Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Schenkt eine Ehefrau, die Alleineigentümerin eines Grundstücks war, ihrem Ehemann einen Miteigentumsanteil an diesem Grundstück und geht dabei die auf dem Grundstück lastende Grundschuld anteilig auf den Ehemann über, so rechtfertigt dies die Festsetzung einer Steuer gemäß § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG dann nicht, wenn der Ehemann schon vor der Schenkung gemeinsam mit seiner Ehefrau Gesamtschuldner der durch die Grundschuld gesicherten Forderung gewesen und eine änderung in den Schuld- und Haftungsverhältnissen somit weder im Verhältnis zum Gläubiger noch im Innenverhältnis der Eheleute eingetreten ist.

 

Normenkette

GrEStG § 3 Ziff. 2 S. 2

 

Tatbestand

Der Bg., der Landwirt X., bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Obstgut. Die Ländereien, die zu diesem Obstgut gehören, standen zu einem Teil im Miteigentum der Eheleute, zum anderen Teil waren sie Alleineigentum der Ehefrau des Bg. In einem Siedlungsverfahren, das zu einer Vergrößerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Obstgutes führen sollte, wurde von dem Siedlungsunternehmen die Forderung gestellt, den gesamten Grundbesitz der Eheleute auf einem Grundbuchblatt zu vereinigen.

Die Ehefrau des Bg. übertrug deshalb ihrem Ehemanne schenkweise einen halben Miteigentumsanteil an den bis dahin ihr allein gehörigen Grundstücken. Auf einigen dieser der Ehefrau allein gehörigen Grundstücke lastete u. a. eine zugunsten der Stadtsparkasse H. eingetragene Grundschuld in Höhe von 5.000 DM. Diese Belastung, die am 20. Mai 1961 noch mit 3.883,60 DM valutiert war, wurde in dem notariellen Schenkungsvertrag vom 25. März 1961 vom Bg. mitübernommen. Der Schenkungsvertrag enthält darüber unter II nachfolgende Bestimmung:

"Belastungen werden übernommen, wobei jedoch mit Rücksicht darauf, daß der Ehemann ..... für die Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtsparkasse H. die gemeinschaftliche Haftung übernommen hat, eine besondere übernahmeerklärung sich erübrigt."

Das Finanzamt erblickte in der anteiligen übernahme dieser Grundstücksbelastung durch den Bg. eine Minderung der Bereicherung des Bg. und behandelte das Geschäft als eine Schenkung unter Auflage. Dementsprechend zog es den Bg. gemäß § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG zu einer Grunderwerbsteuer in Höhe von 135,90 DM (7 % von 3.883,60 : 2 ) heran.

Der Bg. wendete gegen die Steuerfestsetzung ein, daß durch den Schenkungsvertrag vom 25. März 1961 keine zusätzlichen Lasten zu den bereits seit Jahren für ihn bestehenden Verpflichtungen begründet worden seien. Die fragliche Grundschuld diene der Sicherung eines von beiden Ehegatten gemeinsam beantragten Darlehens, das zur Aufstockung des gemeinsam betriebenen Obstgutes dienen sollte. In der notariellen Schuldurkunde vom 2. Mai 1957, die damals zugunsten der Stadtsparkasse H. aufgenommen worden sei, hätten die Ehegatten gemeinsam folgendes erklärt:

"Die Bestellung der Grundschuld erfolgt zur Sicherung aller Ansprüche, die die Stadtsparkasse H. aus ihrer Geschäftsverbindung mit uns erworben hat oder noch erwerben wird. Wir unterwerfen uns wegen dieser Ansprüche in Höhe von 5.000,- DM nebst 10,5 v. H. Zinsen jährlich seit dem Auszahlungstag dem Gläubiger gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung in unser gesamtes Vermögen."

Durch den Schenkungsvertrag seien zusätzliche Verpflichtungen nicht übernommen, dem Schenker also keine Gegenleistungen gewährt worden.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt vertrat unter Hinweis auf das Urteil das Bundesfinanzhofs II 173/58 U vom 13. Juli 1960 (BStBl 1960 III S. 412, Slg. Bd. 71 S. 436) die Auffassung, daß die übernahme einer Grundschuld eine dem Bg. auferlegte Leistung darstelle, die die Bereicherung mindere und deshalb als Auflage im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG zu betrachten sei.

Die Berufung führte zur Aufhebung der Steuerfestsetzung. Das Finanzgericht führte aus, auch der übergang einer auf dem Grundstück ruhenden Belastung sei als Auflage im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG anzusehen. Doch könne dem übergang der Belastung, der mit dem Eigentumsübergang verbunden sei, im Streitfalle kein Wert beigemessen werden, weil der Steuerpflichtige schon vor der Grundstücksschenkung gemeinsam mit seiner Ehefrau Schuldner der Forderungen gewesen sei, zu deren Sicherung die Grundschuld diene. Der Steuerpflichtige habe auch damals schon mit seinem Gesamtvermögen für diese Gesamtschuld der Ehegatten gehaftet. Im Innenverhältnis seien die beiden Eheleute zu gleichen Anteilen verpflichtet gewesen. Auch hieran habe sich durch die Schenkung nichts geändert. Der vorliegende Fall liege deshalb im Sachverhalt wesentlich anders als der seinerzeit vom Bundesfinanzhof in dem Urteil II 173/58 U vom 13. Juli 1960, a. a. O., entschiedene Fall.

Das Finanzgericht hat die Rb. gegen sein Urteil zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Vorsteher des Finanzamts eingelegte Rb., mit der er sich gegen die Rechtsausführungen des Finanzgerichts wendet, kann jedoch nicht zum Erfolg führen.

Das Finanzgericht hat sich in dem angefochtenen Urteil den Rechtsausführungen des Senats in dem Urteil II 173/58 U vom 13. Juli 1960, a. a. O., insoweit angeschlossen, als es ebenfalls davon ausgeht, daß allein schon in dem übergang einer Grundschuld eine Leistung des Beschenkten an den Schenker zu erblicken sei, ohne daß dabei die übernahme von Verpflichtungen gegenüber dem Gläubiger der der Belastung zugrunde liegenden persönlichen Schuld erforderlich wäre. Das Finanzgericht hat aber den Bg. dennoch von der Grunderwerbsteuer freigestellt, weil es der Auffassung ist, daß im Streitfall dem übergang der Belastung ein Wert nicht beigemessen werden könne. Auch insoweit verstößt das Urteil des Finanzgerichts nicht gegen die Rechtsauffassung, die der Senat in dem vorerwähnten Urteil vertreten hatte. Denn er läßt darin die Möglichkeit offen, die Grundschuld anders als mit ihrem Nennwert zu bewerten. Der Senat hat dabei auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II A 63/23 vom 10. April 1923 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919 § 12 Abs. 2 Satz 1 Rechtsspruch 9 = Steuer und Wirtschaft 1923 Nr. 569) Bezug genommen, in dem ausgeführt ist, daß dann, wenn der aus der Grundschuld in Anspruch genommene Grundstückserwerber berechtigt ist, von dem Veräußerer Ersatz zu verlangen, als Wert der Grundschuld nicht in allen Fällen deren Nennbetrag anzusehen sei; vielmehr sei dieser Wert zu schätzen und könne im Einzelfall sogar 0 DM ausmachen. Eine Bewertung der Grundschuld mit einem geringeren Betrage als dem Nennwert sei insbesondere dann möglich, wenn an ihre Stelle die Ersatzansprüche aus der zugrunde liegenden persönlichen Schuld träten, es sei denn, die Rückgriffsansprüche des Erwerbers wären zur Zeit des Erwerbs schon uneinbringlich oder voraussichtlich uneinbringlich gewesen. Der Senat hat in dem Falle des oben angeführten Urteils II 173/58 U allerdings das Vorliegen einer Schenkung unter einer Auflage und die Grunderwerbsteuerpflicht deshalb bejaht, weil damals der Ehemann der Bfin., der ihr seinen Miteigentumsanteil am Grundstück geschenkt hatte, im Innenverhältnis zur Bfin. von der persönlichen Schuld befreit sein sollte. Der Senat hat seinerseits in dem vorerwähnten Urteil zum Ausdruck gebracht, auch dann, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung zur übernahme der persönlichen Schuld vorliege, spreche die tatsächliche Vermutung dafür, daß der Ehemann im Innenverhältnis zur Ehefrau auch von der persönlichen Schuld befreit sein solle. In dem damals entschiedenen Falle war deshalb in der übernahme der persönlichen Schuldverpflichtung des Ehemannes durch die beschenkte Ehefrau, die mit dem übergang der Grundschuld verbunden war, eine den Wert der Schenkung mindernde Auflage zu erblicken, die die Anwendung des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG rechtfertigte.

Im Streitfalle liegen die Verhältnisse aber anders. Wie das Finanzgericht mit Recht ausführt, war der Bg. schon vor Eintritt der Schenkung gemeinsam mit seiner Ehefrau Gesamtschuldner der durch die Grundschuld gesicherten Forderung, die der Stadtsparkasse H. aus der bestehenden Geschäftsverbindung mit den beiden Eheleuten zustanden. Der Bg. haftete auch schon damals nach Maßgabe der in der Schuldurkunde vom 2. Mai 1957 übernommenen Verpflichtungen und der darin getroffenen Haftungsvereinbarungen mit seinem gesamten Vermögen für die der Grundschuld zugrunde liegenden Forderungen der Stadtsparkasse. An dieser Haftung hat sich durch die Schenkung seiner Ehefrau nichts geändert. Auch der belastete Grundbesitz haftet nach dem übergang des Miteigentumsanteils auf den Bg. wie bisher für die Gesamtschuld. Was endlich die Schuldverbindlichkeiten im Innenverhältnis der Ehegatten untereinander anlangt, so ist auch insoweit, wie das Finanzgericht zutreffend bemerkt, keine änderung eingetreten. Denn die Eheleute waren schon vor der Schenkung zu gleichen Teilen als Gesamtschuldner aus dem gegenüber der Stadtsparkasse bestehenden Kreditverhältnis verpflichtet. Bei gleichmäßiger Inanspruchnahme der Gesamtschuldner durch den Gläubiger hätte daher keiner der Schuldner gegen den anderen einen Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB gehabt; im Falle der Alleinbefriedigung des Gläubigers durch einen der Schuldner aber hätte diesem ein Ausgleichsanspruch - in Höhe des halben Betrages der Schuld - gegen den Mitschuldner zugestanden. Auch in diesem Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander hat sich nach dem Vollzug der Schenkung nichts geändert, da die Ehefrau nach wie vor Gesamtschuldnerin zu gleichen Teilen mit ihrem Ehemann geblieben ist und die Auswirkungen des Schenkungsvertrages nur darin bestanden, daß Schuld- und Haftungsverhältnisse in bezug auf den Grundbesitz durch den übergang der - dinglichen - Grundstückshaftung auf den Bg. miteinander in übereinstimmung gebracht wurden.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit grundsätzlich von dem vorerwähnten Fall, den der Senat in dem Urteil II 173/58 U vom 13. Juli 1960 entschieden hat; denn damals war eine Veränderung der schuldrechtlichen Verbindlichkeiten im Innenverhältnis unter den Ehegatten selbst eingetreten. Hat aber die Schenkung weder in den Schuld- noch in den Haftungsverhältnissen eine änderung zur Folge und bleibt auch im Innenverhältnis zwischen Schenker und Beschenktem die Belastung nach wie vor die gleiche, so liegt keine Auflageschenkung im Sinne des § 3 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG vor (vgl. hierzu Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 7. Aufl. 1963, § 3 Tz. 49). Das Finanzgericht hat unter diesen Umständen Einspruchsentscheidung und Steuerbescheid mit Recht aufgehoben und den Bg. von der Grunderwerbsteuer freigestellt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411519

BStBl III 1965, 199

BFHE 1965, 552

BFHE 81, 552

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