Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückstellung einer Genossenschaft für Abschluß- und Prüfungskosten; Ersetzung der Kostenentscheidung des FG durch den BFH

 

Leitsatz (NV)

1. Bei einer Genossenschaft sind die Kosten des Jahresabschlusses auf den 31. Dezember 1979 und die der 1980 durchgeführten genossenschaftlichen Pflichtprüfung bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1980 weder ganz noch teilweise als Schulden abzuziehen.

2. Im Falle einer unbegründeten Revision darf der BFH die vom FG nicht begründete und deshalb nicht ohne weiteres nachprüfbare Kostenentscheidung des FG von Amts wegen durch eine eigene Kostenentscheidung ersetzen.

 

Normenkette

BewG § 103 Abs. 1; FGO § 135 ff.

 

Gründe

Vorinstanz: FG HamburgDie Klägerin ist eine Genossenschaft, die gemäß § 53 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) jährlich einer genossenschaftlichen Pflichtprüfung unterliegt. 1980 fand diese Prüfung in der Zeit vom 28. März bis zum 2. Juni statt und erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 1979 bis zum 28. März 1980. In ihrer Steuerbilanz auf den 31. Dezember 1979 hatte die Klägerin eine Rückstellung für die voraussichtlichen Kosten des Jahresabschlusses und der Pflichtprüfung gebildet, deren Abzug bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1980 das beklagte Finanzamt (FA) versagte; es stellte den Einheitswert unter Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend fest.

Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin Klage erhoben und weiter auf dem Abzug bestanden. Außerdem hat sie eine Herabsetzung des Einheitswertes wegen geringerer Teilwerte bestimmter Wirtschaftsgüter beantragt. Das letztere Begehren hat das FA außergerichtlich erledigt. Durch Bescheid vom 29. Oktober 1982 hat es den Einheitswert um . . . DM herabgesetzt. Die Ermäßigung der angesetzten Teilwerte betrug dabei . . . DM. Gegengerechnet hat das FA den Ansatz von Steuerguthaben von zusammen . . . DM.

Der Bescheid vom 29. Oktober 1982 ist Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden. Die Klägerin hat ihren Klagantrag entsprechend angepaßt und im weiteren Verfahren nur noch den Abzug von Abschluß- und Prüfungskosten im Umfang von . . . DM beantragt. Die Ermäßigung des Antrags ist darauf zurückzuführen, daß die Klägerin den Abzug der Prüfungskosten insoweit nicht mehr begehrt, als er zeitanteilig auf die Zeit vom 1. Januar 1980 bis zum 28. März 1980 entfällt.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 106) und der Klägerin 58 v. H. der Kosten auferlegt. Seine Kostenentscheidung hat es nur insoweit begründet, als es § 136 Abs. 1 Satz 1 und § 138 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) angeführt hat.

Die Klägerin hat Revision eingelegt und ihren Klageantrag weiterverfolgt. Außerdem hat sie Einwendungen gegen die Kostenentscheidung auch für den Fall erhoben, daß ihre Revision unbegründet ist. Sie hat beantragt, ihr allenfalls 16,5 v. H. der Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen.1. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die Kosten des Jahresabschlusses auf den 31. Dezember 1979 und der 1980 durchgeführten genossenschaftlichen Pflichtprüfung sind bei den Feststellungen des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1980 weder ganz noch teilweise als Schulden abzuziehen. Dies entspricht der Rechtsprechung des früher für diese Frage zuständig gewesenen III. Senats (vgl. zuletzt das Urteil vom 25. November 1983 III R 25/82, BFHE 139, 422, BStBl II 1984, 51), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (vgl. das Senatsurteil vom 30. April 1986 II R 201/83, BFHE 146, 564, BStBl II 1986, 664). Es besteht keine Veranlassung, hinsichtlich der entsprechenden Kosten einer Genossenschaft eine andere Auffassung zu vertreten.

Eine gemäß § 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) abzugsfähige Schuld gegenüber den Arbeitnehmern der Klägerin oder gegenüber dem genossenschaftlichen Prüfungsverband lag am 31. Dezember 1979 noch nicht vor. Auch aus den Grundsätzen über die Behandlung schwebender Geschäfte läßt sich nichts anderes herleiten. Eine in einem solchen Falle für den Schuldenabzug ausreichende Störung des Gleichgewichts der beiderseits noch nicht erfüllten Verpflichtungen (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Mai 1974 III R 50/73, BFHE 112, 411, BStBl II 1974, 508) lag nicht vor. Eine Störung des Gleichgewichts ist nicht darin zu sehen, daß eine der beiden Leistungen nicht zur Entstehung eines Wirtschaftsgutes oder zur Erhöhung des Wertes eines bereits bestehenden Wirtschaftsgutes führt (vgl. das BFH-Urteil vom 20. März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297).

Auch der Gesichtspunkt, daß die Klägerin gesetzlich verpflichtet war, Jahresabschlüsse aufzustellen und sich einer jährlichen Pflichtprüfung zu unterziehen, führt nicht zu einem Abzug einer entsprechenden Schuld. Der III. Senat hat bereits darauf hingewiesen (vgl. BFHE 139, 422, BStBl II 1984, 51), daß ein Schuldenabzug aus dem Gesichtspunkt einer gesetzlichen Verpflichtung nur in engen Grenzen in Betracht kommt. Es bedarf in derartigen Fällen einer hinreichenden Konkretisierung dieser gesetzlichen Verpflichtung. Der erkennende Senat vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß eine derartige Konkretisierung jedenfalls so lange nicht vorliegt, als die gesetzlichen Fristen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen noch laufen. Unter diesen Umständen kommt es nicht auf den Vortrag der Klägerin an, daß die jeweiligen Abschlußarbeiten konkret bereits vor dem Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres beginnen und daß sich die genossenschaftliche Prüfung auch (ggf. in erster Linie) auf das abgelaufene Geschäftsjahr bezieht. Insoweit bestehen allenfalls wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen den 1980 durchgeführten Arbeiten und dem abgelaufenen Geschäftsjahr. Derartige wirtschaftliche Zusammenhänge reichen für die Anerkennung einer Schuld i. S. des § 103 Abs. 1 BewG nicht aus.

Die von der Auffassung des erkennenden Senats abweichende Meinung der Ertragsteuersenate (vgl. die Urteile in BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297; vom 23. Juli 1980 I R 28/77, BFHE 131, 463, BStBl II 1981, 62, und vom 24. November 1983 IV R 22/81, BFHE 139, 544, BStBl II 1984, 301) beruhen auf der für das Bewertungsrecht nicht maßgebenden wirtschaftlichen Verursachung der Abschluß- und Prüfungskosten im abgelaufenen Wirtschaftsjahr.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Senat auch nicht der Meinung, daß er mit seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des III. Senats zur Frage der Behandlung der Rekultivierungsverpflichtungen, der Abbruchverpflichtungen und der Wiederaufbauverpflichtungen (vgl. die Urteile vom 31. Januar 1964 III 178/61, BFHE 78, 458, BStBl III 1964, 178; vom 26. Oktober 1970 III R 150/67, BFHE 100, 465, BStBl II 1971, 82, und vom 11. Mai 1983 III R 112- 113/79, BFHE 139, 88, BStBl II 1983, 657) abweicht. Denn die dort behandelten Fälle sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Dort befanden sich Leistung und Gegenleistung anders als im vorliegenden Fall nicht mehr im Gleichgewicht.

2. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Soweit die Klägerin die Kostenentscheidung des FG auch für den Fall ihres Unterliegens angreift, nimmt der Senat dies zum Anlaß, die vom FG nicht begründete und deshalb nicht ohne weiteres nachprüfbare Kostenentscheidung von Amts wegen durch eine eigene Kostenentscheidung zu ersetzen. Hierzu ist er berechtigt (vgl. § 143 Abs. 1 FGO sowie das BFH-Urteil vom 23. Juni 1966 IV 424/62, BFHE 86, 561, BStBl III 1966, 594). Darauf, ob die Klägerin angesichts des § 145 Abs. 1 FGO die Kostenentscheidung des FG (auch) für den Fall angreifen durfte, daß ihre Revision keinen Erfolg haben würde, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

Bei seiner Kostenentscheidung hat sich der Senat an die Grundsätze gehalten, wie er sie in seinem Urteil vom 6. Juni 1984 II R 184/81 (BFHE 141, 333, 338, BStBl II 1985, 261) aufgestellt hat. Er ist davon ausgegangen, daß die Klägerin mit ihrer Klage ursprünglich die Herabsetzung des strittigen Einheitswertes um . . . DM beantragt und durch das Nachgeben des FA im Ausmaß von . . . DM obsiegt hat, weiter, daß sie nach Erlaß des Bescheides vom 29. Oktober 1982 zunächst die weitere Herabsetzung um . . . DM und schließlich nur noch um . . . DM beantragt hat und insoweit im Endergebnis voll unterlegen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415574

BFH/NV 1989, 154

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