Entscheidungsstichwort (Thema)

Kursverluste bei Fremdwährungsdarlehen

 

Leitsatz (NV)

Die auf Grund einer Abrede im Kreditvertrag für den Fall eines gestiegenen Wechselkurses geleisteten Aufwendungen (Sondertilgung) sind grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 9 S. 3 Nrn. 1, 7, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Berlin (Urteil vom 16.06.2003; Aktenzeichen 10 K 10609/01; EFG 2004, 30)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielt aus Beteiligungen an Immobilienfonds Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zur Finanzierung dieser Beteiligungen gewährte ihm die D-Bank im Oktober 1997 einen Kredit über … DM. Der Kläger hatte die Möglichkeit, den Kredit in Schweizer Franken (CHF) in Anspruch zu nehmen. Als Zinssatz vereinbarten die Vertragsparteien eine variable Verzinsung auf Basis internationaler Geldmarktsätze mit periodischer Zinsanpassung. Bis zum 1. April 1998 --dem Ende der ersten Zinsfestschreibungsperiode-- vereinbarten die D-Bank und der Kläger eine Verzinsung auf Basis des 6-Monats-LIBOR in DM oder CHF zzgl. 0,45 % p.a. Marge. Ferner sah der Kreditvertrag vor, dass sich die Höhe des Kredits zu jedem Endtermin einer Zinsfestschreibungsperiode aus dem Kreditvertrag in DM errechnet, auch dann, wenn der Kredit in CHF in Anspruch genommen wird. Für den Fall, dass der Kurs des CHF gegenüber der DM über das Kursniveau bei Vertragsabschluss hinaus ansteigt, verpflichtete sich der Kläger, zum Beginn einer neuen Zinsfestschreibungsperiode eine als "Sondertilgung" bezeichnete Zahlung in der Höhe leisten, dass auch unter Zugrundelegung des neuen Kurses der DM-Gegenwert des CHF-Kredites nicht den vereinbarten DM-Kreditbetrag übersteigt. Im Falle des Rückgangs des CHF-Kurses waren demgegenüber neue Teilvalutierungen ausgeschlossen.

Die D-Bank stellte dem Kläger auf dessen Wunsch den Kreditbetrag in CHF zur Verfügung. Da zum 30. März 1998 der CHF-Kredit unter Zugrundelegung des aktuellen Wechselkurses den maximal zugelassenen Kreditbetrag überstieg, beanspruchte die D-Bank eine Sondertilgung.

Der Kläger machte diese Sondertilgung zunächst nicht steuerlich geltend, so dass der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) diese auch im Feststellungsbescheid 1998 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nicht berücksichtigte.

Ca. sechs Monate später beantragte der Kläger, die Sondertilgung in Höhe von 43 008,12 DM aus seiner Fondsbeteiligung als weitere Sonderwerbungskosten zu berücksichtigen. Das FA lehnte eine Änderung des Feststellungsbescheides 1998 ab. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg: Bei der vom Kläger gezahlten Sondertilgung handele es sich nicht um Werbungskosten.

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 30 veröffentlichten Urteil ab.

Mit der Revision macht der Kläger die Verletzung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sowie der allgemeinen Grundsätze über den Abzug von Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Er ist der Ansicht, bei der geleisteten Sondertilgung handele es sich um Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Sondertilgung sei als Kurssicherungsaufwendung zu werten und daher ebenso wie Schuldzinsen abzugsfähig. Auch sei eine Änderung des Feststellungsbescheides 1998 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 möglich, da den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden der geleisteten Sondertilgung kein grobes Verschulden treffe.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und im Feststellungsbescheid 1998 betreffs der Fondsbeteiligung für den Kläger weitere Sonderwerbungskosten in Höhe von 43 008,12 DM bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet, sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat die geleistete Sondertilgung zutreffend nicht als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

1. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden grundsätzlich alle Erwerbs-, Sicherungs- und Erhaltungsaufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Dezember 2004 IX R 34/03, BFHE 208, 232, BStBl II 2005, 343, m.w.N.). Ein Werbungskostenabzug ist dagegen ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen nicht durch die Einkünfteerzielungstätigkeit, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlasst sind (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1992 IX R 68/89, BFHE 170, 134, BStBl II 1993, 434, m.w.N.). Vorliegend ist der für den Werbungskostenabzug erforderliche Veranlassungszusammenhang nicht gegeben.

a) Die durch Kursverluste bedingte Sondertilgung des Klägers ist keine Aufwendung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Der Begriff der Schuldzinsen ist weit auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1985 IX R 56/82, BFHE 145, 52, BStBl II 1986, 143; vom 7. November 1989 IX R 190/85, BFHE 159, 439, BStBl II 1990, 460; vom 9. November 1993 IX R 81/90, BFHE 173, 97, BStBl II 1994, 289, unter 3.). Schuldzinsen sind danach alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat (vgl. BFH-Urteile vom 6. Juli 1973 VI R 379/70, BFHE 110, 336, BStBl II 1973, 868, und in BFHE 173, 97, BStBl II 1994, 289) und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, d.h. Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können (BFH in BFHE 145, 52, 57, BStBl II 1986, 143, 146). Zu den Schuldzinsen gehören daher auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme (BFH in BFHE 159, 439, BStBl II 1990, 460, unter 2.) und sonstige Kreditkosten (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510; vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772; vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676) einschließlich der Geldbeschaffungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 2002 IX R 72/99, BFHE 200, 516, BStBl II 2003, 399).

b) Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei der Sondertilgung des Klägers nicht um Kurssicherungsaufwendungen. Denn in Streit stehen gerade keine Aufwendungen, die dem Kläger aus dem Abschluss eines Sicherungsgeschäftes zur Verringerung des Wechselkursrisikos erwachsen sind. Die Sondertilgung resultierte vielmehr unmittelbar aus dem gestiegenen Wechselkurs des CHF gegenüber der DM und ist damit Ausdruck des allgemeinen (ungesicherten) Wechselkursrisikos.

Dem Wechselkursrisiko unterliegen sämtliche auf eine Fremdwährung lautenden Vermögensgegenstände, Termingeschäfte und Schulden. Für Schulden besteht das Wechselkursrisiko in der Gefahr steigender Kurse, da sich bei gleichem Fremdwährungsbetrag der DM-Gegenwert der Schulden erhöht (Möhler, Absicherung des Wechselkurs-, Warenpreis- und Erfüllungsrisikos im Jahresabschluss, S. 14). Nimmt daher ein Steuerpflichtiger ein Darlehen in ausländischer Währung auf, das in gleicher Währung zurückzuzahlen ist, um damit den Erwerb eines Grundstücks oder die Beteiligung an einem solchen zu finanzieren, so sind diese Aufwendungen, die aus einer ungünstigen Entwicklung des Wechselkurses zwischen der DM und der ausländischen Währung resultieren, grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 9. Oktober 1979 VIII R 67/77, BFHE 129, 132, BStBl II 1980, 116; in BFHE 173, 97, BStBl II 1994, 289, unter 3.; FG des Saarlandes, Urteil vom 13. Dezember 1994  1 K 171/94, EFG 1995, 474, bestätigt durch BFH vom 16. Oktober 1996 VIII B 19/95, BFH/NV 1997, 489, unter 2.; von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr. B 850, C 180, Stichwort: "Kursverluste"; Schmidt/ Drenseck, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 9 Rz. 93; a.A. Maly, Finanz-Rundschau --FR-- 1994, 457).

c) Die im Streitfall bestehenden Besonderheiten rechtfertigen keine anderweitige Beurteilung. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Parteien des Kreditvertrages Abreden zur Begrenzung des Wechselkursrisikos getroffen haben und die D-Bank ein begründetes Interesse daran hatte, einer --durch steigenden CHF-Kurs bedingten-- Entwertung ihrer DM-Grundsicherheiten zu begegnen.

(aa) Diese vertragliche Absicherung der D-Bank mag Ausdruck der unterschiedlichen wirtschaftlichen Stärken der Vertragsparteien gewesen sein. Indes hätte es dem Kläger freigestanden, sich durch den Abschluss eines Kurssicherungsgeschäftes davor zu schützen, im Endtermin einer Zinsperiode eine Sondertilgung auf Grund eines gestiegenen CHF-Kurses leisten zu müssen. Derartige Aufwendungen zum Ausschluss eines Wechselkursrisikos (Kurssicherungsaufwendungen) werden --da Gegenleistung für die Kapitalnutzung-- als Schuldzinsen für abzugsfähig erachtet (so Schmitz in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 9 EStG Anm. 385, Stichwort: "Kurssicherungsaufwendungen"). Darüber braucht der Senat nicht zu entscheiden; denn im Streitfall hat der Kläger gerade kein solches Sicherungsgeschäft abgeschlossen.

(bb) Die Sondertilgung stellt auch kein Entgelt dar, das der Kläger der D-Bank als Ausgleich für deren Wechselkursrisiko hinsichtlich des valutierten Kredits zu zahlen hatte. Vielmehr wurde sie vereinbarungsgemäß dadurch ausgelöst, dass der in CHF aufgenommene Kredit infolge des Kursanstieges des CHF gegenüber der DM den maximalen --in DM zu errechnenden-- Kreditbetrag überstieg. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 16. Mai 1933 VI A 939/32 (RStBl 1933, 1005, zum Fall einer zugesagten Kursgarantie) zu folgen wäre.

2. Des Weiteren ist die Sondertilgung auch nicht als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar. Die Aufwendungen des Klägers beruhten allein auf Kursverlusten infolge des gestiegenen Wechselkurses des CHF gegenüber der DM und führten zur Tilgung in Höhe des daraus resultierenden, den vereinbarten maximal zugelassenen Kreditbetrag auf DM-Basis übersteigenden Betrags. Sie sind daher wirtschaftlich nicht durch die Erzielung von Vermietungs-Einkünften, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlasst (vgl. BFH in BFHE 170, 134, BStBl II 1993, 434, unter 2., m.w.N.).

3. Die Sondertilgung führt auch nicht zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten der mit dem Kredit finanzierten Fondsbeteiligung und damit zu einer Erhöhung der Absetzung für Abnutzung (AfA) im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG; denn der Kläger hat sie nicht für den Erwerb seiner Immobilienbeteiligungen aufgewendet, sondern für die Kompensation von Wechselkursschwankungen (zu Anschaffungskosten bei Vereinbarung eines Kaufpreises in ausländischer Währung vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1977 III R 92/75, BFHE 124, 296, BStBl II 1978, 233).

4. Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht die streitige Sondertilgung nicht als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 7 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Folglich konnte das FG die Frage einer bestehenden Änderungsmöglichkeit des Feststellungsbescheides 1998 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 unerörtert lassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1457397

BFH/NV 2006, 279

HFR 2006, 362

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