Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der Klärung der Klägeridentität

 

Leitsatz (NV)

Ist eine Frage streitig, die den Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich angeht, und erhebt er Klage, so ist zu klären, ob er nur persönlich oder in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder sowohl für die Gesellschaft als auch persönlich klagt. Klagt er nicht (auch) persönlich, so muß er beigeladen werden. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer ist in derartigen Fällen Gelegenheit zur Äußerung darüber zu geben, ob er die Klage auch im eigenen Namen erhoben hat.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1 Nr. 2, §§ 57, 60 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine KG, an der in den Streitjahren 1973 bis 1976 S als persönlich haftender Gesellschafter und seine Kinder A, B und C als Kommanditisten beteiligt waren.

Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, Beträge auf Festgeldkonten hätten die betriebliche Sphäre nicht verlassen, weil sie die Liquiditätsreserve des Unternehmens dargestellt hätten.

Das FA erließ berichtigte Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1973 bis 1975 und einen erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid 1976; in allen Bescheiden rechnete es die Zinseinnahmen aus den Festgeldkonten dem gewerblichen Gewinn der Klägerin und dem Gewinnanteil des S hinzu. Auch die Bescheide über die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1975 und zum 1. Januar 1977 berichtigte das FA entsprechend.

Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Die Klage führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und zur Änderung der angefochtenen Gewinnfeststellungs- und Einheitswertbescheide entsprechend dem Klageantrag.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es macht insbesondere geltend, das Finanzgericht (FG) habe die Begriffe ,,Entnahme" und ,,Betriebsvermögen" i. S. der §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) falsch ausgelegt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gemäß § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte, die an einem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß eine Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Ausgenommen von dem Erfordernis der notwendigen Beiladung sind nur solche Mitberechtigte, die nach § 48 Abs. 1 FGO nicht klagebefugt sind.

Ist im Rahmen einer Klage gegen eine gesonderte Gewinnfeststellung nur die Höhe des Gewinns oder Verlustes der KG als solcher streitig, so ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO nur die KG, vertreten durch ihren geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter, klagebefugt. Betrifft der Rechtsstreit eine Frage, ,,die einen Gesellschafter . . . persönlich angeht", so ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO neben der KG auch der betroffene Gesellschafter persönlich klagebefugt.

Im vorliegenden Verfahren ist streitig, ob die von S zur Anlage auf Festgeldkonten entnommenen und wiedereingelegten Beträge als Betriebsvermögen (Sonderbetriebsvermögen des S) zu behandeln sind und ob die für diese Beträge erzielten Zinseinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen des S zu den gewerblichen Einkünften der Klägerin gehören.

Der Rechtsstreit um die steuerliche Zuordnung der Festgelder und der für diese erzielten Zinsen geht den Gesellschafter S persönlich an (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). S war somit auch persönlich klagebefugt und hätte, falls er nicht als Kläger angesehen werden kann, nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig zum Verfahren beigeladen werden müssen.

Im finanzgerichtlichen Verfahren ist die KG, die von S vertreten wird, als Klägerin bezeichnet worden. Die von S ausgestellte Prozeßvollmacht wurde ,,in Sachen . . . KG" erteilt. Dieser Umstand zwingt allerdings noch nicht zu der Annahme, Klage habe allein die Gesellschaft erhoben (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209).

Ist eine Frage streitig, die den Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich angeht, und erhebt er Klage, dann ist zu klären, ob er nur persönlich oder nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder sowohl für die Gesellschaft als auch persönlich klagt. Klagt er nicht (auch) persönlich, so muß er beigeladen werden. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer ist in derartigen Fällen Gelegenheit zur Äußerung darüber zu geben, ob er Klage auch im eigenen Namen erhoben habe (BFH-Urteil vom 5. Juli 1978 I R 96/77, BFHE 125, 486, BStBl II 1978, 648). Das FG hat dies im Streitfall nicht beachtet. Im Revisionsverfahren kann die Aufklärung nicht nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 26. März 1980 I R 87/79, BFHE 131, 1, BStBl II 1980, 586).

Das Versäumnis des FG ist, wie die unterlassene Beiladung, von Amts wegen zu beachten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414072

BFH/NV 1987, 583

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