Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Einheitsbewertung von Betriebsvermögen ist eine Rückstellung für Wechselobligo auch insoweit zulässig, als das Unternehmen auf die Außenstände Kundenwechsel empfangen und zum Diskont weitergegeben hat.

 

Normenkette

BewG § 66 Abs. 1, § 109/1

 

Tatbestand

Streitig ist bei den Einheitswertfeststellungen für das Betriebsvermögen der KG auf den Beginn der Kalenderjahre 1951, 1952 und 1953 der Abzug der Beträge, die die Firma für Wechselobligo zurückgestellt hat, und die bei einer Betriebsprüfung (Oktober 1954 bis Februar 1955) mit 156.164,85 DM für 1951, mit 165.602,28 DM für 1952 sowie mit 147.733,30 DM für 1953 ermittelt worden sind.

Das Finanzamt hat den Abzug abgelehnt. Auf die Sprungberufung der Firma hat ihn das Finanzgericht dagegen zugelassen und sich für diese Entscheidung auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1483-1485/30 vom 28. Oktober 1931 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1932 S. 144) berufen.

 

Entscheidungsgründe

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts.

Einheitsbewertungen von Betriebsvermögen unterliegen dem Grundsatz der Stichtagsbewertung (ß 63 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebsvermögens sind also der Einheitsbewertung nach Bestand und Wert der Wirtschaftsgüter so zugrundezulegen, wie sie am Stichtage bestanden haben. Soweit es sich daher bei dem Posten "Wechselobligo" allein um Haftungsverbindlichkeiten aus den diskontierten Wechseln handelt, könnte eine Rückstellung für künftige Wechselverbindlichkeiten, wenn noch keine Inanspruchnahme vorliegt, nicht zugelassen werden.

Es ist aber die wirtschaftliche Entstehung des Wechselobligos zu berücksichtigen. Die diskontierten Wechsel, für die es in Frage kommt, haben noch keine endgültige Begleichung der Kundenforderungen der Firma bedeutet. Für den Kaufmann bleibt auch bei Weitergabe der ihm von seinen Kunden gegebenen Wechsel die Gefahr bestehen, daß er später den Wechsel selbst einlösen muß, wenn der Wechselkunde, der ihm den Wechsel gegeben hat, seiner Einlösungspflicht nicht nachkommt. Insofern bleiben also die Außenstände, für die die Wechsel empfangen worden sind, noch in der Schwebe. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelt es sich also bei Rückstellungen eines Unternehmens auch für zum Diskont weitergegebene Wechsel von Kunden um einen Wertberichtigungsposten hinsichtlich der Außenstände, auch wenn das Unternehmen die Außenstände, für die es die später diskontierten Wechsel empfangen hat, insoweit in der Bilanz nicht mehr ausgewiesen hat. Unter dem Gesichtspunkt des Delkredere kann deshalb ein Unternehmen die Gefahr der Nichteinlösung von zum Diskont weitergegebenen Kundenwechseln durch eine entsprechende Rückstellung berücksichtigen, wenn mit der Gefahr der Nichteinlösung auf Grund allgemeiner Erfahrungen in gewissem, von der Güte der Kundenforderungen abhängigen Umfange gerechnet werden kann und muß (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs I A 871,872/29 vom 3. Juni 1930, Steuer und Wirtschaft 1930 Nr. 1056; VI A 1483-1485/30 vom 28. Oktober 1931, RStBl 1932 S. 144 und VI A 287/37 vom 12. Mai 1937, RStBl 1937 S. 932, 933). Dies hat das Finanzgericht offenbar nicht verkannt.

Immerhin bedarf die Höhe der Rückstellungen für Wechselobligo im streitigen Fall noch einer Nachprüfung. Deshalb wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Dem Finanzgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408623

BStBl III 1957, 14

BFHE 64, 34

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