Leitsatz (amtlich)

Das vom Darlehnsgeber bei Ausreichung der Darlehnsvaluta vereinbarungsgemäß einbehaltene Damnum ist Teil des Effektivzinses. "Hingegeben" ist das Darlehen in voller Höhe seines Nennbetrages. Das gilt auch für solche Darlehen, deren Hingabe nach § 17 Abs. 2 BHG 1964 steuerbegünstigt ist.

 

Normenkette

BHG 1964 § 17 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Steuerermäßigung aus § 17 Abs. 2 BHG 1964 (BStBl I 1964, 510) für ein vom Revisionsbeklagten (dem Steuerpflichtigen) ausgereichtes Darlehen auch insoweit zu gewähren sei, als sein Nennbetrag bei Ausreichung um ein Damnum in Höhe von 5 v. H. gekürzt worden ist.

Der Steuerpflichtige hat im Streitjahr (1967) einem Kreditinstitut in Berlin (West) für Bauvorhaben in Berlin (West) ein Darlehen in Höhe von 100 000 DM gegeben, das der Revisionskläger (das FA) nur in Höhe des um das Damnum gekürzten Nennbetrages zur Bemessungsgrundlage der Steuerermäßigung gemacht hat. Die unmittelbar zum FG erhobene Klage (§ 45 FGO) hatte Erfolg. Die Entscheidung des FG ist in den EFG 1971, 374 veröffentlicht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des FA mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung den angefochtenen Steuerbescheid vom 6. September 1968 wieder herzustellen. Zur Begründung trägt es vor:

Als "hingegeben" im Sinne des Gesetzes könne nur derjenige Teil des Darlehnsnennbetrages angesehen werden, der dem Darlehnsnehmer tatsächlich zur unverzüglichen und unmittelbaren Finanzierung von Wohnungsbauten verbleibe. In Höhe des Damnums werde ihm kein Kapital zur Verfügung gestellt; verrechne der Darlehnsgeber die Damnumschuld des Darlehnsnehmers bei der Ausreichung des Darlehens mit der Darlehnsschuld, so verwende der Darlehnsnehmer das Darlehen insoweit nicht zu den vom Gesetz begünstigten Zwecken. Zwar stelle das Damnum nach dem Beschluß des BFH Gr. S. 2/64 S vom 6. Dezember 1965 (BFH 84, 399, BStBl III 1966, 144) neben der laufenden Verzinsung eine zusätzliche Vergütung für die Kapitalnutzung dar. Es rechne indes nicht zu den echten Zinsen und hänge insbesondere nicht von der Nutzungsdauer des Kapitals, sondern von anderen Faktoren ab, wie vornehmlich von der jeweiligen Wirtschaftslage auf dem Kapitalmarkt (BFH-Urteil VI 209/63 vom 23. Februar 1966, BFH 86, 32, BStBl III 1966, 375). Das FA schließe sich insoweit der Auffassung des FG Bremen im Urteil II 81/68 vom 17. Dezember 1969 (EFG 1970, 266) an. Im übrigen habe auch die Darlehnsnehmerin der Steuerpflichtigen bescheinigt, daß sie lediglich einen Betrag von 95 000 DM zur unverzüglichen und unmittelbaren Durchführung der im BHG 1964 genannten Baumaßnahmen weitergeben werde. Nach § 17 Abs. 7 BHG 1964 könne daher nur dieser Betrag als Bemessungsgrundlage für die Ermäßigung der Körperschaftsteuer angesetzt werden.

Die Steuerpflichtige beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Wie der erkennende Senat im Urteil I 52/64 vom 25. September 1968 (BFH 93, 444, BStBl II 1969, 18) unter Hinweis auf den Beschluß des BFH Gr. S. 2/64 S (a. a. O.) ausgesprochen hat, ist das Disagio (Damnum) im Verhältnis zwischen Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer nichts anderes als eine zusätzliche Vergütung für die Überlassung des Kapitals (so auch die BFH-Urteile IV R 3/69 vom 20. November 1969, BFH 97, 418, BStBl II 1970, 209, und VI R 165/67 vom 10. März 1970, BFH 98, 490, BStBl II 1970, 453) und damit Teil des Effektivzinses, auch wenn das Damnum sich bürgerlich-rechtlich vom Normalzins unterscheidet und daher gewerbesteuerrechtlich nicht in jedem Falle als Zins für Dauerschulden anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil IV 318/65 vom 4. März 1971, BFH 102, 392, BStBl II 1971, 716, nach dem der Zinscharakter des Damnums dann zu bejahen sein kann, wenn ein ungewöhnlich niedriger Zinsatz durch ein ungewöhnlich hohes Damnum ausgeglichen wird). Das wird auch dadurch deutlich, daß Darlehen zu höherem Zinssatz ohne Damnum vereinbart und Darlehen zu niedrigem Zinssatz unter Vereinbarung eines höheren Damnums gewährt werden. Ob das Damnum bei Ausreichung der Darlehnsvaluta einbehalten oder ob Tilgungsstreckung vereinbart wird, bei deren Vereinbarung die an sich bei Ausreichung des Darlehens fällige Zahlung der Damnumsschuld für die vereinbarte Zeitdauer erstreckt, d.h. gestundet wird, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Ohne daß es indes hier darauf ankommt, wie das Damnum steuerrechtlich zutreffend beim buchführenden/nichtbuchführenden Darlehnsgeber/Darlehnsnehmer zu behandeln ist, ist als "hingegeben" - auch im Sinne von § 17 Abs. 2 BHG 1964 - der Darlehnsnennbetrag anzusehen, der auch die Verpflichtung des Darlehnsnehmers zur Rückzahlung des Darlehens ziffernmäßig bestimmt. Daß wirtschaftlich die Vertragschließenden trotz Kürzung der Darlehnsvaluta um das Damnum den zurückzuzahlenden Betrag des Darlehens als gewährt, d.h. als "hingegeben" betrachten, hat der BFH bereits im Beschluß Gr. S. 2/64 S (a. a. O.) ausgeführt; der Umstand, daß sie das Damnum wirtschaftlich "als aus dem Darlehen geleistet" ansehen, ändert hieran nichts und führt insbesondere - entgegen der Ansicht des FA - nicht dazu, das Darlehen als um diesen Betrag gekürzt "hingegeben" anzusehen. Das Damnum gehört nicht zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts "Kredit" (siehe dazu -g- zum BFH-Urteil IV R 3/69, a. a. O., DStZ A 1970, 123); es ist auch keine vorweggenommene Kapitalrückzahlung, sondern eine Vorleistung auf die Verzinsung des Darlehnsnennbetrages. Gerade das auch vom FG betonte Moment des Risikos einer Berlininvestition macht deutlich, daß der Darlehnsgeber dieses Risiko in vollem Umfange des Darlehnsnennbetrages trägt, da das vom Darlehnsgeber eingegangene wirtschaftliche Risiko in Höhe des Nennbetrages der Forderung besteht, weil das Damnum - wie dargelegt - nur vorweg vereinnahmter Effektivzins ist.

2. Es trifft in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, daß der Darlehnsnehmer dem Steuerpflichtigen gemäß § 17 Abs. 7 BHG 1964 nur die Weitergabe eines um das Damnum gekürzten Betrages bescheinigt habe. Soweit sich in später ausgestellten Bescheinigungen des Darlehnsnehmers der Zusatz findet, es werde darauf hingewiesen, daß die Steuervergünstigung nur für den tatsächlich ausgezahlten Darlehnsbetrag in Anspruch genommen werden könne, handelt es sich um die Äußerung einer für den Senat nicht verbindlichen Rechtsansicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413054

BStBl II 1972, 179

BFHE 1972, 152

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge