Leitsatz (amtlich)

Dem Eigentümer eines Ferienhauses, das auf Grund seiner Lage in einem ausgewiesenen Wochenendhausgebiet nicht dauernd als Wohnraum genutzt werden darf, stehen die erhöhten Absetzungen nach § 54 EStG nicht zu.

 

Normenkette

EStG 1965 §§ 7b, 54; EStDV § 83a; II. WoBauG §§ 9, 100

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Wochenendhaus des Klägers und Revisionsbeklagten (Steuerpflichtiger) ein Eigenheim im Sinne des § 9 Abs. 2 des II. WoBauG darstellt und deshalb die erhöhte AfA nach § 54 EStG zu gewähren ist.

Der Steuerpflichtige errichtete auf Grund einer 1964 erteilten Baugenehmigung in dem Wochenendgebiet X der Gemeinde Y auf einem 2277 qm großen Grundstück mit einem Kostenaufwand von 22 442,71 DM ein Holzwohngebäude, das ein Wohn- und ein Schlafzimmer, Küche, Toilette und einen Abstellraum enthält und an Strom- sowie Wasserversorgung angeschlossen ist. Seit der Bezugsfertigkeit im Jahre 1965 benutzt es der Steuerpflichtige mit seiner Ehefrau sommers und winters als Wochenendhaus und Urlaubsheim. Nach dem Bebauungsplan der Gemeinde Y dürfen in dem Wochenendgebiet nur Ferienhäuser gebaut werden. Als Ferienhäuser gelten nach der zum Bebauungsplan ergangenen Satzung bauliche Anlagen beschränkter Größe, die dem zeitweiligen Aufenthalt von Menschen für Erholungszwecke dienen. Unzulässig sind bauliche Anlagen, die als alleiniger fester Wohnsitz dienen sollen, zum dauernden Wohnen bestimmt sind oder den Charakter einer Dauerwohnung haben. Der Landkreis Z sah das Haus nicht als Eigenheim nach § 9 des II. WoBauG an, lehnte daher die beantragte Anerkennung als steuerbegünstigte Wohnung (§ 82 des II. WoBauG) und damit die Grundsteuervergünstigung rechtskräftig ab. Vom FA wurde das Grundstück als Einfamilienhaus mit einem Einheitswert von 4 600 DM zum 1. Januar 1966 bewertet.

Bei der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer 1965 wandte das FA die EinfHaus-VO an und versagte den Eheleuten die geltend gemachte erhöhte AfA gemäß § 54 EStG auf Herstellungskosten von 22 442 DM in Höhe von 1 683 DM (7,5 v. H.), weil es sich nicht um ein Eigenheim handle. Während der Einspruch in diesem Punkt erfolglos blieb, gab das FG der Klage statt.

Es führte im wesentlichen aus, im Streitfall komme eine erhöhte AfA nur auf Grund des § 54 EStG in Betracht. Die nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des II. WoBauG entscheidende Frage, ob die Wohnung in dem Wochenendhaus zum Bewohnen bestimmt sei, müsse bejaht werden. Es genüge die nur vorübergehende Nutzung der Räume, sofern sie ständig für eigene Wohnzwecke zur Verfügung ständen.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung von Bundesrecht.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Steuerpflichtigen beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung.

Dem Steuerpflichtigen stehen die erhöhten Absetzungen gemäß § 54 EStG nicht zu, weil sein Wochenendhaus kein Eigenheim im Sinne des § 9 Abs. 1 des II. WoBauG darstellt. Nach dieser Vorschrift ist Eigenheim ein im Eigentum einer natürlichen Person stehendes Wohngebäude, das nicht mehr als zwei Wohnungen enthält, von denen eine zum Bewohnen durch den Eigentümer oder seine Angehörigen bestimmt ist. Im Rahmen des Wohnungsbaurechts ist eine Wohnung nur dann zum Bewohnen bestimmt, wenn sie zum dauernden Aufenthalt geeignet ist (Entscheidung des BVerwG VII C 75/58 vom 30. Oktober 1959, BVerwGE 9, 277). Ebenso hat der BFH bislang zu § 7b EStG darauf abgestellt, daß die Räume ständig für Wohnzwecke zur Verfügung stehen müssen (Entscheidungen IV 575/55 U vom 18. Oktober 1956, BFH 63, 492, BStBl III 1956, 385; IV 32/57 U vom 14. Mai 1958, BFH 67, 105, BStBl III 1958, 312). In der Entscheidung VIII C 65/65 vom 14. November 1968 (BVerwGE 31, 50) hat das BVerwG die Wohnungseigenschaft einer Ferienwohnung in einem ausgewiesenen Wochenendhausgebiet verneint, weil diese nicht zur Führung des Familienhaushalts bestimmt und alsbald bezogen worden sei, vielmehr lediglich zum vorübergehenden Aufenthalt zum Zwecke der Erholung gedient habe. Der Senat läßt dahingestellt, ob er dieser Ansicht des BVerwG im einzelnen folgen könnte. Denn er gelangt auf Grund anderer Erwägungen zum gleichen Ergebnis. Das Wochenendhaus des Steuerpflichtigen eignet sich aus Rechtsgründen nicht zum Daueraufenthalt. Nach dem verbindlichen Ortsbaurecht darf es keinesfalls ununterbrochen bewohnt werden. Ob bautechnische oder baurechtliche Gründe dem ständigen Bewohnen entgegenstehen, ist unerheblich. Bei beiden Fallgestaltungen fehlt die erforliche Gewähr für eine Verwendung zu Dauerwohnzwecken (Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, Wohnungsbaurecht, § 82 des II. WoBauG, Anm. 4, S. 13). Auch das BVerwG hat bauordnungswidrig errichteten Wohnungen die Grundsteuervergünstigung nach dem Ersten Wohnungsbaugesetz versagt (BVerwG-Entscheidung VII C 161/60 vom 12. Mai 1961, Bundesbaublatt 1961 S. 490).

 

Fundstellen

Haufe-Index 413226

BStBl II 1972, 670

BFHE 1972, 53

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