinaus war die Situation der GmbH deutlich auch dadurch verbessert worden, daß die Kündigungsmöglichkeiten der Kommanditisten wesentlich eingeschränkt wurden. Demgegenüber konnten die Kommanditisten nach dem bis dahin geltenden alten Gesellschaftsvertrag das Gesellschaftsverhältnis mit halbjähriger Kündigungsfrist zum Ende eines Geschäftsjahres kündigen. Die Klägerinnen haben im Verfahren vor dem FG ferner ohne Widerspruch durch das FA vorgetragen, daß nur die Kommanditisten über die für den Betrieb der KG wesentlichen persönlichen Kontakten zu den Firmen verfügten, deren Erzeugnisse die KG vertrieb; das FG hat auf diesen Sachvortrag Bezug genommen. Aus dem Vertragswerk, das vom FG festgestellt ist, ergibt sich ferner, daß die Kommanditisten Eigentümer der Grundstücke waren, in denen die KG ihren Betrieb ausübte. Bei dieser Sachlage ist anzunehmen, daß die GmbH allein nicht in der Lage gewesen wäre, das Unternehmen der KG ohne die Kommanditisten mit Erfolg fortzuführen und somit Gefahr gelaufen wäre, durch Verweigerung der Zustimmung zur Vertragsänderung ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Anhaltspunkte dafür, daß es während des Zeitraums der ,,Vorzeitigkeit", d.h. im Jahre 1972 zu einer ins Gewicht fallenden Aufdeckung stiller Reserven, insbesondere des Geschäftswerts, auf den nach den Berechnungen des Betriebsprüfers 114000 DM und somit 96,56 v.H. der angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung entfielen, sind nicht gegeben. Unter diesen Umständen kommt es entgegen der Auffassung des FG auch nicht darauf an, ob mit der Vertragsänderung einzelne Vorteile für die GmbH verbunden sind, die den Nachteil aus dem ,,vorzeitigen" Übergang stiller Reserven aufwiegen. Entscheidend ist, ob die Gesamtwürdigung aller Umstände den Schluß rechtfertigt, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer der GmbH der Vertragsänderung zugestimmt hätte. Dies ist, wie dargelegt, zu bejahen.

IV. Das FG ist auf Grund einer abweichenden Rechtsauffassung zu einem anderen Ergebnis gelangt. Sein Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids werden der Gewinn der Klägerin zu 1 und die Gewinnanteile der Klägerin zu 2 und der Kommanditisten auf die Beträge festgestellt, die sich ohne die Annahme der verdeckten Gewinnausschüttung ergeben; die Berechnung wird gemäß Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit dem FA übertragen. Auswirkungen auf die Gewerbesteuerrückstellung des Streitjahres ergeben sich nicht, da entsprechend einem Antrag der KG die Gewerbesteuermehrbeträge, die sich auf Grund der Betriebsprüfung ergaben, im Jahr der tatsächlichen Zahlung berücksichtigt worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Über den Antrag der Klägerinnen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, befindet nicht der BFH, sondern das FG. Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 18. Juli 1967 GrS 5-7/66 (BFHE 90, 150, BStBl II 1968, 56) kann der Steuerpflichtige diese Entscheidung beim Gericht des ersten Rechtszugs unbefristet nachholen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418319

BFH/NV 1993, 386

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