Leitsatz (amtlich)

Zur Mindestgröße eines Forstbetriebes

 

Orientierungssatz

Obwohl für die Annahme eines Forstbetriebs bzw. forstwirtschaftlichen Teilbetriebs eine bestimmte Mindestgröße Grundvoraussetzung ist, ist eine generelle Fixierung dieser Mindestgröße nicht möglich, weil sie von den Umständen des Einzelfalles, vor allem von der Art des Nutzholzes abhängt. Hier: 0,7 ha großer Fichtenwald kein forstwirtschaftlicher Betrieb. Ausführungen und BFH-Rechtsprechung zur Voraussetzung der Gewinnerzielungsabsicht bei einem Forstbetrieb sowie zur Maßgeblichkeit des mit der Aufforstung einer Brachfläche von relativ geringer Größe verfolgten Zwecks.

 

Normenkette

EStG § 13

 

Tatbestand

A. Die Kläger sind beide Ingenieure. Der Vater der beiden Kläger war Eigentümer des Grundstücks X. Das Grundstück hat eine Größe von 7 033 qm. Bis 1930 nutzte der Vater der Kläger das Grundstück als Ackerland. Nach Aufgabe der Landwirtschaft wurde das Grundstück bis 1956 verpachtet. Danach lag das Grundstück längere Zeit brach, weil eine Verpachtung nicht mehr möglich war.

Bis zum 14.Mai 1971 befand sich das Grundstück in ungeteilter Erbengemeinschaft, bestehend aus den Klägern und ihrer Mutter. Durch Vertrag vom 15.Mai 1971 übertrug die Mutter ihren Eigentumsanteil auf die Kläger. Die Kläger vereinbarten, daß jeder die reale Teilung des Grundstücks verlangen könne. Das Grundstück sollte dann zu 4 532 qm dem einen Beteiligten und zu 2 501 qm dem anderen zufallen. Nachdem des Grundstück nicht mehr verpachtet werden konnte, begannen die Kläger, es in den Jahren 1957 bis 1958 nach und nach durch eigene Arbeit mit Fichten zu bepflanzen, um die Verunkrautung der Fläche mit den nachteiligen Einflüssen auf die Nachbargrundstücke zu vermeiden. Dadurch sollten ständige Pflegearbeiten vermieden werden. Die Kläger beabsichtigten, die Grundstücke später zu bebauen. Eine Waldpflege wurde nicht durchgeführt. Durch Vertrag vom 4.Februar 1979 veräußerten die Kläger das Grundstück, das als Bauerwartungsland klassifiziert war, für 250 000 DM an den Sportbund A.

Nach dem Gutachten des finanzamtlichen Forstsachverständigen befanden sich auf dem Grundstück zum Zeitpunkt des Verkaufes 6 500 25jährige Fichten, deren Holzwert 8 679 DM betrug. Der Kaufpreis entsprach dem qm-Preis für Bauerwartungsland.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging davon aus, daß das Grundstück, das bewertungsrechtlich als Stückländerei eingestuft war, das Betriebsvermögen eines forstwirtschaftlichen Betriebs darstelle. Er sah daher in dem Veräußerungspreis eine Betriebseinnahme und errechnete einen Veräußerungsgewinn aus Land- und Forstwirtschaft von 232 488 DM, den er zu 92 996 DM dem Kläger zu 1 und zu 139 492 DM dem Kläger zu 2 als gemäß § 14 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich begünstigter Veräußerungsgewinn zurechnete. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit der Klage machten die Kläger geltend, daß ein Forstbetrieb nicht vorgelegen habe. Die Bepflanzung sei nicht vorgenommen worden, um aus ihr Nutzen durch Verwertung von Holz zu erzielen, sondern lediglich, um bis zur Realisierung der eigenen Bauabsichten Pflegemaßnahmen auf dem Grundstück zu ersparen. Forstliche Pflegemaßnahmen seien bis zur Veräußerung zu keiner Zeit durchgeführt worden. Das kleine Grundstück könne nicht als Forstgrundstück im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) angesehen werden.

Die Klage hatte nur hinsichtlich der Höhe des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns Erfolg. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte Aufforstungskosten in Höhe von 3 000 DM. Es sah aber das Waldgrundstück als forstwirtschaftlichen Betrieb an.

Mit der Revision bestreiten die Kläger wiederum das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs. Sie beantragen, den gesonderten Feststellungsbescheid vom 30.August 1979 sowie die zugehörige Einspruchsentscheidung unter Aufhebung des FG-Urteils ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Revision ist begründet.

I. Nach der früheren Rechtsprechung des Senats spielte für die Frage, ob ein Wald einen forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt, die Größe des Waldgrundstücks keine entscheidende Rolle. So hat der Senat sog. Bauernwaldungen ohne Rücksicht auf ihre Größe stets als forstwirtschaftliche Betriebe angesehen; ebenso kleine Privatwaldungen. Einzige Voraussetzung für die Annahme eines Forstbetriebs war in derartigen Fällen, daß eine Waldfläche bewirtschaftet und abgeerntet wurde (vgl. z.B. Urteil vom 16.Mai 1963 IV 25/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1964, 194, und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Auffassung wird auch von der Literatur weitgehend geteilt (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, Anm.86 zu § 13 EStG, und Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3.Aufl., 1983, Abschn.A Rdnr.193; andere Auffassung Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, Rdnr.52 ff., die eine bestimmte Mindestgröße an bewirtschafteter Fläche für erforderlich halten).

In neuerer Zeit hat sich der Senat eingehender mit dem Begriff des forstwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des Einkommensteuerrechts befaßt. In dem grundlegenden Urteil vom 18.März 1976 IV R 52/72 (BFHE 118, 441, BStBl II 1976, 482) hat er den Forstbetrieb als eine mit der Absicht der Gewinnerzielung nachhaltig ausgeübte selbständige Tätigkeit definiert, die --unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr-- auf der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Waldbodens zur Gewinnung von Nutzhölzern und ihrer Verwertung im Wege der Holzernte beruht. Für Bauernwaldungen und entsprechende kleine Privatwaldungen, die nur eine oder wenige Altersklassen an Baumbeständen aufweisen, hat er diese Definition dahingehend präzisiert, daß die einzelnen Voraussetzungen --vor allem die Gewinnerzielungsabsicht-- vom Objekt her nicht in jedem Jahr erfüllt sein können, sondern nur innerhalb der Gesamtumtriebszeit der vorhandenen Altersklassen. Diese Gesamtbetrachtung des Waldes von der ersten Aufforstung der Bestände bis zur Holzernte entspricht in gewisser Weise der Auffassung des Großen Senats in der Entscheidung vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751), wonach Gewinnerzielungsabsicht als unabdingbares Merkmal des gewerblichen Unternehmens allgemein das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns ist. Danach kommt es jetzt für die Gewinnerzielungsabsicht auch bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb generell auf das Gesamtergebnis von der Gründung eines Betriebs bis zu seiner Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation an.

Der Senat hat außerdem in dem angeführten Urteil in BFHE 118, 441, BStBl II 1976, 482 näher ausgeführt, daß beim Wald, auch wenn nur eine oder einige Altersklassen vorhanden sind, trotz der häufig um 100 Jahre liegenden Zeit bis zur Ernte der einzelnen Holzbestände nicht nur der Eigentümer Gewinne erzielen kann, dem die Holzernte schließlich zufällt, sondern auch der Eigentümer, der die von ihm selbst aufgeforstete Forstfläche vor der Holzernte an einen Forstwirt veräußert, weil er durch den ihm während der Zeit der Eigentümerschaft zufallenden natürlichen Zuwachs der Nutzhölzer einen jährlichen Wertzuwachs erzielt und damit am Gesamtgewinn, der durch die Nutzung im Wege der Holzernte erzielt wird, sozusagen im Vorgriff teilnimmt.

II. a) Wird daher --wie im Streitfall-- Brachland von relativ geringer Größe, das unstreitig zum Privatvermögen gehörte, aufgeforstet, so ist für die Bejahung eines Forstbetriebs von den objektiven Umständen her zunächst entscheidend, ob der dadurch entstandene Waldbestand bei überschauender Betrachtungsweise mit echter Gewinnabsicht im dargelegten Sinne begründet und bewirtschaftet werden konnte, weil nach seiner Beschaffenheit, d.h. nach dem Umfang und der Qualität des aufgeforsteten Bestandes von Nutzhölzern davon ausgegangen werden konnte, daß die planmäßige Nutzung des Waldbodens zur späteren Gewinnung von Früchten durch die Holzernte einen wirklichen Gewinn im Sinne des Einkommensteuerrechts abwirft. Dabei muß es sich um einen Gewinn handeln, der auch bei Verteilung auf die gesamte Umtriebszeit als wirtschaftlich ins Gewicht fallend angesehen werden kann. Wer z.B. vorhersehbar pro Jahr wegen seiner geringen Nutzfläche nur Erträge erzielen kann, wie sie ein Gartenbesitzer in der Regel erzielt, betreibt keine Land- und Forstwirtschaft, weil ihm das Streben nach einem echten betriebswirtschaftlichen Gewinn fehlt.

b) Selbst die Bejahung der Möglichkeit einer Gewinnerzielungsabsicht im dargelegten Sinne aufgrund der objektiven Umstände schließt aber gerade im Streitfall, der unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits einen Grenzfall darstellt, nach der angeführten Entscheidung des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 nicht die Notwendigkeit der Prüfung aus, ob die Aufforstung der Brachlandfläche subjektiv mit Gewinnabsicht im Hinblick auf eine erstrebte Holzernte oder aus anderen nicht betrieblichen Gründen vorgenommen wurde. Nur im ersteren Fall wäre vom Grundsatz her eine forstwirtschaftliche Betätigung zu bejahen.

Zu a) Die Größe der aufgeforsteten Fläche kann nach der getroffenen Bestimmung der Gewinnerzielungsabsicht schon deshalb nicht bedeutungslos sein, weil von ihr der Umfang des Baumbestandes und damit die Möglichkeit der Erzielung eines ins Gewicht fallenden Gewinnes durch die spätere Holzernte abhängt. Der Senat hat daher in seiner neueren Rechtsprechung stets betont, daß in jedem Fall eine bestimmte Mindestgröße Grundvoraussetzung für die Annahme eines forstwirtschaftlichen Teilbetriebs und ebenso für die Annahme eines Forstbetriebs überhaupt ist. Eine generelle Fixierung dieser Mindestgröße ist nicht möglich, weil sie von den Umständen des Einzelfalles, vor allem von der Art des Nutzholzes abhängt (vgl. BFH-Urteil vom 5.November 1981 IV R 180/77, BFHE 134, 426, BStBl II 1982, 158).

Ob im Streitfall die aufgeforstete Fläche von 0,7 ha die erforderliche Mindestgröße besitzt, hängt danach zunächst davon ab, ob mit dem aufgeforsteten Bestand an Fichten nach Ablauf der Umtriebszeit, die bei etwa 80 Jahren liegen dürfte, durch die Holzernte ein Veräußerungsgewinn hätte erzielt werden können, der als wirtschaftlich ins Gewicht fallender Gewinn für die gesamte Umtriebszeit bezeichnet werden kann.

Die Fläche liegt an sich unter der für einen forstwirtschaftlichen Betrieb im allgemeinen angenommenen Größe, die auch bei Bauernwaldungen erfahrungsgemäß einige Hektar beträgt. (Für Nutzungen außerhalb der eigentlichen forstwirtschaftlichen Nutzung z.B. durch Weihnachtsbaumkulturen gilt etwas anderes.) Immerhin hat das FG festgestellt, daß die Fläche im Zeitpunkt der Veräußerung mit 6 500 25jährigen Fichten bestockt war, deren Holzwert der forstwirtschaftliche Sachverständige mit 8 679 DM berechnet hat. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Umtriebszeit bei Fichten wesentlich länger ist, der Holzwert also bis zur Einschlagsreife beträchtlich gestiegen wäre. Von einem erzielbaren Veräußerungspreis wären aber die vom FG berechneten Aufforstungskosten und die übrigen Betriebskosten, vor allem die Kosten des Einschlags, abzuziehen. Danach verbliebe für einen Forstbetrieb dieser Größe mit nur einer Altersklasse an Fichten ein Gesamtgewinn, der auf die Jahre verteilt pro Jahr wahrscheinlich unter 1 000 DM liegen würde. Es können daher nach den vorstehenden Ausführungen Zweifel aufkommen, ob man das Streben nach einem solchen vom Objekt her bestimmbaren Gewinn wegen der Aufforstung allein als ernste betriebliche Betätigung ansehen kann.

Für einen Bauernwald als Wirtschaftsgut einer Land- und Forstwirtschaft, dessen Gewinn ja nur einen Teilgewinn des Gesamtbetriebs darstellt, mag diese Frage zu bejahen sein.

Zu b) Für einen Wald dieser Größenordnung als möglichen Einzelforstbetrieb von Steuerpflichtigen mit Berufen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft hängt hingegen die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalles ab, vor allem von dem von den betreffenden Steuerpflichtigen mit der bloßen Aufforstung, ohne nachfolgende Bewirtschaftung des Waldes, verfolgten Zweck. So hat z.B. der erkennende Senat in dem von Felsmann (a.a.O., Abschn.A Rdnr.14) zitierten nicht veröffentlichen Urteil vom 23.September 1971 IV R 52/70 (nicht IV R 252/70) zuungunsten des betreffenden Steuerpflichtigen den Standpunkt des FG bestätigt, daß ein 0,7381 ha großer Bauernwald, in dem der Steuerpflichtige ein Einfamilienhaus errichtet hatte, keinen forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt, weil er nicht zur forstwirtschaftlichen Nutzung, sondern zu Erholungszwecken erworben worden sei. Auch im Streitfall standen nach den Feststellungen des FG für die Kläger bei der Aufforstung der 0,7 ha großen Fläche andere, nicht betriebliche Gründe im Vordergrund. Die Kläger bepflanzten die Grundstücksfläche mit Fichten, um die Verunkrautung der Fläche mit den nachteiligen Einflüssen auf die Nachbargrundstücke zu vermeiden, da sie außerstande waren, die erforderlichen Pflegemaßnahmen für das Brachland durch Abmähen, Unkrautbekämpfung usw. periodisch durchzuführen. Sicherlich war den Klägern bekannt, daß der Fichtenbestand in ferner Zukunft nach Ablauf der Umtriebszeit einen Gewinn bringen kann. Daß aber die Bepflanzung nicht von der Absicht der Gewinnerzielung mitbestimmt war, ergibt sich auch daraus, daß die Kläger nach den Feststellungen des FG schon damals beabsichtigten, das Grundstück später zu bebauen, so daß eine Holzernte des schlagreifen Waldes für sie aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht in Betracht kommen konnte und erfahrungsgemäß beim Verkauf eines nicht schlagreifen Waldes zum Zwecke der Bebauung für das Holz kaum Gewinne erzielt werden. Die Erwerber des Grundstücks haben dann auch nur den in dem betreffenden Gebiet üblichen Quadratmeterpreis für Bauerwartungsland bezahlt, ohne den noch nicht schlagreifen 25jährigen Fichtenbestand gesondert zu vergüten.

Im Streitfall fehlt daher mit der Gewinnerzielungsabsicht ein wesentliches Merkmal einer forstwirtschaftlichen Betätigung. Die Kläger, die nach den Feststellungen des FG ein zum Privatvermögen gehörendes Grundstück erworben haben, haben daher im Streitjahr 1979 dieses Grundstück auch als Privatvermögen veräußert. Der dabei erzielte "Gewinn" unterliegt --wie bei allen Privatgrundstücken-- nicht der Besteuerung. Der Klage war danach in vollem Umfange stattzugeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61022

BStBl II 1985, 549

BFHE 144, 67

BFHE 1986, 67

BB 1985, 1962-1963 (ST)

DB 1985, 2180-2182 (ST)

HFR 1986, 11-12 (ST)

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