Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an eine Unterschrift; Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Erfordernis eigenhändiger Unterschrift unter bestimmende Schriftsätze (hier: die Klageschrift sowie die Revision) ist genügt, wenn der Schriftzug gewährleistet, daß das Schriftstück vom Unterzeichner stammt, und ein dessen Identität kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt, der zumindest die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen läßt.

2. Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung einer Ferienwohnung.

 

Orientierungssatz

Ein Steuerpflichtiger kann sich auf die einkommensteuerrechtliche Behandlung eines Sachverhalts in früheren Jahren im Hinblick auf die Grundsätze der Abschnittsbesteuerung nicht berufen.

 

Normenkette

FGO § 64 Abs. 1, § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 1 S. 1; EStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 2, § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagende Ehegatten, hatten sich an der Bauherrengemeinschaft "Ferienpark X" beteiligt und im Jahre 1980 in einer von mehreren zweigeschossigen Wohnanlagen eine 63 qm große Ferienwohnung (drei Zimmer) errichten lassen. Die Gesamtkosten in Höhe von 197 000 DM hatten sie in vollem Umfang mit Hilfe zweier Kreditinstitute finanziert. Aus der Vermietung an Feriengäste, zunächst unter Einschaltung eines gewerblichen Zwischenvermieters, ab dem Jahre 1985 über die eigens zum Zwecke der Verwaltung und Vermietung der einzelnen Objekte geschaffene "X-GmbH", errechneten sich im einzelnen folgende Verluste:

Einnahmen Schuldzinsen negative zu versteuerndes

Einkünfte Einkommen

DM DM DM DM

1980 13 764 49 825

1981 33 708 33 038

1982 20 368 21 896 38 901

1983 700 28 023 34 246 50 079

1984 2 622 15 917 22 159 65 795

1985 1 368 14 532 21 049 67 503

1986 3 286 15 832 21 330 64 864

1987 3 143 16 294 22 543 113 272

1988 4 000 16 640 21 010 98 382

1989 4 000 17 929 21 727 100 669

1990 3 509 18 329 23 006 135 787

1991 3 509 19 812 24 326 60 810

1992 4 220 9 560 12 586 133 163

Dabei resultiert die Verminderung des Aufwands 1992 allein daraus, daß die Kläger in diesem Veranlagungszeitraum erstmals davon absahen, die unvermindert andauernden Schuldzinsenzahlungen in vollem Umfang geltend zu machen.

Wegen der Einzelheiten der Fremdfinanzierung weiterer Grundstücksaktivitäten und zur Umschuldung hinsichtlich der Ferienwohnung wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (S. 5 ff.) Bezug genommen.

Bis einschließlich 1989 wurden die Verluste als solche aus Vermietung und Verpachtung steuerlich anerkannt und bei den Einkommensteuer-Veranlagungen der Kläger berücksichtigt. - Erstmals für das Streitjahr 1990 stellte sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 1990 III R 31/87 (BFHE 159, 199, BStBl II 1990, 383) auf den Standpunkt, es handle sich um eine gewerbliche Vermietung und es fehle die Gewinnerzielungsabsicht: Aus der Vermietung der Ferienwohnung seien bisher nur Verluste erwirtschaftet worden, und es sei --vor allem angesichts der Zinslast-- nicht zu erwarten, daß ein Totalgewinn erzielt werden könne.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger, zugleich im Namen seiner Ehefrau, als deren Prozeßbevollmächtigter (Pb.), Klage gegen die Nichtberücksichtigung des Verlusts aus der Vermietung der Ferienwohnung im Einkommensteuerbescheid 1990. Die auf dem Geschäftspapier der Rechtsanwaltskanzlei des Pb. niedergeschriebene Klageschrift ist von diesem wie folgt unterzeichnet:

Eine fast senkrecht nach oben --mit einer leichten Abweichung nach rechts-- gezogene, ca. 3 cm lange Linie geht in ein ca. 1 cm nach unten geführtes, die vorgenannte Linie überlagerndes kreisförmiges Gebilde über, das wiederum in ein ca. 3 cm nach oben und dann wieder in gleicher Länge abwärts geführtes, ein Oval beschreibendes Zeichen ausläuft. In einer Entfernung von gut 1 cm nach rechts versetzt folgt dann noch ein einem Komma ähnlicher kleiner Strich.

Als im Laufe des Verfahrens der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Schriftform äußerte, machten die Kläger geltend, in gleicher Weise wie die Klageschrift unterzeichne der Pb. als Rechtsanwalt und Angestellter einer Bank Schriftstücke und Urkunden im Geschäftsverkehr seit über zwanzig Jahren. Dies habe selbst bei notariellen Unterschriftsbeglaubigungen noch nie zu Beanstandungen geführt. Auf die zum Nachweis vorgelegten Schriftstücke wird ebenso verwiesen wie auf die im Prozeß für die Kläger eingereichten Schriftsätze, die alle die gleiche Unterschrift tragen.

Das FG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, sie sei weder zulässig noch begründet: Sie genüge, weil nur mit einer Namensabkürzung unterzeichnet, der Schriftform nicht; auch Wiedereinsetzung komme nicht in Betracht. Im übrigen aber habe das FA die Einkünfteerzielungsabsicht zu Recht verneint. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob man bei Anerkennung steuerlicher Relevanz gewerbliche Einkünfte oder solche aus Vermietung und Verpachtung annehme, denn es sei selbst dann Liebhaberei anzunehmen, wenn man im Rahmen einer gewerblichen Ergebnisrechnung Wertsteigerungen der Ferienwohnung in die Betrachtung einbeziehe. Weder im einen noch im anderen Fall sei eine auf die Erzielung eines Gesamtgewinns/Gesamtüberschusses gerichtete Absicht zu erkennen. Die Vermutung, von einer solchen Absicht bei der Fremdvermietung von Gebäuden auszugehen, gelte auch nach der Rechtsprechung nur für den Regelfall, aber z.B. nicht, wenn, wie im Streitfall, die Beteiligung an einem Bauherrenmodell zu beurteilen sei, das bezeichnenderweise selbst die Kläger als "Steuermodell" betrachtet hätten. - Auch wenn die Kläger zunächst eine Einkünfteerzielungsabsicht gehabt hätten, obgleich die ursprünglich garantierte Miete angesichts der vollständigen Fremdfinanzierung längst nicht ausgereicht hätte, um auch nur die anfallenden Schuldzinsen abzudecken, so sei doch ab dem Jahre 1985 wegen der Mietentwicklung in der Folgezeit klar gewesen, daß es sich um eine Fehlmaßnahme gehandelt habe. - Zu Unrecht schließlich beriefen sich die Kläger auf Vertrauensschutz: Das Erfordernis des Vorliegens einer Einkünfteerzielungsabsicht und eines positiven Totalergebnisses sei nicht erst durch den BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) begründet worden.

Mit der Revision, vom Pb. in einem Schriftsatz eingereicht, der in gleicher Weise wie die Klageschrift unterzeichnet ist, rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie verweisen erneut auf den Umstand, daß der Pb. die vom FG als unzureichend angesehene Unterschrift jahrelang, auch Behörden und Gerichten gegenüber, unbeanstandet verwendet habe.

In der Sache selbst sei nach der vom FG zitierten Rechtsprechung grundsätzlich von einem Anscheinsbeweis für die Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Es könne nicht sein, daß ein "ursprünglich zugestandener Wille, ein positives Ergebnis erzielen zu wollen ..., durch objektive Gegebenheiten wie die Änderung der gesamtwirtschaftlichen Situation oder auch durch eine geänderte Marktlage oder auch durch Ausfall des Hauptmieters in Liebhaberei umgedeutet werden kann". Dieser Schluß des FG widerspreche offensichtlich den Denkgesetzen. Auch hätten sie, die Kläger, alles getan, um das fehlgeschlagene Engagement (durch Verkauf) zu beenden bzw. die Verluste zu minimieren.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 8. März 1995 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer für 1990 von 34 518 DM auf 26 370 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen bzw. als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Schriftform (§ 120 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 64 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist gewahrt. Zwar ist hierfür --bei Übermittlung auf dem normalen Postweg-- nach wie vor erforderlich, daß das maßgebliche Schriftstück von demjenigen, der die Verantwortung für seinen Inhalt trägt, eigenhändig, d.h. mit einem die Identität des Unterschreibenden kennzeichnenden Schriftzug handschriftlich unterzeichnet ist (BFH-Entscheidungen vom 8. März 1984 I R 50/81, BFHE 140, 424, BStBl II 1984, 445; vom 19. April 1994 VIII R 22/93, BFH/NV 1995, 222; vom 13. Juli 1994 I R 128/93, I R 130/93, BFHE 175, 256, BStBl II 1994, 894, und vom 17. Oktober 1996 V R 33/96, BFH/NV 1997, 764; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 64 Rz. 20, jeweils m.w.N.). Doch sind die hieran zu stellenden Anforderungen --dem Zweck dieses Formerfordernisses gemäß-- grundsätzlich erfüllt, wenn der Schriftzug so gestaltet ist, daß er die Identität des Urhebers verbürgt; ist dies der Fall, kann an die Ausführung, angesichts der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ein großzügiger Maßstab angelegt werden (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. Juli 1997 IX ZR 24/97, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1997, 3380, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1997, 1653, m.w.N.; s. auch BGH-Beschluß vom 8. Oktober 1991 XI ZB 6/91, NJW 1992, 243). Daher reicht es aus, wenn

- gewährleistet ist, daß das Schriftstück vom Unterzeichner stammt,

- ein dessen Identität kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug

vorliegt, der,

- selbst wenn nur flüchtig geschrieben, die Absicht einer vollen

Unterschrift erkennen läßt (BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 222, 223, und

in 1997, 764).

Diesen Anforderungen ist hier genügt. Nicht nur die das Rechtsmittelverfahren betreffenden, sondern auch die beim FG eingereichten Schriftsätze lassen --in Übereinstimmung mit den sonstigen bei den Akten befindlichen, vom Pb. unterzeichneten Schriftstücken-- weder einen Zweifel an ihrer Urheberschaft noch daran erkennen, daß die bestimmenden Schriftsätze mit Wissen und Willen des Verfassers dem Gericht zugegangen sind (s. dazu Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. April 1979 GmS-OGB 1/78, NJW 1980, 172). Das in Frage stehende handschriftliche Gebilde weist mehrere unverwechselbare Striche und Schleifen auf, die zwar nur zwei leserliche Buchstaben, aber bei der gebotenen großzügigen Betrachtungsweise die Tendenz zu einem vollen Namenszug erkennen lassen. Das punktähnliche Schlußzeichen spricht nicht dagegen, weil bisweilen auch eindeutig vollständige Unterschriften mit einem Schlußpunkt versehen werden.

2. Aus den zuvor genannten Gründen hat das FG die in gleicher Weise wie die Revision unterzeichnete Klageschrift zu Unrecht nicht als ordnungsgemäß i.S. des § 64 Abs. 1 FGO angesehen. Das Urteil hat gleichwohl Bestand, weil die Klage unbegründet ist. Die hierzu festgestellten, mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Tatsachen (§ 118 Abs. 2 FGO) hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin gewürdigt, daß der Vermietung jedenfalls im Streitjahr keine Einkünfteerzielungsabsicht i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde lag. Die hierzu erforderliche Gesamtwürdigung des FG läßt weder einen Verstoß gegen Denkgesetze noch eine Verletzung von Erfahrungssätzen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 13. Februar 1997 IV R 57/96, BFH/NV 1997, 649, 650; vom 8. Juli 1998 I R 123/97, BFHE 186, 540, BFH/NV 1999, 269, und vom 8. Dezember 1998 IX R 49/95, BFH/NV 1999, 717, 720) erkennen. Dabei hat es auch den Besonderheiten Rechnung getragen, die nach der BFH-Rechtsprechung (s. Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, m.w.N.) bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit gelten, insbesondere in der Urteilsbegründung anhand der Aktenlage ausführlich dargelegt, warum hier --jedenfalls für das Streitjahr-- keinerlei Beweisanzeichen für eine Überschuß- bzw. Gewinnerzielungsabsicht der Kläger gegeben waren. Auch hat das FG im Rahmen seiner detaillierten Ausführungen zutreffenderweise dem Gesichtspunkt besondere Bedeutung beigemessen, daß hier ständige Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung (hier im Rahmen eines Bauherrenmodells) zu beurteilen sind (s. dazu außer der von der Vorinstanz zitierten Rechtsprechung auch das neuere BFH-Urteil vom 13. August 1996 IX R 48/94, BFHE 181, 83, BStBl II 1997, 42, m.w.N.). Die Kläger liefern in ihrer Revisionsbegründung, die sich in allgemeinen Einwänden erschöpft und die erforderliche Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil (vgl. dazu BFH-Entscheidungen vom 1. Juni 1994 X R 40/91, BFHE 174, 442, BStBl II 1994, 752, Ziff. 2 der Gründe, und vom 4. April 1997 X R 144/94, BFH/NV 1997, 690, ständige Rechtsprechung) vermissen läßt, keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, daß die im angefochtenen Urteil vorgenommene Gesamtwürdigung einen Rechtsfehler enthält. Auf die Behandlung der Verluste in früheren Jahren können sich die Kläger schon im Hinblick auf die Grundsätze der Abschnittsbesteuerung mit Erfolg nicht berufen (s. dazu zuletzt BFH-Entscheidungen vom 28. Januar 1997 IX R 88/94, BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605, unter 1. c, und vom 4. September 1997 IV B 110/96, BFH/NV 1998, 202, 203). Auch eine entscheidungsrelevante Rechtsprechungsänderung ist nicht erkennbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 56185

BFH/NV 1999, 1697

BStBl II 1999, 668

BFHE 189, 37

BFHE 2000, 37

BB 1999, 1907

DB 1999, 1883

DStRE 1999, 771

DStRE 1999, 771-772 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1999, 908

StE 1999, 563

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