Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung; mündliche Parteivereinbarungen; AfA bei Aufwendungen durch einen Dritten

 

Leitsatz (NV)

Eine verdeckte Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlaß im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr.1 EStG ist die verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter zu erfassen, wenn der Vermögensvorteil ihm zufließt. Es ist zwar zweckmäßig, aber nicht unbedingt notwendig, daß Vereinbarungen unter den Beteiligten schriftlich festgehalten werden. Das Erfordernis der Klarheit von Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter schließt die Auslegung dieser Vereinbarung nicht aus. Das Erfordernis der Klarheit ist erfüllt, wenn die Auslegung der Vereinbarungen eindeutig möglich ist. Wendet ein Dritter Herstellungskosten für Rechnung des Steuerpflichtigen auf, dann stehen die AfA dem Steuerpflichtigen zu, wenn ihm die Aufwendungen des Dritten als Einnahmen zuzurechnen sind.

 

Normenkette

EStG §§ 8, 11, 20 Abs. 1 Nr. 1, § 21

 

Tatbestand

Der verstorbene M war im Streitjahr 1971 am Kapital der M GmbH zu 55 v. H. beteiligt. Die GmbH betrieb ihren Handel auf einem seinerzeit dem M gehörenden Grundstück in B.

Die auf diesem Grundstück stehenden Werkhallen hatte die GmbH am 1. Januar 1960 für zunächst zehn Jahre von M angemietet; 1969 wurde der Vertrag um zehn Jahre und 1977 um weitere zehn Jahre bis Ende 1989 verlängert. Unter Ziff. 5 des Mietvertrags vom 1. Januar 1960 heißt es: ,,Der Vermieter gestattet, daß die Mieterin Erweiterungen der gemieteten Räumlichkeiten vornehmen kann, wenn diese für den Betrieb notwendig werden sollten. Alle enstehenden Kosten hierfür hat die Mieterin zu tragen. Die Mieterin erklärt sich damit einverstanden, daß die von ihr während der Vertragsdauer evtl. vorgenommenen Erweiterungen mit Fertigstellung ohne Gegenleistung in den Besitz des Vermieters übergehen."

Da für beide Etagen der gleiche Mietwert angesetzt werden soll, zahlen die Eheleute L weiterhin die Miete sofort an Herrn M.

Ab Mai 1972 wurde das erste Obergeschoß ohne weiteres Entgelt von der GmbH und das zweite Obergeschoß von L genutzt.

Am 25. Oktober 1971 richtete M an die GmbH ein Schreiben, in dem u. a. stand:

,,Bezüglich unserer bereits vor Jahren mündlich getroffenen Vereinbarung bestätige ich Ihnen hiermit, daß ich bei einem eventuellen Verkauf meines Grundbesitzes diesen der Firma M GmbH zuerst zum Kauf anbiete.

Bei dem dann auszuhandelnden Kaufpreis sollen die von der Firma erstellten Aufbauten unentgeltlich an diese übergehen.

Ich werde jedoch den Grundbesitz nicht vor meinem Ausscheiden aus der Gesellschaft veräußern."

Ein ähnliches Schreiben datiert vom 14. November 1972.

1978 wurde das Grundstück an die GmbH veräußert und dabei der Wert des zweiten Obergeschosses nicht in den Kaufpreis einbezogen.

Auf dem Grundstück befand sich auch ein zweigeschossiges Gebäude. Das Erdgeschoß nutzte die GmbH (Mietvertrag vom 1. Januar 1960), das Obergeschoß war an den Gesellschafter L zu Wohnzwecken vermietet.

Ab 1970 benötigte die GmbH weitere Büroflächen. Deshalb wurde das Gebäude 1971 und 1972 um eine weitere Etage aufgestockt. Den Bauantrag stellte M. Die Bauaufträge erteilte die GmbH. Sie leistete auch alle Zahlungen. Im einzelnen:

1970: 11 600,76 DM (Planungskosten)

1971: 81 263,47 DM

1972: 67 096,66 DM.

Die GmbH aktivierte 1970 11 600,76 DM.

Vor Baubeginn schlossen die GmbH und die Eheleute L folgende Vereinbarung:

,,Aus betrieblichen Gründen ist die Erweiterung der Büroräume im Bürohaus für die Firma M GmbH dringend erforderlich.

Die Firma M GmbH beabsichtigt, auf das vorhandene Bürogebäude eine Etage aufzustocken.

Nach Fertigstellung der zweiten Etage gestattet die Firma M GmbH den Eheleuten L, diese als Wohnung zu beziehen, damit die erste Etage von der Firma M GmbH als Büroräume von Herrn M angemietet werden kann.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Ansicht, die von der GmbH 1971 und 1972 geleisteten Zahlungen für das zweite Obergeschoß seien verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an M.

Gegen die gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheide 1971 und 1972 vom . . . legten M und seine Ehefrau vergeblich Einspruch ein. Nach Ansicht des FA fehlte eine eindeutige und klare Abmachung über die Einräumung der Nutzungsrechte als Ausgleich für die Übernahme der Herstellungskosten. Auch die Vereinbarung des Vorkaufsrechts regle nicht den Wertausgleich für den Fall, daß ein Kauf nicht zustande käme.

Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf die Herstellungskosten des zweiten Obergeschosses kämen nicht in Frage, weil die Eheleute L die Miete für das zweite Obergeschoß der GmbH schuldeten.

Das FA erließ am 18. Mai 1984 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1971, der Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden ist (§ 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage für das Streitjahr 1971 statt. Es bejahte zwar grundsätzlich eine verdeckte Gewinnausschüttung, ging jedoch davon aus, daß dem M erst mit dem Verzicht auf den Ersatzanspruch gemäß § 951 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Jahre 1972 ein Wert zugeflossen sei.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts, nämlich der §§ 11 und 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1971. Darüber hinaus weiche das FG vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Juli 1983 VIII R 30/82 (BFHE 139, 171, BStBl II 1983, 755) ab.

Das FA beantragt, das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es den geänderten Einkommensteuerbescheid 1971 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufgehoben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Revisionsbeklagte hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Der Senat vermag aufgrund der Feststellungen des FG nicht zu entscheiden, in welcher Höhe und im Rahmen welcher Einkunftsart dem M im Streitjahr 1971 Einnahmen zuzurechnen sind. Die Feststellungen des FG reichen aber aus, um eine verdeckte Gewinnausschüttung im Streitjahr zu verneinen.

1. M könnten Erträge im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971) zuzurechnen sein. Das Grundstück des M könnte im Rahmen einer Betriebsaufspaltung der GmbH überlassen worden sein.

Nach der Rechtsprechung des BFH übt ein sog. Besitzunternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, sein Vermögen an eine Betriebsgesellschaft zu vermieten oder zu verpachten, keine bloße Vermögensverwaltung aus, sondern betreibt eine gewerbliche Tätigkeit. Voraussetzung für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ist in persönlicher Hinsicht eine enge personelle Verflechtung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen. Die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen müssen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben und in der Lage sein, diesen in beiden Unternehmen durchzusetzen (BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). In sachlicher Hinsicht setzt die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit voraus, daß der Betriebsgesellschaft Wirtschaftsgüter miet-, pachtweise oder auch unentgeltlich überlassen werden, die für deren Betrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage bilden (BFH-Beschluß vom 22. Januar 1988 III B 9/87, BFHE 152, 539, BStBl II 1988, 537).

Die Gebäude auf dem Grundstück in B waren für die GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage. Die GmbH betrieb ihren Handel sowie eine Werkstatt auf diesem Grundstück. Das Grundstück war auch für den Betrieb der GmbH besonders hergerichtet, denn auf ihm befanden sich neben Büroräume auch Werkhallen und sonstige spezielle Gebäude (Abschn. 1 des Mietvertrages vom 1. Januar 1960; vgl. zum Grundstück als wesentlicher Betriebsgrundlage bei einem Autohandel- und Reparaturbetrieb BFH-Urteile vom 24. August 1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014; vom 17. März 1987 VIII R 36/84, BFHE 150, 356, BStBl II 1987, 858).

Ob im Streitfall die personellen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung gegeben waren, vermag der Senat aufgrund der Feststellungen des FG nicht zu entscheiden. M war zwar der alleinige Eigentümer des der GmbH überlassenen Grundstücks und auch mit 55 v. H. der Anteile Mehrheitsgesellschafter der GmbH. Aus diesen Umständen allein folgt aber noch nicht zwingend, daß M in der GmbH seinen Willen bei den Geschäften des täglichen Lebens durchsetzen konnte (zu dieser Voraussetzung BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296). Der Inhalt des Gesellschaftsvertrages ist vom FG nicht festgestellt worden. Danach ist insbesondere offen, ob Beschlüsse in der GmbH (abgesehen von denen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) mit einfacher Mehrheit gefaßt werden konnten (§ 47 Abs. 1 GmbHG).

Der Umstand, daß das zweite Obergeschoß nicht unmittelbar für betriebliche Zwecke der GmbH genutzt, sondern zu Wohnzwecken an den Gesellschafter L vermietet werden sollte, hindert die Annahme einer Betriebsaufspaltung nicht.

Der GmbH sollte zur unmittelbaren betrieblichen Nutzung das frei werdende erste Obergeschoß überlassen werden. Die von der GmbH aufgewendeten Herstellungskosten für das zweite Obergeschoß sollten eine Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung des ersten Obergeschosses und nicht des zweiten Obergeschosses sein (siehe unten zu 2. a).

Das FG wird diese Feststellungen nachzuholen haben.

2. a) Sollten die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung gegeben sein, sind M im Streitjahr 1971 im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zwar Einnahmen in Höhe von 81 263,47 DM zugeflossen; in gleicher Höhe waren aber von M Passivposten zu bilden.

M ist Eigentümer der Sachen geworden, die beim Bau des zweiten Obergeschosses mit seinem Grundstück verbunden worden sind (§§ 93, 94, 946 BGB). Nach diesen Vorschriften kommt es für den Eigentumserwerb nicht darauf an, ob die einzelnen Sachen eine Einheit bilden, d. h. hier, ob das zweite Obergeschoß fertiggestellt war (vgl. Quack in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 946 Rdnr. 4, 6).

M ist auch 1971 wirtschaftlicher Eigentümer der eingebauten Sachen geworden (§ 11 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -; § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977). Der BFH bejaht allerdings bei Mietereinbauten regelmäßig einen Zufluß beim Vermieter/Eigentümter erst bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses und betrachtet bis dahin den Mieter als wirtschaftlichen Eigentümer (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 21. November 1989 IX R 170/85, BFHE 159, 72, BStBl II 1990, 310). Die Vereinbarungen der Parteien schließen das im Streitfall jedoch aus. Danach sollten ,,Erweiterungen" bereits mit Fertigstellung in den Besitz des Vermieters übergehen. Darin kommt auch zum Ausdruck, daß die GmbH das zweite Obergeschoß nicht als Eigentümerin nutzen sollte. Dem Erwerb des zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentums des M aufgrund der §§ 93, 94 und 946 BGB stand danach nichts im Wege. Den Parteien war es nicht möglich, den Eigentumserwerb aufgrund dieser Vorschriften durch Vereinbarung bis zur Fertigstellung des zweiten Obergeschosses aufzuschieben (Palandt / Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 49. Aufl., § 946 Anm. 3 m.w.N.; Quack, a.a.O., § 946 Rdnr. 12).

Auch die Überlassung des zweiten Obergeschosses quoad sortem (vgl. dazu BFH-Urteile vom 20. Januar 1988 I R 395/83, BFHE 152, 261, BStBl II 1988, 453, und vom 8. November 1989 I R 16/86, BFHE 159, 56, BStBl II 1990, 244) scheidet im Streitfall aus. Nach den Parteivereinbarungen hat M der GmbH das zweite Obergeschoß nicht in einer einmaligen Handlung dem Werte nach überlassen; die GmbH sollte das zweite Obergeschoß vielmehr mittelbar im Rahmen eines befristeten Mietverhältnisses nutzen.

Der Wert der Einbauten ist M nicht als verdeckte Gewinnausschüttung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG), sondern als Leistung im Rahmen der Nutzungsüberlassung des Gebäudes an die GmbH zugeflossen.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlaß im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 VIII R 74/84, BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419). Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter zu erfassen, wenn der Vermögensvorteil ihm zufließt. Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann anzunehmen, wenn es an einer klaren und im voraus getroffenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt von der Kapitalgesellschaft gezahlt werden soll (vgl. BFH-Urteil in BFHE 159, 56, BStBl II 1990, 244 m. w. N.). Es ist zwar zweckmäßig, aber nicht unbedingt notwendig, daß die Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645; Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 KStG a. F., Rdnr. 94; Felix / Streck, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 8 Anm. 124). Nach den Feststellungen des FG hatten M und die GmbH vor Baubeginn Vereinbarungen hinsichtlich der Nutzung und dem Nutzungswert des ersten und zweiten Obergeschosses getroffen. Daraus ergab sich auch, daß die GmbH das freigewordene erste Obergeschoß ohne besonderes Entgelt für Bürozwecke nutzen konnte. Nach dem Vertrag vom 30. Dezember 1969 galt dies zumindest bis Ende 1979. Diese Verpflichtung des M war von vornherein bestimmbar, denn nach den Parteivereinbarungen entsprach der Mietwert des ersten Obergeschosses dem des zweiten Obergeschosses. Diese Verpflichtung stand bei M dem Vermögenszuwachs durch den Erwerb des zweiten Obergeschosses gegenüber.

Im übrigen sollte zwar das neue gebaute Obergeschoß ,,ohne Gegenleistung" in das Eigentum des M übergehen. Wie das FG aber vom FA unwidersprochen festgestellt hat, war zwischen den Parteien schon ,,vor Jahren", d. h. vor Baubeginn, mündlich vereinbart worden, daß der neu erbaute Teil im Falle des Grundstücksverkaufs an die GmbH dieser unentgeltlich übertragen werden sollte. Darin sieht der Senat - entgegen der Auffassung des FA und FG - nicht die Einräumung eines (wegen Formmangels unwirksamen, § 313 BGB) Vorkaufsrechts, sondern die Vereinbarung, daß die Beträge, die die GmbH in das zweite Obergeschoß investiert, ihr verbleiben sollten, sei es, daß sie sie durch Nutzung verbrauchte, sei es, daß ihr das zweite Obergeschoß ggf. unentgeltlich übertragen wurde. Die festgestellte Aktivierung der 1970 aufgewandten Herstellungskosten bei der GmbH bestätigt das. Diese Vereinbarung, die M weder unmittelbar noch mittelbar zur Übertragung des Grundstückseigentums an die GmbH verpflichtete, konnte ohne die in § 313 BGB vorgeschriebene Form wirksam getroffen werden.

Der Senat geht allerdings mit dem FA und FG davon aus, daß M nicht verpflichtet war, das Grundstück an die GmbH zu verkaufen. Das bedeutet andererseits nicht, daß es M ohne weitere Folgen freistand, das zweite Obergeschoß (im Zusammenhang mit dem Grundstück) entweder gegen Entgelt an einen fremden Dritten oder ohne Entgelt an die GmbH zu übertragen. Die Auslegung der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen ergibt, daß die alte Bestimmung im Vertrag vom 1. Januar 1960 - wonach Erweiterungen der Mieträumlichkeiten ohne Gegenleistung in den Besitz des Vermieters übergehen sollten - hinsichtlich des zweiten Obergeschosses eingeschränkt worden war. Im Fall des Verkaufs an einen Dritten verzichtete die GmbH auf einen Entschädigungsanspruch nur insoweit, als die Investitionen nach Ablauf der Mietzeit nicht bereits verbraucht waren. Unberührt blieb die Abmachung, daß M alsbald Eigentümer der Einbauten wurde und daß er zunächst keine Entschädigung für die Aufwendungen der GmbH zu leisten hatte.

Das Erfordernis der Klarheit von Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter schließt die Auslegung dieser Vereinbarungen nicht aus. Das Erfordernis der Klarheit ist erfüllt, wenn die Auslegung der Vereinbarungen eindeutig möglich ist. Der Senat kann als Revisionsgericht die Auslegung der Parteivereinbarungen dahin überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), insbesondere ob alle Begleitumstände beachtet worden sind. Sofern die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen vom FG getroffen wurden, kann der BFH die Auslegung erforderlichenfalls selbst vornehmen (BFH-Urteil vom 11. Februar 1981 I R 13/77, BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475 m. w. N.), und zwar auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen (Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Rdnr. 17).

Der Wert des zweiten Obergeschosses ist danach eine Gegenleistung der GmbH für die Überlassung des ersten Obergeschosses. Er ist bei M zu aktivieren und abzuschreiben; die GmbH hat die Herstellungskosten für Rechnung des M aufgewandt. Da der Erwerb des zweiten Obergeschosses als Empfang einer Mietvorauszahlung zu sehen ist, hat M unter Berücksichtigung einer bis Ende 1979 dauernden Mietzeit einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (vgl. BFH-Urteil vom 11. Oktober 1983 VIII R 61/81, BFHE 140, 177, BStBl II 1984, 267 a. E.).

In Höhe des restlichen Werts hat M eine Rückstellung wegen einer dem Grunde und der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit gegenüber der GmbH zu bilden. 1971 ist ungewiß, ob der Mietvertrag verlängert wird und ob M der GmbH das Grundstück überträgt. Es ist ferner ungewiß, inwieweit die GmbH im Falle eines zukünftigen Verkaufs an sie die Investitionen abgenutzt haben wird.

Beide Passivposten sind entsprechend den von der GmbH aufgewendeten Mitteln zu bilden.

b) Sollten die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung nicht gegeben sein, ist dem M im Streitjahr 1971 ein geldwerter Vorteil in Höhe von 81 263,47 DM im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugeflossen (§§ 8, 11 Abs. 1, § 21 EStG).

In bezug auf den Wert und den Zeitpunkt der Einnahme gilt das zu a) Ausgeführte entsprechend. Auch in diesem Fall ist die Leistung im Rahmen eines vertraglichen Austauschverhältnisses (Mietverhältnis) erbracht und nicht aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses (verdeckte Gewinnausschüttung). Die 1971 zugeflossenen Sachwerte sind in vollem Umfang Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) dieses Jahres.

Um die unbefriedigende Häufung der Einnahmen im Jahr des Zuflusses (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1983 VIII R 30/82, BFHE 139, 171, BStBl II 1983, 755) zu vermeiden, hat die Verwaltung in ähnlichen Fällen Billigkeitsregelungen getroffen (vgl. Abschn. 163 der Einkommensteuer-Richtlinien betreffend Mieterzuschüsse). Darüber kann der Senat im Rahmen dieses Verfahrens nicht entscheiden, weil das FA eine Billigkeitsentscheidung bisher nicht getroffen oder abgelehnt hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319).

AfA sind auch hier zu berücksichtigen. Da M die von der GmbH gezahlten Herstellungskosten als Einnahmen zuzurechnen sind, ist er so zu behandeln, als ob sie für seine Rechnung von der GmbH aufgewendet wurden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63048

BFH/NV 1991, 90

BB 1990, 2027

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