Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum entgeltlichen Erwerb eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto

 

Leitsatz (NV)

Wird ein Kommanditanteil mit negativem Kapitalkonto entgeltlich erworben, stellt die nach den in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers vorzunehmenden Aufstockungen auf die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft verbleibende Differenz zwischen Kapitalkonto und Anschaffungspreis keinen Erwerbsverlust dar (Anschluß an BFH-Urteil vom 21. April 1994 IV R 70/92, BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745). Dies gilt auch dann, wenn das übernommene Kapitalkonto ausschließlich durch Zurechnung von ausgleichs- und abzugsfähigen Verlusten negativ geworden ist.

 

Normenkette

EStG 1987 § 15 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15a, 52 Abs. 19 S. 3 Nrn. 1, 5

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, erzielte aus dem vor dem 11. Oktober 1979 eröffneten Betrieb eines in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragenen Handelsschiffes erhebliche Verluste. An ihrem Festkapital waren zum 31. Dezember 1986 als Kommanditisten u. a. die A-KG (A) mit 150 000 DM und die Beigeladene zu 2 mit 260 000 DM beteiligt; die Beigeladene zu 2 hielt ihre Beteiligung treuhänderisch für B. Zum 1. Januar 1987 erwarben der Beigeladene zu 1 den Kommanditanteil der A für ... DM und drei Treugeberkommanditisten den weiterhin von der Beigeladenen zu 2 treuhänderisch gehaltenen Kommanditanteil des B für ... DM. Mit den veräußerten Kommanditanteilen wurden durch Zurechnung von abzugs- und ausgleichsfähigen Verlusten aus den Wirtschaftsjahren 1979 bis 1986 negativ gewordene Kapitalkonten in Höhe von ... DM (A) bzw. ... DM (B) übernommen.

In Ergänzungsbilanzen der Erwerber wurden in Höhe der anteiligen stillen Reserven Aufstockungen auf den Buchwert des Schiffes vorgenommen und entsprechend dessen Restnutzungsdauer mit einem Fünftel abgeschrieben ( ... DM für Beigeladenen zu 1 und ... DM für Beigeladene zu 2). Die Klägerin machte in ihrer Erklärung zur einheitlichen Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1987 in Höhe der unter Berücksichtigung der Aufstockungen verbleibenden Differenz zwischen Kapitalkonto und Anschaffungspreis weitere Verluste der Erwerber in Höhe von ... DM (Beigeladener zu 1) und ... DM (Beigeladene zu 2) geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte die in den Ergänzungsbilanzen errechneten Verluste nur in Höhe der Abschreibungen.

Einspruch und Klage, die sich gegen den -- aus anderen Gründen -- geänderten Feststellungsbescheid 1987 vom ... richteten, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, der Erwerb eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto führe nicht zu einem sofort abzugsfähigen Verlust. Die unter Berücksichtigung der Aufstockung auf den Buchwert des Schiffes verbleibende Differenz zwischen negativem Kapitalkonto und Anschaffungspreis sei als Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers zu aktivieren und gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers erfolgsmindernd zu verrechnen. Etwas anderes ergebe sich für den Fall der Anteilsveräußerung auch nicht aus § 52 Abs. 19 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Feststellungsbescheid 1987 mit der Maßgabe abzuändern, daß die Verluste aus den Ergänzungsbilanzen in Höhe von insgesamt ... DM (für den Beigeladenen zu 1) und ... DM (für den von der Beigeladenen zu 2 treuhänderisch gehaltenen Anteil) berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben sich nicht ge äußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

FA und FG haben die nach den Aufstockungen auf den Buchwert des Schiffes verbleibenden Differenzen zwischen den negativen Kapitalkonten und den Anschaffungspreisen zu Recht nicht als Verluste der Erwerber anerkannt.

1. Wird ein Kommanditanteil mit negativem Kapitalkonto erworben, sind in einer Ergänzungsbilanz des Erwerbers im Umfang seiner Gewinnbeteiligung Aufstokungen auf die Buchwerte der Wirtschaftsgüter der Gesellschaft und einen nicht aktivierten Geschäftswert vorzunehmen, die in der Folge entsprechend dem Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter erfolgsmindernd abgeschrieben werden. Eine verbleibende Differenz zwischen Kapitalkonto und Anschaffungspreis stellt keinen Erwerbsverlust dar, sondern ist als Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers zu aktivieren und gegen künftige Gewinnanteile des Gesellschafters abzuschreiben. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 21. April 1994 IV R 70/92 (BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745 unter 5.) ausführlich begründet.

Danach geht die Belastung eines Kommanditanteils mit einem durch Zurechnung von Verlusten negativ gewordenen Kapitalkonto, die in der "Verlusthaftung mit künftigen Gewinnanteilen" besteht, als Eigenschaft der Beteiligung auf den Erwerber über. Dies verbietet die Annahme eines Erwerbsverlustes und zwingt zur Aktivierung des Ausgleichspostens, der gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers abzuschreiben ist. Hierdurch wird auch vermieden, daß Gesellschaftsanteile mit dem Ziel gehandelt werden, dem Erwerber einen das tarifbesteuerte Einkommen mindernden Erwerbsverlust zu verschaffen, während bei der anschließenden Wiederveräußerung ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn entsteht. Aus § 52 Abs. 19 Satz 5 EStG 1987 ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf den infolge des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Anwachsung (§ 738 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) erlangten zusätzlichen Verlustvortrag des verbleibenden Gesellschafters; eine erweiternde Auslegung auch auf den Fall der Anteilsveräußerung ist nicht möglich.

2. Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall keine Erwerbsverluste entstanden.

Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg auf das Senatsurteil vom 5. Oktober 1989 IV R 107/88 (BFH/NV 1990, 496), da dieses Urteil die Übernahme eines negativen Kapitalkontos durch Anwachsung betraf.

Der Hinweis der Klägerin auf § 52 Abs. 19 Satz 3 Nr. 1 EStG 1987 geht ebenso fehl. Nach dieser Vorschrift ist zwar § 15 a EStG erstmals im Wirtschaftsjahr 1990 auf Verluste anwendbar, die die Klägerin aus dem Betrieb des Handelsschiffes erzielt. Daraus folgt aber für die Erwerber der Kommanditanteile nur, daß die ihnen zuzurechnenden Anteile an den laufenden Verlusten der Klägerin in den Wirtschaftsjahren bis 1989 ausgleichs- und abzugsfähig und ab dem Wirtschaftsjahr 1990 lediglich verrechenbar sind. Für eine Abzugsfähigkeit der streitigen Erwerbsverluste läßt sich der Vorschrift nichts entnehmen. Insbesondere kann es nicht darauf ankommen, daß § 15 a EStG im Zeitpunkt des Anteilserwerbs noch nicht anwendbar war. Durch die Aktivierung des Ausgleichspostens in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers soll, wie ausgeführt, vermieden werden, daß der Erwerber einen das tarifbesteuerte Einkommen mindernden Erwerbsverlust geltend machen und bei der Wiederveräußerung einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn versteuern kann. Diese Erwägung trifft unabhängig davon zu, ob das mit dem erworbenen Kommanditanteil übergegangene Kapitalkonto durch Zurechnung von ausgleichs- und abzugsfähigen oder verrechenbaren Verlusten negativ geworden ist. Der Veräußerungspreis i. S. des § 16 Abs. 2 EStG besteht u. a. in der Übernahme des negativen Kapitalkontos nach dem Stand im Zeitpunkt der Veräußerung (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 1981 IV R 47/78, BFHE 134, 15, BStBl II 1981, 795). Verrechenbare Verluste des Veräußerers würden gemäß § 15 Abs. 2 EStG nur dessen Veräußerungsgewinn mindern (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 15 a Anm. 86 a m. w. N.). Für die steuerliche Behandlung des Anteilserwerbs ist deshalb allein entscheidend, daß bei einer Wiederveräußerung das seinerzeit übernommene negative Kapitalkonto in vollem Umfang in den tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn eingeht. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, ob zwischen Erwerb und Veräußerung des Kommanditanteils sich das negative Kapitalkonto durch Gewinn- oder Verlustanteile des Erwerbers verändert und nach der erstmaligen Anwendung des § 15 a EStG verrechenbare Verluste anfallen; soweit diese Umstände die Höhe des tarifbegünstigten (Wieder-)Veräußerungsgewinns -- über den Umfang des seinerzeit übernommenen negativen Kapitalkontos hinaus -- beeinflussen, beruhen sie allein auf laufenden Ergebnisanteilen und ihrer steuerlichen Behandlung nach dem Erwerb.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420530

BFH/NV 1995, 872

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