Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen eines ordentlichen Professors und Direktors eines Universitätsinstituts a) für eine Weihnachtsfeier mit den Mitarbeitern seines Instituts, b) für Arbeitsessen, zu denen er sich mit Fachkollegen an verschiedenen Orten trifft, sind keine Werbungskosten.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1; LStDV § 20 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1968, ob

a) 978,85 DM Kosten des Klägers für eine Weihnachtsfeier mit den Mitarbeitern des von ihm geleiteten Universitätsinstitutes,

b) 739,76 DM Tagungskosten, die dem Kläger anläßlich von Zusammenkünften mit anderen Wissenschaftlern für Arbeitsessen und sonstige Bewirtung entstanden sind, Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben darstellen.

Der Kläger ist ordentlicher Professor an einer Universität und Direktor eines wissenschaftlichen Instituts der Universität. Er hatte im Veranlagungszeitraum 1968 Beamtenbezüge in Höhe von 38 832 DM und aus einem weiteren Dienstverhältnis an der Universität Nebeneinnahmen von 43 573 DM sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit (freiberufliche wissenschaftliche Tätigkeit) in Höhe von 15 962 DM.

1968 sind dem Kläger u. a. folgende Aufwendungen entstanden:

1. Kosten einer Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter seines Instituts in Höhe von 978,85 DM. Diese Aufwendungen enthalten Kosten eines kleinen Geschenks für jeden Mitarbeiter und allgemeine Unkosten der Weihnachtsfeier. Der Kläger hat bei der Berechnung dieser Aufwendungen einen staatlichen Zuschuß für jeden der planmäßig angestellten Mitarbeiter in Höhe von 10 DM in Abzug gebracht.

2. Tagungskosten in Höhe von 939,76 DM, die anläßlich von Zusammenkünften des Klägers mit anderen Wissenschaftlern entstanden sind und bei denen es sich - mit Ausnahme der Kosten für die Blumen zur Ausstattung eines Konferenzzimmers in Höhe von 106,65 DM - um Kosten für Arbeitsessen und Bewirtung handelt.

Die genannten Aufwendungen hat der Kläger in der Einkommensteuererklärung für 1968 als Werbungskosten geltend gemacht. Das FA erkannte von den unter 2. genannten Aufwendungen im Wege der Schätzung einen Betrag von 200 DM als beruflichen Anteil an und ließ diesen Betrag als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zu. Den restlichen Teil der unter 1. und 2. genannten Aufwendungen behandelte das FA als nichtabzugsfähige Lebenshaltungskosten.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG führte aus, dem Kläger sei darin beizupflichten, daß es sich bei den Aufwendungen für die Weihnachtsfeier mit seinen Mitarbeitern nicht um Kosten handele, die durch seine persönliche Lebensstellung unter dem Gesichtspunkt der Einkommensverwendung bedingt seien. Die Aufwendungen seien vielmehr durch sein Dienstverhältnis als beamteter Direktor des Instituts und durch seine freiberufliche Nebentätigkeit veranlaßt und damit teils als Werbungskosten und teils als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Vorinstanz hielt die Klage auch insoweit für begründet, als der Kläger über den von dem Beklagten geschätzten beruflichen Anteil von 200 DM hinaus die uneingeschränkte Anerkennung der Abzugsfähigkeit der ihm durch Arbeitsessen und Bewirtung anderer Wissenschaftler entstandenen Kosten begehrt. Diese Aufwendungen seien Werbungskosten, da sie ganz überwiegend durch die berufliche Stellung des Klägers als Professor und Institutsdirektor veranlaßt worden seien und - wie sich dies aus der detaillierten Aufstellung des Klägers über den Teilnehmerkreis und den Inhalt dieser Zusammenkünfte ergebe - ausschließlich beruflichen Zwecken gedient hätten.

Mit der Revision beantragt das FA, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einspruchsentscheidung in der Einkommensteuersache für 1968 vom 18. August 1961 wiederherzustellen. Zur Begründung trägt das FA vor, nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG seien Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich brächten, weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der nichtselbständigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgten. Die Bedeutung dieser Vorschrift liege somit in dem Aufteilungsverbot. Das habe das FG verkannt. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Weihnachtsfeier gehörten zu den Lebenshaltungskosten des Klägers, auch wenn sie seine berufliche Tätigkeit gefördert hätten. Bei den Aufwendungen für Arbeitsessen und Bewirtung von Fachkollegen fehle es an relevanten Gründen, die den Zusammenhang dieser Kosten mit dem Beruf klar ersichtlich machten. Das FG sei insoweit einem Trugschluß unterlegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet.

Die Vorentscheidung beruht auf einer Verletzung des § 9 Abs. 1 EStG. Werbungskosten sind bei Arbeitnehmern gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (§ 20 LStDV) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung ihres Arbeitslohnes. Derartige Aufwendungen müssen ihrem tatsächlichen Zweck nach dazu bestimmt sein, ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Arbeitnehmer zu dienen. Das trifft für die Aufwendungen des Klägers für die Weihnachtsfeier mit den Mitarbeitern des von ihm geleiteten Universitätsinstituts weder ganz noch teilweise zu. Es ist sicher richtig, daß diese Aufwendungen auch auf beruflichen Erwägungen beruhten und geeignet waren, das Arbeitsklima innerhalb des vom Kläger geleiteten Universitätsinstituts zu fördern. Es ergibt sich aber ebenso aus dem Wesen solcher Aufwendungen eines Staatsdieners in leitender Stellung, daß sie im Grunde mit seinem Berufe und damit mit seinen Gehaltsbezügen unmittelbar nichts zu tun haben. Solche freiwilligen Aufwendungen eines Arbeitnehmers in leitender Stellung für seine Mitarbeiter beruhen vor allem auf den durch die dauernde Zusammenarbeit begründeten gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen, die mehr persönlicher Art sind, und letztlich durch die gesellschaftliche Position innerhalb einer engen Gemeinschaft bedingt sind. Ihre Veranlassung ist im Grunde dieselbe, wie bei den Ausgaben für die heute weit verbreiteten Geburtstags-, Beförderungs- und ähnliche Feiern, die leitende Beamte und Angestellte für ihre Mitarbeiter und Kollegen veranstalten; bei diesen Ausgaben geht es offensichtlich um die Verwendung von Einkommen zur Erfüllung gewisser gesellschaftlicher Repräsentationspflichten, die mittelbar durch die berufliche Tätigkeit bedingt sind.

Für die Anerkennung derartiger Aufwendungen als Werbungskosten müssen bei einem fest beamteten Arbeitnehmer schon aus der Natur der Sache andere Grundsätze gelten, als beispielsweise bei einem Firmeninhaber als Arbeitgeber, der ähnliche Aufwendungen für seine Arbeitnehmer als Betriebsausgaben geltend macht, die dann bei den Arbeitnehmern grundsätzlich Arbeitslohn darstellen (vgl. Abschn. 11 LStR 1970). Darauf hat der Senat schon im Urteil vom 13. September 1962 IV 11/61 U (BFHE 75, 748, BStBl III 1962, 539) hingewiesen.

Danach handelt es sich bei den streitigen 978,85 DM, soweit sie der Kläger aufgrund seiner Stellung als Leiter des Universitätsinstituts ausgegeben hat, um typische Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Klägers mit sich brachte, auch wenn sie mittelbar mit dem Beruf des Klägers als Professor und Institutsdirektor zusammenhingen und der beruflichen Arbeit förderlich waren. Wie der Große Senat des BFH im Beschluß vom 19. Oktober 1970 Gr. S. 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) ausgesprochen hat, enthält § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG für derartige Fälle von gemischten Aufwendungen eine gesetzliche Typisierung und ein gesetzliches Verbot der Aufteilung solcher Kosten.

Daraus ergibt sich, daß die Aufwendungen für die Weihnachtsfeier auch nicht teilweise abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit sein können. Da feststeht, daß die Weihnachtsfeier mit allen Angehörigen des Universitätsinstituts veranstaltet wurde, deren Arbeitgeber ausschließlich der Staat und nicht der Kläger war, muß aber mit dem FG davon ausgegangen werden, daß der Kläger zumindest einen nicht unerheblichen Teil dieser Aufwendungen als Direktor des von ihm geleiteten Instituts, also als Arbeitnehmer und nicht als freiberuflich Tätiger gemacht hat. Nach den obigen Ausführungen gehört demnach mindestens ein nicht unerheblicher Teil dieser Aufwendungen zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung. Ob ein möglicher restlicher Teil der Kosten für die Weihnachtsfeier seiner Natur nach Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit sein könnte, braucht danach nicht mehr geprüft zu werden, da insoweit der vom Großen Senat in der Entscheidung Gr. S. 2/70 aufgestellte Rechtsgrundsatz durchgreift, wonach bei Kosten, die zu den in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG bezeichneten Aufwendungen gehören, eine Aufteilung in nichtabziehbare Aufwendungen für die Lebensführung und in Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur zulässig ist, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen, und wenn außerdem der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist. eine solche Trennung ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Das wird von den Beteiligten auch nicht bestritten. Die vom FG vorgenommene Aufteilung des Gesamtbetrages in Werbungskosten von 500 DM und Betriebsausgaben von 478,85 DM stellt eine nicht näher begründbare griffweise Schätzung dar, die bei einer Teilung von einheitlichen Aufwendungen in berufliche und private Ausgaben nicht zulässig ist. Infolgedessen müssen schon aus diesem Grunde die gesamten Kosten für die Weihnachtsfeier zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG gerechnet werden.

Auch bei den sog. Tagungskosten, d. h. bei den Aufwendungen für Arbeitsessen und Bewirtung von Fachkollegen handelte es sich ihrer Zweckbestimmung nach um typische Kosten der Lebensführung, die durch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung des Klägers veranlaßt waren und daneben auch dem Beruf gedient haben mögen. Da von den geltend gemachten Gesamtkosten von 939,76 DM das FA bereits 200 DM als abzugsfähig anerkannt hat, braucht wegen des Verbotes, den angefochtenen Bescheid zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu ändern, auf die Abzugsfähigkeit der in den Gesamtkosten enthaltenen Kosten von 106,65 DM für die Blumenausstattung eines Konferenzzimmers nicht eingegangen zu werden.

Die Beträge, die ein Steuerpflichtiger für sich, seine Angehörigen und seinen Bekanntenkreis für Speisen und Getränke aufwendet, gehören an sich zu den typischen Kosten der privaten Lebensführung. Will der Steuerpflichtige im Einzelfall trotzdem solche Kosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von seinen Einnahmen abziehen, so muß hier für den einwandfreien Nachweis der ausschließlich beruflichen Veranlassung solcher Ausgaben ein strenger Maßstab gefordert werden, vor allem auch deshalb, weil in diesem Bereich das FA kaum eine Möglichkeit der Nachprüfung besitzt. Auf diesen Gesichtspunkt hat vor allem auch der Große Senat im Beschluß Gr. S. 2/70 hingewiesen. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß Aufwendungen, bei denen schwer erkennbar ist, ob sie mehr dem Beruf oder mehr der Wahrung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung des Steuerpflichtigen dienen, den Lebenshaltungskosten zuzurechnen sind. Das gilt besonders, wenn es sich ihrer Natur nach an sich um typische Kosten der Lebensführung handelt, wie bei Kosten für Speise und Trank (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 1956 IV 378/55 U, BFHE 64, 400, BStBl III 1957, 149; vom 14. Januar 1954 IV 23/53 U, BFHE 58, 439, BStBl III 1954, 79).

Auch im vorliegenden Fall macht das FA in der Revision mit Recht geltend, daß keine ausreichenden Gründe erkennbar sind, aus denen sich klar die unmittelbare berufliche Veranlassung der Ausgaben für die Arbeitsessen und die sonstige Bewirtung von Fachkollegen und Wissenschaftlern ergäbe. Die vom FG dafür herangezogenen allgemeinen Erwägungen über entsprechende Pflichten des Klägers als Institutsdirektor sprechen eher dafür, daß es sich um Repräsentationsverpflichtungen, also um privaten Aufwand gehandelt hat. Aus der detaillierten Aufstellung des Klägers über diese Ausgaben und den zugehörigen Belegen ergibt sich in der Hauptsache nur, mit wem der Kläger gespeist und welche Restaurants er dafür ausgewählt hat. Anders als bei einem Geschäftsmann, der aus nachweisbaren und nachprüfbaren Gründen der Gewinnerzielung z. B. alte oder mögliche neue Kunden seiner Branche zur Erreichung von Kaufabschlüssen zum Essen einlädt, ist beim Kläger nicht erkennbar, warum bei den Arbeitsessen in den verschiedensten Städten der Bundesrepublik Deutschland er selbst die Rechnung bezahlt hat und nicht sein Fachkollege, oder warum nicht jeder seine eigene Rechnung bezahlt hat. Die Tatsache, daß die Bewirteten Fachkollegen waren, ist kein Nachweis einer ausschließlich beruflichen Veranlassung. Ein solcher Nachweis ist nach Auffassung des Senats praktisch auch nicht möglich. Bei derartigen Aufwendungen in Restaurants für angehobene Ansprüche, die dem Kläger und Steuerpflichtigen in ähnlichen Positionen beim Staat und in der freien Wirtschaft entstehen, ist es mangels einer Möglichkeit der Nachprüfbarkeit der beruflichen Veranlassung schon im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit erforderlich, sie zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zu rechnen (vgl. BFH-Beschluß Gr. S. 2/70, a. a. O., Abschn. 6).

Die Klage war daher unter Aufhebung der Vorentscheidung als unbegründet abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70494

BStBl II 1973, 634

BFHE 1973, 352

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