Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur steuerlichen Stellung von Vereinsmitgliedern, die als Haus- und Platzkassierer tätig sind.

 

Normenkette

EStG § 19/1

 

Tatbestand

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.), ein Turn- und Sportverein, von Beträgen, die er an als Haus- und Platzkassierer tätig gewesene Vereinsmitglieder in den Jahren 1953 und 1954 gezahlt hat, Lohnsteuer hätte einbehalten und abführen müssen. Der Bf. bestreitet die Einbehaltungs- und Abführungspflicht, weil die Vereinsmitglieder nur um ihrer Kassiertätigkeit willen nicht als Arbeitnehmer angesehen werden könnten.

Das Finanzamt, das Arbeitsverhältnisse für gegeben ansah, zog den Bf. als Haftenden heran. Der Einspruch blieb ohne Erfolg, ebenso die Berufung. Auch das Finanzgericht hielt Arbeitsverhältnisse für gegeben, wobei es insbesondere darauf abstellte, daß die Entgelte nicht so gering gewesen seien, daß in ihnen nicht ein beachtlicher Anreiz für die übernahme der Kassiertätigkeit gelegen habe.

Mit der wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassenen Rechtsbeschwerde wehrt sich der Bf. nach wie vor gegen die Inanspruchnahme. Er macht geltend: Die Höhe der Vergütungen könne kein Merkmal für die Beurteilung der Tätigkeit sein. Wenn das Finanzgericht eine Vergütung von 50 oder 25 DM monatlich als erheblich angesehen habe, so sei außer acht gelassen worden, daß die in Betracht kommenden Vereinsmitglieder Auslagen gehabt und ihre Freizeit geopfert hätten. Im übrigen fehle es an einer Einordnung, weil die als Kassierer tätigen Vereinsmitglieder zwar vom Vorstand beauftragt, aber - und das sei das Entscheidende - von der Mitgliederversammlung gewählt würden. Die als Kassierer tätigen Mitglieder schuldeten auch nicht ihre Arbeitskraft, sondern allein den Erfolg. Wie sie diesen Erfolg herbeiführten, sei ihre Sache.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde muß zur Aufhebung der Vorentscheidungen führen.

Wie der Bundesfinanzhof wiederholt entschieden hat, beurteilt sich die Frage, ob jemand Arbeitnehmer oder selbständig Tätiger ist, nicht nach dem einen oder anderen Einzelpunkt, sondern nach dem Gesamtbild des zwischen den Beteiligten bestehenden Verhältnisses. Dem Bf. mag es, wie er vorträgt, nur auf den Erfolg der von den Kassierern geleisteten Tätigkeit ankommen. Das steht aber, wie schon der Reichsfinanzhof in dem von dem Finanzgericht angeführten Urteil VI 177/38 vom 8. Dezember 1938 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1939 S. 197) ausgeführt hat, der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen, weil es auch bei nichtselbständiger Arbeit dem Arbeitgeber letzten Endes auf den Erfolg ankommt. Entscheidend ist - ein Gesichtspunkt, den das angeführte Urteil ebenfalls bereits herausgestellt hat -, daß die Haus- und Platzkassierer eines Vereins, mag ihre Tätigkeit für den Eingang der Beiträge auch noch so wichtig sein, im Rahmen der von dem Verein durchzuführenden Aufgaben nur ein unselbständiges Glied darstellen, dessen Arbeit mit der Aufgabe der Beitragseinziehung einfach und klar vorgezeichnet ist und kein Unternehmerrisiko aufweist. Daß die Einziehung der Beiträge ein gewisses Einfühlungsvermögen erfordert, ist für die Frage der Selbständigkeit oder Unselbständigkeit ebensowenig von Bedeutung wie der Umstand, daß sich - man denke etwa an Akkordlohn - die den Kassierern gewährten Entgelte nach dem Ergebnis der Inkassotätigkeit richten. Ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Verein und den Kassierern wird im Gegensatz zu der Auffassung des Bf. auch nicht schon dadurch in Frage stellt, daß der Vorstand in der Auswahl der Kassierer nicht frei, sondern auf deren Wahl durch die Mitgliederversammlung angewiesen ist. Die Bindung an die Wahl bedeutet nur eine Modalität der Anstellung, insofern dadurch der Kreis der in Betracht kommenden Personen beschränkt ist. Dies bedeutet aber nicht, daß ein Auftragsverhältnis zwischen den Kassierern und den sie wählenden Mitgliedern zustande käme. Das drückt sich übrigens auch darin aus, daß nicht die Mitglieder den Kassierern eine den Beitrag übersteigende Vergütung gewähren, sondern der Verein ihnen einen gewissen Vomhundertsatz des Beitrages als Vergütung überläßt.

Wenn der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung IV 127/53 U vom 7. Oktober 1954 (Slg. Bd. 59 S. 427, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 374) bei der Tätigkeit von Betriebskassierern einer Gewerkschaft ein Arbeitsverhältnis verneint hat, so ist hierfür offenbar entscheidend gewesen, daß das gewährte Entgelt - es handelte sich um Jahresbeträge von durchschnittlich 47 DM - so gering und die Einziehung mit so wenig Mühe verbunden war, daß für die übernahme in erster Linie ideelle Gründe, nicht aber Gewinnabsichten in Betracht kamen. Unter solchen besonderen Umständen wäre auch der erkennende Senat der in jener Entscheidung vertretenen Auffassung. Man darf diese auf den besonderen Fall zutreffende Auffassung aber nicht verallgemeinern in dem Sinne, daß überall dort, wo Vereinsmitglieder für den Verein tätig sind und eine nicht allzu hohe Entschädigung für ihre Mühewaltung erhalten, nur ideelle Gründe vorlägen. Grundsätzlich muß man davon ausgehen, daß eine Leistung nicht nur aus ideellen Gründen erbracht wird, wenn ihr eine Gegenleistung gegenübersteht.

Wenn das Finanzgericht im Streitfall auf Grund seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die den Kassierern gewährten Vergütungen zu hoch sind, um von einer nur auf ideellen Beweggründen beruhenden Tätigkeit zu sprechen, so unterliegt das, soweit die Kassierer mit Bezügen von 570 DM und 299 DM in Betracht kommen, keinen Bedenken. Zu Unrecht bemängelt der Bf., daß das Finanzgericht bei der Beurteilung der Höhe der Vergütungen die im Streitfall gewährten mit den den Gewerkschaftskassierern gewährten verglichen habe, ohne den Umstand zu berücksichtigen, daß die Gewerkschaftskassierer im Betrieb selbst kassiert und dazu ihre bezahlte Arbeitszeit benutzt hätten. Wenn auch zuzugeben ist, daß die von der Gewerkschaft gezahlten Vergütungen wegen dieses Umstands der Einziehung während der ohnehin bezahlten Arbeitszeit gering sein konnten, so bildet das zwar eine Erklärung für die geringe Höhe der in jenem Fall gewährten Vergütungen, ändert aber nichts an der Tatsache, daß diese gering, die in dem Streitfall gewährten oben genannten Bezüge jedoch ungleich höher waren. Ob dies auch für die übrigen Bezüge zutrifft, geht jedoch aus dem Sachverhalt nicht hervor. Hier hätte das Finanzgericht nicht ohne nähere Sachaufklärung von einer ausreichenden Höhe der Bezüge ausgehen dürfen.

Die Vorinstanzen haben auch übersehen, daß, selbst wenn ein Arbeitsverhältnis vorliegt, eine Haftung des Arbeitgebers für die Lohnsteuer nur insoweit besteht, als bei richtiger Handhabung Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen gewesen wäre. Dies erscheint aber, selbst wenn man den wegen Nichtvorlage einer Lohnsteuerkarte gemäß § 37 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung hinzuzurechnenden Betrag in Rechnung stellt, bei der verhältnismäßig geringen Höhe der Beträge unwahrscheinlich und hätte auf jeden Fall geprüft werden müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408903

BStBl III 1958, 15

BFHE 1958, 38

BFHE 66, 38

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