Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gelände

 

Leitsatz (NV)

Die im Rahmen einer Grundstücksübertragung getroffene Vereinbarung, das Entgelt solle allein auf das Gebäude und nicht auf Grund und Boden entfallen, ist steuerrechtlich unmaßgeblich. Der Kaufpreis ist zur Ermittlung der Anschaffungskosten des Gebäudes nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen (Anschluß an BFH vom 15. Januar 1985 IX R 81/83, BStBl II 1985, 252, BFHE 143, 61).

 

Normenkette

EStG §§ 7b, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 6; AO 1977 § 162

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Klägerin wurde durch ,,Grundstückskaufvertrag" vom 6. Dezember 1984 seitens ihrer Eltern ein Einfamilienhaus übertragen. Als Kaufpreis war ein Betrag von 235 000 DM vereinbart, von dem 180 000 DM auf das Gebäude und 55 000 DM auf den Grund und Boden entfallen sollten. Noch im Kaufvertrag erließen die Eltern den auf den Grund und Boden entfallenden Kaufpreisteil mit der Bestimmung, daß sich die Klägerin diese Schenkung auf ihr späteres Erbe oder einen Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen müsse. In Anrechnung auf den verbleibenden Kaufpreisteil von 180 000 DM hatte die Klägerin eine Grundstücksverbindlichkeit von 43 000 DM zu tilgen und den Differenzbetrag gegenüber 60 000 DM unverzüglich an die Eltern zu überweisen. Den Restkaufpreis von 120 000 DM sollte die Klägerin in monatlichen Raten von 400 DM abtragen.

In der Einkommensteuererklärung 1984 begehrte die Klägerin den Abzug von erhöhten Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Anschaffungskosten von 180 000 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte den Abzug, weil es sich im ganzen um ein unentgeltliches Geschäft gehandelt habe.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die versprochenen Ratenzahlungen auf ihren Barwert von 66 305 DM abzuzinsen seien und daß der Kaufpreis danach noch 126 305 DM ausmache. Entsprechend der getroffenen Vereinbarung entfalle der Kaufpreis in vollem Umfang auf das Gebäude; er sei den Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 EStG zugrunde zu legen.

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der eine Annahme von Anschaffungskosten beanstandet, jedenfalls aber eine Aufteilung eines Kaufpreises auch auf Grund und Boden verlangt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil muß aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden.

Die zwischen der Klägerin und ihren Eltern geschlossene Vereinbarung erweist sich entgegen der gewählten Bezeichnung als ,,Grundstückskaufvertrag" als Übergabe im Wege vorweggenommener Erbfolge. Mit ihr haben die Eltern ihr Einfamilienhaus und damit einen wesentlichen, wenn nicht den wesentlichen Bestandteil ihres Vermögens gegen eine Ausgleichszahlung auf die Klägerin übertragen. Diese machte nach der nicht zu beanstandenden Berechnung des FG lediglich 126 305 DM aus, während sich der Verkehrswert nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten entsprechend dem in der Vereinbarung genannten Betrag auf 235 000 DM belief. Daß die Übertragung im Zusammenhang mit einer späteren Erbfolge stand, zeigt sich in der Bestimmung, daß sich die Klägerin die Schenkung auf ihr späteres Erbe oder einen Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen müsse.

Nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847) stellt sich die Vermögensübergabe in Höhe der vereinbarten Abstandszahlung als entgeltliches Geschäft dar. So ist der Vorgang auch schon in der Vergangenheit beurteilt worden (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 1980 IV R 15/76, BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11; vom 18. März 1980 VIII R 148/78, BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794). Nichts anderes hätte zu gelten, wenn der Vorgang nicht als Übergabevertrag, sondern als eine Schenkung i. S. v. § 516 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu werten wäre; in Höhe des den Eltern gewährten Betrages wäre ein Entgelt anzunehmen, so daß sich die Übertragung auch in diesem Fall als teilentgeltliches Geschäft darstellen würde.

Zu Unrecht hat das FG jedoch angenommen, daß das von der Klägerin geleistete Entgelt allein auf das Gebäude und nicht auch auf den Grund und Boden entfalle. Dies ist zwischen der Klägerin und ihren Eltern zwar vereinbart worden, doch ist diese Vereinbarung steuerrechtlich nicht bedeutsam. Das an die Klägerin übertragene bebaute Grundstück zerfällt steuerrechtlich in zwei Wirtschaftsgüter, nämlich das Gebäude und den Grund und Boden (BFH-Beschluß vom 16. Juli 1968 GrS 7/67, BFHE 94, 124, BStBl II 1969, 108). Beide Wirtschaftsgüter konnten jedoch nur gemeinsam übertragen werden. Hierfür hat die Klägerin als Gesamtkaufpreis den Betrag von 126 305 DM aufgewendet, der als Anschaffungskosten auf beide Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist. Hierbei sind die Vereinbarungen der Beteiligten zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nicht, wenn sie eine unangemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht gerecht werdende Aufteilung vorgenommen haben; in diesem Fall ist der Kaufpreis im Verhältnis der Verkehrswerte der Wirtschaftsgüter aufzuteilen (vgl. BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620). Demgemäß ist ein auf Grund und Boden und aufstehende Gebäude entfallender Gesamtkaufpreis nach dem Verhältnis der Verkehrswerte dieser Wirtschaftsgüter aufzuteilen, wenn sie dem Privatvermögen angehören (vgl. BFH-Urteile vom 21. Januar 1971 IV 123/65, BFHE 102, 464, BStBl II 1971, 682; vom 19. Dezember 1972 VIII R 124/69, BFHE 108, 168, BStBl II 1973, 295; vom 16. Dezember 1981 I R 131/78, BFHE 135, 185, BStBl II 1982, 320; vom 15. Januar 1985 IX R 81/83, BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252). Die Beteiligten können dem nicht dadurch entgehen, daß sie für den Grund und Boden einen Kaufpreis von 0 DM vereinbaren oder, was dem gleichkommt, einen Kaufpreis in bestimmter Höhe ansetzen und diesen zugleich ,,erlassen". Vielmehr ist vorliegend davon auszugehen, daß die Klägerin sowohl das Gebäude als auch den Grund und Boden teilentgeltlich erworben hat.

Zur Ermittlung der Absetzungen nach § 7 b EStG muß das Teilentgelt zunächst auf den Grund und Boden und das Gebäude im Verhältnis ihrer Verkehrswerte aufgeteilt werden. Hierzu hat das FG, von seinem Standpunkt aus zu Recht, bisher keine endgültigen Feststellungen getroffen. Der sich danach als Anschaffungskosten für das Gebäude ergebende Betrag ist in Beziehung zu seinem Verkehrswert zu setzen; hieraus ergibt sich, in welchem Umfang die Klägerin das Gebäude entgeltlich bzw. unentgeltlich erworben hat. Soweit letzteres gegeben ist, kann die Klägerin - bis zur Höchstbemessungsgrenze - ggf. die Absetzungen ihrer Eltern gemäß § 11 d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - (§ 7 b EStG) fortsetzen. Auch insoweit wird das FG die erforderlichen Feststellungen nachholen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63621

BFH/NV 1991, 682

BFH/NV 1992, 373

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