Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttungen/Garantierückstellungen

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Vereinbarung, wonach die Tätigkeitsvergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH in einer erfolgsabhängigen und nachträglich von der Gesellschafterversammlung festzusetzenden Vergütung bestehen soll, ist in der Regel als unüblich anzusehen. Gewinnmindernde Rückstellungen für diese Vergütung sind als verdeckte Gewinnausschüttungen wieder hinzuzusetzen.

2. Gewinnmindernde Rückstellungen für Garantieverpflichtungen sind nur zulässig, wenn eine künftige Inanspruchnahme auf Garantieleistungen - nach den Erfahrungen des Steuerpflichtigen im eigenen Betrieb oder innerhalb seiner Branche - wahrscheinlich ist.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2; EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1971 gegründete GmbH, die sich mit dem An- und Verkauf von Grundstücken und insbesondere mit der Betreuung von Bauvorhaben beschäftigt. Von dem Stammkapital von 20 000 DM hatten der Architekt D 19 000 DM und dessen Ehefrau 1 000 DM übernommen. Die Ehefrau war außerdem bis 1976 Geschäftsführerin der Klägerin. Neben ihrer Geschäftsführertätigkeit betrieb die Ehefrau ein . . .center, in dem sie leitend und wesentlich mitarbeitend tätig war.

Die Klägerin hatte seit ihrer Gründung bis einschließlich des Streitjahres 1973 drei Häuser in A und ein Haus mit Eigentumswohnungen in B errichtet und verkauft. 1973 erwarb sie in C ein Grundstück zum Zweck der Bebauung und errichtete in A für einen Kunden eine Garage. Die Planung, Bauleitung und Durchführung aller Bauvorhaben wurde für Rechnung der Klägerin dem Gesellschafter D übertragen, der seine Leistungen mit der Klägerin nach der Gebührenordnung für Architekten abrechnete. Die Tätigkeit der Klägerin beschränkte sich neben ihrer Haftung auf die Auftragsvergabe an den Architekten, auf die Werbung sowie auf die finanzielle Abwicklung mit den Erwerbern und Bauhandwerkern. Die Klägerin beschäftigte im Jahre 1972 außer der Geschäftsführerin mehrere Angestellte, die ein geringes Gehalt (insgesamt 4 000 DM) erhielten. Im Streitjahr 1973 wurde ein ständiger Angestellter mit einem Jahresgehalt von 34 000 DM beschäftigt. Umsätze und Geschäftsergebnisse der Klägerin entwickelten sich bis zum Streitjahr 1973 wie folgt:

1971 1972 1973

DM DM DM

Umsätze 2 000 30 000 1 500 000

Gewinne/Verluste (1973 ohne Tantieme

an die Gesellschafter-Geschäftsführerin) ./. 5 800 ./. 3 700 53 000.

Im Jahre 1977 wurden die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin im Rahmen einer Außenprüfung überprüft. Der Prüfer strich in der Schlußbilanz des Streitjahres 1973 einen Schuldposten von 60 000 DM, der als Rückstellung für die Tantieme der Gesellschafter-Geschäftsführerin ausgewiesen war. In der Gewinnminderung um diesen Betrag sah der Prüfer eine verdeckte Gewinnausschüttung. Er stellte fest, daß die Gesellschafter-Geschäftsführerin keine laufende Vergütung erhielt. In einem Anhang zum Geschäftsführervertrag hatte die Klägerin mit der Geschäftsführerin vereinbart, daß letztere erst nach Abschluß der jeweiligen Bauvorhaben einen Anspruch auf eine der Dauer ihrer Tätigkeit entsprechende Vergütung habe, deren Höhe durch besonderen Gesellschafterbeschluß festzulegen sei. Mit Gesellschafterbeschluß vom 2. Januar 1973 wurde die Tantieme für das laufende Wirtschaftsjahr 1973 auf netto 42 000 DM bestimmt, was einem Bruttobetrag von 62 523 DM entsprach. Davon wurden 60 000 DM in der Schlußbilanz zurückgestellt. Ein Gesellschafterbeschluß von Anfang des Jahres 1974 bestimmte, daß für 1974 keine Tantieme gezahlt wird.

Der Prüfer kürzte ferner die in der Bilanz zum 31. Dezember 1973 ausgewiesenen Prozeßkostenrückstellungen von 93 000 DM. Er hielt nur in Höhe von 65 128 DM diese Rückstellung für berechtigt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) schloß sich in dem berichtigten Körperschaftsteuerbescheid für 1973 der Auffassung des Prüfers an. Die Klägerin legte Einspruch mit der Begründung ein, die Tantiemerückstellung sei zu Unrecht gestrichen worden, die vom Betriebsprüfer anerkannten Prozeßkostenrückstellungen seien um weitere 14 460 DM zu erhöhen und entgegen der bisherigen Handhabung müßten Garantierückstellungen von 47 706 DM (3 v. H. des Umsatzes) gebildet werden. Grundlage hierfür seien mögliche Garantieverpflichtungen gegenüber den Kunden.

In der Einspruchsentscheidung wies das FA das Begehren der Klägerin zurück und setzte die Körperschaftsteuer 1973 höher als im Änderungsbescheid fest. Die Verböserung ergab sich aus einer weiteren Kürzung der Prozeßkostenrückstellung.

Mit ihrer Klage wandte sich die Klägerin gegen die Herabsetzung der Prozeßkostenrückstellung, gegen die Streichung der Tantiemerückstellung und gegen die Versagung einer Rückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen. Als Bauträger müsse sie für alle Handwerker einstehen. Eine pauschale Rückstellung von

3 v. H. sei angemessen. Da die ,,Gesamtrückstellung" laut Handelsbilanz von 93 000 DM nicht überschritten werden dürfe, werde die Rückstellung für Garantieverpflichtungen auf die Differenz beschränkt, die zwischen 93 000 DM und den übrigen anzuerkennenden Rückstellungen noch offenbleibe.

Das Finanzgericht (FG) setzte die Körperschaftsteuer auf . . . DM herab und wies die Klage im übrigen ab. Das FG hielt Prozeßkostenrückstellungen von 62 548 DM für berechtigt. Zur Beurteilung, ob die der Gesellschafter-Geschäftsführerin zugesagte Tätigkeitsvergütung üblich und angemessen sei, hatte das FG das Gutachten eines Unternehmensberaters eingeholt. Das FG gelangte zu der Auffassung, nach dem Gutachten sei es in der Branche der Klägerin nicht üblich, eine Tätigkeitsvergütung allein in Form einer Tantieme zu zahlen. Diese Ausgestaltung beruhe entweder auf gesellschaftsrechtlichen Beziehungen oder sei dadurch beeinflußt, daß die beiden Gesellschafter der Klägerin Eheleute seien. Hinsichtlich der geltend gemachten pauschalen Rückstellungen für Garantieverpflichtungen habe die Klägerin nicht vorgetragen, daß sie am 31. Dezember 1973 mit einer Inanspruchnahme wegen Garantieverpflichtungen von rd. 30 000 DM gerechnet habe. In der Handelsbilanz seien keine derartigen Rückstellungen ausgewiesen. Somit seien der Klägerin keine Umstände bekannt gewesen, die eine Rückstellung rechtfertigten. Die Klägerin sei selbst nicht handwerklich tätig gewesen und habe etwaige Garantieverpflichtungen auf ihre Subunternehmer abwälzen können.

Gegen die Entscheidung des FG wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie rügt Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Die Rückstellung von 60 000 DM für die der Gesellschafter-Geschäftsführerin zugesagte Tantieme darf den steuerpflichtigen Gewinn der Klägerin nicht mindern. Die Gesellschafter haben mit ihrem Beschluß vom 2. Januar 1973 der Gesellschafter-Geschäftsführerin gegenüber ein Zahlungsversprechen abgegeben, dessen Erfüllung eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - a. F.) darstellt.

Unter dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung sind - entsprechend ihrem Wesen und der systematischen Stellung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG a. F. - alle Vorgänge zu verstehen, durch die letztlich Vermögen einer Kapitalgesellschaft den Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen zugeführt wird, wobei - um den Folgen des § 7 Satz 2 KStG a. F. zu entgehen - eine Beurteilung des Sachverhalts geltend gemacht wird, die diesen nicht als Grundlage einer Ausschüttung erscheinen läßt, vielmehr eine solche ,,verdeckt". Vermögensvorteile werden den Gesellschaftern damit in einer Form zugeführt, in der sie nicht als Ausschüttung erscheinen, sondern unter anderer Bezeichung verborgen sind. Entscheidend ist damit, ob Leistungen an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673). Maßstab ist dabei im Regelfall, ob die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (Urteil in BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673).

Das FG ist nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz der Finanzgerichtsordnung - FGO -) dazu gelangt, im Streitfall eine verdeckte Gewinnausschüttung zu bejahen.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß gegen den gewinnmindernden Abzug nichts einzuwenden ist, wenn eine Kapitalgesellschaft mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer solche Vereinbarungen trifft und tatsächlich durchführt, die üblicherweise - auch mit Geschäftsführern, die nicht Gesellschafter sind - vereinbart zu werden pflegen. Nach Auffassung des FG hält die Vereinbarung der Klägerin mit ihrer Gesellschafter-Geschäftsführerin diesem Vergleich nicht stand. Das FG hat sich der Ansicht des gerichtlich bestellten Gutachters, eines Unternehmensberaters, angeschlossen, daß im allgemeinen eine Vereinbarung, die Vergütung für die Tätigkeit eines Geschäftsführers solle nur in einer Tantieme bestehen, unüblich ist. Eine noch größere Diskrepanz zum Üblichen hat das FG im Streitfall darin gesehen, daß nur für das Geschäftsjahr 1973, nicht aber auch für das folgende Jahr, eine Geschäftsführervergütung bestimmt worden ist. Geschäftsführer verzichteten üblicherweise nicht von Jahr zu Jahr wechselnd auf jedes Entgelt für ihre Geschäftsführertätigkeit, und es sei unüblich, ihnen das Risiko eines Selbständigen aufzulasten.

Die Angriffe der Revision gegen diese mögliche und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Würdigung haben keinen Erfolg. Nach Auffassung der Klägerin hätte das FG in den Entscheidungsgründen eine Würdigung des Sachverständigengutachtens vornehmen müssen und die Auffassung des Gutachters nicht kritiklos übernehmen dürfen. Das FG konnte sich den Angaben eines Gutachters, der gerade aus seiner täglichen Arbeit einen Überblick über Art und Höhe der an leitende Angestellte gezahlten Vergütungen hat, anschließen. Die Klägerin macht nicht geltend, daß sie Bedenken gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens hat. Sollte das der Fall sein, hätte sie diese Bedenken spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vortragen müssen. Entgegen dem Vorbringen in der Revisionsbegründung hat das FG seine Ausführungen über die Belastung der Geschäftsführerin mit einem unangemessenen unternehmerischen Risiko nicht auf die Festsetzung der Tantieme in dem Beschluß vom 2. Januar 1973 bezogen. Die Ausführungen des FG über die Unüblichkeit einer ausschließlich erfolgsabhängigen Geschäftsführervergütung beziehen sich in erster Linie auf die grundlegende Vereinbarung vom 15. Februar 1971, wonach der Geschäftsführerin erst nach Abschluß des jeweiligen Bauvorhabens ein Vergütungsanspruch zustehe, dessen Höhe außerdem noch die Gesellschafterversammlung - in einem besonders zu fassenden Beschluß - festzulegen habe.

Nach den Feststellungen des FG ist eine Vergütung für die Gesellschafter-Geschäftsführerin ziffernmäßig erst festgesetzt worden, als der Erfolg der Klägerin aus den mit ihren Abnehmern geschlossenen Verträgen schon abzusehen war. Daraus hat das FG geschlossen, dies deute auf die Möglichkeit hin, daß es der Klägerin und der Gesellschafter-Geschäftsführerin darauf ankam, den für 1973 zu erwartenden Gewinn zu mindern, um Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu sparen. Der Einwand der Klägerin in ihrer Revisionsbegründung, der Erfolg des Geschäftsjahres 1973 sei deshalb nicht zu übersehen gewesen, weil von den insgesamt elf Objekten laut notariellen Verträgen die letzten fünf erst in 1973 verkauft worden seien, vermag diese Schlußfolgerung nicht zu entkräften. Die Prognose, inwieweit die einzelnen Objekte verkauft und damit das Jahresergebnis beeinflussen werden, hängt nicht vom Zeitpunkt ab, an dem die formellen Grundstücksübertragungsverträge geschlossen werden. Die aus dem Rahmen des Üblichen fallende Art der Geschäftsführervergütung zeigt, darin stimmt der erkennende Senat mit dem FG überein, daß die Vorteilszuwendung der Klägerin an die Gesellschafter-Geschäftsführerin ihre Grundlage entweder im Gesellschaftsverhältnis hat oder durch die Stellung der Begünstigten als Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters D. veranlaßt ist. Die wirtschaftliche Existenz der Klägerin hing entscheidend von ihrem als Architekt tätigen Hauptgesellschafter ab, der für die gesamte Planung und technische Ausführung verantwortlich war. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin führte hingegen - da sie nach den Festellungen des FG hauptberuflich ein . . .center betrieb - nur Nebentätigkeiten aus. Es ist dem FG zuzustimmen, daß die Möglichkeit besteht, die Klägerin habe mit der Zahlung der Tantieme an die Gesellschafter-Geschäftführerin ihrem mit dieser verheirateten Hauptgesellschafter eine Entlohnung zukommen lassen wollen (Zuwendung an eine dem Hauptgesellschafter nahestehende Person).

Diese abschließende Feststellung meint zwar das FG nicht mit letzter Sicherheit treffen zu können. Es kommt aber zu dem Ergebnis, daß die Klägerin bei einer verbleibenden nicht aufzuklärenden Ungewißheit die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür trägt, daß die Vorteilszuwendung - die Tantiemezusage an die Gesellschafter-Geschäftsführerin - eine den steuerpflichtigen Gewinn und damit die Steuer mindernde Betriebsausgabe ist. Für das Vorliegen der Tatsachen, die eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen, trägt zwar grundsätzlich das FA die Beweislast (BFH-Urteil vom 16. Februar 1977 I R 94/75, BFHE 122, 48, BStBl II 1977, 568). Andererseits gilt aber auch, daß den Steuerpflichtigen die objektive Beweislast für die betriebliche Veranlassung der in der Buchführung als Betriebsvermögensminderung behandelten Aufwendungen trifft (BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562). Nach der zuletzt genannten Entscheidung hat die Vorschrift über die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen - Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - bei der Frage der Beweislastverteilung Vorrang gegenüber Vorschriften, die anordnen, daß bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich außerbetrieblich veranlaßte Vermögensminderungen dem Gewinn hinzuzurechnen sind. Im Streitfall geht es ebenfalls um die Anwendung der Vorschrift über Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) und einer Hinzurechnungsvorschrift über außerbetrieblich veranlaßte Vermögensminderungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG a. F.). Sprechen, wie im Streitfall, nahezu alle erheblichen Beweisanzeichen dafür, daß eine Zuwendung an den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht betrieblich veranlaßt ist, sondern ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis hat, geht ein noch verbleibender Rest an Ungewißheit zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Das FG hat die Entscheidung, ob die der Gesellschafter-Geschäftsführerin zugesagte Tantieme eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, zutreffend nicht davon abhängig gemacht, Eheleute verfolgten stets gemeinsame Interessen und ihre Beteiligungen an der Klägerin seien daher zusammenzurechnen. Eine derartige Vermutung, die sich ungeachtet ihrer Widerlegbarkeit als steuerbegründender Tatbestand auswirkt, ist - wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Beschluß vom 12. März 1985 1 BvR 571/81 und andere (BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475) unter Ablehnung der bisherigen Rechtsprechung des BFH entschieden hat - mit Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar. Es ist aber nach der Entscheidung des BVerfG von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn bei wirtschaftlichen Verflechtungen, wie bei der Beteiligung an Gesellschaften, der Gedanke der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft Beachtung findet und in die tatsächliche und rechtliche Würdigung miteinbezogen wird. Es muß dann im konkreten Fall festgestellt werden, inwieweit die Eheleute die gleichen wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht zu beanstanden, daß das FG bei seiner Würdigung mitberücksichtigt hat, daß die durch die Tantiemezusage begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführerin die Ehefrau des beherrschenden Gesellschafters ist.

2. Das FG hat den Ansatz gewinnmindernder pauschaler Rückstellungen wegen Garantieverpflichtungen zu Recht abgelehnt.

Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung können Rückstellungen für ungewisse Schulden, für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und in bestimmten Fällen auch für Betriebslasten gebildet werden, die rechtlich noch nicht entstanden, aber wirtschaftlich im abgelaufenen Geschäftsjahr verursacht sind oder dieses Jahr betreffen. Auf das vom FG angeführte BFH-Urteil vom 24. Juni 1969 I R 15/68 (BFHE 96, 101, BStBl II 1969, 581) wird verwiesen. Es genügt aber nicht die bloße Möglichkeit einer Inanspruchnahme. Es muß eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, daß der Steuerpflichtige wegen eines im wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verwirklichten Tatbestandes in Anspruch genommen wird.

Im Einklang mit dieser Auffassung ist für die Bildung von Garantierückstellungen Voraussetzung, daß eine künftige Inanspruchnahme auf Garantieleistungen - nach den Erfahrungen des Schuldners im eigenen Betrieb oder innerhalb seiner Branche - wahrscheinlich ist (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1972 I R 7-8/70, BFHE 107, 521, BStBl II 1973, 217). Die von der Klägerin beantragte - pauschale - Rückstellung von etwa 30 000 DM entspricht nicht diesen Voraussetzungen. Die Klägerin hat diese Rückstellung damit begründet, daß sie als Bauträger für alle Handwerker einstehen müsse und deshalb ein erhöhtes Risiko trage.

Beim Baugewerbe werde eine pauschale Rückstellung von 0,5 bis 2 v. H. des garantiepflichtigen Jahresumsatzes anerkannt. Wegen ihres erhöhten Risikos sei ein Ansatz von 3 v. H. gerechtfertigt. Mit dem bloßen Hinweis auf die Handhabung im Baugewerbe und auf ein nicht näher substantiiertes erhöhtes Risiko einer Bauträgergesellschaft ist nicht die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Inanspruchnahme und damit nicht einmal dem Grunde nach die Berechtigung zur Bildung einer Garantierückstellung dargetan. Hinzu kommt, daß die Klägerin - wie unstreitig ist - ihre Gewährleistungsansprüche gegenüber den Bauhandwerkern an die Grundstückserwerber und die Käufer der Eigentumswohnung abgetreten hat und damit nur subsidiär für mangelhafte Leistungen der Bauhandwerker haftet (zum Eintritt der subsidiären Haftung des Bauträgers vgl. Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger und Bauherrenmodelle, 5. Aufl., Rdnr. 109). Die Klägerin hätte wenigstens konkrete Fälle benennen müssen, in denen sie eine eigene - subsidiäre - Mängelhaftung für wahrscheinlich hält. Erst dann besteht die Möglichkeit, falls ziffernmäßige Grundlagen fehlen, wenigstens im Schätzungswege entsprechende Rückstellungen anzusetzen. Etwas Entgegenstehendes ist dem von der Klägerin in der Revisionsbegründung angeführten BFH-Urteil vom 10. Juli 1962 IV 470/60 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 376) nicht zu entnehmen.

Unter diesen Umständen braucht nicht darauf eingegangen zu werden, welche Schlußfolgerungen sich hinsichtlich der Zulässigkeit der begehrten Garantierückstellung daraus ergeben, daß die Klägerin eine solche in ihrer Handelsbilanz nicht ausgewiesen hat. Es erübrigt sich auch eine Entscheidung, inwieweit die Klägerin ihre für Prozeßkosten gebildete Rückstellung, die nach ihrer Handelsbilanz rd. 93 000 DM beträgt, steuerrechtlich aber nur mit 62 548 DM anerkannt worden ist, durch Rückstellungen für Garantieverpflichtungen von rd. 30 000 DM auf den Rückstellungsbetrag der Handelsbilanz wieder ,,auffüllen" darf. Es ist auch zweifelhaft, ob der erkennende Senat der Auffassung des Reichsfinanzhofs in den Urteilen vom 10. Oktober 1933 I A 169/33 (RStBl 1933, 1338) und vom 9. März 1937 I A 22/37 (RStBl 1937, 590) folgen könnte, der Grundsatz der Abhängigkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz bedinge lediglich, daß der Gesamtbetrag der bisherigen Rückstellungen in der Steuerbilanz den entsprechenden Rückstellungsbetrag in der Handelsbilanz nicht übersteige. Dem steht die Rechtsentwicklung und die Herausarbeitung der besonderen Erfordernisse für jede Art von Rückstellungen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., § 156 Rdnrn. 39 ff.; Döllerer, Deutsches Steuerrecht 1979, 3) entgegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414204

BFH/NV 1986, 490

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