Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechtes, die der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe nach dem LAG entgegensteht.

In der Auferlegung der Vermögensabgabe nach dem LAG liegt keine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG; ebensowenig bewirkt sie eine Aushöhlung des Eigentums und Verletzung des Art. 19 Abs. 2 GG.

In der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

GG Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 3, 19 Abs. 2, 20 Abs. 1, 25, 100 Abs. 2; LAG Präambel, §§ 1 - 3, 6, 11 - 17,

 

Normenkette

LAG Abs. 1; LAG Ziff. 2; LAG §§ 3, 11-17, 21, 30-31, 203 Abs. 1, § 206; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 3, Art. 19 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1, Art. 25, 100 Abs. 2

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 14.05.1968; Aktenzeichen 2 BvR 544/63)

 

Tatbestand

Der Bf., finnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Finnland, wurde mit den ihm am 21. Juni 1948 gehörigen und in der Bundesrepublik belegenen Mietwohngrundstücken zur Vermögensabgabe herangezogen. Dagegen wandte er sich mit der Begründung, die Heranziehung ausländischer Staatsangehöriger zum deutschen Lastenausgleich sei völkerrechtswidrig.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Mit der Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung bestehenden Rechts. Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

Unter teilweiser Wiederholung seines bisherigen Vorbringens hat sich der Bf. im einzelnen auf ein von ihm vorgelegtes Rechtsgutachten eines Universitätsprofessors - im folgenden als Gutachten bezeichnet - bezogen. In diesem wird insbesondere ausgeführt:

Die Vermögensabgabe strebe im Rahmen einer Gesetzgebung, die den Charakter einer Sozialreform habe, die Umschichtung von Vermögen an. Durch die Vermögensabgabe würden 50 v. H. des Vermögens nach dem Stande vom 21. Juni 1948 ohne Entschädigung enteignet, was einer Konfiskation gleichkomme.

Die Vermögensabgabe sei keine Steuer; für die Beurteilung ihres Rechtscharakters sei nicht das innerstaatliche Recht, sondern das Völkerrecht maßgebend. Zwar stehe auch der völkerrechtliche Eigentumsschutz unter dem Steuervorbehalt. Völkerrechtlich seien diesem aber engere Grenzen als innerstaatlich gezogen. Es gelte im Völkerrechte der Grundsatz der Adäquanz. Selbst wenn die Vermögensabgabe eine Steuer sei, stehe sie möglicherweise nicht mit dem Grundsatz der völkerrechtlichen Adäquanz in Einklang, weil Ausländer von der Entschädigung für Vertreibungsschäden ausgeschlossen seien.

Ausländer dürften im Falle eines Krieges nicht mit außergewöhnlichen Vermögensabgaben belastet werden. Dies ergebe sich aus einer Reihe von völkerrechtlichen Verträgen, die nur die Beachtung einer insoweit bestehenden allgemeinen Regel des Völkerrechtes widerspiegelten, also deklaratorischer Natur seien.

Aus den angeführten Gründen handle es sich bei der Vermögensabgabe um eine entschädigungslose Enteignung, die völkerrechtlich nur gegen volle Entschädigung zulässig sei. Der völkerrechtliche Schutz gehe weiter als der Schutz des Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), sofern nach dieser Vorschrift volle Entschädigung nicht garantiert sei.

Die Prozeßvertreter des Bf. haben sich in der mündlichen Verhandlung auf dieses Gutachten bezogen. Sie haben besonderes Gewicht auf die Behauptung gelegt, es bestehe ein Völkerrechtssatz, der die Heranziehung von Ausländern zu Kriegsfolgelasten verbiete. Die Vermögensabgabe wird nach ihrer Meinung ausschließlich zur Deckung von Kriegslasten erhoben. In teilweisem Widerspruch hierzu und zu dem Gutachten wurde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, es werde nicht behauptet, daß ein Völkerrechtssatz bestehe, der der Heranziehung von Ausländern zum Lastenausgleich entgegenstehe.

Des weiteren macht der Bf. geltend: Die Heranziehung von finnischen Staatsangehörigen zur Vermögensabgabe enthalte im Hinblick auf die Begünstigungen der Angehörigen der Vereinten Nationen durch Art. 6 des Zehnten Teiles des im Rahmen der Pariser und Bonner Verträge geschlossenen Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (überleitungsvertrag) und der durch Staatsverträge zugunsten der schwedischen, schweizerischen und liechtensteinischen Staatsangehörigen eingeräumten Gleichstellung eine Diskriminierung der finnischen Staatsangehörigen und verstoße damit gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher Verstoß liege auch darin, daß Ausländer wie Inländer der Vermögensabgabe unterworfen würden, obwohl die Abgaben des Lastenausgleichs ihre Legitimation allein im Risikoausgleich des verlorenen Krieges fänden, zu dem Ausländer nicht herangezogen werden dürften.

Aus den genannten Gründen sei Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 und 2 GG geboten. Was die völkerrechtliche Frage anlange, so genüge es bereits für die Vorlagepflicht, daß ein Beteiligter des Verfahrens Zweifel geltend mache, ob allgemeine Regeln des Völkerrechts im behaupteten Sinne bestünden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

I. - Die Frage, ob ein Völkerrechtssatz besteht, der der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe entgegensteht, ist umfassender als die, ob ein Völkerrechtssatz besteht, der der Heranziehung von Ausländern zu Kriegsfolgelasten entgegensteht. Eine allgemeine Regel des Völkerrechtes, die der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe nach dem LAG entgegensteht, besteht nicht.

Eine allgemeine Regel des Völkerrechtes, die der entschädigungslosen Enteignung von Auslandsvermögen entgegensteht, würde mit dem Verbot des Art. 14 Abs. 3 GG, jedenfalls was den Enteignungsbegriff anlangt, identisch sein. Liegt deshalb keine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG vor, so kann es auch nicht mehr auf die im Gutachten erörterte Frage ankommen, ob der völkerrechtliche Schutz hinsichtlich der Entschädigung weitergeht als der des Art. 14 Abs. 3 GG. In der Auferlegung der Vermögensabgabe nach dem LAG liegt keine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG. Eine solche bedeutet nach ständiger Rechtsprechung einen Eingriff in das Eigentum oder andere Vermögensrechte, der die betroffenen Einzelpersonen oder Gruppen unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Vergleich zu anderen ungleich und besonders trifft und sie zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwingt, zu einem Opfer, das gerade nicht den Inhalt und die Grenzen der betroffenen Rechtsgattung allgemein und einheitlich festlegt (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 6 S. 280, Bd. 9 S. 400). An diesem Erfordernis fehlt es bei der Vermögensabgabe vor allem deshalb schon, weil sie allen gleichmäßig auferlegt ist. Im übrigen besteht der Zweck der Enteignung in der Gewinnung oder Nutzbarmachung eines bestimmten Rechtes, das unmittelbar für eine festbestimmte öffentliche Aufgabe erforderlich ist (vgl. Roth, Die öffentlichen Abgaben und die Eigentumsgarantie im Bonner Grundgesetz - Heidelberger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Neue Folge, 3. Abhandlung, Heidelberg 1958 - S. 57). Demgegenüber hat die Vermögensabgabe lediglich den Zweck, Geldmittel bereitzustellen, um die nach dem LAG vorgesehenen Ausgleichsleistungen gewähren zu können.

Auch eine Aushöhlung des Eigentums oder Verletzung der Eigentumsinstitutsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG durch die Vermögensabgabe liegt nicht vor. Zwar ist die Vermögensabgabe gesetzlich auf 50 v. H. des abgabepflichtigen Vermögens festgelegt worden. Das Gesetz verlangt aber nicht, daß die Hälfte des Vermögens real abzugeben ist; es hat vielmehr für die Tilgung der Abgabeschuld bei mäßiger Verzinsung einen Zeitraum von 30 Jahren zugelassen. Außerdem ist die Abgabe so gestaltet, daß sie in der Regel aus den Erträgen des Vermögens aufgebracht werden kann; sie stellt für die Abgabepflichtigen lediglich eine zusätzliche Steuerbelastung dar.

Zweck des LAG ist nicht die Umschichtung von Vermögen, sondern die Gewährung von Hilfeleistungen an die durch den Krieg und seine Folgen besonders betroffenen Bevölkerungskreise nach den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit. Dies ergibt sich deutlich aus der Präambel zum LAG. Die erforderlichen Mittel werden - neben einem Beitrage der Länder aus ihrem Aufkommen an Vermögensteuer und einem Beitrag des Bundes aus allgemeinen Steuermitteln (ß 6 LAG) - durch eine Vermögensabgabe und Sonderabgaben auf Schuldnergewinne (ß 3 LAG) aufgebracht. Hierin kommt ein den sozialstaatlichen Grundsätzen des GG (Art. 20 Abs. 1 GG) entsprechender Ausgleichsgedanke zum Ausdruck. Es wurde als ein Erfordernis der sozialen Gerechtigkeit angesehen, trotz des Krieges oder seiner Folgen erhalten gebliebenes Vermögen oder durch die Währungsreform herbeigeführten Wertzuwachs dem Ausgleich dienstbar zu machen. Eine Wegnahme dieser Vermögen wird nicht bezweckt. Hinsichtlich der Vermögensabgabe, die sich auf 50 v. H. des am Währungsstichtage vorhandenen Vermögens beläuft (§§ 21, 30, 31 LAG), geht dies, wie bereits erwähnt, daraus hervor, daß für die Tilgung bei mäßiger Verzinsung ein Zeitraum von 30 Jahren zugelassen ist (ß 34 LAG). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, daß nach § 203 LAG die allgemein zur Vermeidung von Härten bei Steuern geltenden Vorschriften der AO über Stundung (ß 127 AO) und Erlaß (ß 131 AO) anwendbar sind. Bei einer sozialen Umschichtung handelt es sich dagegen, wie Werner Weber in Neumann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte, Bd. 2 S. 348 f., mit Recht ausführt, um die "Depossedierung bestimmter Eigentümerklassen, die ein sozialistischer oder sozialreformerischer Gestaltungswille nicht mehr als Träger ihrer bisherigen wirtschaftlichen Machtstellung gelten lassen will". Solche Ziele sind dem LAG fremd. Wie wenig im Falle des Bf. auch nur von einer Gefährdung seines Vermögens durch die Vermögensabgabe gesprochen werden kann, geht daraus hervor, daß sein der Vermögensabgabe unterliegendes Vermögen mit einem Betrage belastet wird, der jährlich 2,2 v. H. des der Abgabe unterliegenden Vermögens gleichkommt. Dabei ist noch zu bedenken, daß die der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögenswerte, nämlich die Grundstücke des Bf., mit den Einheitswerten (Wertbasis 1. Januar 1935) angesetzt sind, und daß deren gemeine Werte (Verkehrswerte) weit über den Einheitswerten liegen.

Wie der Senat in seiner Entscheidung III 165/57 U vom 18. April 1958 (BStBl 1958 III S. 250, Slg. Bd. 66 S. 654) bereits ausgesprochen hat, ist die Vermögensabgabe eine Steuer. Sie wird als solche auch behandelt, wie sich aus dem Einbau in das deutsche Steuersystem ergibt. Das ist ausdrücklich in § 203 Abs. 1 LAG betont und wird durch die Abzugsfähigkeit eines Teiles der Vierteljahrsbeträge bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer (ß 211 LAG), die Abzugsfähigkeit des Zeitwertes der Vermögensabgabe bei den Steuern vom Vermögen (§§ 206 ff. LAG) und den niedrigeren Steuersatz bei der Vermögensteuer gemäß § 8 des Vermögensteuergesetzes in der durch § 226 Ziff. 6 LAG gegebenen Fassung unterstrichen.

Wenn das Gutachten hervorhebt, der Steuerbegriff bestimme sich nicht allein nach innerstaatlichem Rechte, sondern müsse auch dem völkerrechtlichen Sprachgebrauche entsprechen, so mag dies, sofern eine Abgrenzung gegenüber der Enteignung in Betracht kommt, wesentlich sein. Völkerrechtliches Vertragsrecht beweist aber die übereinstimmung der Begriffe. Sie kommt in zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen zum Ausdruck. Auf die Abkommen mit der Schweiz vom 6. Juli 1956 (BGBl 1957 II S. 470 ff.), Schweden vom 22. März 1956 (BGBl 1956 II S. 811, 823 f.), Belgien vom 24. September 1956 (BGBl 1958 II S. 262, 268), Spanien vom 8. April 1958 (BGBl 1959 II S. 245, 247), österreich vom 27. Juni 1951 (BGBl 1951 II S. 151) und vom 4. Oktober 1954 (BGBl 1955 II S. 749 ff., insbesondere S. 753 (Art. 23 Abs. 2) sowie S. 754 (Schlußprotokoll, Punkt 29)) sei hingewiesen.

Auch die im Gutachten für den Fall, daß es sich bei der Vermögensabgabe um eine Steuer handelt, herangezogene Adäquanztheorie nach Ernst Isay, Internationales Finanzrecht, 1934 S. 51 ff., spricht nicht für die völkerrechtliche Unzulässigkeit der Vermögensabgabe. Isay führt aus, Ausländer mit Wohnsitz im Auslande dürften mit ihrem Inlandvermögen nicht zu einer Vermögensteuer herangezogen werden, weil die Vorteile, die ihnen das Inland biete, nicht in angemessenem Verhältnis zur Belastung ihres Inlandvermögens mit einer Vermögensteuer stünden; diese Auffassung bildet ein Korrelat zu seiner Behauptung (a. a. O. S. 45 ff.), die beschränkte Steuerpflicht von im Ausland ansässigen Inländern in bezug auf Vermögen und Einkommen sei - obwohl meist praktiziert - nicht völkerrechtlich geboten, sondern entspreche nur praktischen Bedürfnissen. Es handelt sich hierbei nur um eine völkerrechtliche Lehrmeinung, die in den Rahmen solcher Meinungsäußerungen gehört, mit denen völkerrechtspolitisch Anzustrebendes erörtert wird. Isay behauptet auch nicht, daß seine Auffassung einer verbreiteten Lehrmeinung oder gar der völkerrechtlichen Praxis entspreche (a. a. O. S. 51). Daraus, daß Ausländer nach dem LAG keine Entschädigung für Vertreibungsschäden erhalten, die ihrer Natur nach nur bei Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder Volkszugehörigkeit entstehen können (ß 11 LAG), kann jedenfalls eine völkerrechtliche Unzulässigkeit der von dem Inlandsvermögen der Ausländer erhobenen Vermögensabgabe nicht hergeleitet werden. Die völkerrechtliche Vertragspraxis der erwähnten Doppelbesteuerungsabkommen, in denen die Vermögensabgabe als zulässig behandelt wird, bestätigt dies. überhaupt zeigt die bekannte Staatenpraxis wegen der Vermögensteuer im allgemeinen, daß sich die Lehrmeinung von der Adäquanz keineswegs durchgesetzt hat, also dem geltenden Völkerrechte mit den im Gutachten erwogenen Folgen nicht zugehören kann.

In der Entscheidung II 323/59 U vom 1. März 1963 (BStBl 1963 III S. 300) hat der Senat bereits ausgeführt, daß eine völkerrechtliche Regel, wonach Ausländer nicht zu Kriegsfolgelasten herangezogen werden dürfen, nicht besteht. Auf die Gründe dieser Entscheidung, die auch zu dem vom Bf. vorgelegten Gutachten insoweit Stellung nehmen, wird verwiesen. Ohne Belang ist es hierbei, wie weit der Begriff der Kriegsfolgelasten zu ziehen ist.

Den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, es gebe ein besonderes Rechtsverhältnis in bezug auf die Liquidation des Krieges, woraus völkerrechtlich die Verpflichtung folge, Angehörige nicht am Kriege beteiligter Staaten nicht zu Abgaben oder Steuern heranzuziehen, die in Zusammenhang mit Kriegsfolgen erhoben würden, fehlt es an der erforderlichen rechtlichen Grundlage.

II. - In der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Fehl geht zunächst der Einwand des Bf., eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ergebe sich aus der Sonderbehandlung der Angehörigen der Vereinten Nationen und der diesen gleichgestellten schweizerischen, schwedischen und liechtensteinischen Staatsangehörigen, die teilweise vom Lastenausgleich befreit sind. Der Gesetzgeber ist an den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in dem Sinne gebunden, daß er weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandeln darf (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 1 S. 52, Bd. 1 S. 247, Bd. 4 S. 155). Wenn im Rahmen des LAG Angehörige der Vereinten Nationen und Angehörige von solchen neutralen Staaten, mit denen besondere Verträge über die Heranziehung ihrer Angehörigen zum Lastenausgleich abgeschlossen worden sind, günstiger behandelt werden als sonstige ausländische Staatsangehörige, liegt darin keine willkürliche Behandlung. Denn die günstigere Behandlung des angeführten Personenkreises beruht zum Teil auf Besatzungsrecht, zum Teil auf völkerrechtlichen, den Gesetzgeber des LAG bindenden Verträgen.

Ebensowenig liegt eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG darin, daß der Gesetzgeber Ausländer vom Lastenausgleich nicht deshalb ausgenommen hat, weil diese Abgaben ihre Legitimation, wie der Bf. meint, im Risikoausgleich des verlorenen Krieges trügen. Der Bf. will dies daraus herleiten, daß die Vermögensabgabe im Hinblick auf ihre Zweckgebundenheit personenbezogen sei. Sie diene der Deckung von Lasten des verlorenen Krieges und ergebe sich aus der Risikogemeinschaft der deutschen Staatsbürger. Da nur diese, nicht aber Ausländer an der politischen Willensbildung hätten teilhaben können, habe das LAG ein im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG wesentliches Unterscheidungsmerkmal außer acht gelassen, wenn es Ausländer von der Vermögensabgabe nicht freistelle. - In der mündlichen Verhandlung ist insoweit, in Erweiterung dieser Gedankengänge, auch auf die Ausführungen von Kaufmann, Die Reparationsschäden, Archiv des öffentlichen Rechts Bd. 88 S. 35, hingewiesen und ausgeführt worden, nur die Gefahrengemeinschaft, nationale Solidarität und Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes bildeten den Grund für den Lastenausgleich. Hierauf kann sich der Bf. jedoch nicht berufen. Die dortigen Ausführungen betreffen die Leistungen nach dem LAG und stehen in keinem Zusammenhange mit Erörterungen über den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die erwähnten Gemeinschaftsbegriffe werden nur angeführt, um darzutun, der Gesetzgeber habe für Kriegs- und Verteidigungsschäden zu Recht vollen Ersatz der Schäden nicht vorgesehen. Wegen der Heranziehung von Vermögen zu den Abgaben des Lastenausgleichs wird auf dessen Erhaltung gegenüber den eingetretenen Verlusten verwiesen und die Heranziehung als billig bezeichnet.

Abgesehen davon ist zu bemerken: Wenn aus der nicht in allen Beziehungen bestehenden Kongruenz des Personenkreises der Abgabepflichtigen und der Leistungsberechtigten in bezug auf die Heranziehung der Ausländer zu den Abgaben des Lastenausgleichs eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende mangelnde Differenzierung hergeleitet werden soll, so ist dies irrig. Das LAG stellt es auf der Abgabenseite nur auf die Erhaltung von Vermögen gegenüber den in der Kriegs- und Nachkriegszeit infolge der Vertreibungen und Zerstörungen sowie durch die Währungsumstellung eingetretenen Schäden und Verlusten ab (Hinweis auf Präambel sowie die §§ 1 bis 3 LAG). Es behandelt Inländer und Ausländer in bezug auf das der Heranziehung zu den Abgaben des Lastenausgleichs unterliegende Vermögen, wie sich aus §§ 16, 17 LAG ergibt, gleich. Was die Heranziehung der deutschen Staatsbürger zu den Abgaben des Lastenausgleichs anlangt, so mögen hierfür Gesichtspunkte der Risiko- oder Gefahrengemeinschaft, der nationalen Solidarität oder Schicksalsgemeinschaft zur besonderen moralischen Stütze mitangeführt werden können. Eine rechtliche Bedeutung kommt dem nicht zu, weil solche Motivierungen im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen sind. Ihrer bedarf es auch nicht, weil sich das Recht des Bundes zur Auferlegung der Abgaben bereits aus seiner Steuerhoheit ergibt, die durch die Art der Verwendung des Steueraufkommens keine Einschränkung erfährt.

Die Art der Verwendung des Aufkommens aus den Abgaben des Lastenausgleichs kann noch weniger ein Argument dafür bilden, der Gesetzgeber habe es in bezug auf die zu den Abgaben herangezogenen Personenkreise an der durch Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Differenzierung fehlen lassen. Es enthält einen Trugschluß, wenn dieses Argument auf die enge Verknüpfung von Abgaben und Leistungen durch die Zweckgebundenheit des Ausgleichsfonds gestützt wird. Die Rechtslage im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist hier nicht anders, als wenn der Gesetzgeber sich dafür entschieden hätte, von der Zweckgebundenheit eines durch besondere Abgaben mit aufgebrachten (Hinweis auf §§ 3, 5 - 6 LAG) besonderen Fonds abzusehen, die ihm erforderlich erscheinenden Leistungen nicht nur teilweise - wie nach dem LAG -, sondern ausschließlich aus allgemeinen Steuermitteln aufzubringen und zu diesem Zwecke etwa eine besondere Vermögensteuer einzuführen. Daß hier eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Leistungsseite gar nicht in Betracht käme, liegt auf der Hand. Bei der Zweckgebundenheit von Abgaben kann nichts anderes gelten. Sie hat nur auf die Art der Verwendung, nicht aber auf die Aufbringung der Mittel Bezug. Die Zweckgebundenheit der Abgaben des Lastenausgleichs ist nicht mehr als ein haushaltstechnisches Hilfsmittel, um die Leistungen mit dem sich auf einen langen Zeitraum erstreckenden Aufkommen der Mittel in Einklang zu bringen.

überdies fand sich, was die Gefahren- oder Risikogemeinschaft anlangt, der Ausländer in diese mit seinem Inlandvermögen in gleicher Weise wie der Inländer hineingestellt. Die nationalbedingte Schicksalsgemeinschaft kann man zwar nicht als Begründung für die Heranziehung von Ausländern zu den Abgaben des Lastenausgleichs anführen. Das LAG läßt den Ausländer aber auf der Leistungsseite - wie in diese hineingestellt - an allen Vergünstigungen teilhaben, die der Natur der Sache nach für ihn überhaupt in Betracht kommen (Kriegssachschäden - § 13 LAG -, Ostschäden - § 14 LAG -, Sparerschäden - § 15 in Verbindung mit den §§ 240, 245 Ziff. 4, 249 a LAG -).

Daß der Ausländer nicht Vertriebener (ß 11 LAG) sein und demgemäß keinen Vertreibungsschaden (ß 12 LAG) ersetzt erhalten kann, ist ohne Belang, weil ihm Vertreibungsschäden nicht entstehen konnten. Er steht damit denjenigen Gruppen von Abgabepflichtigen gleich, die ebenfalls gewisse Schäden nicht erlitten haben und dementsprechend auch nicht ersetzt erhalten können. Es sei hierbei nur auf die juristischen Personen hingewiesen, die zwar zu den Abgaben des Lastenausgleichs herangezogen werden (ß 16 Abs. 1 Ziff. 2 und § 17 Abs. 1 Ziff. 2 LAG), aber keine solchen Entschädigungen erhalten können, die natürlichen Personen vorbehalten sind, z. B. Hausratsentschädigung (§§ 293 ff. LAG).

Abschließend ist festzustellen, daß die Vermögensabgabe ebensowenig wie die Vermögensteuer eine in besonderer Weise personenbezogene Steuer ist, die zur Wahrung des in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Differenzierungsgebotes nicht von Ausländern erhoben werden dürfte.

III. - Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist nicht erforderlich, weil der Senat eine Verletzung des GG nicht festgestellt, insbesondere keinen Zweifel daran hat, daß eine allgemeine völkerrechtliche Regel, die der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe entgegensteht, nicht besteht. Daß eine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG nicht schon dann in Betracht kommt, wenn ein am Verfahren Beteiligter Zweifel geltend macht, hat der Senat in der oben erwähnten Entscheidung III 323/59 U bereits zum Ausdruck gebracht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410809

BStBl III 1963, 413

BFHE 1964, 258

BFHE 77, 258

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