Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Handelsrecht Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Bei dem im wesentlichen nur kapitalistisch beteiligten Kommanditisten einer Familienpersonengesellschaft kann steuerlich neben der Verzinsung seiner Einlage eine Gewinnbeteiligung nur nach Maßgabe der Bedeutung der Einlage für das Unternehmen und unter gebührender Abgeltung der Leistungen der für die Gesellschaft tätigen und voll haftenden Gesellschafter anerkannt werden.

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 2; HGB § 121 Abs. 1, § 168 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Bfin. ist eine am 1. Januar 1949 gegründete Familienpersonengesellschaft. Beteiligt sind der Vater K. als Komplementär und alleiniger geschäftsführender Gesellschafter und dessen beide Kinder FDK. und Frau HK. als Kommanditisten. Das von der Bfin. betriebene Unternehmen wurde bis zur Gesellschaftsgründung von K. als Alleinunternehmen betrieben. Nach Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages sind am Verlust und Gewinn die Gesellschafter K. mit 30 %, FDK. mit 37 % und HK. mit 33 % unabhängig von der Höhe ihrer Kapitaleinlage beteiligt. Nach Ziff. 3 des Vertrages wird der zu verteilende Gewinn durch eine Vorwegvergütung für K. für dessen Geschäftsführung und durch eine Kapitalverzinsung der Einlagen der Beteiligten in Höhe von 4 % gekürzt. Die Gehälter der Kommanditisten werden auf Grund separater Einzahlungsverträge festgesetzt und mindern ebenfalls den verteilbaren Gewinn. Die obengenannten Beteiligungsquoten verstehen sich somit bezogen auf den "Restgewinn". Nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages sind die Gesellschafter berechtigt, mindestens die Steuern aus der Gesellschaft zu entnehmen, die ihren Gewinnanteil belasten. über weitere Gewinnausschüttungen beschließt die Gesellschafterversammlung. Die tätigen Gesellschafter sind außerdem berechtigt, ihre Arbeitsentgelte an den Lohn- und Gehaltsterminen der Gesellschaft zu entnehmen. Die beiden Kommanditisten FDK. und HK. haben ihre Gesellschaftereinlagen aus Schenkungen des Vaters in Höhe von 20.000 DM und 25.000 DM geleistet 25.000 DM Einlage des FDK. stammen aus einer Darlehnsforderung gegen die Firma. Das Kapital des K. zu Beginn der Gesellschaft wurde im Gesellschaftsvertrag mit 115.777 DM festgelegt. Das Gesamtkapital der Gesellschaft am Eröffnungstage vom 1. Januar 1949 betrug demgemäß 185.777 DM. Der Streit geht um die Gewinnverteilung nach dem Gesellschaftsvertrag, soweit sie die Kopfteilbeteiligungen des K. und seiner Tochter HK. betrifft. Die Kopfteilbeteiligung des FDK. mit 37 % des Restgewinns ist nicht umstritten. Die Beteiligung von HK. mit 33 % des Restgewinns hält das Finanzamt für unangemessen hoch, wobei die Unangemessenheit auf Kosten der zu gering bemessenen Gewinnbeteiligung des K. mit nur 30 % des Restgewinns gehe. HK. habe für die Gesellschaft keine entsprechende Gesellschafterleistung erbracht, die eine so hohe Gewinnbeteiligung rechtfertige. Im Einspruchsverfahren wurde demgemäß die Gewinnverteilung zwischen K. und HK. wie folgt geändert: Die Gewinnbeteiligung von K. wurde auf 48 %, diejenige von HK. auf 15 % festgesetzt.

Die Berufung blieb erfolglos. Das Finanzgericht ging im wesentlichen davon aus, daß die Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften nur anerkannt werden könne, wenn sie angemessen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in den Urteilen I 38/59 und I 64/59 vom 21. Juni 1960 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz § 15 Rechtssprüche 187 und 203) sei die Gewinnverteilung bei Familiengesellschaften nur in Ausnahmefällen durch das Finanzamt abzuändern. Solche Ausnahmefälle seien gegeben, wenn die vereinbarte Gewinnverteilung offenbar der Sachlage nicht entspreche und auf außerbetrieblichen Erwägungen beruhe. Das sei vor allem der Fall, wenn eine hohe Gewinnbeteiligung der im Betrieb entweder gar nicht oder nur an einem unwichtigen Platz arbeitenden Familienangehörigen im wesentlichen nur auf einer Kapitalbeteiligung beruhen könne, die aber ihrer Höhe nach die Gewinnquote nicht rechtfertige. Ein solcher Ausnahmefall sei hier gegeben. HK. habe nur eine verhältnismäßig geringe Kapitaleinlage dem Unternehmen zugeführt, die dazu noch zuvor aus dem Vermögen des Unternehmens vom Vater abgezweigt worden sei. Der Gewinnbeteiligung der Tochter in Höhe von 33 % des Restgewinns stehe keine eigene gesellschaftliche Leistung gegenüber. Hieraus und aus den in späteren Jahren weiter erfolgten Schenkungen des Vaters sei ersichtlich, daß die Gewinnverteilung in dieser Höhe zugunsten der Tochter eine familienrechtliche übertragung des Vermögens vom Vater auf die Tochter im Wege vorweggenommener Erbregelung bezwecke. Eine solche Motivierung der Gewinnbeteiligung sei keine betrieblich, sondern eine außerbetriebliche. Die Gewinnverteilung zugunsten der Tochter könne daher nur in einer Höhe anerkannt werden, wie sie etwa der Kapitalbeteiligung der Tochter am Gesamtkapital des Unternehmens entspreche. Hierbei könnten grundsätzlich nur die Kommanditeinlagen der Tochter berücksichtigt werden, nicht hingegen deren nach dem Gesellschaftsvertrag stehengebliebenen Gewinne, die Darlehen darstellen. Abgesehen davon ergebe sich auch unter Einrechnung der stehengebliebenen Gewinne von HK. in ihre Kapitaleinlage keineswegs die Berechtigung einer so hohen Gewinnbeteiligung. Denn auch in diesem Falle ergebe sich als ihr Anteil am Gesamtkapital der Gesellschaft für die Jahre 1949, 1950 und 1951 nur ein durchschnittlicher Satz von etwa 15 %. Die Beteiligung des K. hingegen betrage für diese Jahre sogar weit über 50 % im Durchschnitt. Wenn die Vorinstanzen daher HK. eine Gewinnbeteiligung von 15 % des Restgewinns und K. in entsprechender Abänderung eine solche von 48 % zugebilligt hätten, so könne das nicht beanstandet werden, entspreche vielmehr den tatsächlichen Gegebenheiten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist unbegründet.

Steuerlich können nur solche Gewinnverteilungen zu einer entsprechenden Zurechnung der Einkünfte aus dem Betrieb im Sinne des § 15 Ziff. 2 EStG bei den Gesellschaftern führen, die auf betrieblichen Gründen beruhen. Bei Familienpersonengesellschaften kann je nach den Verhältnissen des Einzelfalles einem beteiligten Kind eine höhere Gewinnbeteiligung als einem fremden Gesellschafter zugebilligt werden. Es kann hier berücksichtigt werden, daß das Kind am elterlichen Unternehmen mehr als ein fremder Gesellschafter interessiert ist. Eine willkürliche Gewinnverteilung rechtfertigen jedoch auch diese überlegungen nicht.

Werden Kinder als Komplementär in das väterliche Unternehmen aufgenommen und wird ihnen neben dem Vater eine gleichwertige Geschäftsführungstätigkeit übertragen, so ist im allgemeinen nichts dagegen einzuwenden, wenn alle Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Höhe der von ihnen eingebrachten Kapitalien nach deren angemessenen Vorwegverzinsung eine Kopfbeteiligung am Restgewinn erhalten. Das entspricht der Regelung in § 121 Abs. 1 HGB. Ihr Grundgedanke ist, daß bei einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) in aller Regel die Gesellschafter gleichmäßig an der Geschäftsführung beteiligt sind, daß sie gleichmäßig haften, daß sie in gleicher Weise einem Wettbewerbsverbot unterliegen und daß ihre Kapitalbeteiligung durch eine angemessene Vorwegverzinsung bereits hinreichend berücksichtigt ist.

Wesentlich anders liegen die Verhältnisse bei den Kommanditgesellschaften. Die Vorschrift des § 168 Abs. 2 HGB bestimmt, daß in Ansehung des Gewinns, der den Betrag einer Vorwegverzinsung der Kapitalanteile übersteigt, sowie in Ansehung des Verlustes ein den Umständen nach angemessenes Verhältnis der Anteile als bedungen gilt, soweit nicht ein anderes vereinbart ist. Diese Regelung weicht von der Regelung in § 121 Abs. 1 HGB für OHG ab. Sie beruht darauf, daß Kommanditisten im allgemeinen durch ihre Gesellschafterstellung weit weniger beansprucht werden als Komplementäre. Das gilt namentlich für den typischen Kommanditisten, der weder eine für die Entwicklung und das Gedeihen des Unternehmens entscheidende Geschäftsführertätigkeit ausübt noch eine über seine kommanditistische Haftung hinausgehende persönliche Haftung eingegangen ist noch schließlich dem für Komplementäre geltenden Wettbewerbsverbot unterliegt. Der auf diese Weise kapitalistisch beteiligte Kommanditist kann nicht mehr als eine angemessene Verzinsung seiner Kapitaleinlage als Gewinnanteil verlangen. Ist etwas anderes bedungen (§ 168 Abs. 2 HGB), so kann das im allgemeinen nur mit Rücksicht auf außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses unter den Beteiligten bestehende Beziehungen geschehen sein, denen das Gesellschaftsverhältnis dienstbar gemacht wird.

Keine Kommanditgesellschaft, an der HK. als den anderen Gesellschaftern fremd gegenüberstehende Kommanditistin lediglich mit einer verhältnismäßig geringfügigen Kapitaleinlage ohne eine bedeutsame Tätigkeit für die Gesellschaft beteiligt wäre, würde ihr neben der 4 - prozentigen Verzinsung ihres Kapitalkontos eine Gewinnbeteiligung von 33 % des Restgewinns eingeräumt haben. Hierüber können alle Berechnungsversuche der Bfin. nicht hinwegtäuschen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß HK. wie alle anderen Gesellschafter am Restgewinn noch beteiligt wird. Im Restgewinn kann aber nur eine zusätzliche Verzinsung des Kapitals gesehen werden, so daß sich seine Verteilung auch nach dem Verhältnis der vermögensmäßigen Werte der Beteiligungen richten muß. Diese zusätzliche Verzinsung muß in einem angemessenen Rahmen bleiben. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn die Kapitaleinlage der Kommanditistin im Rahmen des Unternehmens von besonderer Bedeutung wäre. Das ist im Streitfall nicht gegeben.

Die steuerliche Beurteilung der Gewinnverteilung, wie sie vom Finanzamt vorgenommen und von der Vorinstanz bestätigt worden ist, erscheint unter diesen Umständen billig und gerecht. Hieran ändert auch nichts, daß die Tochter durch stehengelassene Gewinne und weitere Schenkungen seitens ihres Vaters allmählich in eine sehr entscheidende kapitalistische Stellung der Gesellschaft hineingewachsen ist. Es kann der Bfin. zugegeben werden, daß diese Entwicklung bei der Gewinnverteilung berücksichtigt werden konnte, um nicht für jedes Jahr eine neue Gewinnverteilung vornehmen zu müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Finanzgericht die Bestimmung des § 5 A Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1. Januar 1949, wonach die Kapitalien der Gesellschafter gleichwertig zu halten sind, zutreffend beurteilt hat. Die Bfin. will sie so verstanden wissen, daß die Gesamtvermögenslage jedes einzelnen Gesellschafters durch die Gewinnverteilung in der Kommanditgesellschaft unverändert bleiben soll. Folgt man dem, so beweist das, daß die Gewinnverteilung im Streitfall weitgehend durch außerbetriebliche Umstände beeinflußt worden ist. Denn die außerhalb des der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Gesellschaftervermögens liegenden Vermögenswerte können für eine Gewinnverteilung, die steuerlich als angemessen anerkannt werden soll, nicht berücksichtigt werden. Es mag auch sein, daß die Kommanditisten FDK. und HK. im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander praktisch ebenso haften wie der Komplementär K. Auch dieser Einwand kann indes zu keiner anderen Beurteilung führen. Es ist nicht ersichtlich, daß die Gewinnbeteiligung von HK. im Verhältnis zu derjenigen von K. etwa gerade deshalb herabgesetzt worden sei, weil HK. nur mit ihrer Kommanditeinlage haftet. Die Berücksichtigung einer beschränkten Haftung der Kommanditistin hätte dazu führen müssen, vom Restgewinn dem persönlich mit seinem ganzen Vermögen haftenden K. eine weitere Vorwegdividende zu geben. Darüber hinaus wäre es gerechtfertigt gewesen, mit Rücksicht auf die außerordentlich gute Ertragslage des Unternehmens dem allein geschäftsführenden und damit letzten Endes für den Erfolg des Unternehmens verantwortlichen K. eine Tantieme zuzubilligen, die den zum Zwecke der Verteilung nach den Vermögenswerten der Beteiligung verbleibenden Restgewinn weiter entscheidend geschmälert hätte. Bei Berücksichtigung all dieser Erwägungen ist die steuerliche Beurteilung der Gewinnverteilung durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410888

BStBl III 1964, 3

BFHE 1964, 3

BFHE 78, 3

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