Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Widerrechtliche Benutzung eines Fahrzeugs liegt auch bei einem Verstoß gegen diejenigen verkehrsrechtlichen Vorschriften vor, die die Vorbedingung des Fahrens bilden, von deren Beachtung also die rechtmäßige Benutzung des Fahrzeugs an sich abhängt. Dies gilt insbesondere, wenn ein zulassungspflichtiges (zulassungspflichtig gewordenes) Fahrzeug ohne vorherige Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen benutzt wird.

Wird ein zulassungspflichtiger Anhänger ohne vorherige Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen, also widerrechtlich benutzt, so kommt die Steuerbefreiungsvorschrift des § 2 Nr. 6 KraftStG auch dann nicht in Betracht, wenn der Anhänger ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen verwendet worden ist.

Auch im Falle der Entrichtung einer Kraftfahrzeugsteuer für den Mindestentrichtungszeitraum von einem Monat wegen widerrechtlicher Benutzung ist ein Aufgeld zu erheben.

 

Normenkette

KraftStG § 1/1/1, § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Nrn. 1, 6, § 13 Abs. 2, 4-5

 

Tatbestand

Es ist streitig, 1. ob ein ausschließlich in einem landwirtschaftlichen Betrieb verwendeter Anhänger, der nicht für eine Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h gekennzeichnet war, widerrechtlich benutzt worden ist und ob trotzdem die Befreiungsvorschrift des § 2 Nr. 6 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1961 (KraftStG) eingreift, 2. ob bei einmaliger Entrichtung einer Kraftfahrzeugsteuer für den Mindestentrichtungszeitraum von einem Monat wegen widerrechtlicher Benutzung ein Aufgeld zu erheben ist.

I. - Der Bf. zu 2 (Steuerpflichtiger), ein Gemüsebauer, hatte nach polizeilicher Feststellung am ... Juli 1961 hinter einer Zugmaschine, deren zulässige Höchstgeschwindigkeit 53 km/h betrug, einen zweiachsigen Anhänger von 3000 kg Gesamtgewicht mitgeführt. An dem Anhänger war ein Kennzeichen des ziehenden Fahrzeugs mit Draht befestigt, aber kein Geschwindigkeitsschild angebracht. Er war nach dem Polizeibericht nicht zum öffentlichen Verkehr zugelassen.

Das Finanzamt setzte wegen widerrechtlicher Benutzung des Anhängers eine Kraftfahrzeugsteuer von 30,30 DM einschließlich Aufgeld für einen Monat fest.

Nach erfolglosem Einspruch legte der Steuerpflichtige gegen die Einspruchsentscheidung Berufung ein, die er im wesentlichen wie folgt begründete: Unstreitig habe er den ausschließlich für landwirtschaftliche Zwecke bestimmten Anhänger hinter einer Zugmaschine im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs mitgeführt. Die Befreiungstatbestände des § 2 Nr. 1 und 6 KraftStG seien als selbständige Tatbestände unabhängig voneinander anzuwenden. Die Ausnahmen von der Besteuerung in § 2 KraftStG träfen auf alle Tatbestände des § 1 KraftStG, also auch auf den der widerrechtlichen Benutzung zu. Deshalb könne an sich dahingestellt bleiben, ob im Streitfall der Anhänger objektiv widerrechtlich benutzt worden sei. Eine widerrechtliche Benutzung sei jedoch zu verneinen, da Verstöße lediglich gegen verkehrspolizeiliche Vorschriften - wie das Fehlen eines Geschwindigkeitsschildes oder gar falsches Parken - unmöglich als widerrechtliche Benutzung im Sinne des KraftStG behandelt werden könnten, die bei besteuerten Fahrzeugen zu einer unzulässigen doppelten Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und zugleich nach Nr. 3 KraftStG führen müßten. Außerdem dürfe die Steuer nur mit 1/12 der Jahressteuer von 337,50 = 28,12 DM, d. h. ohne Aufgeld, festgesetzt werden.

Das Finanzgericht entsprach dem letzteren Begehren, da das Aufgeld (ß 13 Abs. 4 KraftStG) nur bei monatlicher Entrichtung einer an sich geschuldeten Jahressteuer (ß 13 Abs. 1 KraftStG) zu erheben sei, wies aber die Berufung im übrigen als unbegründet zurück. Zwar handle es sich bei § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 KraftStG um zwei Haupttatbestände, die jedoch, im Gegensatz zur Meinung des Steuerpflichtigen, nur alternativ gegeben sein könnten. Denn widerrechtlich im Sinne des § 1 Ab. 1 Nr. 3 KraftStG sei nur der Gebrauch eines Fahrzeugs ohne ein entsprechendes verkehrs- und steuerrechtliches Benutzungsrecht, während ein Verstoß nur gegen verkehrspolizeiliche Vorschriften während der Benutzung, also in Ausübung des Benutzungsrechts, nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG erfülle. - Dagegen komme eine Befreiungsvorschrift nicht in Betracht. § 2 Nr. 1 KraftStG scheide aus, weil der Steuerpflichtigen die Vorschriften des § 18 Abs. 1 Nr. 6a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) nicht beachtet habe, aber auch § 2 Nr. 6 KraftStG, weil die Befreiungstatbestände des § 2 KraftStG sich nur auf gewisse Fälle des Haltens, nicht aber auch der widerrechtlichen Benutzung bezögen. Unerheblich sei, gegen welche Grundlagen des Benutzungsrechts im Einzelfall verstoßen worden sei; deshalb ergebe sich die widerrechtliche Benutzung im Streitfall aus dem Verstoß gegen § 18 StVZO.

Gegen dieses Urteil haben der Steuerpflichtige und der Vorsteher des Finanzamts die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassene Rb. eingelegt.

Der Steuerpflichtige erstrebt Freistellung von der Kraftfahrzeugsteuer und macht geltend, der Steuertatbestand der widerrechtlichen Benutzung bezwecke allein die Steuerpflicht in Fällen, die bei ordnungsgemäßer bzw. widerrechtlicher Benutzung ohnehin entstanden wäre. Deshalb widerspreche die Auffassung des Finanzgerichts, das seine Entscheidung auf die Verletzung einer straßenverkehrsrechtlichen Bestimmung gründe, dem Sinn der Befreiungsvorschrift des KraftStG und verleihe dem § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG den Charakter einer Strafvorschrift, die wegen Nichtberücksichtigung des Schuldmoments und ohne strafverfahrensmäßige Ordnung gegen verfassungsrechtliche Normen verstoßen würde.

Der Vorsteher des Finanzamts stützt seine Rb. darauf, daß nach § 13 Abs. 4, 5 KraftStG in allen Fällen, in denen die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer für einen kürzeren Entrichtungszeitraum als ein Jahr in Betracht komme, auch ein Aufgeld geschuldet werde.

 

Entscheidungsgründe

II. -

Die Prüfung der Rbn. ergibt folgendes:

Als erstes ist die Frage zu entscheiden, ob der Steuerpflichtige seinen Anhänger rechtmäßig oder rechtswidrig benutzt hat.

Für die rechtliche Würdigung ist davon auszugehen, daß Steuergegenstand bei der Kraftfahrzeugsteuer nicht das Fahrzeug (ß 1 Abs. 3 KraftStG) an sich ist, sondern - abgesehen von dem Nebentatbestand der Zuteilung eines Kennzeichens für Probe- und überführungsfahrten (ß 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG) - das Halten eines Fahrzeugs auf Grund des auch verkehrsrechtlich gegebenen Rechts zur dauernden Benutzung des Fahrzeugs auf allen öffentlichen Straßen als Haupt- und Regeltatbestand (ß 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) und - ohne dieses Recht - die tatsächliche, also widerrechtliche Benutzung eines Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen als in sich selbständiger Ergänzungstatbestand (ß 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG). Diese Tatbestände stehen sich also gleichgeordnet in dem Sinne gegenüber, daß der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen (kraftfahrzeugsteuerbar sein) kann wechselweise (alternativ, wie das Finanzgericht sich zutreffend ausdrückt) entweder nur das rechtmäßige Halten oder das in diesem Sinne widerrechtliche Benutzen eines Fahrzeugs. Das Benutzungsrecht muß im Regelfall durch die förmliche Zulassung, d. h. durch die Erteilung einer Betriebserlaubnis und die Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens unter Ausfertigung des Kfz- bzw. Anhängerscheins erworben werden (ß 1 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG -, § 18 Abs. 1, §§ 19 bis 23 StVZO), bei zulassungsfreien Fahrzeugen durch einfache Betriebserlaubnis, die nur für einzelne, im Streitfall nicht interessierende Fahrzeuge entfällt (ß 18 Abs. 2, 3 StVZO).

In übereinstimmung mit diesen Grundsätzen liegt nach der ständigen, bereits vom früheren Reichsfinanzhof begründeten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs demgegenüber eine widerrechtliche Benutzung dann vor, wenn der Eigentümer oder ein Dritter das Fahrzeug zu Fahrten verwendet, die nicht im Rahmen des nach verkehrsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften bestehenden Rechts der Benutzung liegen (Urteile des Bundesfinanzhofs II 255/52 U vom 22. April 1953, BStBl 1953 III S. 213, Slg. Bd. 57 S. 555; II 143/58 U vom 14. Mai 1959, BStBl 1959 III S. 306, Slg. Bd. 69 S. 116; II 204/58 U vom 14. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 72, Slg. Bd. 72 S. 194). Mit anderen Worten ist als widerrechtlich die Benutzung eines Fahrzeugs dann zu bezeichnen, wenn bei ordnungsgemäßer Erfüllung der verkehrs- und steuerrechtlichen Pflichten der Tatbestand des kraftfahrzeugsteuerbaren Haltens oder der Zuteilung eines roten Kennzeichens im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 KraftStG erfüllt wäre. (Die hiervon zu unterscheidende Frage, ob die Erfüllung der in § 1 KraftStG bezeichneten Tatbestandsmerkmale im Einzelfall auch Steuerpflicht auslöst, hängt davon ab, ob nicht eine Ausnahme von der Besteuerung nach § 2 KraftStG oder ein Erlaß der Steuer nach § 3 KraftStG zu gewähren ist: vgl. insoweit zu 2.) Aus diesen Zusammenhängen folgt zugleich, daß als verkehrsrechtliche Vorschriften in obigem Sinne grundsätzlich und insbesondere diejenigen Vorschriften zu gelten haben, die die Vorbedingung des Fahrens bilden (vgl. insoweit schon Urteil des Reichsfinanzhofs II A 417/29 vom 17. September 1929, RStBl 1929 S. 563; Beschluß II F 1/31 vom 20. Januar 1931, Slg. Bd. 27 S. 313; ferner Müller, Straßenverkehrsrecht, 21. Auflage, Anhang 15 KraftStG § 4 Anm. 4, S. 1282), von deren Beachtung also die rechtmäßige Benutzung des Fahrzeugs an sich abhängt (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesfinanzhofs II 204/58 U vom 14. Dezember 1960, a. a. O.). Als verkehrsrechtliche Vorschriften dieser Art, deren Verletzung die Benutzung eines Fahrzeugs zu einer widerrechtlichen macht, kommen bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen aber gerade die o. a. Vorschriften über die Verpflichtung zum Erwerb der Zulassung in Betracht, während demgegenüber die Nichtbeachtung einer verkehrsrechtlichen Vorschrift anderer Art - etwa das Fahren bloß ohne Fahrerlaubnis oder auch nur ohne Mitführen des erteilten Führerscheins (ß 2 StVG, § 4 StVZO), das überschreiten vorgeschriebener Höchstgeschwindigkeiten (etwa nach § 4 Abs. 2, § 9 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung - StVO -) oder Ladegewichte (etwa nach § 34, § 34 a StVZO; vgl. insoweit auch das Urteil des Bundesfinanzhofs II 197/56 U vom 30. Januar 1957, BStBl 1957 III S. 76, Slg. Bd. 64 S. 198) oder gar, wie der Steuerpflichtige anführt, falsches Parken (ß 16 StVO) - eine (bei versteuerten Fahrzeugen zusätzliche) Besteuerung wegen widerrechtlicher Benutzung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG nicht bewirken kann (vgl. auch Egly, Kommentar zum Kraftfahrzeugsteuergesetz, 2. Aufl., Teil II 8 a und f, S. 94 f. u. 102).

Der Steuerpflichtige hat seinen nicht zugelassenen landwirtschaftlichen Anhänger unstreitig hinter einer Zugmaschine mitgeführt, deren Höchstgeschwindigkeit mehr als 20 km/h betrug, ohne daß der Anhänger in der durch § 58 StVZO vorgeschriebenen Weise durch ein Geschwindigkeitsschild gekennzeichnet war. Unabhängig davon, ob die Geschwindigkeit von 20 km/h überschritten worden ist, hatte der Anhänger hierfür seine Zulassungsfreiheit gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 6a StVZO verloren und war wegen Nichtbeachtung der für die Zulassungsfreiheit gestellten Bedingungen unmittelbar zulassungspflichtig geworden (vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., § 18 StVZO Anm. 19 a, S. 557; Floegel-Hartung, Straßenverkehrsrecht, 15. Aufl., StVZO § 18 Tz. 13; Bayer. Oberstes Landesgericht, Urteil vom 25. September 1956 2 St 365/56, Verkehrsblatt 1957 S. 166). Damit entfiel aber ebenso unmittelbar nicht nur auf jeden Fall die Steuerbefreiung aus § 2 Nr. 1 KraftStG, sondern diese Art der Benutzung des Anhängers war zugleich widerrechtlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG, da das Fahrzeug ohne das durch die vorherige Zulassung zu erwerbende Recht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen nicht hätte benutzt werden dürfen. Abgesehen davon, daß der Steuerpflichtige seine Verpflichtung zur Abgabe einer Steueranmeldung (Steuererklärung) nicht erfüllt hatte (ß 7 der Durchführungsverordnung zum Kraftfahrzeugsteuergesetz - KraftStDV - in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 4 KraftStG), ist die Widerrechtlichkeit der Benutzung nicht, wie der Steuerpflichtige anzunehmen scheint, in einer Verletzung bloß straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, etwa dem Nichtanbringen eines Geschwindigkeitsschildes oder der möglichen überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im obigen Sinne zu erblicken, sondern, wie das Finanzgericht mit Recht ausführt, in dem Verstoß gegen die auch kraftfahrzeugsteuerrechtlich bestehenden Grundlagen des Benutzungsrechts des Fahrzeugs überhaupt.

Eine andere Frage ist es, ob für den Anhänger trotz widerrechtlicher Benutzung die Steuerbefreiung nach § 2 Nr. 6 KraftStG zu gewähren ist, weil das Fahrzeug unwidersprochen ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen verwendet worden ist.

Das KraftStG 1935 (RGBl 1935 I S. 407) unterschied ausdrücklich zwischen steuerbefreiten Kraftfahrzeugen (ß 2) und steuerbefreitem Halten (ß 3); demgemäß waren bestimmte Gruppen von Fahrzeugen steuerbefreit ohne Rücksicht darauf, ob sie im Einzelfall rechtmäßig oder widerrechtlich benutzt wurden, während die Befreiung bestimmter Fälle des Haltens von Fahrzeugen nur dem zugute kam, dem das Recht zur Benutzung des Fahrzeugs zu dem begünstigten Zweck zustand (vgl. auch die Begründung zum KraftStG 1935, RStBl 1935 S. 500, 501 zu §§ 2, 3). Nach geltendem Recht ist jedoch - wie bei § 1 KraftStG - davon auszugehen, daß steuerbefreit nicht das Fahrzeug selbst, sondern grundsätzlich nur das Halten der Fahrzeuge zu den in § 2 KraftStG bezeichneten Zwecken ist. Somit gelten die Ausnahmen von der Besteuerung nach dem Wortlaut des § 2 KraftStG nur für den Regeltatbestand des Haltens (ß 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) und gemäß § 1 Abs. 2 KraftStG auch für den Nebentatbestand der Zuteilung eines Kennzeichens für Probe- und überführungsfahrten (ß 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG). Abgesehen von der Sonderbefreiung des § 2 Nr. 1 KraftStG ergibt sich entsprechend dem Einleitungssatz des § 2 KraftStG auch aus anderen Befreiungsvorschriften, in denen es, etwa wegen der Person des Halters, einer ausdrücklichen Erwähnung bedurfte (z. B. § 2 Nrn. 3, 4, 8 bis 12 KraftStG), daß die Steuerbefreiung auch die ordnungsmäßige Zulassung des Fahrzeugs voraussetzt. Es kann dem Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden gesetzgeberischen Ermessens nicht verwehrt werden, die Gewährung einer Steuerbefreiung außer von der eigentlich steuerbegünstigten Zweckverwendung noch von anderen Voraussetzungen, z. B. einem förmlichen Antrag (bei der Kraftfahrzeugsteuer bedarf es nur einer formlosen Geltendmachung - § 13 KraftStDV -) oder aber auch davon abhängig zu machen, daß für das Fahrzeug ordnungsmäßig das Recht zum Gebrauch auf öffentlichen Straßen erworben worden ist. Das Recht und die Pflicht, zu prüfen und zu überwachen, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vorliegen und bestehen geblieben sind, steht im Interesse der gleichmäßigen Besteuerung ausschließlich den Finanzverwaltungsbehörden und den Steuergerichten zu. Deshalb besteht die bereits erwähnte Anmeldepflicht nach § 7 KraftStDV - abgesehen von den Sonderfällen des § 7 Abs. 6, 7 KraftStDV - grundsätzlich hinsichtlich aller Fahrzeuge ohne Rücksicht darauf, ob das Halten im Einzelfall steuerpflichtig ist oder nicht. Es erscheint nicht gerechtfertigt, daß z. B. für ein Wegebaufahrzeug einer Gemeinde (ß 2 Nr. 3 KraftStG) oder für ein Fahrzeug, das mit eigener Triebkraft in das Ausland ausgeführt werden soll (ß 2 Nr. 9 KraftStG), die Steuerbefreiung erst ab der Zulassung für die Gemeinde bzw. ab der Zuteilung des länglichrunden Kennzeichens gewährt wird, daß sie dagegen für ein im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft verwendetes, zulassungspflichtiges (zulassungspflichtig gewordenes) Fahrzeug im Sinne des § 2 Nr. 6 KraftStG auch ohne Zulassung zugestanden werden müßte. Nur die obige Betrachtungsweise gewährleistet auch die gleichmäßige Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften.

Aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich zugleich, daß die Auslegung einer Gesetzesvorschrift, hier des § 2 Nr. 6 KraftStG, nach ihrem Wortlaut, auf den der Steuerpflichtige sich nach den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in einem Rechtsstaat muß verlassen können, auch nicht dem Willen des Gesetzes offensichtlich widerspricht und nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, so daß eine vom Wortlaut abweichende, nur unter den vorbezeichneten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässige Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut nicht gerechtfertigt erscheint (vgl. insoweit zur ständigen Rechtsprechung des Senats die Urteile II 47/62 U vom 22. April 1964, BStBl 1964 III S. 368, Slg. Bd. 79 S. 378, und II 154/61 U vom 16. Dezember 1964, BStBl 1965 III S. 13.

Wie dargelegt, kann eine mehrfache Besteuerung eines Fahrzeugs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 KraftStG zugleich in dem vom Steuerpflichtigen befürchteten Sinne nicht eintreten. Die Versagung der Steuerbefreiung im Streitfall beruht auf dem zulässigen Besteuerungssystem des KraftStG selbst. Die von einem Verschulden unabhängige Besteuerung gewinnt auch dann keinen strafrechtlichen Charakter, wenn der Steuerpflichtige wegen seines verkehrsrechtlichen Verhaltens zugleich mit einer Bestrafung nach verkehrsrechtlichen Vorschriften rechnen muß. (Zur Frage des strafrechtlichen Charakters vergleiche auch für einen allerdings anders gelagerten Tatbestand Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - Bd. 12 S. 264 ff., 274 zu B III 4.)

Der Senat kann sich der Auffassung des Finanzgerichts und des Steuerpflichtigen, daß das Aufgeld nur bei monatlicher Entrichtung der grundsätzlich zu entrichtenden Jahressteuer zu erheben sei, nicht anschließen. Für den Fall der widerrechtlichen Benutzung ist im KraftStG ein besonderer Entrichtungszeitraum nicht festgelegt; es gelten deshalb die allgemeinen Vorschriften des § 13 KraftStG. Dem Steuerpflichtigen steht es frei, statt des Jahresentrichtungszeitraums (ß 13 Abs. 1 KraftStG) einen kürzeren Entrichtungszeitraum nach § 13 Abs. 2 KraftStG zu wählen. (Zur Steuerfestsetzung vergleiche insoweit auch § 12 Abs. 1, besonders Satz 2 KraftStDV.) Das Aufgeld ist aber nach § 13 Abs. 4 KraftStG in allen Fällen des Abs. 2 zu erheben, in denen die Steuer für einen kürzeren als den Jahreszeitraum zu entrichten ist. Eine Einschränkung in dem vom Steuerpflichtigen vorgetragenen Sinne macht das Gesetz nicht. § 13 Abs. 5 KraftStG, dessen Vorschriften über den Mindestentrichtungszeitraum von einem Monat insbesondere auch bei der widerrechtlichen Benutzung eines Fahrzeugs in Betracht kommen, zeigt, daß auch bei der Besteuerung nach diesem Mindestentrichtungszeitraum in übereinstimmung mit der Regelung in Abs. 4 a. a. O. die Steuer einschließlich Aufgeld geschuldet wird.

Wählt der Steuerpflichtige einen kürzeren Entrichtungszeitraum, weil er sein versteuertes Fahrzeug veräußern will oder weil er sein Fahrzeug, für das ihm eine Steuerbefreiung gewährt worden ist, vorübergehend und nur einmal für einen nicht begünstigten Zweck verwenden will, gibt er aber die Veräußerungsabsicht auf oder verwendet er das Fahrzeug nach Ablauf des kürzeren Entrichtungszeitraums innerhalb eines Jahres erneut für einen nicht begünstigten Zweck, so können diese Fälle hinsichtlich des Aufgeldes nicht unterschiedlich und nicht anders behandelt werden als die Fälle, in denen der Steuerpflichtige sein Fahrzeug nur vorübergehend stillegen, aber innerhalb eines Jahres wieder in Betrieb setzen oder mehrfach - wenn auch mit Unterbrechungen - zu einem nicht steuerbegünstigten Zweck verwenden will. Gleiches gilt für die Fälle der widerrechtlichen Benutzung ohne Rücksicht darauf, ob der Steuerpflichtige das Fahrzeug innerhalb eines Jahres nur einmal oder mehrfach widerrechtlich benutzt. Die Erhebung eines Aufgeldes rechtfertigt sich allen diesen Fällen daraus, daß bei kürzeren Entrichtungszeiträumen innerhalb eines Jahres eine wiederholte Steuerfestsetzung erforderlich werden kann.

Da das Finanzamt die Monatssteuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend einschließlich Aufgeld festgesetzt hat, erweist sich die Rb. des Steuerpflichtigen als unbegründet, die des Vorstehers des Finanzamts als begründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411677

BStBl III 1965, 457

BFHE 1965, 584

BFHE 82, 584

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