Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnauschüttung an Alleingesellschafter einer GmbH

 

Leitsatz (NV)

Es ist zweifelhaft, in welchem Zeitpunkt die Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1977 an den Alleingesellschafter einer GmbH bewirkt wird und die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist.

 

Normenkette

KStG 1977 § 27

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg

 

Tatbestand

Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, beschloß im Mai 1981, für das Streitjahr (1980) Gewinn in Höhe von 309 192 DM auszuschütten. Nach dem Vorbringen der Klägerin ließ sich der Gesellschafter dabei von der Vorstellung leiten, der Klägerin stehe zum 31. Dezember 1980 ein verwendbares Eigenkapital nach § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG 1977 - (EK 56) in Höhe von 195 544 DM und ein verwendbares Eigenkapital gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KStG 1977 (EK 36) mit 24 764 DM zur Verfügung, was zusammen mit einem Körperschaftsteuer-Minderungsbetrag von 88 884 DM (5/11 von 195 544 DM) die beschlossene Ausschüttung von 309 192 DM ergeben hätte. Bei dieser Berechnung hatte die Klägerin nach ihrem Vorbringen übersehen, daß im Jahre 1979 Gewinn für 1978 in Höhe von 100 000 DM ausgeschüttet worden war. Diesen Betrag hatte die Klägerin bei der Entwicklung des verwendbaren Eigenkapitals - insoweit abweichend von der Feststellung des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) zum 31. Dezember 1979 - nicht berücksichtigt. Dieser Sachverhalt führte dazu, daß das FA auch nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 und 3 KStG 1977 als für die Ausschüttung verwendet behandelte, was - neben einer Körperschaftsteuerminderung von nur noch 42 641 DM - zu einer Körperschaftsteuererhöhung von 83 235 DM führte.

Mit ihrem Einspruch vom 23. Juli 1981 gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1980 vom 26. Juni 1981 legte die Klägerin eine ,,berichtigte" Körperschaftsteuererklärung vor, die von einer Gewinnausschüttung von nur noch 161 215 DM ausgeht. Die Klägerin brachte vor, die Gewinnausschüttung aus dem Jahre 1979 über 100 000 DM sei versehentlich nicht erfaßt worden. Die Gesellschafterversammlung habe am 23. Juli 1981 beschlossen:

,,Der vorhergehende Beschluß über die Ausschüttung einer Bruttodividende in Höhe von 309 192 DM wird aufgehoben, weil er unter falschen Voraussetzungen gefaßt wurde - auf die Ausführungen des Steuerbevollmächtigten in seinem Rechtsmittel vom 23. Juli 1981 gegen die finanzamtliche Veranlagung wird hingewiesen.

Herr V verzichtet ausdrücklich auf sämtliche Ansprüche, die sich aus dem o.g. Beschluß ableiten lassen.

Das Bilanzergebnis per 31. Dezember 1980 wird entsprechend der anliegenden Berechnung auf 106 647 DM festgestellt und genehmigt.

Aufgrund der berichtigten Berechnungen (Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals) für 1980 erfolgt eine Ausschüttung in Höhe von 161 215 DM (Bruttodividende). . . ."

Dieser nunmehr als ausgeschüttet angesehene Betrag stimmt überein mit dem unter Berücksichtigung der Ausschüttung von 100 000 DM errechneten EK 56 von 93 810 DM, einem Körperschaftsteuer-Minderungsbetrag von 42 641 DM sowie dem EK 36 von 24 764 DM.

Das FA vertrat die Auffassung, der ursprüngliche Beschluß über die Gewinnausschüttung könne nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden. Gegen die Einspruchsentscheidung, die den Vorbehalt der Nachprüfung in dem angefochtenen Bescheid beibehält, wurde Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheids 1980 lehnte das FA ab. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Klage führte zur Aufhebung der Verwaltungsentscheidungen. Das Finanzgericht (FG) ordnete die Aufhebung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 1980 in Höhe eines Betrages von 83 235 DM (= Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrag) an, nachdem die Steuerschuld zwischenzeitlich durch Verrechnungen getilgt worden war. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ließ das FG die Revision zu.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es führt u.a. aus: Gemäß § 38 der Abgabenordnung (AO 1977) seien die durch § 27 KStG 1977 veranlaßten Folgen der Gewinnausschüttung unabänderlich. Körperschaftsteuerrechtlich sei die Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung als Rückzahlung der zugeflossenen Gewinnanteile und damit als Einlage zu behandeln.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Gemäß § 361 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 soll auf Antrag ,,die Aussetzung erfolgen", wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (Beschluß vom 5. März 1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140, 145, BStBl II 1979, 570, 573). Die Tat- und Rechtsfragen brauchen nicht abschließend geprüft zu werden. Andererseits muß die Prüfung soweit reichen, bis feststeht, ob gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BFHE 89, 92, BStBl III 1967, 533; Urteil vom 4. Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765).

2. Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, weil nicht feststeht, ob der Gesellschafterbeschluß zu einer Ausschüttung und damit zur Herstellung der umstrittenen Ausschüttungsbelastung geführt hat.

Die Ausführungen des FG unterscheiden nicht zwischen den in § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1977 verwendeten Begriffen ,,Ausschüttung" und ,,Gewinnverteilungsbeschluß". Eine solche Unterscheidung wäre entbehrlich, wenn - wovon offenbar das FG ausgeht - Ausschüttungen an den Alleingesellschafter im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Gewinnverwendung zufließen (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1974 VIII R 123/73, BFHE 112, 355, BStBl II 1974, 541) und wenn die Ausschüttung durch den Zufluß beim Gesellschafter bewirkt wird.

Die Frage, ob diese Betrachtungsweise für den Anwendungsbereich des § 27 KStG 1977 gilt, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt. In der Literatur bestehen hierzu unterschiedliche Auffassungen (vgl. die Übersicht bei Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 27 Anm. 63 ff.). Es wird die Meinung vertreten, die Ausschüttung sei ein Vorgang, der sich bei der Kapitalgesellschaft abspiele; es komme nicht auf den Zeitpunkt des Zufließens bei den Anteilseignern, sondern auf den Zeitpunkt des Abfließens bei der Kapitalgeselschaft an (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 27 KStG 1977 Abs. 3 Anm. D I, grüne Blätter). Diese Auffassung zeige Vorteile in dem Fall, daß der Gesellschafter ,,vor der Auszahlung des Geldes auf seinen Anspruch verzichtet" (Wrede, Der Betrieb 1979, 1619, 1620).

Mithin ist tatsächlich und rechtlich zweifelhaft, ob im angefochtenen Bescheid die umstrittene Ausschüttungsbelastung zu Recht hergestellt worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414212

BFH/NV 1986, 489

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