Entscheidungsstichwort (Thema)

Stille Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters an der GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Die stille Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters an dem Unternehmen der GmbH ist steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn ein solches Gesellschaftsverhältnis klar und eindeutig vereinbart ist und die Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden.

2. Zur Frage, ob Geschäftsbeziehungen als Vermögenseinlage eines stillen Gesellschafters in Betracht kommen, die dieser als Inhaber einer Einzelfirma bei deren Einbringung in eine von ihm gegründete GmbH zurückbehalten hat.

 

Normenkette

KStG a.F. § 6 Abs. 1 S. 2 (KStG 1977 § 8 Abs. 3); UmwStG 1969 § 17 (UmwStG 1977 § 20); GmbHG § 43

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. Dezember 1970 durch W und dessen Ehefrau gegründet worden ist. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung und Vermietung von Ferienhäusern und die Förderung von Touristik, Erholung und Sport.

W brachte das bis zu diesem Zeitpunkt von ihm betriebene Einzelunternehmen, das denselben Unternehmensgegenstand hatte, zu Buchwerten in die GmbH ein. Er wurde zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin bestellt und von dem Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit. An dem Stammkapital von 20 000 DM war W in Höhe von 14 000 DM beteiligt; die restlichen Anteile hielt die Ehefrau.

Mit schriftlichem Vertrag vom 2. Januar 1971 wurde zwischen der Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer, und W eine stille Gesellschaft zum Zwecke der Beteiligung von W an dem Handelsgewerbe der Klägerin errichtet. Als Vermögenseinlage übertrug W auf die Klägerin neben einem Betrag von 383,58 DM seine schon im Einzelunternehmen aufgebauten in- und ausländischen Geschäftsbeziehungen. Er verpflichtete sich ferner, der Klägerin seine speziellen Branchenkenntnisse der Reisebranche zur Verfügung zu stellen. Am Gewinn und Verlust der Klägerin war W mit 33 1/3 v. H. beteiligt. Eine Beteiligung an den stillen Reserven wurde ausdrücklich ausgeschlossen.

Nach einer für die Streitjahre (1971 bis 1975) bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die stille Beteiligung wegen fehlender Gegenleistung des W nicht an und behandelte die insoweit ausgezahlten Gewinnanteile als verdeckte Gewinnausschüttungen, die er den erklärten Gewinnen der Klägerin hinzurechnete.

Einspruch und Klage gegen die auf den Feststellungen der Außenprüfung beruhenden geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, W sei rechtlich nicht in der Lage gewesen, seine Geschäftsbeziehungen und besonderen Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Touristik in die stille Gesellschaft einzubringen, da er diese Leistungen der Klägerin bereits aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer geschuldet habe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 6 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung (KStG a. F.).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die aufgrund des Vertrages vom 2. Januar 1971 an W gezahlten Gewinnanteile zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen angesehen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 1968 vor, wenn eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ist im allgemeinen gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Vermögensvorteil einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewähren würde. Im Verhältnis der Kapitalgesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter wird die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses bereits angenommen, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer im voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 284/83, BFHE 146, 108, BStBl II 1986, 481, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen, sowie zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 1. Oktober 1986 I R 54/83, BFHE 149, 33, BStBl II 1987, 459). Auch die stille Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters an dem Unternehmen der GmbH wird steuerrechtlich nur als zulässig angesehen, wenn ein solches Gesellschaftsverhältnis klar und eindeutig vereinbart ist und die Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteile vom 9. Juli 1969 I R 188/67, BFHE 96, 397, BStBl II 1969, 690; vom 9. Dezember 1976 IV R 47/72, BFHE 120, 534, BStBl II 1977, 155, und vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477).

2. Im Streitfall fehlt es hinsichtlich der Begründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem beherrschenden Gesellschafter W. Diese Unklarheit bezieht sich auf die von W nach § 2 des Vertrages vom 2. Januar 1971 zu leistende Vermögenseinlage.

Die von W in die stille Gesellschaft einzubringenden in- und ausländischen Geschäftsbeziehungen sind in dem Einzelunternehmen entstanden. Das Einzelunternehmen hat W nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, vor Abschluß des privatschriftlichen Vertrages vom 2. Januar 1971 in die Klägerin ,,nach dem UmwStG steuerfrei" eingebracht. Mit Rücksicht auf die im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter zu beachtenden Grundsätze, die zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung eine klare Regelung verlangen, muß damit davon ausgegangen werden, daß auch die inländischen und ausländischen Geschäftsbeziehungen in die Klägerin eingebracht wurden. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob die Geschäftsbeziehungen von dem Geschäftswert zu trennen sind (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1981 I R 54/77, BFHE 134, 434, BStBl II 1982, 189). Sind die Geschäftsbeziehungen untrennbar mit dem Geschäftswert verbunden, sind sie mit der Einbringung des Einzelunternehmens auf die Klägerin übergegangen. Können die Geschäftsbeziehungen von dem Geschäftswert getrennt werden, ist dennoch davon auszugehen, daß sie mit der Einbringung des Einzelunternehmens auf die Klägerin übergegangen sind. Eine nach § 17 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG) 1969 (entspricht § 20 UmwStG 1977) gewinneutrale Einbringung setzt voraus, daß die wesentlichen Wirtschaftsgüter der Sacheinlage auf die aufnehmende Kapitalgesellschaft übertragen werden (vgl. Widmann / Mayer, Umwandlungsrecht, Rz. 6806 ff.). Die in- und ausländischen Geschäftsbeziehungen sind wesentliche Grundlage für das eingebrachte Unternehmen, das sich u. a. mit der Vermittlung und Vermietung von Ferienhäusern befaßt. Wesentlich für ein solches Unternehmen sind damit die Beziehungen zu den Personen im In- und Ausland, die über die Ferienhäuser verfügen.

3. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß Gegenstand der Einlage des stillen Gesellschafters die speziellen Kenntnisse von W in der Reisebranche gewesen seien. W war als Geschäftsführer bereits verpflichtet, seine Kenntnisse der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich aus § 43 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wonach der Geschäftsführer in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden hat. Ein Geschäftsführer einer in der Touristikbranche tätigen GmbH ist damit verpflichtet, seine Kenntnisse in der Reisebranche der GmbH zur Verfügung zu stellen. Wenn die Klägerin die Branchenkenntnisse zum Gegenstand eines stillen Gesellschaftsvertrages mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer macht, wendet sie diesem einen Vermögensvorteil zu, der seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte die Branchenkenntnisse, die der Gesellschafter-Geschäftsführer bereits aufgrund seiner Geschäftsführerstellung der Klägerin zur Verfügung zu stellen hatte, nicht über den Abschluß eines stillen Gesellschaftsvertrages noch einmal vergütet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415794

BFH/NV 1989, 258

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