Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsaufgabe - Betriebsunterbrechung - Betriebsverpachtung - Aufdeckung stiller Reserven - Bewertung eines GmbH-Geschäftsanteils - "ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse" bei der Bewertung - Zulässigkeit richterlicher Rechtsfortbildung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Betriebsunterbrechung und damit ein Aufschub der nach § 16 Abs. 3 EStG für den Fall der Betriebsaufgabe vorgeschriebenen Aufdeckung stiller Reserven kommt nicht in Betracht, wenn der Unternehmer seine werbende Tätigkeit einstellt und keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden sind, die einem später identitätswahrend fortgeführten Betrieb dienen könnten (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276).

 

Orientierungssatz

1. Die Aufgabe eines Betriebs (§ 16 Abs. 3 EStG) führt notwendigerweise dazu, daß eine im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligung an einer GmbH entnommen wird. Hat in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe anläßlich einer Kapitalerhöhung der GmbH ein neu eintretender Gesellschafter die neuen Anteile entgeltlich entnommen, kann hieraus der für die Betriebsaufgabe anzusetzende gemeine Wert abgeleitet werden. Der Umstand, daß der eintretende Gesellschafter die "Arbeitskraft" des bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH "einkaufen" wollte und daher einen höheren Preis für die Anteile bezahlt hat, stellt keine ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse i.S. des § 9 Abs.2 Satz 3 BewG dar.

2. Stellt ein Unternehmen seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, ohne die Betriebsaufgabe zu erklären, kann eine --den Fortbestand des Betriebs unberührt lassende-- Betriebsunterbrechung vorliegen. Diese kann auch --je nach Einzelfall-- länger als zwei Jahre bestehen. Sie darf aber nicht zu "ewigem Betriebsvermögen" führen. Die bei der Betriebseinstellung zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter müssen es ermöglichen, den Betrieb jederzeit wieder aufzunehmen. Es gilt hier nichts anderes als bei der Betriebsverpachtung, die wie das Ruhen des Gewerbebetriebs ein Unterfall der Betriebsunterbrechung im weiteren Sinne ist (Anschluß an BFH-Urteil vom 28.9.1995 IV R 39/94).

3. Für ein --als ruhender Gewerbebetrieb fortbestehendes-- Einzelunternehmen, dessen einzige wesentliche Betriebsgrundlage eine 100-%ige Beteiligung an einer GmbH darstellt, wird der Tatbestand der Betriebsaufgabe verwirklicht, wenn der Inhaber und bisherige Alleingesellschafter der GmbH im Zuge einer Kapitalerhöhung 50 % der GmbH-Anteile verkauft und sich gegenüber der GmbH zu einem fünfjährigen Wettbewerbsverbot verpflichtet.

4. Eine Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, daß der bisherige Betriebsinhaber die wesentlichen Grundlagen --in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer-- verpachtet oder aber darin, daß er seine Erwerbstätigkeit ruhen läßt. Das "Ruhen des Betriebs" --die Betriebsunterbrechung im engeren Sinne-- setzt voraus, daß bei Einstellung der werbenden Tätigkeit die Absicht besteht und die Verwirklichung der Absicht nach den äußerlich erkennbaren Umständen wahrscheinlich ist, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, so daß der stillgelegte und der (wieder-)eröffnete Betrieb als identisch anzusehen sind (vgl. BFH-Rechtsprechung).

5. Die richterrechtlich entwickelten Ausnahmen von § 16 Abs.3 EStG (Betriebsverpachtung, Ruhen des Betriebs) müssen eng ausgelegt werden. Denn die Rechtsprechung darf weder neue Steuertatbestände noch vom Gesetzgeber nicht vorgesehene steuerentlastende Ausnahmen schaffen. Die Gerichte sind auch nicht befugt, die spezialgesetzlichen Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts oder die zum Strukturwandel eines Betriebs und zu Einbringungsvorgängen entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden.

 

Normenkette

BewG 1974 § 11 Abs. 2 S. 2, § 9 Abs. 2 S. 3, Abs. 3; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 16 Abs. 3 S. 3, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

FG Köln (Entscheidung vom 20.12.1994; Aktenzeichen 2 K 169/92)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1981 Inhaber eines Einzelunternehmens, das die Erstellung schlüsselfertiger Bauten zum Gegenstand hatte. Zum Betriebsvermögen dieses Unternehmens gehörte eine 100 %ige Beteiligung an der A-GmbH (im folgenden: GmbH), die in den Bilanzen zum Nominalwert von 100 000 DM aktiviert war. Die Geschäftsanteile an der GmbH sind bei der Einheitsbewertung auf die Stichtage 31. Dezember 1985, 1987 bis 1989 mit 213 DM, 241 DM, 400 DM und 228 DM je 100 DM Stammkapital bewertet worden.

Im Jahre 1987 stellte der Kläger die werbende Tätigkeit seines Einzelunternehmens ein, erklärte jedoch nicht die Betriebsaufgabe; insbesondere erstellte er für 1987 weder eine Aufgabebilanz noch erklärte er einen Aufgabegewinn. Hierzu teilte er wiederholt mit, das Einzelunternehmen "ruhe" seit dem 1. Januar 1988. In der Bilanz des Einzelunternehmens zum 31. Dezember 1987 sind neben den Geschäftsanteilen an der GmbH Anteile an der B-Bank in Höhe von 200 DM, ein Guthaben bei dieser Bank, Steuererstattungsansprüche und eine Verrechnungsforderung gegenüber der GmbH aktiviert.

Mit Vertrag vom 1. Juni 1988 wurde das Gesellschaftskapital der GmbH um 100 000 DM auf 200 000 DM erhöht. Der Kläger übernahm das Stammkapital auf die erhöhte Stammeinlage und veräußerte noch in derselben notariellen Urkunde den aus der Kapitalerhöhung erwachsenden zukünftigen Geschäftsanteil an die C-GmbH & Co. KG (im folgenden: C-KG) zum Kaufpreis von 400 000 DM. Im unmittelbaren Anschluß an die Ausgabe des Geschäftsanteils schloß der Kläger, der seit jeher Geschäftsführer der GmbH gewesen war, mit dieser eine privatschriftliche Vereinbarung. Hierin verpflichtete er sich mit Wirkung vom 1. Januar 1988, die GmbH weiterhin --mindestens bis zum 31. Dezember 1995-- zu vertreten und ihre Geschäfte zu führen. Eine entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit war ihm nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung gestattet.

Bereits vor dem 1. Juni 1988 hatte der Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) u.a. dargelegt, daß er sich bei Zustandekommen der beabsichtigten Kapitalerhöhung verpflichten werde, mit seinem Einzelunternehmen für die Dauer von fünf Jahren keine Umsätze mehr zu tätigen. Es sei aber "durchaus denkbar", daß nach Ablauf der fünf Jahre "die gewerbliche Tätigkeit des Einzelunternehmens wieder aufgenommen" werde.

Bei der Veranlagung für das Streitjahr 1988 vertrat das FA die Auffassung, daß der Kläger einen tarifbegünstigten Aufgabegewinn in Höhe von 600 360 DM erzielt habe. Dieser Gewinn errechnet sich aus einem der Höhe nach unstreitigen Betrag von 300 000 DM (von der C-KG gezahlte 400 000 DM ./. Buchwert von 100 000 DM) aus der Veräußerung des GmbH-Geschäftsanteils, einem ebenfalls der Höhe nach unstreitigen Gewinn von 360 DM aus der Veräußerung anderer Wirtschaftsgüter und einem vom FA angenommenen Gewinn in Höhe von weiteren 300 000 DM (400 000 DM ./. 100 000 DM) aus der Überführung des GmbH-Geschäftsanteils in das Privatvermögen.

Gegen diese Sachbehandlung hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren, das sich auf die "Höhe des Entnahmewerts" beschränkte, Klage erhoben. Die am 25. Februar 1992 und 14. Juli 1993 ergangenen Änderungsbescheide hat er zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (§ 68 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Seiner Auffassung nach sei in Betracht zu ziehen, daß bereits die Einstellung der werbenden Tätigkeit im Jahre 1987 zu einer Aufgabe des Einzelunternehmens geführt habe.

Jedenfalls habe das FA den Gewinn der Höhe nach unzutreffend ermittelt. Die in das Privatvermögen überführte GmbH-Beteiligung sei mit ihrem Nennwert von 100 000 DM anzusetzen. Das FA habe sich zu Unrecht an dem Preis für den veräußerten anderen Geschäftsanteil orientiert. Die C-KG habe den Betrag von 400 000 DM nur deshalb gezahlt, weil er, der Kläger, sich zugleich verpflichtet habe, der GmbH für weitere 7 Jahre als Geschäftsführer zur Verfügung zu stehen. Ohne diese Verpflichtung wäre für den Geschäftsanteil nur der Nominalwert von 100 000 DM vergütet worden. Der Wert der GmbH sei ausschließlich in seiner, des Klägers, Arbeitskraft und in seinen persönlichen Kenntnissen begründet gewesen. Wäre er aus unvorhergesehenen Gründen vorzeitig als Geschäftsführer ausgeschieden, hätte die C-KG eine Teilwertabschreibung vornehmen können. Die Richtigkeit seiner Überlegung werde dadurch bestätigt, daß im Jahre 1991 das Kapital der GmbH erneut erhöht worden sei und allein er, der Kläger, die hierdurch entstandenen neuen Anteile ohne Aufgeld übernommen habe. Die Mitgesellschafterin habe dem zugestimmt. Dies lasse den Rückschluß zu, daß im Streitjahr ebenfalls kein "Mehrwert der Anteile" vorhanden gewesen sei. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß die im Rahmen der Einheitsbewertung der GmbH-Geschäftsanteile sowohl in den Vorjahren als auch in der Folgezeit angesetzten Werte erheblich niedriger seien als 400 DM je 100 DM Stammkapital.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 363.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor: Bei zutreffender Würdigung des Sachverhalts hätte das FG zur Auffassung kommen müssen, daß eine Betriebsaufgabe bereits im Jahre 1987 stattgefunden habe. Er, der Kläger, hätte dann den steuerlichen Vorteil, daß der nach § 16 Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1988 anzusetzende gemeine Wert des in das Privatvermögen übergehenden Geschäftsanteils niedriger anzusetzen sei, sofern nicht ohnehin ein Fall des Strukturwandels vorliege. Sei der Betrieb im Jahre 1987 unterbrochen worden, stelle sich die Frage, wann diese Betriebsunterbrechung beendet sei. Die Annahme des FG, dies sei zum 1. Juni 1988 geschehen, sei inkonsequent und in sich widersprüchlich. Das bloße Innehaben eines --wenn auch wertvollen-- Gegenstandes des Finanzanlagevermögens könne bei einem Bauunternehmen nicht ausschlaggebend sein. Ein Zeitraum von 5 Jahren, in dem er mit seinem Einzelunternehmen keine Umsätze mehr habe tätigen dürfen, sei durchaus "überschaubar" im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung zur Betriebsunterbrechung. Jedenfalls sei der "alte" Geschäftsanteil nicht im Streitjahr 1988 in das Privatvermögen übergegangen.

Hinsichtlich der Höhe des Aufgabegewinns habe das FG die §§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG, 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) und § 9 Abs. 2 BewG unzutreffend angewandt. Die Erwerberin des jungen Geschäftsanteils habe mit diesem Erwerb seine, des Klägers, Arbeitskraft "einkaufen" wollen. Der wahre Wert des Geschäftsanteils ergebe sich aus den Festsetzungen des gemeinen Werts der Geschäftsanteile für die Vorjahre und die Folgejahre. Das FG führe zutreffend aus, daß der junge Anteil und der alte Anteil in jeder Hinsicht gleichwertig gewesen seien. Auch wenn der Kläger anstelle des jungen den alten Geschäftsanteil veräußert hätte, wäre der Kaufpreis ebenso hoch gewesen. Das FG habe übersehen, daß der verbleibende Geschäftsanteil für die Erwerber nicht mehr denselben Wert hatte, gleichgültig, ob es der alte oder der junge Geschäftsanteil war. Er, der Kläger, habe sich schon anläßlich des ersten Verkaufs für einige Jahre an die GmbH gebunden; für den fiktiven Käufer des weiteren Geschäftsanteils habe es somit keinen Grund mehr gegeben, ein Aufgeld zu zahlen. Der fiktive weitere Käufer hätte sich vielmehr allein an den Ertragsaussichten der GmbH orientiert, und diese würden in etwa durch die vom FA vor und nach dem Verkauf festgestellten gemeinen Werte repräsentiert.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 1991 aufzuheben und die Einkommensteuer 1988 unter Abänderung des Bescheides vom 14. Juli 1993 unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens (Einkünfte aus Gewerbebetrieb --Veräußerungsgewinn-- 300 360 DM statt 600 360 DM) herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger im Streitjahr einen Aufgabegewinn in der vom FA angenommenen Höhe erzielt hat.

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb u.a. der Gewinn aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs. Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe eines Gewerbebetriebes (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Die Aufgabe eines Betriebs (§ 16 Abs. 3 EStG) führt notwendigerweise dazu, daß eine im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligung an einer GmbH entnommen wird (Senatsurteil vom 17. April 1996 X R 128/94, BFH/NV 1996, 877). Der Geschäftsanteil an der GmbH ist bei der Ermittlung eines Aufgabegewinns mit seinem gemeinen Wert (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung) anzusetzen. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß der Kläger sein Einzelunternehmen im Streitjahr 1988 aufgegeben und nicht lediglich unterbrochen hat. Den Wert des folglich in das Privatvermögen überführten GmbH-Anteils hat das FG zutreffend mit 400 000 DM angesetzt.

2. Der GmbH-Geschäftsanteil hatte seine Rechtsqualität als Betriebsvermögen nicht dadurch verloren, daß der Kläger im Verlaufe des Jahres 1987 seine werbende Tätigkeit einstellte. Das FG hat unter zutreffender Anwendung der in den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 1990 III R 31/87 (BFHE 159, 199, BStBl II 1990, 383) und vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89 (BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392) enthaltenen Rechtsgrundsätze angenommen, daß das Einzelunternehmen des Klägers bis Mitte des Jahres 1988 als ruhender Gewerbebetrieb fortbestanden hat. Denn dem Kläger sei es möglich gewesen, seine bisherigen Aktivitäten wieder aufzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 200/72, BFHE 119, 430, BStBl II 1976, 672). Nach den äußerlich erkennbaren Umständen habe er auch die Absicht gehabt, seine Tätigkeit als Einzelunternehmer - -zumindest unter bestimmten Voraussetzungen-- innerhalb eines überschaubaren Zeitraums fortzusetzen. Darauf weise bereits die Tatsache hin, daß er für das Jahr 1987 weder eine Aufgabebilanz erstellt noch einen Aufgabegewinn erklärt habe. Er müsse sich an seinen diesbezüglichen Erklärungen in seinen Schreiben vom 17. Februar 1988 und vom 5. April 1988 sowie in seiner Einkommensteuererklärung 1987 festhalten lassen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE 143, 436, 438, BStBl II 1985, 456, 457). Diese Auffassung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Das FG hat weiterhin zu Recht angenommen, daß der Kläger mit der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots am 1. Juni 1988 seine Tätigkeit als Einzelunternehmer aufgegeben hat. Die Rechtsgrundsätze über das Ruhen des Gewerbebetriebs sind im Streitfall nicht anwendbar.

a) Stellt ein Unternehmen seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt hierin nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann sich auch als Betriebsunterbrechung darstellen, die den Fortbestand des Betriebs unberührt läßt (BFH-Urteile in BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456; vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276). Die Rechtsprechung lehnt es indes ab, dem Steuerpflichtigen "ewiges Betriebsvermögen" zu belassen (Urteile in BFH/NV 1996, 877, und in BFHE 179, 75, 79, BStBl II 1996, 276, unter 1.).

Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, daß der bisherige Betriebsinhaber die wesentlichen Grundlagen --in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer-- verpachtet oder aber darin, daß er seine Erwerbstätigkeit ruhen läßt. Das "Ruhen des Betriebs" --die Betriebsunterbrechung im engeren Sinne-- setzt voraus, daß bei Einstellung der werbenden Tätigkeit die Absicht besteht und die Verwirklichung der Absicht nach den äußerlich erkennbaren Umständen wahrscheinlich ist, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, so daß der stillgelegte und der (wieder-)eröffnete Betrieb als identisch anzusehen sind (BFH-Urteile in BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456; vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, und in BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, unter II. 2., m.w.N.).

Hierzu hat der IV. Senat in BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276 klargestellt, daß den bislang höchstrichterlich entschiedenen Fällen Sachverhalte zugrunde gelegen haben, bei denen wesentliche Betriebsgrundlagen zerstört, veräußert oder aufgegeben worden waren. Werde andererseits die ihrer Natur nach gewerbliche Tätigkeit eines Betriebs aufgegeben und werde das --bisher gewerblich genutzte-- Grundvermögen (Betriebsvermögen) vermietet, so seien angesichts der Erklärung des Inhabers, der Betrieb werde "bei sich bietender Gelegenheit wieder aufgenommen", stille Reserven nicht aufzudecken. Demzufolge liege, so der IV. Senat des BFH, eine Betriebsaufgabe dann nicht vor, wenn es die bei der Betriebseinstellung zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter ermöglichten, den Betrieb jederzeit wieder aufzunehmen. Es gelte hier nichts anderes als bei der Betriebsverpachtung, die wie das Ruhen des Gewerbebetriebs ein Unterfall der Betriebsunterbrechung im weiteren Sinne sei. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der IV. Senat des BFH für den Fall einer auf dem Gebiet des Bauwesens, des Grundstückshandels und der Grundstücksverwaltung tätigen Gesellschaft entschieden, allein der Umfang der sowohl im ursprünglichen als auch im wiederaufgenommenen Betrieb durchgeführten Vermögensverwaltung dokumentiere "die notwendige Identität der vorher und hinterher ausgeübten Tätigkeiten". Der im Schrifttum vertretenen Auffassung, daß eine Betriebsunterbrechung in keinem Fall länger als zwei Jahre währen dürfe, sei nicht zu folgen; insoweit komme es vielmehr auf die Verhältnisse des Einzelfalles an. "Rein rechtlich betrachtet" gelte nichts anderes als bei der Betriebsverpachtung. In Fällen der hier in Betracht kommenden Art setze die Betriebsaufgabe voraus, daß der Gewerbetreibende zweifelsfrei und unmißverständlich eine dahingehende Erklärung abgebe.

b) Der erkennende Senat schließt sich diesen Rechtsgrundsätzen an. Er betont indes, daß im Hinblick auf den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung die richterrechtlich entwickelten Ausnahmen von § 16 Abs. 3 EStG eng ausgelegt werden müssen. Denn die Rechtsprechung darf weder neue Steuertatbestände noch vom Gesetzgeber nicht vorgesehene steuerentlastende Ausnahmen schaffen. Vor dem Hintergrund einer rechtlich gebotenen Gleichstellung von Betriebsunterbrechung und Betriebsverpachtung als deren Unterfall kommt ein Aufschub der Versteuerung stiller Reserven nur in Betracht, wenn die Identität des Betriebs gewährleistet ist. Auch das sog. Verpächterwahlrecht (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) setzt voraus, daß der Verpächter die objektive Möglichkeit hat, den "vorübergehend" eingestellten Betrieb wieder aufzunehmen und fortzuführen (BFH-Urteile in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; vom 26. März 1991 VIII R 73/87, BFH/NV 1992, 227, 228). Der erkennende Senat läßt dahingestellt, ob nicht das sog. Verpächterwahlrecht überhaupt auf Fälle zu begrenzen ist, in denen der "Betrieb als geschlossener Organismus" verpachtet wird (a.A. L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 1996, § 16 Rdnr. 696). Jedenfalls ist eine identitätswahrende Fortführung des Betriebes an den Fortbestand verpachteter wesentlicher Betriebsgrundlagen gebunden. Werden diese so umgestaltet, daß sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können, entfällt die Möglichkeit der Betriebsfortführung; der Verpächter stellt die unternehmerische Tätigkeit endgültig ein (Urteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, unter 1.); der Pächter eröffnet dann einen neuen Betrieb (BFH-Urteil vom 19. Januar 1983 I R 84/79, BFHE 138, 50, BStBl II 1983, 412). Die Möglichkeit einer Fortführung ist im Regelfall gegeben, wenn "steuerverhaftetes" und jederzeit verwertbares Vermögen eines gewerblichen Grundstückshandels vorhanden ist; so lag es in dem vom IV. Senat in seinem Urteil in BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276 entschiedenen Fall.

c) Hiernach trifft die Auffassung des FG, ein Betrieb könne über einen Zeitraum von 6 $ Jahren hinweg nicht ruhen, in dieser Allgemeinheit nicht zu. Seiner Entscheidung ist aber jedenfalls im Ergebnis darin zuzustimmen, daß mit Abschluß der Verträge vom 1. Juni 1988 der Betrieb des Einzelunternehmens dauernd beendet worden ist. Die betriebliche Tätigkeit des Klägers endete aus Rechtsgründen, weil er bereits zuvor seine werbende Tätigkeit (das "operative Geschäft") eingestellt hatte und keine wesentliche Betriebsgrundlage mehr vorhanden war, die zu einem späteren Zeitpunkt sachliches Substrat eines identitätswahrend fortgeführten Betriebes hätte sein können. Nach Auslaufen des Wettbewerbsverbots war der Kläger zwar --möglicherweise-- in der Lage, für eigene Rechnung nicht nur sein geschäftliches und technisches Know-how zu verwerten, sondern auch Kundenbeziehungen und Geschäftschancen der GmbH auf sich überzuleiten und zugleich mittels gesellschaftsrechtlicher Befugnisse die Geschäftstätigkeit der GmbH im eigenen betrieblichen Interesse eines Einzelunternehmens zu steuern. Es ist aber weder vorgetragen worden noch anderweitig erkennbar, daß und in welcher Hinsicht der Kläger dann seine frühere gewerbliche Tätigkeit hätte fortführen können.

d) Von einer Besteuerung des Aufgabegewinns kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht mit der Begründung abgesehen werden, daß der GmbH-Geschäftsanteil als wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG auch nach seiner Entnahme aus dem Betriebsvermögen "steuerverhaftet" geblieben sei. Ohnehin sind die Gerichte nicht befugt, die spezialgesetzlichen Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts oder die zum Strukturwandel eines Betriebs und zu Einbringungsvorgängen entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden. Darüber hinaus würde eine entsprechende Anwendung die Rechtsähnlichkeit der zu beurteilenden Sachverhalte erfordern. Daran fehlt es hier, weil der Kläger sein eigenes unternehmerisches Engagement nicht fortgesetzt hat. Auch hat das FG zutreffend darauf abgehoben, daß eine Versteuerung der im GmbH-Geschäftsanteil enthaltenen stillen Reserven bei Zuerkennung des vom Kläger gewünschten Steueraufschubs nicht gewährleistet wäre.

4. Die Auffassung des FG, daß der nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG maßgebende gemeine Wert nicht --wie vom Kläger beansprucht-- lediglich mit dem Buchwert angesetzt werden darf, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Werden einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht veräußert, so ist deren gemeiner Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG). Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG wird auch für Zwecke der ertragsteuerrechtlichen Bewertung (§ 1 Abs. 2 BewG; vgl. Urteil in BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456) der gemeine Wert eines Wirtschaftsguts durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist vorrangig aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 BewG). Die Übernahme neuer Anteile durch einen in die Gesellschaft eintretenden Gesellschafter anläßlich einer Kapitalerhöhung ist ein dem Verkauf von Anteilen gleichgestellter veräußerungsähnlicher Vorgang (vgl. BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 II R 185/87, BFHE 167, 166, BStBl II 1993, 266).

b) Auf dieser Grundlage ist der Wert des dem Kläger verbliebenen Geschäftsanteils am Maßstab des Preises zu bemessen, den dieser für die Ausgabe des neuen Geschäftsanteils erzielt hat. Die Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG, nach welchem ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen sind, kommt hier nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind solche Faktoren für die steuerrechtliche Bewertung unerheblich, die bei objektiver Betrachtung nicht den dem Unternehmen innewohnenden Wert und deswegen nicht den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielenden Preis beeinflussen. Die Annahme des FG, die Verpflichtung des Klägers als Geschäftsführer der GmbH sei ein den objektiven Wert des Unternehmens erhöhender Faktor, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Findung eines Kaufpreises beruhte im Streitfall nicht auf Erwägungen, die einer sachbezogenen Unternehmensbewertung fremd wären. Daß die Bewertung eines Unternehmens maßgebend von der Qualität seines Managements, an die sich positive Ertragserwartungen knüpfen können, beeinflußt wird, liegt im Bereich rechtlich vertretbaren und prozessual verwertbaren Erfahrungswissens. Gegen die Feststellung des FG, die Erwerberin habe nicht aus einem "spezifischen Eigeninteresse heraus" die Sicherung der Kontinuität in der Geschäftsführung besonders großzügig entgolten, hat der Kläger keine zulässige und begründete Verfahrensrüge erhoben. Für die Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist maßgebend, zu welchem Wert ein weiterer Erwerber den dem Kläger verbliebenen Geschäftsanteil erworben hätte. Das FG konnte in vertretbarer Weise annehmen, daß auch ein solcher Dritter dieselben Erwägungen zur Wertbemessung angestellt hätte wie die C-KG. Es ist ferner in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, daß die Wertansätze bei der Einheitsbewertung ersichtlich darauf beruhten, daß zu den dort maßgebenden Stichtagen nicht auf weniger als ein Jahr zurückliegende Verkäufe zurückgegriffen werden konnte.

Der Annahme des FG, daß die Gestattung der Übernahme neuer Geschäftsanteile zum Nominalwert keinen Rückschluß auf den Wert dieser Anteile zulasse, daß vielmehr hier außerhalb der Wertbemessung liegende Umstände von Bedeutung gewesen sein könnten, hat der Kläger nicht substantiiert widersprochen. Er hat hierzu lediglich die Behauptung vorgebracht, insoweit habe es sich um "ein Geschäft unter fremden Dritten" gehandelt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66226

BFH/NV 1997, 340

BStBl II 1997, 561

BFHE 183, 65

BFHE 1998, 65

BB 1997, 1350 (Leitsatz)

DB 1997, 1444-1447 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 1035-1037 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 538 (Leitsatz)

DStZ 1997, 647-648 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1997, 748-749 (Leitsatz)

StE 1997, 396 (Kurzwiedergabe)

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