Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufwendungen eines Steuerbevollmächigten zur Vorbereitung und Ablegung der Steuerberaterprüfung sind Fortbildungskosten und Betriebsausgaben, wenn nicht ein abgeschlossenes wirtschaftswissenschaftliches oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium Voraussetzung für seine Zulassung zur Steuerberaterprüfung ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1963, ob die Kosten, die einem Steuerbevollmächtigten zur Vorbereitung und Ablegung der Steuerberaterprüfung entstehen, nichtabzugsfähige Ausbildungskosten oder abzugsfähige Fortbildungskosten sind.

Der Steuerpflichtige ist Steuerbevollmächtigter. Er nahm im Jahre 1963 an einem von der Steuerberaterkammer veranstalteten Kurs für Steuerrecht teil und unterzog sich im Anschluß daran der Steuerberaterprüfung, die er nicht bestand. Seine Aufwendungen betrugen 500 DM Kursgebühren, 425 DM Zulassungs- und Prüfungsgebühren und 1.278 DM Reisekosten.

Das Finanzamt behandelte diese Aufwendungen als nichtabzugsfähige Ausbildungskosten. Der Steuerpflichtige sah in den Aufwendungen aus folgenden Gründen Fortbildungskosten. Er habe zunächst an dem Kurs teilgenommen, um allgemein seine Kenntnisse zu erweitern. Erst im Laufe des Kurses sei ihm nahegelegt worden, die Steuerberaterprüfung abzulegen. Durch seine Teilnahme an der Prüfung seien die Kosten nicht zu Ausbildungskosten geworden. Denn die Berufe des Steuerbevollmächtigten und des Steuerberaters seien einander so ähnlich, daß man nicht von einem Berufswechsel sprechen könne, wenn ein Steuerbevollmächtigter Steuerberater werde.

Demgegenüber lehnte das Finanzamt eine Gleichstellung des Steuerbevollmächtigten und des Steuerberaters ab und hielt einen Vergleich mit dem gehobenen und höheren Dienst in der Verwaltung oder mit der Ablegung des Doktorexamens für zutreffend. Die Rechtsprechung habe weder die Kosten des übergangs vom gehobenen zum höheren Dienst noch die Kosten für das Doktorexamen als Fortbildungskosten anerkannt.

Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht sah in den Aufwendungen des Steuerpflichtigen für den Besuch des Kurses (Kursgebühren und Reisekosten) schon deshalb Betriebsausgaben, weil der Steuerpflichtige frei bestimmen könne, in welchem Umfang er Aufwendungen für seine Fortbildung mache. Betriebsausgaben seien auch die Zulassungs- und Prüfungsgebühren, weil die Ablegung der Steuerberaterprüfung durch einen Steuerbevollmächtigten im Regelfall nicht zu einem Wechsel in der Berufs- oder Erwerbsart führe. Die Berufsbilder des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten seien nicht wesensverschieden. Die Steuerberatertätigkeit sei lediglich eine in der gleichen Fachrichtung sozial höher bewertete Stellung.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist unbegründet.

Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen, die durch den Betrieb oder den Beruf veranlaßt sind, soweit es sich nicht um Kosten der Lebenshaltung im Sinne von § 12 Ziff. 1 EStG handelt. Die Kosten der Ausbildung für einen Beruf gehören zu den einkommensteuerrechtlich nichtberücksichtigungsfähigen Kosten der privaten Lebensführung. Das gleiche gilt von Aufwendungen, die ein bereits im Erwerbs- oder Berufsleben stehender Steuerpflichtiger macht, um seine Lebensstellung durch den übergang in einen anderen Beruf zu verbessern. Indessen sind Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger zur Fortbildung in seinem bereits ausgeübten Beruf macht, Betriebsausgaben, weil sie durch den Betrieb oder den Beruf veranlaßt und ihn zu fördern geeignet sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 45/63 U vom 28. Juni 1963, BStBl 1963 III S. 435, Slg. Bd. 77 S. 313). Im Einzelfall kann die Abgrenzung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten schwierig sein. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es im öffentlichen Interesse liegt, das Streben nach Verbesserung der beruflichen Leistungen zu fördern, und daß deshalb der Begriff "Fortbildungskosten" nicht eng auszulegen ist.

Der Steuerpflichtige hat seine Berufsausbildung mit der Ablegung der Prüfung als Steuerbevollmächtigter und mit seiner Zulassung zu diesem Beruf grundsätzlich abgeschlossen. Der Kurs zur Vorbereitung und Ablegung der Steuerberaterprüfung diente unabhängig davon der Vertiefung seiner Kenntnisse als Steuerbevollmächtigter, ob er die Prüfung als Steuerberater bei Beginn oder während des Kurses abzulegen beabsichtigte. Der Inhalt des Kurses war auch zur Fortbildung geeignet. Die Vorinstanz hat deshalb schon aus diesem Grund die Kursgebühren und die Reisekosten als abzugsfähige Aufwendungen anerkannt.

Dem Finanzgericht ist aber auch darin zuzustimmen, daß die Zulassungs- und Prüfungsgebühren Betriebsausgaben sind. Denn der übergang von der Tätigkeit eines Steuerbevollmächtigten zu der eines Steuerberaters stellt keinen Wechsel in der Berufs- oder Erwerbsart dar. Ein solcher Wechsel wird allerdings auch bei verwandten Berufen im allgemeinen anzunehmen sein, wenn ein abgeschlossenes Studium zum übergang in den neuen Beruf erforderlich ist. Deshalb hat z. B. der VI. Senat des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung VI 110/62 U vom 24. August 1962 (BStBl 1962 III S. 488, Slg. Bd. 75 S. 606) die Studienkosten eines nebenher an einer Universität Rechtswissenschaft studierenden Steuerinspektors nicht als Fortbildungskosten angesehen, weil der Beamte mit dem Studium die Absicht verfolgte, nach Abschluß der juristischen Ausbildung in den Höheren Dienst der Finanzverwaltung einzutreten. Hierin sah der VI. Senat ungeachtet der Möglichkeit des Aufstiegs von tüchtigen Beamten des gehobenen Dienstes in den höheren Dienst einen Berufswechsel.

Die Vorentscheidung steht mit diesen Grundsätzen in Einklang. Wenn auch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (StBerG) die Zulassung zur Steuerberaterprüfung grundsätzlich an ein abgeschlossenes wirtschaftswissenschaftliches oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium knüpft, so können doch nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG Steuerbevollmächtigte, die ihren Beruf zehn Jahre lang hauptberuflich ausgeübt und sich besonders bewährt haben, auch ohne Hochschulstudium zur Steuerberaterprüfung zugelassen werden. Diese Voraussetzungen waren für den Steuerpflichtigen nach den Feststellungen der Vorinstanz unstreitig gegeben. Für ihn war also der übergang zum Beruf des Steuerberaters nicht von einem abgeschlossenen Hochschulstudium abhängig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411593

BStBl III 1965, 357

BFHE 1965, 305

BFHE 82, 305

StRK, EStG:4 R 775

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