Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückfließende Gelder keine Anschaffungskosten

 

Leitsatz (NV)

Wird einem Miterben X ein zum Nachlaß gehörendes Grundstück gegen eine Geldzahlung des X an den Testamentsvollstrecker übertragen, die dieser an alle Miterben (einschließlich X) gleichmäßig verteilt, so gehört der bei der Verteilung auf X entfallende Anteil nicht zu den Anschaffungskosten des Grundstücks.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, §§ 21, 21a

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1982 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Die Klägerin war zu 1/8 Miterbin eines Zweifamilienhausgrundstücks. Mit notariell beurkundetem Auseinandersetzungsvertrag vom 6. Juli 1979 übertrug die Erbengemeinschaft dieses Grundstück, dessen ,,Anschlagspreis" in der Urkunde mit . . . DM angegeben wurde, auf die Klägerin gegen Übernahme einer in Höhe von . . . DM valutierten Grundschuld und Zahlung von . . . DM an die Testamentsvollstreckerin. Diese sollte den Betrag unter den Erben verteilen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1982 - im Gegensatz zu den Vorjahren - die bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten an und gewährte der Klägerin nur noch die Absetzung für Abnutzung (AfA) des Rechtsvorgängers, da es sich wegen der Erbauseinandersetzung um eine Schenkung unter Auflage handele. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Erbauseinandersetzung habe in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erbfall (17. April 1979) gestanden. Ein entgeltlicher Erwerb sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu verneinen. Mangels Anschaffungskosten der Klägerin könnten auch keine Schuldzinsen als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie Verletzung materiellen Rechts rügen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG zu Unrecht den Erwerb des Grundstücks im Rahmen der Erbauseinandersetzung als unentgeltlichen Vorgang beurteilt hat und Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht zum Abzug zugelassen hat.

Wie der Große Senat des BFH mit Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) entschieden hat, bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung im Einkommensteuerrecht keine rechtliche Einheit; Ausgleichszahlungen eines Erben im Rahmen der Erbauseinandersetzung und Aufwendungen für den Erwerb des Erbanteils eines Miterben führen beim Leistenden grundsätzlich zu Anschaffungskosten. Dies gilt nicht für die Übernahme von Verbindlichkeiten. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Großen Senats im vorgenannten Beschluß unter C I. 2. und II. 2.

Schuldzinsen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten abziehbar, wenn der Zweck der Schuldaufnahme allein oder ganz überwiegend darin besteht, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen und die aufgenommenen Mittel zweckentsprechend verwendet werden (BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 IX R 111/84, BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706, mit weiteren Nachweisen). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Schuldaufnahme der Finanzierung von Anschaffungskosten dient (BFH-Urteil vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 511).

Bei Anwendung der vorstehend dargelegten Rechtsgrundsätze sind der Klägerin für den Erwerb des Grundstücks Anschaffungskosten entstanden und sie kann Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die Höhe der Anschaffungskosten für das Grundstück und deren auf das Gebäude entfallenden Anteil zu bestimmen. Nicht zu den Anschaffungskosten rechnen die von der Klägerin übernommenen, mit dem Grundstück zusammenhängenden Darlehensschulden. Von ihrer Zahlung führt der auf sie bei der Verteilung durch die Testamentsvollstreckerin entfallende Anteil ebenfalls nicht zu Anschaffungskosten. Wie der Große Senat des BFH in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 845 unter C. II. 2 b ausgeführt hat, führen im Rahmen einer Teilauseinandersetzung gewährte Ausgleichszahlungen nicht zu Anschaffungskosten, wenn sie dem Miterben im Rahmen einer weiteren Teilauseinandersetzung zurückgewährt werden. Dies gilt erst recht für eine Hin- und Herzahlung im Rahmen einer einheitlichen Erbauseinandersetzung.

Die Sache wird zur Nachholung der entsprechenden Feststellungen an das FG zurückverwiesen. Der Senat weist für die erneute Entscheidung darauf hin, daß als Werbungskosten auch die Schuldzinsen abziehbar sind, die die Klägerin für das übernommene Darlehen zu zahlen hat (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1985 IX R 64/82, BFHE 145, 211, BStBl II 1986, 161 unter 2.).

Sollte die Klägerin den von ihr an die Testamentsvollstreckerin geleisteten Beitrag voll fremdfinanziert haben, so kann sie auf den ihr zurückzugewährenden Anteil entfallende Schuldzinsen mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht als Werbungskosten absetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417884

BFH/NV 1992, 24

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