Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten für Eigenquoten des Verkäufers vom Zollwert umfaßt

 

Leitsatz (NV)

1. Eine die Steuerfestsetzung in einem unanfechtbaren Bescheid wiederholende Verfügung ist nicht anfechtbar.

2. Das gesondert ergangene Leistungsgebot hinsichtlich der Steuerfestsetzung in einem unanfechtbaren Bescheid kann zwar - mit der Beschwerde - angefochten werden, allerdings nur aus Gründen, die sich gegen seine Zulässigkeit richten, nicht mit Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung.

3. Zum Zollwert - Transaktionswert - gehören auch Zahlungen, die der Käufer der eingeführten Waren an den Verkäufer für dessen eigene Exportquoten leistet (anders bei Zahlungen für Fremdquoten).

 

Normenkette

AO §§ 254, 347, 349; ZWVO 1980 Art. 3 Abs. 1, 3 Buchst. a

 

Tatbestand

Die Klägerin läßt Damenoberbekleidung aus Hongkong und Macao zum freien Verkehr abfertigen. Bei einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Klägerin für die Kleidung Quotakosten für Exportlizenzen berechnet worden waren, und zwar auch dann, wenn die Lieferungen im Rahmen eigener Quoten der Verkäufer erfolgt waren. Die dafür in den Rechnungen ausgewiesenen Beträge waren bei den Abfertigungen nicht in den Zollwert einbezogen worden. Wegen des bevorstehenden Ablaufs der Nacherhebungsfrist erließ der Prüfer namens des Hauptzollamts - HZA - unter Einbeziehung der Beträge für Eigenquoten Steueränderungsbescheide hinsichtlich der 1984 eingeführten Waren. Die der Klägerin im Juli 1987 ausgehändigten Bescheide enthielten Festsetzungen der nachzuzahlenden Beträge und Rechtsbehelfsbelehrungen, aber keine Zahlungsaufforderungen. Das HZA schloß sich der zollwertrechtlichen Beurteilung durch den Prüfer an und erließ im Oktober 1987 einen Steueränderungsbescheid mit Zahlungsaufforderung über den nach dem Prüfungsergebnis insgesamt nachzuerhebenden Zoll, eingeschlossen die durch die Bescheide vom Juli 1987 festgesetzten Beträge. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist, und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung. Das HZA lehnte den Antrag teilweise ab und gab ihm im übrigen statt, widerrief die teilweise gewährte Aussetzung jedoch später. Nach erfolglosen Beschwerden erhob die Klägerin gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung und den Widerruf Klagen, gerichtet auf Aufhebung der Vollziehung des Bescheides vom Oktober 1987, soweit Quotakosten nicht zollwertmindernd berücksichtigt worden sind.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen ab. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides beständen nicht. Bezüglich der Einfuhren des Jahres 1984 komme eine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Bescheide vom Juli 1987 bestandskräftig seien. Insoweit stelle der angefochtene Bescheid vom Oktober 1987 lediglich eine Leistungsaufforderung (Leistungsgebot) dar, keine erneute Leistungsfestsetzung. Soweit dieser Bescheid eine erstmalige Leistungsfestsetzung zum Gegenstand habe - Einfuhren der Jahre 1985 bis 1987 -, sei die Zurechnung der Quotakosten zum Zollwert nicht ernstlich zweifelhaft. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - (Urteil vom 9. Februar 1984 Rs. 7/83, EuGHE 1984, 609) gehörten für den Erwerb von Exportkontingenten entstehende Quotakosten nicht zum Zollwert, wenn der Käufer sie entweder einem vom Verkäufer unabhängigen Dritten oder dem Verkäufer selbst bezahle, sofern dieser die Quoten sich bei einem Dritten beschafft und die Kosten dem Käufer in Rechnung gestellt habe. Diese Grundsätze seien jedoch nur anwendbar, wenn der Importeur Quotakosten für den Erwerb einer Exportlizenz für gerade die aus- und später eingeführten Waren gezahlt habe. Hinzu komme, daß das von der Klägerin praktizierte Verfahren eine Überprüfung völlig unmöglich mache und dazu benutzt werden könnte, in Absprache mit dem Lieferanten erhebliche Teile des Kaufpreises als ,,Quotakosten" mit abgabenmindernder Wirkung vom Zollwert abzuspalten.

Mit der Revision rügt die Klägerin, das FG habe verkannt, daß der Änderungsbescheid von seinem erkennbaren Inhalt her eine Regelung der Gesamtangelegenheit darstelle (Gesamtnachforderungsbetrag; insgesamt Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung), wie es auch den Absprachen innerhalb der Schlußbesprechung entspreche. Durch den Einspruch gegen den Bescheid vom Oktober 1987 sei auch die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts angefochten, so daß die unter diesem Vorbehalt stehenden Festsetzungen (vom Juli 1987) insgesamt abänderbar blieben. Wegen Begründungsmangels dieser Festsetzungen - Bezugnahme auf den damals noch nicht vorliegenden Prüfungsbericht - müßte jedenfalls die vorsorglich beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Einspruchsfrist gegen die Bescheide vom Juli 1987 gewährt werden. Rechtsfehlerhaft seien auch die zollwertrechtlichen Erwägungen des FG. Nach dem Sinn der vom FG angeführten EuGH-Entscheidung sei es unsachgemäß, danach zu differenzieren, ob die Einzellieferung zufällig aufgrund einer Eigen- oder einer Fremdquote ausgeführt worden sei. Bei der Eigenart des hier vorliegenden Massengeschäfts - Bestellung etwa 9 Monate vor Lieferung mit Festlegung der Zahl der erforderlichen Fremdquoten und ihrer Durchschnittspreise unter Umlegung der sich daraus ergebenden Gesamtkosten als ,,Quotenaufschlag", ggf. Auslieferungen über ein Schwesterunternehmen in Macao - dürfe es keinen Unterschied machen, ob der jeweiligen Ausfuhr Eigenquoten oder zugekaufte Fremdquoten zugrunde lägen. Da tatsächlich entstandene Quotakosten zollwertmindernd abzuziehen seien, könne es nicht darauf ankommen, wie im Einzelfall dieser Abzug berechnet werde. Eine Aufteilung auf die zahlreichen Einzellieferungen sei praktisch nicht möglich. Verfahrensrechtlich sei zu beanstanden, daß das FG die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH unterlassen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Ablehnung der beantragten Aussetzung der Vollziehung bzw. deren Widerruf zu Recht erfolgt ist, weil bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom Oktober 1987 nicht bestehen (§ 361 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -).

1. Hinsichtlich der Einfuhren des Jahres 1984 gilt dies schon deshalb, weil die Klägerin in diesem Verfahren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der betreffenden Abgabenfestsetzungen nicht vorbringen kann. Diese Abgaben sind nicht in dem Bescheid vom Oktober 1987, sondern durch Bescheide vom Juli 1987 festgesetzt worden. Wie sich aus der Vorentscheidung ergibt, sind diese Bescheide bestandskräftig geworden; ihre Aussetzung der Vollziehung ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Soweit in dem Bescheid vom Oktober 1987 die Festsetzungen vom Juli 1987 erwähnt sind, handelt es sich allenfalls um eine nicht anfechtbare wiederholende Verfügung (Senat, Urteil vom 22. Juli 1986 VII R 10/82, BFHE 147, 117, 119, BStBl II 1986, 776). Das in jenem Bescheid enthaltene Leistungsangebot hinsichtlich der Festsetzungen vom Juli 1987 kann zwar - mit der Beschwerde - angegriffen werden, indessen nur aus Gründen, die sich gegen seine Zulässigkeit richten, nicht mit Einwendungen gegen die Steuerfestsetzungen (§ 256 AO 1977; vgl. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, 15. Aufl. 1987, § 254 Bem. 6). Gründe gegen die Zulässigkeit des Leistungsgebots (§ 254 AO 1977), das nicht Bestandteil des Steuerbescheids ist (§ 157 Abs. 1 AO 1977), sind nicht vorgebracht worden. Eine Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung, die dazu führen könnte, daß die nunmehr vorbehaltlose Festsetzung (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO 1977) unabhängig davon angefochten werden könnte, ob die ursprüngliche Vorbehaltsfestsetzung angegriffen worden ist (Kühn/Kutter/Hofmann, a.a.O., § 164 Bem. 6a), ist nur scheinbar erfolgt. Wie sich aus dem von der Klägerin nicht bestrittenen Vorbringen des HZA ergibt, standen weder die bei den Abfertigungen ergangenen Bescheide noch die Steuerbescheide vom Juli 1987 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Ob der Klägerin wegen Versäumens der Einspruchsfrist gegen die Bescheide vom 29. Juli 1987 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, ist nicht in diesem Verfahren zu entscheiden.

2. Auch im übrigen - Einfuhren ab 1985 - sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich. Das FG hat richtig erkannt, daß die von der Klägerin ausgewiesenen ,,Quotakosten" für eigene Exportquoten der Lieferanten zum Zollwert der eingeführten Waren gehören. Zu einer Anrufung des EuGH war das FG schon deshalb nicht verpflichtet, weil es nicht letztinstanzlich entschieden hat (Senat, Beschluß vom 3. Februar 1987 VII B 129/86, BFHE 148, 489, BStBl II 1987, 305).

Quotakosten gehören nicht zu den Kosten, die nach Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren (ZWVO 1980) dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis (Art. 3 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980 - Transaktionswert -) hinzuzurechnen sind. Die mit dem Erwerb von zur Ausfuhr berechtigenden Quoten im Rahmen von Exportkontingenten verbundenen Kosten sind nicht Bestandteil des Warenpreises, werden also nicht bei der Zollwertfeststellung berücksichtigt, wenn sie vom Käufer an einen vom Verkäufer unabhängigen Dritten oder, sofern der Verkäufer, der über keine Quoten verfügt, solche von dritter Seite erworben hat, an den Verkäufer gezahlt werden (EuGHE 1984, 609, 619; vgl. auch das auf Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 26. Mai 1988 VII R 87/86, BFHE 153, 469, ergangene, noch nicht veröffentlichte EuGH-Urteil vom 28. März 1990 Rs. C-219/88, Abs. 13 - Echtheitsbescheinigungen -). Diese Grundsätze, die für die bei Erwerb sog. Fremdquoten entstehenden Kosten gelten, können jedoch keine Anwendung finden, wenn es sich um Eigenquoten des Verkäufers handelt.

Nach Art. 3 Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980 ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer . . . entrichtet oder zu entrichten hat; dieser Preis schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft vom Käufer an den Verkäufer . . . tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind. Hierzu gehören auch Zahlungen, die der Käufer der eingeführten Waren an den Verkäufer für dessen eigene Quoten leistet. Diese Zahlungen stehen - anders als diejenigen für den Erwerb von Fremdquoten - in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kaufgeschäft und sind kein Entgelt für anderweit erworbene Berechtigungen. Sie fließen dem Verkäufer selbst zu, nicht über ihn einem Dritten. Zahlungen an den Verkäufer für dessen Eigenquoten wären selbst dann als zum Zollwert eingeführter Waren gehörend anzusehen, wenn dem Verkäufer Aufwendungen bei der Zuteilung der Quoten entstanden sind (z. B. Gebühren). Das braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden, denn hier fehlt es jedenfalls an der Entstehung von Kosten für die Eigenquoten der Verkäufer. Die Vergabe von Quoten in Hongkong erfolgt kostenlos (Nr. 3.1.1 Abs. 2 des von der Zollwertgruppe herausgegebenen Merkblatts ,,Quotakosten bei Textilwaren", abgedruckt bei Zepf, Wertverzollung, 4. Aufl., V M 2); entgeltlich gehandelt werden sie nur auf dem Markt, der sich insoweit entwickelt hat (Zepf, a.a.O., Art. 3 ZWVO 1980 Anm. 2.7.2.3). Da der Vorentscheidung zu entnehmen ist, daß Quotakosten - allgemein - nur beim Erwerb von Fremdquoten entstanden sind (,,aufgewendet"), ist auch für die Auslieferungen, die über Macao erfolgt sind, von einer unentgeltlichen Zuteilung der betreffenden Eigenquoten auszugehen. Liegt hinsichtlich der Eigenquoten kein kostenverursachender Erwerb von Exportkontingenten vor, so sind Quotakosten tatsächlich nicht entstanden. Erfolgt die Lieferung im Rahmen von Eigenquoten des Verkäufers, so zahlt der Käufer für die zulässigerweise aus- und in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführten Waren. Ein fiktiver Betrag für die eigenen Exportquoten des Verkäufers ist nicht zu berücksichtigen, denn der Preis der Ware, damit der Zollwert, darf - wie das FG richtig entschieden hat - nicht künstlich vermindert werden (vgl. die Ausführungen der EG-Kommission in der Rechtssache 7/83, EuGHE 1984, 609, 615). Dieser Gesichtspunkt schließt es auch aus, den von der Klägerin geltend gemachten ,,kalkulatorischen Quotenaufschlag" anzuerkennen. Kosten für den Erwerb von Fremdquoten sind nur im Zusammenhang mit konkreten Warenlieferungen berücksichtigungsfähig. Davon geht ersichtlich auch das Urteil in EuGHE 1984, 609, 619 aus (Abs. 17 und 15: ,,Käufer der Waren", die im Rahmen entgeltlich erworbener Fremdquoten geliefert wurden).

3. Unter Beachtung der vorerwähnten Rechtsprechung des EuGH bestehen keine Zweifel an der Auslegung des hier maßgeblichen Gemeinschaftsrechts. Es ist somit - zumal die Entscheidung in einer Aussetzungssache ergeht - nicht veranlaßt, den EuGH um eine entsprechende Vorabentscheidung zu ersuchen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417092

BFH/NV 1991, 350

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