Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Leisten Gerichtsreferendare einen Teil ihres Vorbereitungsdienstes (freie Verwaltungsstation) freiwillig in Argentinien ab, so sind die dadurch entstehenden Mehrkosten keine Werbungskosten.

 

Normenkette

EStG § 9/1, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Die beschwerdeführenden Eheleute (Bf.) waren im Streitjahr 1961 Gerichtsreferendare. Auf ihren Antrag wurden sie im Jahre 1961 für sechs Monate Instituten in Argentinien zur Ableistung ihres Vorbereitungsdienstes überwiesen. Sie bezogen während des ganzen Jahres Unterhaltszuschuß, und zwar der Ehemann 3.841 DM und die Ehefrau 4.452 DM; darüber hinaus hatten sie Einkünfte von insgesamt 2.683 DM. Die Bf. beantragten zunächst, die gesamten Kosten ihres Argentinienaufenthaltes von 8.352 DM steuerfrei zu belassen, weil sie beruflich veranlaßt seien. Im Rechtsbeschwerdeverfahren machen sie nur noch die Kosten der Schiffspassagen und der Eisenbahn von H. nach L. im Gesamtbetrag von 3.557 DM als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nur 825 DM für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in der Bundesrepublik Deutschland als Werbungskosten an. Im Einspruchsverfahren ließ es weitere 100 DM für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Argentinien und 177 DM für Fachliteratur zu. Die Aufwendungen für die Reise nach Südamerika betrachtete es dagegen als nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung.

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, Aufwendungen von Gerichtsreferendaren seien Werbungskosten, wenn sie unmittelbar der Fortbildung dienten. Wenn sie dagegen nur den künftigen Beruf beträfen, so seien sie nicht abzugsfähige Ausbildungskosten. Die für die Fahrten nach Südamerika aufgewendeten Kosten hingen nicht unmittelbar mit der Fortbildung zusammen; für die Reise nach Argentinien seien vielmehr überwiegend persönliche Gründe maßgebend gewesen. Die Eheleute hätten kurz vor ihrer Reise geheiratet. Der Umstand, daß die Bf. als ein jung verheiratetes Paar erhebliche eigene Mittel ohne Erstattung des Dienstherrn aufgewendet hätten, rechtfertige die Annahme, daß bei dem Aufenthalt in Argentinien höchstens die Berufsausbildung im Vordergrund gestanden habe.

Mit der Rb. beanstanden die Bf., daß das Finanzgericht nicht ein Gutachten der zuständigen Referendarabteilung über die dienstliche Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen eingeholt habe. Im übrigen rügen sie eine Verletzung des sachlichen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. konnte keinen Erfolg haben.

Die Verfahrensrüge geht fehl. Grundsätzlich muß das Finanzgericht den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln (ß 243 AO) und darauf das Recht anwenden. Auf die Ansicht Dritter kommt es nicht an. Die Auffassung der Referendarabteilung über die dienstliche Notwendigkeit der Argentinienreise war danach für den Rechtsstreit ohne Bedeutung. Darum liegt in der Nichteinholung des Gutachtens kein Verfahrensmangel.

Das Urteil des Finanzgerichts ist auch sachlich bedenkenfrei. Aufwendungen eines Referendars sind nach dem Urteil des Senats VI 162/59 U vom 4. August 1961 (BStBl 1962 III S. 5, Slg. Bd. 74 S. 9) als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in den Rahmen seines Dienstes als Referendar fallen. Dienen sie dagegen der Vorbereitung auf den künftigen Lebensberuf, so handelt es sich um nicht abzugsfähige Kosten der Lebenshaltung. Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht zu Recht die Aufwendungen für Fachliteratur sowie die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zum Abzug zugelassen. Es konnte aber auch ohne Rechtsverstoß die Kosten der Argentinienreise als Lebenshaltungskosten behandeln, weil diese Aufwendungen offenbar nicht mit der Fortbildung zusammenhingen, sondern überwiegend dem privaten Lebensbereich der Bf. zuzuordnen waren.

Den Bf. ist nicht darin zuzustimmen, daß mit der ersten Staatsprüfung ihre juristische Berufsausbildung abgeschlossen gewesen sei und mit dem Eintritt in den Vorbereitungsdienst als Referendare für sie die juristische Berufsfortbildung begonnen habe. Der Senat hat in seiner Entscheidung VI 147/62 vom 5. Oktober 1962 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 9 Sätze 1 und 2, Rechtsspruch 203) darauf hingewiesen, daß die Referendarausbildung ein Teil der Berufsausbildung eines Volljuristen ist, besonders also für Richter und Rechtsanwälte erforderlich ist. Die Südamerikareise hat bestenfalls dem späteren Fortkommen der Bf. als Rechtsanwälte gedient. Ausbildungskosten gehören aber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu den Kosten der Lebenshaltung, die das Einkommen des Steuerpflichtigen gemäß § 12 Ziff. 1 EStG nicht mindern dürfen (vgl. z. B. Urteile VI 81/58 U vom 13. November 1959, BStBl 1960 III S. 53, Slg. Bd. 70 S. 143, und VI 110/62 U vom 24. August 1962, BStBl 1962 III S. 488, Slg. Bd. 75 S. 606).

Die Bf. können sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Senats VI 147/62 (a. a. O.) berufen, soweit dort anerkannt wird, daß ein Referendar, der neben seinem Vorbereitungsdienst als Rechtsberater bei einer Bank tätig ist, Werbungskosten im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses haben kann. Denn hier sind die streitigen Aufwendungen nicht im Rahmen eines weiteren Dienstverhältnisses neben der Referendarausbildung angefallen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411235

BStBl III 1964, 364

BFHE 1964, 364

BFHE 79, 364

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